Schwerpunkt Immobilien-Leasing

Immobilien-Leasing - Gedanken zur Perspektive eines Finanzprodukts

Mit etwa sieben Milliarden Euro Neugeschäft im deutschen Immobilienleasing im Durchschnitt der letzten zehn Jahre bewegte sich dieses spezielle Finanzierungsinstrument für Immobilien lange in einer weitgehend stabilen Dimension. Aber seit 2008 hat sich das Bild geändert. Nur etwa vier Milliarden Euro Neugeschäft waren letztes Jahr zu verzeichnen. Damit haben sich Konjunkturverlauf und Auswirkungen steuerlicher Reformen doch weitaus gravierender dargestellt als zunächst vermutet. Und aufgrund der aktuellen Gesetzeslage, Reformplänen sowie der nach wie vor angespannten Wirtschaftssituation ist nicht absehbar, ob es in naher Zukunft wieder zu höheren Abschlusszahlen kommen wird. Denn Neuinvestitionen - eine der wesentlichsten Quellen des Immobi-lien-Leasinggeschäfts - stehen zurzeit kaum auf der Agenda.

Individuelle Structured-Finance-Produkte gefragt

Schon in seinen Grundfesten hat sich das Immobilienleasing geändert. Ausprägung und Komplexität der Modelle sind kaum mehr mit den Konzeptionen früherer Jahrzehnte vergleichbar. Der aktuelle Trend wendet sich ab vom klassischen Immobilien-Leasing und hin zu weiterentwickelten Strukturen mit großer Affinität zum Leasing. Immer häufiger verlangen anspruchsvolle Kunden aus gewerblichem und öffentlich-rechtlichem Bereich individuelle Structured-Finance-Produkte, die ihren Anforderungsprofilen in gesellschaftsrechtlicher, bilanzieller und steuerlicher Hinsicht besser gerecht werden. Die Leasingaffinität kann sich in zweierlei Formen zeigen: Zum einen können problemverwandte Leistungselemente (zum Beispiel Finanzierungs-/Bilanzierungs-Komponenten) an klassische Leasing-Konzeptionen angedockt werden. Zum anderen können aber auch Strukturen entwickelt werden, die zwar kein Leasing im originären Sinne darstellen, jedoch eine große Ähnlichkeit in Wesen und Wirkung aufweisen (beispielsweise Mietmodelle).

Gerade im Dunstkreis jüngerer steuerlicher Entwicklungen im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 und des Jahressteuergesetzes 2009 hat sich nicht nur für die Wirtschaftsunternehmen, sondern auch für die Player im Immobilienleasing akuter Handlungsbedarf ergeben. Bei Immobilieninvestitionen aller Art gilt es, sich Herausforderungen wie etwa der "Zinsschranke" (§ 4 h EStG) oder der partiellen gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Leasingraten (§ 8 Nr. 1 GewStG) zu stellen. So sind nun im Sinne der Zinsschranken-Problematik auch solche Vergütungen als Zinsaufwendungen anzusehen, die im Allgemeinen keineswegs als Zinsen zu verstehen sind, sondern eigentlich reinen Vergütungscharakter haben. Derartige Vergütungen können zum Beispiel sein: Vorfälligkeitsentschädigungen, Provisionen und Gebühren, die an den Fremdkapitalgeber gezahlt werden.

In Bezug auf die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen gilt nun, dass unter anderem auch durchgeleitete Kredite hinzurechnungspflichtigen Zinsaufwand darstellen. Die aus Sicht von Leasingnehmern gravierendste Änderung ist die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Finanzierungsbestandteilen nun auch bei der Anmietung von Immobilien. Bisher gab es eine solche Hinzurechnung ausschließlich bei Mobilien.

Flexibilität als Chance

Die Anpassung herkömmlicher Immo-bilien-Leasing-Modelle an veränderte Ansprüche profitiert von der Tatsache, dass Leasingverträge keine statischen Konstrukte sind, sondern ein Höchstmaß an Flexibilität bieten. Unter Berücksichtigung und im Einklang mit den geänderten steuerlichen Rahmenbedingungen, die zum Teil erhebliche Ineffizienzen aufweisen, bietet sich bei der Realisierung größerer Immobilieninvestitionen die Konzentration der wesentlichen wirtschaftlichen Effekte in Projektgesellschaften geradezu an. Als Medium mit leasingähnlicher Struktur können sie in vielen Fällen zur passenden Lösung führen. Eckpunkte sind dabei einerseits die konsequente Nutzung bereits bekannter - und politisch durchaus erwünschter - steuerlicher Optionen (zum Beispiel die Übertragung von Rücklagen nach § 6b EStG) und andererseits der stetige Wandel in der Steuergesetzgebung.

Leasing bietet sich nicht nur für Geschäfts- und Büroimmobilien an, die in Deutschland seit Jahren rund 40 Prozent des Immobilien-Leasingaufkommens ausmachen, sondern auch für Produktionsgebäude, Handelsobjekte, sonstige Bauten und andere für Unternehmen strategisch wichtige Wirtschaftsgüter. Die breite Skala infrage kommender Objekte und die Strukturierungsvielfalt bei den Projektgesellschaften in Form leasingähnlicher Modelle lassen selbst Experten vermuten, dass das Spektrum konzeptioneller Gestaltungsmöglichkeiten bei Weitem noch nicht abschließend oder komplett erfasst ist.

Eines zeichnet sich auf jeden Fall deutlich ab: Steuerreformen wie die hier bereits genannten mit ihren Unschärfen und unerwünschten Nebenwirkungen kommen einem "Konjunkturprogramm" für einschlägig spezialisierte Berater gleich. Dieser Effekt kann aber nicht beabsichtigt sein. Absolut wünschenswert, ja geradezu notwendig, wäre stattdessen ein weiteres sinnvolles Nachjustieren durch den Fiskus zum Beispiel in der Zinsschrankenthematik.

Aber die hier genannten Steueraspekte sind nur erste Fixpunkte. Die Pluralität neuer Einflussfaktoren für die künftige Entwicklung des Immobilien-Leasing reicht sehr viel weiter. Einige Schlüsselfaktoren im Überblick: Leasingaufsicht und Gewerbesteuererleichterung, Kreditklemme und Reformen internationaler Bilanzierungsstandards.

Leasingaufsicht und "Fallbeil-Effekt"

Mit Gültigkeit des Jahressteuergesetzes 2009 gelten die Leasinggesellschaften nunmehr als Finanzierungsinstitute. Damit unterliegen auch sie einer eingeschränkten Aufsicht - Insider sprechen hier von "KWG light" - und können daher grundsätzlich von der angestrebten gewerbesteuerlichen Wettbewerbs-Gleichheit gegenüber Banken profitieren. Aber der Teufel steckt wie so oft im Detail. Denn es gilt nicht die identische Regelung wie bei Banken. Stattdessen wurde ein zusätzliches Kriterium eingebaut, die "Ausschließlichkeitsklausel".

Das heißt, eine Gewerbesteuererleichterung für Leasingunternehmen gibt es nur dann, wenn diese nachweislich ausschließlich begünstigtes Finanzierungsleasing tätigen. Sobald aber eine einzige eventuell artverwandte (Neben-)Aktivität durchgeführt wird, die nicht als Finanzierungsleasing zu qualifizieren ist, entfällt die Gewerbesteuererleichterung vollständig. Und sie entfällt dann nicht nur für die betreffende Transaktion. Eine einzige als schädlich identifizierte Geschäftstransaktion kann die gewerbesteuerliche Begünstigung für das gesamte Leasingunternehmen für mehrere Jahre rückwirkend zunichte machen sogenannter "Fallbeil-Effekt".

Zwar hat der Gesetzgeber die Brisanz dieser Thematik erkannt und einen Erlassentwurf zu unschädlichen Hilfs- und Nebengeschäften mit einer Übergangsregelung für 2008 bis 2010 formuliert. Jedoch ist dieser aus Sicht der Branche noch unzureichend und es bedarf hierbei noch spürbarer Nachbesserungen. Ähnliches gilt für die Millionenkreditmeldungen gemäß § 14 KWG, zu denen die Leasinggesellschaften seit Mitte 2009 verpflichtet sind. Die Systematik des Meldewesens ist teilweise noch unklar und muss spätestens bis zum Ende der Übergangsfrist konkretisiert werden.

Die derzeitige Investitionsschwäche der Wirtschaft wird zusätzlich verschärft durch gravierende Refinanzierungsengpässe. Viele Banken haben sich aus der Investitionskreditvergabe weitgehend verabschiedet oder bieten nur unzureichende Konditionen, die einer Kreditverweigerung nahe kommen. Die für Banken drastisch verbilligte Geldbeschaffung wird allenfalls ansatzweise an Kredit nachfragende Unternehmen weitergegeben. Stattdessen bauen viele Banken ihre Nettomargen aus. Mittlerweile ist die Leasingbranche ebenfalls betroffen. Die Refinanzierungsbedingungen haben sich verschlechtert und teilweise ziehen sich Banken ganz aus der Leasing-Refinanzierung zurück.

Kreditklemme

Insbesondere mittelständischen Unternehmen galt die Leasingwirtschaft bei der Investitionsfinanzierung als Fels in der Brandung. Aber nun ist deren Rolle als Investitionsmotor und Wachstumsförderer auch in schwierigen Zeiten ernsthaft gefährdet. Dazu trägt zum Beispiel auch der partielle Ausschluss aus dem jüngsten KfW-Sonderkreditprogramm "Mittelständische Unternehmen" bei: Demnach können banken- und herstellernahe Leasinggesellschaften nicht auf diese begünstigte Refinanzierungsquelle zurückgreifen.

Antragsberechtigt sind ausschließlich "unabhängige" Leasinggesellschaften, die solche Kredite indirekt, auf dem Umweg über die jeweilige Hausbank des Leasingnehmers bei der KfW anfordern können. Hier gäbe es ebenfalls weitere Chancen zur Optimierung. Denn die gesamtwirtschaftliche Hebelwirkung wäre sicherlich ungleich größer, wenn auch banken- und herstellernahe Leasinggeber das KfW-Programm nutzen könnten - und dies möglichst durch eigene, direkte Antragstellung.

Reformpläne zur internationalen Bilanzierung

Auch von der Bilanzierungsseite droht Ungemach. Die Standardsetzer vom International Accounting Standards Board (IASB) wollen bis etwa 2011/2012 die Leasingbilanzierung rigoros vereinfachen. Alle Leasinggegenstände - ob Bürokopierer, Konzernzentrale oder Großraumflugzeug - sollen gleichermaßen mit sämtlichen Nutzungsrechten (Rights of Use) und Verpflichtungen (Obligations) in der IFRS-Bilanz erfasst werden. Für die nach IFRS bilanzierenden Leasingnehmer würde diese überzogen detailgetreue Abbildung jedes einzelnen Leasingengagements nicht nur einen erheblichen bilanziellen Mehraufwand verursachen. Gleichzeitig würden dadurch auch originäre Leasingvorteile wie zum Beispiel Flexibilität, Einfachheit und Klarheit verloren gehen.

Ausbau flankierender Serviceleistungen

Der Bundesverband Deutscher Leasingunternehmen (BDL) schlägt daher vor, mögliche Schwächen der bisherigen Bilanzregeln zu beseitigen und die bis dato sachgerechte Unterscheidung zwischen Finance Leases und Operating Leases zu belassen. Die Reformdiskussion wird noch für viel Zündstoff sorgen.

Das Immobilien-Leasinggeschäft wird nicht einfacher. Neue Herausforderungen wie Leasingaufsicht, Finanzmarktkrise, steuerliche und bilanzielle Reformbestrebungen halten die Anbieter in Bewegung. Entscheidend für den künftigen Erfolg des Immobilienleasing wird sicherlich die stetige Wandlungsfähigkeit der Branche und der Geschäftsmodelle sein. Zum einen ist man durchaus geübt in der Entwicklung von Anpassungsstrategien bei veränderten Rahmenbedingungen. Zum anderen gibt es auch für spezielle leasingaffine Produktansätze weiterhin erhebliches Potenzial. Und schließlich dürfte der permanente Ausbau flankierender Serviceleistungen und Expertise ebenso dazu beitragen, dass die führenden Immobilien-Leasing-Anbieter auch weiterhin ihrer komplexen Funktion als versierter Investitionspartner gerecht werden.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X