Standpunkte der Parteien

Wie sollte Wohneigentum künftig in die Altersvorsorge integriert sein

FDP

Die Eigenheimzulage ist für Neufälle ab 2006 abgeschafft worden. Es kann keinen Zweifel daran geben, dass diese Steuervergünstigung und deren Vorgängerregelungen (§ 7b EStG, § 10e EStG) einen maßgeblichen Beitrag zur Steigerung der Wohneigentumsquote in der Bundesrepublik Deutschland geleistet haben.

Von 38,8 auf 42,6 Prozent, um 3,8 Prozentpunkte also, ist der Anteil der Haushalte mit Wohneigentum zwischen 1993 und 2003 gestiegen. Bei 38,5 Millionen Haushalten in Deutschland bedeutet dies, dass in diesem Zeitraum fast 1,5 Millionen Haushalte zusätzlich Wohneigentum erworben haben. Geht man von einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von 2,15 Personen aus, heißt das, dass im Jahr 2003 über drei Millionen Menschen mehr in ihrem selbst genutzten Wohneigentum gewohnt haben als zehn Jahre zuvor.

Steigerung der Wohneigentumsquote fortsetzen

Dennoch bilden die Deutschen bei der Wohneigentumsquote im europäischen Vergleich nahezu das Schlusslicht. In Belgien zum Beispiel wohnen 74 Prozent der Menschen in den eigenen vier Wänden, in Frankreich 56 Prozent, in Österreich 57 Prozent und in Großbritannien 70 Prozent.

Der Trend zur Steigerung der Wohneigentumsquote in unserem Lande darf nicht abbrechen, trotz Wegfalls der Eigenheimzulage. Wohneigentum ist ein Eckpfeiler einer liberalen Gesellschaftsordnung. Es verschafft den Bürgerinnen und Bürgern Freiheit und Unabhängigkeit im privaten Bereich. Wohneigentum ist aber auch ein wichtiges Instrument der Altersvorsorge. Im Durchschnitt vermeiden Rentnerhaushalte, die über selbst genutztes Wohneigentum verfügen, pro Monat Mietaufwendungen in Höhe von 530 Euro oder 20 Prozent ihres Bruttoeinkommens. Da wird es verständlich, dass für 82 Prozent der Deutschen eigener Wohnraum zu den idealen Formen der Absicherung fürs Alter gehört.

Wohneigentum in Riester

Bei der Verabschiedung des Gesetzes über die Abschaffung der Eigenheimzulage im Deutschen Bundestag im Dezember 2005 hat die FDP-Bundestagsfraktion daher die Bundesregierung in einem Entschließungsantrag aufgefordert, umgehend ein Konzept für eine Einbeziehung von Wohneigentum in die Förderung der kapitalgedeckten Altersvorsorge ab 2006 vorzulegen. Dieser Antrag zielte also auf einen zeitlich lückenlosen Anschluss dieser Form der Wohneigentumsförderung an die ausgelaufene Eigenheimzulage, wobei klar war, dass eine Integration des eigenen Wohnraums in die Altersvorsorge die Eigenheimzulage bei weitem nicht vollständig kompensieren kann und soll.

Die Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und SPD dagegen sieht vor, das selbst genutzte Wohneigentum erst ab 2007 "besser in die geförderte Altersvorsorge zu integrieren". Selbst wenn die Große Koalition diese Terminsetzung noch einhalten sollte - dann allerdings nur noch rückwirkend -, hätte man somit ein Jahr ungenutzt für eine zielgerechtere Förderung der kapitalgedeckten Altervorsorge verstreichen lassen.

Allen Warnungen der Opposition zum Trotz hat die seinerzeitige rot-grüne Koalition das Wohneigentum bei der Einführung der kapitalgedeckten Altersvorsorge im Rahmen der Rentenreform 2001 stiefmütterlich behandelt. Zu einer wirksamen Förderung des Erwerbs eigenen Wohnraums hat sich Rot-Grün bei den damaligen Gesetzesberatungen nicht bewegen lassen. Stattdessen wurde, als Hilfslösung angestoßen vom Bundesrat, das sogenannte Zwischenentnahmemodell eingeführt.

Danach kann der Altersvorsorgesparer für den Bau oder Kauf selbst genutzten Wohneigentums aus dem von ihm angesparten Altersvorsorgevermögen zwischen 10 000 Euro und 50 000 Euro entnehmen (Altersvorsorge-Eigenheimbetrag), gewissermaßen als Darlehen an sich selbst. Zwar ist dieses Darlehen zinslos, doch es muss, beginnend spätestens zwei Jahre nach der Entnahme, bis zum 65. Lebensjahr des Altersvorsorgesparers in monatlichen, gleichbleibenden Raten wieder zurückgezahlt werden.

Vor allem wegen der Rückzahlungsverpflichtung war diese Konstruktion ein totgeborenes Kind. Diese Verpflichtung negiert die Mietersparnis der Rentnerhaushalte mit Wohneigentum, derentwegen eine Wiederauffüllung des Guthabens überhaupt nicht notwendig ist. Sie schafft unnötige Belastungen des Erwerbers von Wohneigentum in einer Situation, in der dieser ohnehin oft bis an die Grenze seiner finanziellen Belastbarkeit gegangen ist. Der tatsächliche Entlastungseffekt des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags ist außerdem nur gering.

Es ist daher zu begrüßen, dass das Bundesfinanzministerium die grundlegende Kritik an dem Zwischenentnahme-Modell mit dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur verbesserten Einbeziehung des Wohneigentums in die private Altersvorsorge und zur Anhebung der Kinderzulage (Wohn-Riester-Gesetz) aufgenommen hat. Die Bezeichnung "Wohn-Riester-Gesetz" sollte das Ministerium allerdings zurücknehmen, da man in der Bundesrepublik Deutschland bisher zu Recht nicht auf die Idee gekommen ist, Gesetze nach ehemaligen Bundesministern zu benennen.

Der Referentenentwurf sieht vor, dass bis zu 50 Prozent des in einem Altersvorsorgevertrag angesparten Guthabens in der Ansparphase für den Erwerb oder zu Beginn der Auszahlungsphase für die Entschuldung selbst genutzten Wohneigentums verwendet werden können. Eine Verpflichtung, den entnommenen Betrag bis zum Beginn des Rentenalters des selbst nutzenden Wohneigentümers wieder zurückzuzahlen, ist nicht vorgesehen. Auch die zur Tilgung eingesetzten Mittel sollen gefördert werden.

Die nachgelagerte Besteuerung in der Auszahlungsphase soll durch Bildung eines Wohnförderkontos organisiert werden (Kanapee-Modell). Dieses soll die in der betreffenden Immobilie gebundenen, geförderten Beträge erfassen und die Grundlage dafür bilden, dass diese Beträge über einen Zeitraum von 20 bis 25 Jahren mit dem individuellen Steuersatz des Wohneigentümers besteuert werden. Die Wohnungsbauprämie soll gestrichen, die Kinderzulage generell von 185 Euro auf 300 Euro erhöht werden.

Keine Entnahmebeschränkung

Dieses Konzept geht zwar in die richtige Richtung, mehr aber nicht. Aus FDP-Sicht bedarf es einiger massiver Korrekturen, vor allem um es von unnötig restriktiven Elementen zu befreien. Die Autoren des Referentenentwurfs haben, so scheint es, die Qualität und die Sicherheit des Wohneigentums als Mittel der Altersvorsorge nicht voll gewürdigt.

Anders ist es nicht zu verstehen, dass die Entnahme aus dem angesparten Altersvorsorgevermögen für den Erwerb eigenen Wohnraums und dessen Entschuldung auf 50 Prozent des Guthabens beschränkt werden soll. Diese Beschränkung sollte entfallen, damit dem Altersvorsorgesparer für Erwerb und Entschuldung eigenen Wohnraums möglichst viel Eigenmittel zur Verfügung stehen. Aus demselben Grund sollte auch nicht vorgeschrieben werden, dass die Zulage bei der Tilgung zwingend zum Aufbau einer Geldrente einzusetzen ist. Diese einengende Regelung des Referentenentwurfs geht vor allem zulasten von Familien mit Kindern, die relativ hohe Zulagen in Anspruch nehmen. Auch diese Mittel sollten für die Tilgung verwendet werden können. Die Einbeziehung der Tilgungsleistungen in die Förderung als solche ist allerdings uneingeschränkt zu begrüßen.

Auf Bedenken stößt auch das im Referentenentwurf vorgesehene Wohnförderkonto, das auf das Kanapee-Modell (Kapitalstock zur Kalkulation der nachgelagerten persönlichen Besteuerung) der Immobilienverbände zurückgeht. Eine solche Lösung brächte jahrzehntelangen hohen Verwaltungsaufwand. Sie wäre dem selbst nutzenden Wohnungseigner auch kaum vermittelbar, weil diesem aus seinem Wohneigentum keine Erträge zufließen. Ersparte Mietaufwendungen werden von ihm in aller Regel nicht als Einkommen betrachtet.

Vor diesem Hintergrund hat eine Lösung in Anlehnung an das Sofa-Modell (Sofort ohne Finanzamt) durchaus ihren Reiz. Dieses Modell sieht vor, beim selbst genutzten Wohneigentum auf die nachgelagerte Besteuerung zu verzichten und zum Ausgleich dafür die (vorgelagerte) Förderung für die betreffenden Sparleistungen um 20 Prozent zu kürzen. Für den Fall, dass nicht für Wohneigentum gebundenes Guthaben zum Erwerb oder zur Entschuldung eigenen Wohnraums aus dem Altersvorsorgevermögen entnommen wird, zum Beispiel Guthaben aus geförderten Banksparplänen, wäre die darauf entfallende Förderung nachträglich gleichfalls um 20 Prozent zu verringern. Der Anleger sollte ein Wahlrecht haben, ob er Wohneigentum als Teil seiner Altersvorsorge nach dem Kanapee-Modell oder Sofa-Modell aufbauen will.

Integration des Bausparens

Ergänzt werden sollte der Anlagekatalog der kapitalgedeckten Altersvorsorge um die dabei bisher ausgeklammerten Beiträge zu Bausparkassen. Bausparbeiträge haben sich in Jahrzehnten als Mittel der Wohneigentumsförderung bewährt. Unser Bausparkassensystem wäre am Ende, würden die Bausparkassenbeiträge nicht in eine durchgreifend verbesserte "Riester-Förderung" einbezogen. Bausparverträge sollten daher bei der kapitalgedeckten Altersvorsorge wie die anderen Anlageprodukte gefördert werden.

Nicht einzusehen ist, dass vermietete Wohnimmobilien, wie es bisher beim Zwischenentnahmemodell der Fall ist, weiterhin von der Förderung der kapitalgedeckten Altersvorsorge ausgeschlossen bleiben sollen. Auch vermietetes Wohneigentum ist ein traditionelles und bewährtes Instrument der Altersvorsorge. Außerdem sollten in einer Zeit, in der man von den Berufstätigen räumliche Mobilität erwartet, keine Hindernisse für eine Vermietung des bisher vorhandenen Wohneigentums aufgebaut werden.

Geboten ist eine Einbeziehung des vermieteten Wohnraums in die kapitalgedeckte Altersvorsorge auch wegen des dramatischen Rückgangs im Wohnungsneubau. Nach 600 000 Neubauwohnungen in 1995 sind für 2006 nur noch 200 000 Fertigstellungen zu erwarten, wobei die Neubauzahlen in 2006 ohne den Wegfall der Eigenheimzulage noch niedriger ausgefallen wären. Die Landesbausparkassen gehen aber von einem jährlichen Neubaubedarf von 270 000 bis 300 000 Wohnungen aus, das Forschungsinstitut Empirica sogar von 330 000 Wohnungen.

In etlichen Gegenden der Bundesrepublik Deutschland gibt es seit Jahren keinen Mietwohnungsneubau mehr. Tendenzen zur Wohnungsverknappung sind deshalb regional schon seit längerem zu beobachten. Steigende Mieten und Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche sind wohl nur noch eine Frage der Zeit, zumal vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung bis 2020 eine Zunahme der Haushalte um 1,9 Millionen oder knapp fünf Prozent jährlich prognostiziert wird. Der Hinweis auf hohe Wohnungsleerstände geht ins Leere, weil diese regional sind und darüber hinaus meist am Bedarf vorbeigehen.

Aufgegeben werden sollte auch der Ausschluss der Selbstständigen von der Förderung der kapitalgedeckten Altersvorsorge. Die kleinen Handwerker, oft mit einem niedrigeren Einkommen als gut verdienende Rentenversicherungspflichtige, verstehen diese Diskriminierung nicht. Baldige Klarheit über die künftige Einbeziehung des Wohneigentums in die kapitalgedeckte Altersvorsorge ist notwendig. Benötigt wird ein solides und bis zum Ende durchdachtes Konzept. Vermieden werden sollte das, was wir bei der Einführung der ergänzenden Altersvorsorge in 2002 erlebt haben: Einen erheblichen Nachbesserungsbedarf, der erst drei Jahre später mit dem Alterseinkünftegesetz teilweise entsprochen worden ist.

Carl-Ludwig Thiele, MdB, Stellvertretender Vorsitzender der Fraktion FDP im Deutschen Bundestag, Berlin.

Bündnis 90/ Die Grünen

Die meisten Bürgerinnen und Bürger wissen längst, dass sie über die gesetzliche Rente hinaus für ihr Alter vorsorgen müssen. Vorsorgesparen findet schon jetzt in ganz unterschiedlichen Formen statt. Es gibt also bereits starke Konkurrenz für die Ideen der Politiker, wie die private Altersvorsorge am besten gefördert wird. Wirklich attraktiv kann deshalb nur eine einfache und verständliche staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge sein, die sich an den Lebensumständen der Menschen ausrichtet und flexibel auf ihre Lebenspläne einstellt. Eine bessere Förderung des eigenen Wohneigentums spielt dabei die entscheidende Rolle. Denn Fakt ist: 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger wünschen sich, ihren Lebensabend in den eigenen vier Wänden zu verbringen. Das darf die Politik nicht ignorieren. Ganz im Gegenteil, die Politik muss dies aktiv aufgreifen!

Entnahme-Modell beibehalten

Schon bei der von den Grünen gemeinsam mit der SPD eingeführten und als "Riester-Förderung" bekannt gewordenen staatlichen Förderung der privaten Altersvorsorge wurde deshalb dafür gesorgt, dass auch das selbst genutzte Wohneigentum als Altersvorsorge anerkannt wird. Gegen zu Anfang große Widerstände des damaligen Koalitionspartners SPD konnte schließlich gemeinsam mit den Ländern im Vermittlungsverfahren zur Riester-Rente das sogenannte Entnahmemodell bei der Riester-Förderung durchgesetzt werden:

Potenzielle Bauherren können nach dieser Regelung ihr Riester-Konto "beleihen", um ihr selbst genutztes Wohneigentum zu finanzieren. Der zinslose Kredit an sich selbst - denn es ist ja eigenes angespartes Kapital - darf zwischen 10 000 und 50 000 Euro betragen. Allerdings muss bis zum 65. Geburtstag, also zum Rentenbeginn, das "Darlehen" auf das Riester-Konto zurückgezahlt sein, damit es dann wie vorgesehen als liquide und zu versteuernde Rente ausgezahlt werden kann.

Das "Entnahme-Modells" wird häufig wegen seiner geringen Inanspruchnahme kritisiert. Diese Kritik greift aber zu kurz, denn das Entnahme-Modell kann erst voll wirksam werden, wenn die Riester-Sparer über entsprechende fünfstellige Guthaben verfügen. Das ist jetzt nach erst vier Jahren Riester-Förderung in vielen Fällen noch nicht erreicht. Die Grünen wollen die Entnahme-Möglichkeit beibehalten und sogar noch ausbauen. So könnten die Entnahmegrenzen auch ausgedehnt werden oder auch ganz entfallen. Der Staat muss nicht immer bis ins letzte Jota vorschreiben was Bürgerinnen und Bürger zu tun oder zu lassen haben. Mehr Freiraum entsprechend den Wünschen und der Lebensplanung des Einzelnen muss die Devise sein.

Wohn-Riester praktikabel ausgestalten

Die selbst genutzte Wohnimmobilie als Form der privaten Altersvorsorge muss noch besser gefördert werden. Das hat auch die Große Koalition erkannt. Allerdings verheddern sich SPD und Union in komplizierten Detaildiskussionen, statt zu praktikablen Lösungen für die Bürgerinnen und Bürger zu kommen. Stillstand ist die Folge.

Das langwierige, großkoalitionäre Hickhack um die Einbeziehung der Wohnimmobilien ist umso unverständlicher, als die Lösung eigentlich ganz einfach ist: Der grüne Vorschlag sieht vor, die Ries-ter-Zulagen auf die Beiträge, die direkt zur Finanzierung des selbst genutzten Wohneigentums genutzt werden wie zum Beispiel zur Tilgungsfinanzierung, gegenüber den Zulagen für andere Kapitalanlagen, etwas abzusenken. Dieser Abschlag ist notwendig, um die sogenannte "nachgelagerte" Besteuerung im Alter abzugelten. Denn es ist nicht vermittelbar, wenn im Alter für die selbst genutzte Immobilie auch noch "fiktive" Beträge versteuert werden müssen.

Andererseits sollen Immobilien aber auch nicht besser behandelt werden als andere Kapitalanlagen zum Beispiel in Aktien, Fonds oder Banksparpläne, die ja weiterhin der nachgelagerten Besteuerung unterliegen werden. Der Riester-Abschlag bei Immobilien muss deshalb so bemessen sein, dass alle Anlageformen steuerlich wirklich gleich behandelt werden.

Die Grünen wollen keinesfalls, dass hier eine Eigenheimzulage "über die Hintertür" wieder eingeführt wird. Deshalb ist die Förderung ja auch an Altersvorsorge gebunden, das heißt, beim Verkauf des Hauses muss das Geld entweder in einen Riester-Vertrag eingelegt werden und wird dann später nach den Bedingungen der Riester-Rente ausgezahlt, allerdings in diesen Fällen steuerfrei. Oder aber das Kapital wird für den Erwerb eines neuen selbst genutzten Wohneigentums verwendet. Wird es aus der Altersvorsorge ganz herausgenommen und für andere Zwecke verwendet, müssen alle Zulagen an das Finanzamt zurückgezahlt werden.

Das Riester-Kapital steht nach den grünen Vorstellungen für die Wohnungsfinanzierung so insgesamt vollständig und unbegrenzt zur Verfügung und darauf kommt es letztendlich an, denn jeder eigens angesparte oder direkt erbrachte Euro senkt die Zins- und Tilgungslast, das weiß jeder Bauherr. Deshalb braucht es beides: Entnahmemodell und Zulagenmodell.

Einfach, verständlich und flexibel sollen die selbst genutzten Wohnimmobilien in die Altersvorsorgeförderung einbezogen werden. Das ist der grüne Anspruch.

Der Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums wird dem nicht gerecht. Die Begrenzung der Entnahmemöglichkeit auf 50 Prozent des angesparten Riestervermögens schmälert den Eigenkapitaleinsatz und behindert damit eine schnellstmögliche Tilgung. In den meisten Fällen fahren die Riester-Sparer dann mit dem derzeitigen Entnahme-Modell besser, denn hier können sie grundsätzlich alles angesparte Kapital, maximal 50 000 Euro entnehmen.

Wenn Union und SPD den Referentenentwurf an dieser Stelle nicht verbessern, dann muss die derzeitige Entnahmemöglichkeit auf jeden Fall beibehalten werden, um Schlechterstellungen zu vermeiden. Der beste Weg wäre aber, wenn Riester-Zulagen zu 100 Prozent für Immobilienerwerb und auch für die Tilgung von Baudarlehen genutzt werden könnten.

Besteuerung des fiktiven Nutzwert ist nicht vermittelbar

Die Krux des Referentenentwurfs liegt aber darin, dass die Riester-Sparer, die Immobilien erwerben, dann im Alter auf einen fiktiven Betrag Steuern zahlen müssten. Vergleichbar ist dies mit der Nutzwertbesteuerung des selbst genutzten Wohneigentums, das schon vor Jahrzehnten durch die sogenannte Konsumgutlösung ersetzt wurde. Und das aus gutem Grund. In der Bevölkerung wurde damals nicht akzeptiert, dass ein in Geld umgerechneter Nutzen, nämlich die infolge der Eigenheimförderung eingesparte Miete, bei einer als Investition angesehenen Wohnimmobilie versteuert werden musste. Trotzdem will jetzt der Referentenentwurf Gleiches wieder einführen, weil auch dort ein fiktiver Wert versteuert werden müsste. Es ist sehr zu bezweifeln, ob diese Besteuerung eines fiktiven Betrages heute bei den Riester-Sparern höhere Akzeptanz findet. Man kann dies nur schwer vermitteln, auch wenn es theoretisch logisch natürlich begründbar ist. Aber nicht jedes theoretisch saubere Modell ist auch praktisch akzeptabel.

Wie eingangs formuliert, muss man die tatsächlichen Wünsche und Vorstellungen der Menschen berücksichtigen, und diese decken sich nicht unbedingt mit der Vorstellung, im Alter für etwas "in cash" Steuern zahlen zu müssen, was einem "in cash" jetzt nicht zufließt, weil es im selbst genutzten Wohneigentum steckt. Die größte Flexibilität und damit aus grüner Sicht den größten Charme hätte ein steuerlich gefördertes individuelles Altersvorsorgekonto:

- Einzahlungen darauf wären bis zu einer gewissen Höhe, zum Beispiel 3 000 Euro pro Jahr, steuerfrei.

- Ebenso steuerfrei wären laufende Erträge, wie Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne.

- Über die konkreten Produkte im Altersvorsorgekonto können die Altersvorsorgesparer nach einem Beratungsgespräch mit ihrer Bank oder einem anderen Finanzdienstleister frei entscheiden.

- Entnahmen aus dem Altersvorsorgekonto wären flexibel möglich, müssten aber natürlich in voller Höhe versteuert werden. Für die Auszahlungen gäbe es also kein Mindestalter, keine Zwangsverrentung ab 65 und keine sonstige Begrenzungen wie zum Beispiel die Beschränkung der Kapitalauszahlung auf 30 Prozent.

In dieses individuelle Altersvorsorgekonto passt die Förderung des selbst genutzten Wohneigentums für die Altersvorsorge bequem hinein: Entweder wird das Finanzierungskapital steuerfrei entnommen und - wie bisher auch - bis zum Renteneintritt wie ein "Kredit an sich selbst" auf das Altersvorsorgekonto zurückgezahlt. Oder man wählt den Weg der verringerten Zulagenförderung zum Beispiel für die Tilgungsfinanzierung und hat keine weiteren Zahlungspflichten. Dieses einfache Modell setzt einen hohen Anreiz, für das Alter zu sparen, und ist flexibel genug, sich auf individuelle Lebenssituationen beispielsweise ein Hausbauprojekt einzustellen.

Gleichzeitig setzt es einen hohen Anreiz, das Ersparte auch erst im Alter anzugreifen, denn bei Entnahme in aktiven Zeiten ist die Steuerbelastung im Allgemeinen deutlich höher als im Ruhestand.

Christine Scheel, Sprecherin für Finanzpolitik, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag, Berlin.

DIE LINKE

Dass der flexibilisierte Kapitalismus alles von alleine richtet, glauben nur diejenigen, die die Fragmentierungen des Arbeitslebens nicht wahrhaben wollen, die jährlichen Armutsberichte konsequent ausblenden, die das Elend zum Beispiel der Kinderarmut ignorieren. Entfesselte Märkte schaffen und verfestigen soziale Ungleichheit. Sie generieren mehr Reichtum und zugleich mehr Armut, mehr Freiheit und Abhängigkeit, Gewinner und Verlierer. Für die Altersvorsorge bedeutet das zunehmende Freiräume und Möglichkeiten auf der Seite der Gewinner und die Notwendigkeit von mehr staatlichen Hilfen und institutionalisierter Solidarität auf der Seite der Verlierer.

Wohneigentum muss nicht gefördert werden

Das verfügbare Median-Einkommen liegt nach aktuell vorliegenden Zahlen bei 1 808 Euro im Monat. Bei denjenigen die mehr verdienen, handelt es sich um gut ausgebildete Menschen, die selbst wenn sie von Arbeitslosigkeit betroffen werden, innerhalb von vier Monaten einen neuen Arbeitsplatz bekommen.

Um die Gutverdienenden, zumal wenn sie jünger sind, muss man sich keine Sorgen machen. Rund die Hälfte der Bevölkerung verfügt über mehr als neunzig Prozent des Vermögens. Wohlverdienende Haushalte dürften demnach durchschnittlich mehr als 150 000 Euro auf der hohen Kante haben. Sie haben die beste Altersvorsorge abgeschlossen, die man sich vorstellen kann, eine Investition in Bildung. Und sie kommen aus guten Verhältnissen. Ihre Eltern haben Häuser zu vererben und sie werden den Hauptteil der durchschnittlich jährlichen sich auf etwa 50 Milliarden Euro belaufenden Erbschaften beziehen. Darunter befinden sich viele Immobilien und Häuser.

Es stimmt, sie haben jetzt nicht mehr die Möglichkeit, über die Eigenheimzulage den Häuser- und Wohnungskauf mit zehntausenden Euro subventioniert zu bekommen. Aber es gibt genug Hilfen: Ihre Steuerbelastung ist in jüngster Zeit sehr stark gesunken (von 53 auf 42 Prozent in der Einkommensteuer). Ab 2009 werden sie mit der Abgeltungssteuer nur noch 25 Prozent auf Zinserträge zahlen, anstatt jetzt den vollen Steuersatz. Und Immobilien bleiben auch in Zukunft beim Verkauf nach zehn Jahren von jeglicher Besteuerung ausgenommen. Dazu kommt: Es war in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie so leicht, Eigentumserwerb zu finanzieren. Die Zinsen sind seit Jahren auf niedrigem Niveau und sie werden niedrig bleiben. Sie sind eine effiziente makroökonomische Förderung, die den Gutverdienenden zugutekommt.

Müssen wir darüber hinaus noch mehr für Gut- und Sehr-Gut-Verdienende machen? Brauchen wir für sie in Form von Wohn-Riester eine neue Förderung, die es für diese Einkommensschicht bisher nicht gab? Sollen die bisherigen Einkommensgrenzen (70 000 Euro für die Eigenheimzulage und 25 600 Euro die Wohnungsbauprämie), wie von SPD und Union vorgesehen, wirklich wegfallen? Und müssen wir den Immobilienerwerb noch privilegieren über die Förderung normalen Sparens, indem wir, wie das im CDU-Modell vorgesehen ist, auf nachgelagerte Besteuerung verzichten und stattdessen nur die Zulage (aber nicht den Sonderausgabenabzug) kürzen? Wir meinen: Nein.

Die wohlhabenden Deutschen brauchen die Hilfe nicht und sie wollen sie auch nicht, wie die relativ geringen Wohneigentumsquoten auch dieser Einkommensschicht in Europa zeigen. Die Wohlverdienenden Deutschen sind smart. Sie wollen flexibel bleiben, vertrauen auf bezahlbare Mieten und ersparen sich deswegen den Kauf ihrer Wohnungen. Zumal, wie eine neue Studie des ideologisch unverdächtigen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, Wohneigentum (wie Gewerbeimmobilieneigentum, vergleiche REITS-Diskussion) gesamtgesellschaftlich eher wachstumsfeindlich ist. Wohneigentum ziehe demnach die Sparquote nach unten, mache Arbeitnehmer weniger fähig wegen eines Jobs umzuziehen und verstopfe das Wohnungsangebot für Arbeitskräfte von außen. Der Staat sollte das akzeptieren.

Altersvorsorge für untere Einkommen

In den Jahren 1994 bis 2004 hat die Armutsquote von 13,8 auf 17,3 Prozent zugelegt, wie aus dem jüngsten Jahresgutachten der fünf Wirtschaftsweisen hervorgeht. Der Anteil sozialversicherungspflichtiger Erwerbsarbeit ging in den letzten Jahren beständig zurück. Und selbst diese sichert kein ausreichendes Einkommen mehr. In 900 000 Fällen normaler sozialversicherungspflichtiger Arbeit muss die Bundesagentur für Arbeit jährlich ergänzende Hilfen aus Hartz IV beisteuern.

39 Prozent der Bevölkerung, so eine Studie der GFK (Gesellschaft für Konsumforschung) sparen überhaupt nicht mehr. Nur acht Prozent der Bevölkerung glauben demnach, in Zukunft wieder mehr sparen zu können. Wohnungseigentum bleibt für immer größere Anteile der Bevölkerung, wenn es nicht ererbt wurde, ein Fremdwort. Ob man das langfristig ändern will oder nicht: Für die Altersvorsorgeförderung müssen wir den Fakt akzeptieren und unsere Schlüsse daraus ziehen. Für diese Gesellschaftsschichten ist die Alternative Mieten oder Kaufen nicht relevant. Für sie geht es um die angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen Einkommen. Daran wird die kapitalgedeckte Altersvorsorge nur einen kleinen oder gar keinen Anteil leisten können. Diese Menschen bedürfen mehr denn je des Umlageverfahrens. Die Umlagefinanzierung erweist sich bei genauerem Hinsehen als effiziente und - wie zahlreiche Beispiele der Krisen privater Versorgung in anderen Ländern zeigen relativ sichere Form für eine gerechte Teilhabe im Alter zu sorgen. An diesem Prinzip ist festzuhalten. Um den bestehenden Finanzierungsproblemen und Versorgungsdefiziten zu begegnen, ist eine Ausweitung der Bemessungsgrundlage und eine steuerfinanzierte Mindestrente anzustreben. Die Kapitalfinanzierung in der gesetzlichen Ausgestaltung der Riester-Rente wurde mit einer Kürzung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung (Stichwort: Neudefinition des Nettoeinkommens der Rentenversicherung) erkauft. Nüchtern betrachtet, darauf hat das Sachverständigenratsmitglied Professor Bofinger hingewiesen, leistet die Generation, der die - sooft gepriesenen geburtenstarken Jahrgänge zu verdanken sind - und die den Wiederaufbau bewerkstelligt hat, auch im Rentenalter einen Beitrag, damit ihre Kinder im Alter in den Genuss der Riester-Rente gelangen. Eine unter dem Aspekt der Generationengerechtigkeit makabere Tatsache.

Mit einer Kapitaldeckung der Altersversorgung - so ist grundsätzlich zu betonen - werden die Einkommensrisiken der Erwerbsgesellschaft zusätzlich individualisiert. Solidarische Umverteilungseffekte erfolgen nur über eine nachträgliche Besteuerung. Hinzu kommt, dass eine Kapitalmarktfinanzierung nicht - wie häufig behauptet - den Risiken des Demografieproblems entgeht. Aus dem Tatbestand, dass, wie die Mackenroth-These zeigt, die Einkommen der Nicht-Erwerbstätigen immer nur aus dem Sozialprodukt der laufenden Periode gespeist werden können, ergibt sich zwingend, dass ein Ansparen der gesamten Gesellschaft nicht möglich ist.

Auch bei einem Kapitaldeckungsverfahren muss - ceteris paribus - ein Mehr von den weniger werdenden Erwerbstätigen für die zunehmende Anzahl der Rentner erwirtschaft werden. Auch unter Berücksichtigung des Auslands - darauf hat das DIW frühzeitig hingewiesen - bleiben erhebliche Risiken bestehen. Das Kapitaldeckungsverfahren löst also kein Demo-grafie-, sondern nur ein Verteilungsproblem, und zwar zuungunsten der sozial Schwachen. Wie bereits skizziert, bleibt bei allen Privatisierungen der sozialen Vorsorge die soziale Gerechtigkeit auf der Strecke. Dies ist auch bei den Wohn-Riester-Modellen so. Die SPD schafft die private Eigenheimzulage ab und will nun Riesterentnahmen für Immobilien erlauben. Damit fällt eine gleich hohe Summe der Wohnungsbauförderung für alle weg. Beglückt wird das Publikum nun mit einer Förderung, die um so höher ausfällt, je höher sich das Einkommen beläuft. Wer mehr Einkommen hat, bekommt vom Staat mehr Unterstützung. Das ist unsolidarisch. Ähnlich verhält es sich bei der Wohnungsbauförderung, die als Kompensation gestrichen werden soll. Dort gibt es strenge Grenzen für das Einkommen: nur bis 25 600 Euro Jahreseinkommen wird gefördert. Zu befürchten ist zudem, dass die Riesterverträge nicht die Geringverdienenden in - den sich ständig ausweitenden - ungeschützten Arbeitsverhältnissen erreichen, da sie sich diese Vorsorge schlichtweg nicht leisten können. Gleichzeitig führt sie bei höheren Einkommen zu Mitnahmeeffekten.

Privatisierung - ein Irrweg

Es sollte darüber hinaus alles vermieden werden, was dazu führt, dass die Immobilienpreise steigen. REITS mit Wohnungseigentum - die noch längst nicht aus der Welt sind, wie der Bundesrat gezeigt hat - führen hier gänzlich in die falsche Richtung. Kommunen, die dem wachsenden Druck nachgeben und Wohneigentum an sich selbst so titulierende Höllenhunde (Cerberus) verkaufen, tun den Mietern und sich selbst damit keinen Gefallen.

Wir erachten generell die Förderung von Wohneigentum nicht als vorrangige Aufgabe des Staates. Ursache der niedrigen deutschen Wohneigentumsrate ist der soziale Wohnungsbau mit seinem hohen Qualitätsstandard, folgert das IW. Daran sollten wir festhalten. Wir brauchen effiziente Mittel, die die Förderung des Wohnens in den Mittelpunkt stellen.

Die Form des Eigentums ist dabei die unabhängige Variable. Die Förderung sollte aus den genannten Gründen komplett von Riester getrennt werden. Dabei müssen die bisherigen Schwächen der Wohnungsbauförderung (Mitnahmeeffekte et cetera) vermieden werden. Der Zug muss aus ökologischen, städtebaulichen und sozialplanerischen Gründen - wenn die Eigentumsfrage in den Mittelpunkt gestellt wird - in Richtung der Förderung von genossenschaftlichem Eigentum.

Dr. Axel Troost, Finanzpolitscher Sprecher, Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag, Berlin.

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