Kreditwesen aktuell

Unternehmensteuerreform: Wird der Wachstumsmotor Leasing abgewürgt?

Hans-Michael Heitmüller, Vorstandsvorsitzender, Paul Dillenberger, Mitglied der Geschäftsleitung, beide Deutsche Leasing AG, Bad Homburg v.d. Höhe Im internationalen Vergleich unterliegen deutsche Kapitalgesellschaften und große Personengesellschaften bei der Besteuerung der Erträge einer hohen nominalen und effektiven Steuerbelastung. So ergibt sich für die Bundesrepublik Deutschland mit 38,65 Prozent bei der Thesaurierungsbelastung von Kapitalgesellschaften mit Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer (bei einem Hebesatz von 400 Prozent) innerhalb der europäischen Union der höchste nominale Belastungssatz.

Signalfunktion des Steuersatzes

Diesem nominalen Steuersatz kommt eine nicht unerhebliche Signalfunktion für anstehende Investitions- und Standortentscheidungen der Unternehmen zu. Mit dem geltenden Steuersatz ist Deutschland international nicht wettbewerbsfähig, so dass dringend benötigte Investitionen in Deutschland unterbleiben. Zudem gestalten als Folge der hohen Steuerbelastung international operierende Unternehmen ihre Gewinne so, dass ein erheblicher Teil in Ländern mit niedrigeren Steuersätzen versteuert wird. Auch ist die Eigenkapitalquote deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich gering, sodass mit steuerlichen Anreizen deren Eigenkapitalausstattung gezielt gefördert werden soll.

Auf der Basis dieser Analyse haben die Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsparteien das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 den gesetzgebenden Körperschaften zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt. Der jetzt vom Bundestag verabschiedete Gesetzentwurf - der Bundesrat, dessen Zustimmung als sicher gilt, wird am 6. Juli 2007 entscheiden - beinhaltet unter anderem eine Verringerung des Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 15 Prozent und der Gewerbesteuermesszahl auf einheitlich 3,5 Prozent. Die nominale Belastung der Unternehmensgewinne wird damit auf insgesamt rund 29 Prozent herabgeführt werden. Ferner wird eine sogenannte Zinsschranke eingeführt, mit der insbesondere verhindert werden soll, dass durch grenzüberschreitende konzerninterne Fremdkapitalfinanzierung in Deutschland erwirtschaftete Erträge ins Ausland transferiert werden. Bei der Gewerbesteuer werden die Hinzurechnungen auf alle Fremdkapitalzinsen und deren Substitute bei Verringerung des Hinzurechnungsfaktors von 50 auf 25 Prozent ausgeweitet. Der Abzug der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe wird abgeschafft.

Die Steuerbemessungsgrundlage soll ferner durch Abschaffung der degressiven Absetzung für Abnutzungen verbreitert werden. Schließlich wird die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern für betriebliche Einkunftsarten auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten von bis zu 150 Euro begrenzt. Für Güter mit Anschaffungskosten zwischen 150 Euro und 1 000 Euro gilt für Gewinneinkunftsarten eine Poolabschreibung. Eine stärkere Belastungsneutralität der unterschiedlichen Unternehmensrechtsformen soll dadurch hergestellt werden, dass für Personenunternehmen nicht entnommene Gewinne mit einem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 28,25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag besteuert werden.

Zur Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen werden die bisherigen Regelungen über Sonderabschreibungen und Ansparabschreibungen (künftig: Investitionsabzugsbetrag) nach § 7g EStG verbessert.

Insgesamt führen die steuerlichen Erleichterungen zu einer Brutto-Steuerentlastung von etwa 30 Milliarden Euro, die durch die Gegenfinanzierungsmaßnahmen allerdings auf eine Netto-Entlastung von fünf Milliarden Euro schrumpfen.

Attraktive Standortpolitik?

Wird die Unternehmensteuerreform nun ihrem Anspruch gerecht, den Standort Deutschland für arbeitsplatzerhaltende und arbeitsplatzschaffende Investitionen attraktiver zu machen und gleichzeitig dem Abfluss von Steuersubstrat ins Ausland entgegen zu wirken? Dies soll nachstehend aus der Sicht des größten deutschen Investors, nämlich der Leasingwirtschaft beleuchtet werden.

In 2006 wurden in der Bundesrepublik Deutschland bei Ausrüstungsinvestitionen von insgesamt 169 Milliarden Euro rund 54 Milliarden Euro über Leasing investiert. Insbesondere der deutsche Mittelstand ist aufgrund seiner Eigenkapitalschwäche besonders auf Leasing mit seinen speziellen betriebswirtschaftlichen Vorteilen angewiesen. Gerade dort können aufgrund der starken Objektbezogenheit Investitionen noch durch Leasing realisiert werden, für die eine Kreditfinanzierung aus Bonitätsgründen ausscheidet.

Der Leasinggeber ist Volleigentümer des Leasingobjekts und verfügt über ausgeprägte Objekt- und Marktkenntnisse sowie über etablierte Verwertungsstrukturen. Angesichts dessen kann die mitunter eingeschränkte Bonität des Leasingnehmers in den Hintergrund treten. Gleichwohl steht Leasing aber in vielen Fällen auch in einer unmittelbaren Wettbewerbssituation zu einer Kreditfinanzierung.

Die Leasingbranche ist damit ein wesentlicher Wachstumsmotor für die deutsche Wirtschaft. Dieser Wachstumsmotor droht nun durch einzelne Gegenfinanzierungsmaßnahmen der Unternehmensteuerreform abgewürgt zu werden oder zumindest ins Stottern zu geraten.

Zinsschranke

Der Gesetzentwurf sah vor, dass Zinsaufwendungen nach Saldierung mit Zinserträgen (Zinssaldo) nur noch bis zu einer Höhe von 30 Prozent des Ebit (Ertrag vor Zinsen und Steuern) steuerlich abzugsfähig sein sollten. Da Leasinggesellschaften über keine Zinserträge verfügen, sondern Leasingraten vereinnahmen, hätte dies bei der regelmäßig gegebenen fast 100-prozentigen Fremdfinanzierung zu einer erheblichen Einschränkung des Zinsabzugs geführt mit der absurden Konsequenz, dass sich aus der Steuersatzsenkung keine Entlastung, sondern Steuerquoten in Höhe des Mehrfachen des Vor-Steuer-Gewinns ergeben hätten. Die Leasinggesellschaften wären damit vom Fiskus planmäßig in die Insolvenz geführt worden.

Zwar hätten die im Gesetzentwurf vorgesehenen Ausnahmen oder "Erleichterungen" bei der Anwendung der Zinsschranke einer Reihe von Leasinggesellschaften ermöglicht, diesen "tödlichen" Auswirkungen der Zinsschranke zu entkommen. Dem Marktführer Deutsche Leasing mit seinen ausländischen Tochtergesellschaften, die ausschließlich der Unterstützung seiner mittelständischen Kunden bei deren internationalen Aktivitäten dienen, standen, auch aufgrund seiner Struktur als Verbundunternehmen der deutschen Sparkassen, solche Ausweichmöglichkeiten nicht offen. Die Zinsschranke hätte unweigerlich zur Insolvenz geführt. Daher hatte die Deutsche Leasing bereits in der Bilanzpressekonferenz im März davon gesprochen, dass als Notwehrmaßnahme nur die Verlegung ins Ausland bliebe.

Andere Bemessungsgrundlage

Vor dem Hintergrund, dass mit dem Gesetz Investitionen gefördert und nicht behindert werden sollen, ist diese von der Politik so nicht gewollte Konsequenz nun dadurch eingeschränkt worden, dass man einer auch von den großen Wirtschaftsverbänden erhobenen Forderung nachgekommen ist und als Bemessungsgrundlage für die Zinsschranke nicht mehr das Ebit sondern das Ebitda (Ertrag vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) gilt. Innerhalb des Anwendungsbereiches der Zinsschranke ist damit ein Zinssaldo in Höhe von 30 Prozent des Ebitda steuerlich abzugsfähig.

Für das nicht über Einzel-Objektgesellschaften abgewickelte Mobilienleasinggeschäft (im Wesentlichen Individual- und Mengengeschäft) ist mit der Umstellung auf die Bemessungsgrundlage Ebitda gewährleistet, dass die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen bei Leasinggesellschaften nicht durch die Zinsschrankenregelung beeinträchtigt wird, da der Zinsanteil in diesem Geschäftssegment deutlich unter 30 Prozent des Ebitda liegt.

Bei Immobilienleasing-Objektgesellschaften und auch bei Großmobilienleasing-Objektgesellschaften mit langlebigen Leasingobjekten hilft diese Umstellung aber nicht weiter, da hier der Zinsaufwand deutlich über 30 Prozent des Ebitda liegt.

Wahlrecht über eine Erlassregelung

Insoweit hat die Bundesregierung auf Nachfrage der Koalitionsfraktionen erklärt, dass über eine Erlassregelung ein Wahlrecht eingeräumt werden soll, in diesen Fällen den Zinsanteil in der Leasingrate offen zu legen mit der Konsequenz, dass dann die Leasinggesellschaft im Rahmen der Anwendung der Zinsschranke diese Zinserträge mit ihrem Zinsaufwand saldieren kann, was in der Regel zu einem Zinssaldo von Null führt. Die nähere Ausgestaltung dieses Erlasses ist allerdings noch nicht bekannt. Kritisch könnte es werden, wenn die Offenlegung des Zinsanteils nicht nur gegenüber der Finanzverwaltung, sondern auch gegenüber dem Leasingnehmer erforderlich wäre. Noch problematischer wäre es, wenn die offen gelegten Zinsanteile in die Zinsschrankenregelung beim Leasingnehmer einbezogen würden.

Hieraus ergäben sich erhebliche Wettbewerbsnachteile für inländische Leasinggesellschaften, da ausländische Leasinggeber in ihren Sitzstaaten nicht der Zinsschranke unterliegen und daher nicht von dem "Er-lass-Wahlrecht" Gebrauch machen müssen. Ebenfalls hätten inländische Leasinggeber, die selbst der Anwendung der Zinsschranke aufgrund ihrer spezifischen Konzernstruktur nicht unterliegen, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Anbietern, die der Zinsschranke nur durch das "Erlass-Wahlrecht" ausweichen können. Ebenfalls wären für das Bestandsgeschäft aus einer nachträglichen Offenlegung Probleme zu erwarten.

Gewerbesteuerliche Hinzurechnungsvorschriften

Bisher wird Leasing im Vergleich zu einer über Kredit finanzierten Investition bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsvorschriften grundsätzlich gleich behandelt. Während beim Kreditnehmer Dauerschuldzinsen zu 50 Prozent hinzugerechnet werden, erfolgt beim Leasingnehmer keine Hinzurechnung von Leasingaufwendungen. Dafür unterliegt allerdings der Leasinggeber einer Hinzurechnung von 50 Prozent seiner Dauerschuldzinsen, während beim Kreditgeber aufgrund des sogenannten "Bankenprivilegs" nach § 19 Gewerbesteu-er-Durchführungsverordnung (Gew StDV) keine Hinzurechnung vorgenommen wird. Im Ergebnis erfolgt also bei Leasing und Kredit jeweils einmalig eine Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen.

Künftig sollen auch beim Leasingnehmer die Finanzierungsanteile in den Leasingraten in pauschaler Form erfasst und in die Hinzurechnungen einbezogen werden. Eine Änderung des § 19 Gew StDV ist zunächst jedoch nicht vorgesehen, sodass es zwar beim Kredit bei einer einmaligen Hinzurechnung verbleibt, beim Leasing aber nunmehr eine doppelte Besteuerung vorliegt, da künftig auch alle Finanzierungsaufwendungen des Leasinggebers einschließlich des "Diskonts" aus der Forfaitierung den Hinzurechnungen unterworfen werden.

Ungleichbehandlung von Leasing und Kredit

Diese Ungleichbehandlung von Leasing und Kredit und die damit gegebene gewerbesteuerliche Diskriminierung von Leasing ist zwar vom Gesetzgeber anerkannt worden, er sah sich jedoch noch nicht in der Lage, hier sofort für Abhilfe zu sorgen. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat das Bundesfinanzministerium gebeten, bis zum 30. September 2007 die Möglichkeit einer Einführung spezieller aufsichtsrechtlicher Regelungen für Leasingunternehmen zu prüfen, die eine Aufnahme dieser Unternehmen in die gewerbesteuerliche Sonderregelung für Banken nach § 19 Gew StDV (Bankenprivileg) rechtfertigen würde. Gesetzestechnisch könnte dies im Rahmen eines Jahressteuergesetzes oder eines anderen "Artikelgesetzes" noch bis zum Jahresende erfolgen. Damit könnte die Änderung gleichzeitig mit der Unternehmensteuerreform am 1. Januar 2008 in Kraft treten.

Die Leasingwirtschaft ist grundsätzlich bereit, eine aufsichtsrechtliche Regelung als Preis für die Einbeziehung von Leasing in § 19 Gew StDV zu akzeptieren. Diese darf aber das Leasinggeschäft nicht unnötig durch organisatorische Vorschriften oder Mindestanforderungen an die Eigenkapitalausstattung erschweren.

Handlungsbedarf bei der gewerbesteuerlichen Pauschalierung

Auch bei der gewerbesteuerlichen Pauschalierung der Finanzierungsanteile in den Leasingraten, die für die Hinzurechnung beim Leasingnehmer maßgebend ist, besteht noch Handlungsbedarf. Die Sätze von 20 Prozent beim Mobilienleasing und 75 Prozent beim Immobilienleasing sind bei dem aktuellen Zinsniveau und auch im langfristigen Vergleich deutlich überhöht. Nach den Berechnungen des Bundesverbandes der Deutschen Leasingunternehmen, die von einer Studie des Forschungsinstituts für Leasing an der Universität zu Köln bestätigt werden, liegen die tatsächlichen durchschnittlichen Zinsanteile beim Mobilienleasing bei etwa 13 Prozent und beim Immobilienleasing bei etwa 55 Prozent.

Insbesondere bei Immobilien-Investitionen ist Leasing künftig im unmittelbaren Wettbewerb mit der konventionellen Kreditfinanzierung steuerlich deutlich benachteiligt. Dieser steuerliche Nachteil wird nicht immer durch anderweitige Leasingvorteile - zum Beispiel Bilanzeffekt - aufgewogen werden, sodass in diesem Geschäftssegment Einbußen zu erwarten sind. Diese Einbußen werden alle Leasinganbieter treffen, unabhängig von ihrer individuellen steuerlichen Situation. Beim Bestandsgeschäft kann die geänderte gewerbesteuerliche Behandlung bei Leasingnehmern zu dem Wunsch bis hin zur Forderung nach einer vorzeitigen Vertragsbeendigung führen.

Mit der Veränderung bei der Zinsschrankenregelung - Umstellung von Ebit auf Ebitda - ist die Existenzbedrohung für die meisten Leasinggesellschaften abgewendet, so auch für die Deutsche Leasing. Je nach Ausgestaltung des geplanten "Erlass-Wahlrechts" können sich allerdings in dem Geschäftssegment Immobilienleasing und Mobilien-Großgeschäft Wettbewerbsverzerrungen ergeben gegenüber Leasinganbietern mit ausländischem Sitz sowie inländischen Leasinganbietern, die nicht der Zinsschranke unterliegen, zum Beispiel aufgrund eines Organschaftsverhältnisses zu ihrer Mutter oder aufgrund der "Es-cape-Klausel" (Vergleich Konzerneigenkapital mit dem inländischen Eigenkapital).

Gravierende Wettbewerbsnachteile gegenüber der Kreditfinanzierung einer Investition und auch gegenüber Leasinganbietern mit ausländischem Sitz mit der Folge erheblicher geschäftlicher Einbußen ergäben sich, wenn die Einbeziehung von Leasing in das "Bankenprivileg" nicht oder auch nur zeitlich versetzt zum Inkrafttreten der Unternehmensteuerreform erfolgte.

Leasing weiterhin Wachstumsmotor?

Bei einer rechtzeitigen Einbeziehung von Leasing in das "Bankenprivileg" wird Leasing wohl auch weiterhin als Wachstumsmotor bei den für Arbeitsplätze wichtigen Ausrüstungsinvestitionen wirken können, obwohl Leasinginvestitionen durch die überhöhten gewerbesteuerlichen Pauschalierungssätze "unnötig" verteuert werden. Beim Immobilienleasing und im Großgeschäft führen die zu hohen Pauschalierungssätze voraussichtlich jedoch zu Geschäftseinbußen, hier könnte der Wachstumsmotor Leasing ins Stottern geraten. Um so wichtiger ist es, dass die angekündigte Überprüfung der Pauschalierungssätze schnellstmöglich in Angriff genommen wird.

Insgesamt verbessern sich durch die Unternehmensteuerreform die Chancen Deutschlands im internationalen Standortwettbewerb. Das Ziel einer nachhaltigen Stärkung des Investitionsstandortes Deutschland kann jedoch nur dann erreicht werden, wenn der Gesetzgeber sich dazu durchringt, investitionshemmende Gegenfinanzierungsmaßnahmen wie zum Beispiel die Abschaffung der degressiven Absetzungen für Abnutzung wieder zu "entschärfen".

Die Zwischenüberschriften sind teilweise von der Redaktion eingefügt.

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