Aktiv-Passiv-Steuerung

"Wir haben nie das Problem von verschlossenen Türen gehabt"

Sie sind seit Februar 2009 im Vorstand der IVG Immobilien AG und zuständig für Finanzen. Welche Anforderungen werden heute an den Finanzvorstand einer großen, börsennotierten Immobiliengesellschaft gestellt?

Der Bezugsrahmen unseres wirtschaftlichen Handelns hat seit einigen Monaten an Stabilität verloren. Börsennotierte Immobiliengesellschaften sind hier aus meiner Sicht aufgrund des vor allem fremdfinanzierten Wachstums der letzten Jahre in besonderer Weise betroffen.

Das Aufgabenfeld eines Finanzvorstands ist in diesem Zusammenhang umfangreicher und sicherlich auch komplexer geworden. Im Falle der IVG stehen wir in diesem Jahr vor der Herausforderung, das Unternehmen in seinem operativen Kern zu stabilisieren, den Umbau des Konzerns voranzutreiben sowie zukünftige Wachstumsopportunitäten zu identifizieren.

Wie überzeugt der Finanzvorstand eines hoch verschuldeten Unternehmens dessen Gläubiger?

Drei Dinge sind hier aus meiner Sicht wesentlich: Erstens, ein realistischer Businessplan mit einem Cash-Flow, der auch den Kapitaldienst deckt und mittelfristig den Verschuldungsgrad senkt. Zweitens, einen für die beteiligten Banken konsensfähigen Vorschlag zur Verlängerung bestehender Kreditlinien.

Drittens, mit Blick auf die bestehenden langfristigen Geschäftsbeziehungen mit unseren Banken den Willen und die Überzeugungskraft, weiterhin langfristig miteinander zusammenarbeiten zu wollen.

Hat Ihnen bei den Verhandlungen mit den Gläubigerbanken geholfen, dass Sie zuvor bei Sal. Oppenheim bereits mit dem "Fall IVG" befasst waren?

Geholfen hat mir, dass ich den Bankenmarkt und seine Akteure, übrigens genau wie Gerhard Niesslein, seit vielen Jahren kenne. Wir haben deshalb nie das Problem von verschlossenen Türen gehabt. Im Übrigen kenne ich die IVG seit vielen Jahren und habe in der Tat nicht bei "Null" angefangen.

Sie haben gerade zahlreiche kleine Kredite zu einer großen Finanzierung über 1,3 Milliarden Euro zusammengefasst. Trotzdem sind elf Banken an diesem Club Deal beteiligt. Warum ist dies für die IVG vorteilhafter?

Wir haben unter Beteiligung der bisher an dem Kredit-Portfolio beteiligten Banken, die bilateralen und bisher unbesicherten Kredite zu einem Konsortialkredit zusammengefasst. Basis ist ein mit den Banken final verhandeltes Termsheet, das nun in eine entsprechende Vertrags- und Sicherheitendokumentation überführt werden wird.

Der Vorteil des Konsortialkredits liegt neben der deutlichen Verbesserung und Verlängerung der Laufzeit für uns in einer einheitlichen Dokumentation mit klaren einheitlichen Regelungen für alle Beteiligten. Darüber hinaus haben wir die Komplexität unseres bisherigen Kreditportfolios deutlich reduziert und einen entscheidenden Schritt in Richtung des zukünftigen Schuldenabbaus unternommen.

Wie schafft man es, so viele Banken "unter einen Hut" zu bekommen? Wie verhandlungsbereit sind die Kreditinstitute?

Wir haben frühzeitig und aktiv Gespräche mit allen beteiligten Banken zunächst auf bilateraler und in einem fortgeschrittenen Stadium auf konsortialer Ebene geführt. Hilfreich war sicherlich unsere Bereitschaft, ganz offen und transparent die Lage der IVG und ihre Perspektiven darzustellen.

Sie mussten relativ strenge Covenants für den neuen Kredit akzeptieren. Was passiert, wenn diese gebrochen werden?

Die Covenants orientieren sich an den bereits bekannten Covenants aus dem existierenden syndizierten Kredit aus dem Jahr 2007 und sind nicht strenger. Sie gewähren der IVG weiterhin ausreichende unternehmerische Flexibilität, um die gesteckten operativen und strategischen Ziele auch erreichen zu können. Darüber hinaus erwarten wir keinen Bruch von Covenants.

Von der aktuellen Verschuldungsquote von über 70 Prozent soll die IVG mittel- und langfristig auf 60 Prozent herunterkommen. Wie viel Erwartung steckt in diesem Ziel, dass sich der Kapitalmarkt wieder normalisiert und die Immobilienwerte in der Folge steigen?

Keinen Euro! Das war das Prinzip der letzten Jahre, wir sehen jetzt, wohin uns diese Praxis geführt hat - Immobilienwerte sind gesunken, die Schuldenlast jedoch geblieben. Die angekündigten Entschuldungsschritte sind daher ausschließlich auf der Basis von Cash-Flows kalkuliert und mit den Banken entsprechend diskutiert worden. Bewertungsverbesserungen spielen dabei keine Rolle.

Wie viele Objekte und Projekte muss IVG für die Schuldentilgung verkaufen?

Die geplanten Objektverkäufe dienen nicht zur Schuldentilgung, sondern sollen vor allem unsere geplanten Investitionen in die Development-Pipeline und das Kavernengeschäft finanzieren. Wie viel Einfluss kann ein Finanzvorstand auf die operativen Renditen (NRI, NOI, Sollmiete zu Verkehrswert) einer Immobiliengesellschaft nehmen?

Portfoliorenditen spiegeln, finanzwirtschaftlich ausgedrückt, die Verzinsung ihres Immobilienportfolios wider und zeigen die Stärke des Asset Managements. Nachhaltigkeit der Vermietungsleistung ist hier das Stichwort.

Als Finanzvorstand habe ich natürlich ein Auge auf die Differenz zwischen Immobilienrendite und Finanzierungskosten beziehungsweise laufenden Zinsaufwendungen. Die muss positiv sein. Insofern muss man an beiden Seiten ansetzen: Stabilisierung und Steigerung einer nachhaltigen Vermietungsleistung und Optimierung bestehender Finanzierungskosten.

Welche Zinsentwicklung erwarten Sie kurz-, mittel- und langfristig?

Wir erwarten kurzfristig weitere Zinssenkungen mit stabilem Niveau der langfristigen Zinsen ab einer Laufzeit von fünf Jahren. Auf mittlere Sicht erwarten wir steigende Zinsen insbesondere am langen Ende. Wir werden diese Einschätzung zur Basis unserer Zinssicherungsstrategie machen.

Banken bieten verstärkt Schuldenmanagement als Dienstleistung für Unternehmen an. Ist das ein Service, den auch IVG nutzen würde oder bereits nutzt?

Hierzu haben wir aktuell keine Pläne. Mit einem Kurs von 4,50 Euro pro Aktie und einem NAV von 12,70 pro Aktie ist die IVG für Investoren derzeit sehr billig zu haben. Zunehmend häufiger als Aktienübernahmen ist die Übernahme von Verbindlichkeiten, die zudem nicht publiziert werden muss. Damit sind feindliche Firmenübernahmen elegant und lautlos zu arrangieren. Wie groß schätzen Sie diese Gefahr für die IVG ein und was unternehmen Sie zu deren Abwehr?

Wie bereits gesagt, wir haben gerade unsere kurzfristige Finanzierung neu strukturiert. Unsere finanzierenden Banken haben demnach Interesse, weiter mit der IVG zusammenzuarbeiten und nicht mit einem Investor mit Übernahmeabsichten. Sie können unabhängig davon sicher sein, dass wir dieses Thema im Blick haben.

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