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Unternehmensteuerreform: Gut gemeint, aber nicht gut gemacht

Die Unternehmensteuerreform ist gut gemeint, aber leider nicht gut gemacht. Wettbewerbsfähige und erfolgreiche deutsche Unternehmen sind das ausdrückliche Ziel der Unternehmensteuerreform, die von Jahresbeginn 2008 an gelten soll: Der Bundestag hat Ende Mai den Gesetzentwurf gebilligt, und der Bundesrat wird voraussichtlich noch vor der Sommerpause ebenfalls zustimmen. Allerdings wird die Immobilienbranche durch Teile des künftigen Unternehmensteuerrechts geschwächt statt - wie beabsichtigt - gestärkt.

Bremsklotz Zinsschranke

Träte das neue Unternehmensteuerrecht wie vorgesehen in Kraft, bremsten neue komplizierte steuerrechtliche Regelungen und dabei besonders die geplante Zinsschranke die Immobilienwirtschaft in hohem Maß in ihrer Entwicklung. Die Unternehmensteuerreform verfehlte damit zumindest bei Teilen der deutschen Wirtschaft ihr Ziel und erreichte sogar das Gegenteil dessen, was beabsichtigt ist. Deshalb sollten unbedingt noch Änderungen in den Gesetzestext eingearbeitet werden, bevor die Unternehmensteuerreform die letzte Hürde der Gesetzgebung nimmt.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der Steuersatz der Körperschaftsteuer bei Kapitalgesellschaften von momentan 25 auf 15 Prozent sinkt. Damit würden die Unternehmen in der Tat spürbar entlastet. Allerdings soll die Gewerbesteuer nicht mehr als Betriebsausgabe abzugsfähig sein. Die durchschnittliche Gesamtbelastung der Kapitalgesellschaften fiele dadurch von heute 38,7 Prozent auf weniger als 30 Prozent. Das ist ausdrücklich zu begrüßen, ein wesentliches Wettbewerbshemmnis entfiele. Personengesellschaften sollen mit Kapitalgesellschaften bei der Steuerbelastung gleichgestellt werden, wenn sie ihre Gewinne thesaurieren.

Für die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft ergäbe sich nach Abzug der neuen Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf private Kapitalerträge eine Ertragsteuerquote von insgesamt 48, 33 Prozent; auf diesem Niveau läge auch die insgesamt anfallende Steuerbelastung der Erträge von Personengesellschaften. Außerdem sollen bilanzierende Personengesellschaften durch die Bildung einer sogenannten Thesaurierungsrücklage in das Unternehmensteuerkonzept eingebunden werden.

Die in diese Rücklage einzustellenden (laufenden) Gewinne sollen zunächst einem ermäßigten Einkommensteuersatz in Höhe von 28,25 Prozent zuzüglich des Solidaritätszuschlags unterworfen werden. Werden später Gewinne entnommen, sind sie dann mit einem Steuersatz von 25 Prozent nachträglich zu versteuern.

Nach Berechnungen der Regierungskoalition werden die öffentlichen Haushalte im ersten Jahr nach dem vollständigen Inkrafttreten der Unternehmensteuerreform rund fünf Milliarden Euro weniger einnehmen. Das Bundesfinanzministerium rechnet damit, dass die Unternehmen in einer Höhe von 28,8 Milliarden Euro entlastet und dafür künftig mit rund 23,1 Milliarden Euro belastet werden. Zum großen Teil soll der Wegfall des Betriebsausgabenabzugs der Gewerbesteuer die ausbleibenden Einnahmen durch die Unternehmensteuerreform kompensieren. Einen deutlich kleineren Beitrag zur Gegenfinanzierung soll die Einführung einer so genannten Zinsschranke leisten. Das wäre jedoch mit gravierenden Folgen für viele - besonders für kapitalintensive - Unternehmen verbunden.

Mit der Zinsschranke bei der Körperschaftssteuer soll verhindert werden, dass Unternehmen allein aus Gründen der Steueroptimierung eine hohe Fremdkapitalquote anstreben. Die Zinsschranke soll insbesondere vermeiden, dass Konzerne mit grenzüberschreitender konzerninterner Fremdkapitalfinanzierung in Deutschland erwirtschaftete Erträge ins Ausland transferieren. Außerdem möchte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit der Zinsschranke verhindern, dass Konzerne sich gezielt über ihre deutschen Töchter auf dem Kapitalmarkt verschulden und über die gezahlten Zinsen vor allem in Deutschland die Steuerbemessungsgrundlage verringern. Das sind zumindest die Erwartungen des Finanzministeriums.

Doch an dieser Stelle offenbaren sich die Schwächen der Unternehmensteuerreform. Mit dieser Zinsschranke soll ein partielles Abzugsverbot für Zinsaufwendungen eingeführt werden. Das ist aus Sicht der Immobilienwirtschaft höchst problematisch. Unternehmen der Immobilienbranche sind in Deutschland in hohem Maß auf den Einsatz von Fremdkapital angewiesen, weil ihre Eigenkapitalausstattung im internationalen Vergleich typischerweise eher schwach ist.

Auf hohe Fremdfinanzierung angewiesen

Die geplante Zinsschranken-Regelung beträfe Personen- und Kapitalgesellschaften, wenn es sich dabei um Konzerne handelt. Sie sieht vor, dass der Saldo aus Zinsaufwendungen und Zinserträgen (Schuldzinsüberhang) nicht mehr als Betriebsausgabe abzugsfähig ist, soweit er die Freigrenze von einer Million Euro übersteigt und größer als 30 Prozent des erzielten Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) ist.

Damit ist höchstens ein Schuldzinsüberhang in Höhe von 30 Prozent des EBITDA als Betriebsausgabe abzugsfähig. Der Rest unterliegt dem Abzugsverbot - es sei denn, die Eigenkapitalquote der vom Schuldzinsenüberhang betroffenen deutschen Gesellschaft unterschreitet die Eigenkapitalquote des Konzerns um nicht mehr als einen Prozentpunkt (Escape-Klausel). Soweit der Schuldzinsüberhang nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig ist, kann er vorgetragen und gegebenenfalls später als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Dies führt im Ergebnis dazu, dass die effektive Steuerbelastung zunächst deutlich über der angestrebten Belastung von 30 Prozent liegt.

Eigentlich sollte die Einführung der Zinsschranke nur verhindern, dass Konzerne durch entsprechende Finanzierungsgestaltungen Erträge in das Ausland verlagern. Doch die vorgesehene Regelung erfasst nicht nur international tätige Konzerne und ihre Tochtergesellschaften, sondern zugleich auch deutsche Unternehmen, die im Inland oder Ausland ihren Geschäften nachgehen.

Modellrechnungen von kapitalintensiven Immobilien-Bestandshaltern haben ergeben, dass nur Objektgesellschaften mit einem Immobilienvermögen von etwa 20 bis 25 Millionen Euro unter die Freigrenze fallen und dass Gesellschaften mit renditestarken Objekten oder hohen Veräußerungserlösen Vorträge von Schuldzinsüberhängen langfristig nutzen können. Besitzen Gesellschaften dagegen Qualitätsobjekte mit geringeren Renditen, können sie keine Vorträge nutzen und sind am stärksten von den Belastungen durch die Zinsschranke betroffen.

Änderung der Escape-Klausel notwendig

Aus der Perspektive der Immobilienwirtschaft sollte vor allem die sogenannte Escape-Klausel geändert werden. Darunter versteht man die Möglichkeit, die Anwendung der Zinsschranke zu vermeiden. Diese Escape-Klausel führt zwar auch nach der geplanten Version der Unternehmensteuerreform zu geringerem Steueraufwand, kann allerdings bei zahlreichen Immobilien-Konzernunternehmen nicht angewendet werden. Nach den bisherigen Planungen dürfen die Tochtergesellschaften eines Konzerns dessen Eigenkapitalquote nur um einen Prozentpunkt unterschreiten. Dazu müsste entweder das Eigenkapital des Konzerns reduziert oder das der Tochter erhöht werden.

Die Gesellschaft steht damit vor der Alternative, sich zwischen einer optimalen Finanzierungsgestaltung und einer primären Steueroptimierung entscheiden zu müssen. Entscheidet sich das Unternehmen für die optimale Finanzierungsgestaltung, muss es eine hohe Steuerbelastung tragen. Die optimale Steuervariante wiederum ist wirtschaftlich kaum sinnvoll. Der Gesetzgeber stellt Immobilienunternehmen mit seinem Gesetzentwurf also vor ein Dilemma.

Eine Änderung der engen Regelung der Escape-Klausel würde auch die öffentlichen Haushalte nicht über Gebühr belasten: Aufgrund der partiellen Nichtabzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen werden nur Steuermehreinnahmen von einer Milliarde Euro erwartet. Deshalb sollte das ursprüngliche Ziel der Unternehmensteuerreform - starke deutsche Unternehmen - auch bei der Gestaltung der Zinsschranke nicht aus dem Auge verloren werden. Sonst bleibt die Unternehmensteuerreform gut gemeint, aber nicht gut gemacht.

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