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Markt-Déjà-vu Investmentboom?

Der deutsche Investmentmarkt boomt. Spürbar gestiegene Transaktionsvolumina und gesunkene Spitzenrenditen, die zwar noch über den Tiefständen von Mitte 2007, gleichzeitig aber unter dem langjährigen Durchschnitt liegen, unterstreichen das große Interesse sowohl nationaler als auch internationaler Investoren an deutschen Immobilien.

Die Treiber vor der Finanzmarktkrise

Die zu beobachtende Dynamik lässt bei manchem Marktteilnehmer Erinnerungen an die Zeit vor der Finanzkrise wach werden und Befürchtungen aufkeimen, dass wir uns bereits erneut in einer Überhitzungsphase befinden. Aber ist die aktuelle Situation wirklich mit den damaligen Boomjahren vergleichbar? Welche Parallelen, aber vor allem auch Unterschiede, lassen sich erkennen, wenn neben dem "gefühlten Unwohlsein" einzelner Akteure die harten Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren analysiert werden?

Ein wichtiger und plausibler Grund war das gute gesamtwirtschaftliche Umfeld, das sich in den Jahren 2006 und 2007 in BIP-Wachstumsraten zwischen 3 Prozent und 4 Prozent ausdrückte. Viele Investoren, gerade auch internationale, gingen von vergleichbaren Zuwächsen auch in den Folgejahren aus, was zu erheblichen Mietsteigerungen und somit zu Upside-Potenzialen führen würde.

Von größerer Bedeutung war aber sicherlich das gesamte Finanzierungsumfeld. Durch das Instrument der Verbriefung waren Banken in der Lage, auch große Kredite in weiten Teilen außerhalb ihrer eigenen Bücher zu platzieren und damit das Risiko weiterzugeben. Gleichzeitig kauften sie aber selbst umfangreiche Verbriefungsanteile, sodass es sich letztendlich nur um eine Umverteilung und größere Splittung von Risiken handelte.

Trotzdem führte diese Situation dazu, dass viele Banken bereit waren, Transaktionen zu finanzieren, die sie früher nicht getätigt hätten. Dies äußerte sich zum einen darin, dass in großem Umfang auch Value-add- und opportunistische Käufe begleitet wurden, zum anderen in hohen Loan to Value (LTV)-Relationen. Die durchschnittlichen LTV-Quoten erreichten damals 70 Prozent oder mehr.

Einzelne Deals, auch großvolumige, wurden sogar mit LTV von über 90 Prozent finanziert. Für die Investoren bestand damit die Möglichkeit, mit relativ wenig Eigenkapital große Deals stemmen zu können und durch entsprechende Leverage-Effekte eine Verzinsung auf ihr eingesetztes Equity zu erzielen, das in anderen Anlageklassen, auch in den schon weit gelaufenen Aktienmärkten, nicht zu erreichen war.

Dies galt vor allem bei riskanteren Transaktionen, in denen die Projektrendite über den Finanzierungskosten lag und die Leverage-Effekte voll griffen. Genau aus diesem Grund entfielen in den Jahren vor der Finanzkrise auch über 60 Prozent des Investmentumsatzes auf Portfoliodeals, häufig im Valueadd- oder opportunistischen Marktsegment.

Im langfristigen Vergleich sind Portfolioanteile von 25 Prozent bis 35 Prozent die Regel. Auch der mit knapp 80 Prozent hohe Anteil von großen Transaktionen über 50 Millionen Euro am Umsatz, der üblicherweise eher im Bereich von 50 Prozent bis 60 Prozent liegt, unterstreicht die in dieser Zeit gängigen Mechanismen und Markttreiber. "Big was beautiful"!

Das gesamtwirtschaftliche Umfeld heute

Zwar konnte die deutsche Wirtschaft 2010 und 2011 ähnlich zulegen wie 2006 und 2007, verantwortlich hierfür waren aber in erster Linie Nachholeffekte aufgrund des starken Einbruchs 2009. Demgegenüber lag das BIP-Wachstum 2012 (0,7 Prozent) und 2013 (0,4 Prozent) nicht auf einem Niveau, bei dem von außergewöhnlichen Effekten auf die Immobilien- und insbesondere die Vermietungsumsätze auszugehen ist.

Trotzdem legten die Investmentmärkte dynamisch zu. Gleiches gilt für das laufende Jahr, in dem die optimistischen Prognosen von gut 2 Prozent mittlerweile zu Recht wieder spürbar nach unten korrigiert wurden, wie die negative BIP-Entwicklung im zweiten Quartal 2014 zeigt.

Mit anderen Worten: Die Motivation der Investoren in Deutschland viel Geld anzulegen, spiegelt nicht die Erwartungshaltung an überproportionale Wachstumsperspektiven wider. Gesucht wird vielmehr die Stabilität. Innerhalb der Währungsunion steht Deutschland ausgesprochen gut da. Gleiches gilt auch für die Perspektiven der nächsten Jahre.

Ein gesunder Arbeitsmarkt und mehr als freundlich gestimmte Verbraucher sind weitere Faktoren, die Deutschland von anderen Ländern abheben. In der Konsequenz bedeutet dies, Anleger glauben an eine, gerade im internationalen Kontext, stabile Entwicklung.

Das Interesse basiert also stärker auf einer langfristigen und nachhaltigen Strategie und nicht wie in den Jahren vor der Finanzkrise auf einkalkulierten, kurzfristigen Upside-Potenzialen. Aus Marktsicht ist der heutige Investitionsansatz als erheblich gesünder und tragfähiger zu bewerten.

Hohe Attraktivität von Immobilieninvestments

In den Jahren vor der Finanzkrise hatten Investoren durchaus die Möglichkeit, auskömmliche Renditen mit extrem sicheren Anlagen zu erzielen. So lag die Umlaufrendite für mit AAA bewertete zehnjährige deutsche Staatsanleihe 2006 und 2007 bei 4 Prozent oder sogar noch darüber. In den letzten zweieinhalb Jahren wurden sie dagegen im Durchschnitt nur mit 1,6 Prozent verzinst. Mitte 2014 lag der entsprechende Wert sogar nur noch bei 1,3 Prozent. Das bedeutet, dass in den Boomjahren der Abstand zwischen Staatsanleihen und den Spitzenrenditen für Premium-Büroobjekte weniger als 100 Basispunkte betrug.

Trotzdem erreichten die Investitionsvolumina immer neue Rekordhöhen. Diese sogenannte Risikoprämie ist in den letzten Jahren dagegen auf über 300 Basispunkte angewachsen, ein im langfristigen Vergleich noch nie erreichter Wert. Selbst mit sehr teuren Immobilien, die aufgrund ihrer Lage- und Objektqualität sowie einer nachhaltigen Mieterstruktur ein relativ geringes Risikoprofil aufweisen, können Anleger momentan noch über 3 Prozent mehr Rendite erwirtschaften als mit AAA-Staatsanleihen.

Aus Investorensicht stellen Immobilieninvestments demzufolge im aktuellen Umfeld eine sehr attraktive und vor allem rational begründbare Anlage dar. Dies gilt insbesondere für institutionelle Käufer, die ihr Gesamtportfolio unter dem Aspekt eines ausgewogenen Chancen-/Risikoprofils strukturieren müssen.

Aber auch private Anleger und Familiy Offices tun sich momentan schwer, wirtschaftlich interessante Anlagestrategien ohne erhebliche Immobilienanteile umzusetzen. Das große Interesse der Investoren an deutschen Immobilien und die hohen Transaktionsvolumina resultieren demzufolge aus einer ökonomischen Logik und nicht aus überzogenen Erwartungen.

Nachdem die Finanzierung von Immobilien die ersten Jahre nach der Finanzkrise fast vollständig zum Erliegen gekommen war, hat sich die Situation mittlerweile erfreulicherweise wieder deutlich entspannt. Trotzdem sind noch erhebliche Unterschiede festzustellen, die zu spürbar stabileren Märkten und geringerer Krisenanfälligkeit beitragen.

Zu nennen sind hier in erster Linie die niedrigeren LTV-Quoten, die, obwohl sie in den letzten zwei Jahren wieder leicht gestiegen sind, durchschnittlich immer noch bei um die 50 Prozent oder knapp darunter liegen. Der hieraus resultierende höhere Eigenkapitalanteil der Käufer trägt dazu bei, dass Investments intensiver geprüft werden als unmittelbar vor der Finanzkrise und erkennbare Risiken im Pricing eine entsprechende Würdigung finden.

Höhere Eigenkapitalanteile

Hierin liegt auch der Grund für die nach wie vor zu beobachtende Fokussierung auf Core-Objekte, auch wenn die Bereitschaft in Core-plus- oder Value-add-Immobilien zu investieren wieder etwas zugenommen hat. Kompensiert werden die weniger aggressiven Finanzierungsbedingungen hinsichtlich der LTV aus Anlegersicht teilweise durch die niedrigen Zinsen.

Der Leitzins der EZB, der in den Boomjahren zwischen 3,5 Prozent und 4,0 Prozent lag, belief sich Mitte 2014 nur noch auf 0,15 Prozent. Diese attraktiven Konditionen, in Verbindung mit den einhergehenden Leverage-Effekten, stellen für viele Anleger ein weiteres rationales Argument dar, umfangreich zu investieren.

Wie die bisherigen Ausführungen belegen, sind die Vorkrisenjahre mit der aktuellen Situation in vielen Bereichen nicht vergleichbar. Trotz der dynamischen Entwicklung der Investmentmärkte und der Preise sind die Märkte weitaus weniger anfällig für externe Schocks und durch die größere Eigenkapitalunterlegung deutlich stabiler. Eine vergleichbare Erschütterung des Bankensystems mit entsprechenden Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft ist aktuell deutlich unwahrscheinlicher.

Hinzu kommt, dass die verschärften Eigenkapitalregeln die Banken auch zukünftig davon abhalten dürften, überzogene LTV auszureichen. Solange das Niedrigzinsumfeld Bestand hat und sichere Anlagen wie AAA-Staatsanleihen nicht deutlich höhere Zinsen abwerfen, werden Immobilieninvestments für viele Anleger demzufolge auch weiterhin interessant und ökonomisch sinnvoll bleiben.

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