Im Gespräch

"Ohne die Banken wird es nicht gehen"

I& F In Europa wird einerseits über einen Kreditengpass bei gewerblichen Baufinanzierungen geklagt, andererseits erreichen einige Immobilienfinanzierer ihre Neugeschäftsziele nicht. Wie passt das zusammen?

Dass die Banken weniger Kredite vergeben, hat mehrere Ursachen. Zunächst ist hier die Regulierung zu nennen, die langfristige Finanzierungen tendenziell weniger attraktiv macht als in der Vergangenheit, was aber nicht heißt, dass sie gänzlich uninteressant für die Kreditinstitute wäre. Vor diesem Hintergrund haben sich aber einige Banken entschieden, ihren strategischen Fokus neu auszurichten und einige Geschäftsbereiche wie zum Beispiel die gewerbliche Immobilienfinanzierung nicht mehr oder nur noch opportunistisch zu betreiben. Viele sind derzeit noch mit der Portfoliobereinigung beschäftigt. Davon waren auch einige namhafte und große Immobilienbanken betroffen. Deren Ausscheiden aus dem Markt ist spürbar und hinterlässt Lücken, die so schnell nicht von anderen gefüllt werden können.

Generell ziehen sich die Banken in ganz Europa in ihre heimischen Märkte zurück. Dadurch schrumpft die Zahl der verfügbaren Anbieter im jeweiligen Segment. Hinzu kommt, dass die aktiven Immobilienfinanzierer ein deutlich gesteigertes Risikobewusstsein haben. Es wird nicht mehr jedes Geschäft abgeschlossen, das den internen Kriterien entspricht, sondern nur die vermeintlich sicheren Transaktionen werden tatsächlich abgeschlossen.

Das führt dazu, dass sich die Banken auf die Top-Immobilien konzentrieren. Da diese Objekte jedoch rar sind und der Markt entsprechend klein ist, herrscht ein intensiver Wettbewerb. Zudem sind hier vor allem eigenkapitalstarke Investoren aktiv.

I& F Was wird noch finanziert?

In Deutschland sind die deutschen Banken bereit, Gewerbe- und Wohnimmobilien des Core-Segments zu finanzieren. Zweitklassige Gewerbeobjekte werden dagegen kaum gehandelt, weil die Banken zögern, hierfür attraktive Kreditkonditionen bereitzustellen.

Für 2013 ist im Non-Core-Bereich allerdings ein Anstieg der Aktivitäten zu erwarten. Grund hierfür sind unter anderem Veräußerungen von CMBS-Sicherheiten, was mangels Fremdfinanzierungen zu sinkenden Preisen führen wird. Dagegen werden im Wohnungssektor auch weniger hochwertige Objekte finanziert. Folglich ist auch die Nachfrage der Investoren nach Wohnimmobilien hoch, was die Preise nach oben treibt.

I& F Wie wirkt sich der anhaltende Rückgang der Bankfinanzierungen auf die Investmentmärkte aus?

Von dieser Entwicklung profitieren die Top-Standorte in den wirtschaftlich soliden Volkswirtschaften. Das sind vor allem Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Schweden. Auf diese Länder entfallen rund 85 Prozent des europaweiten Transaktionsvolumens.

Allerdings konzentriert sich das Interesse internationaler Immobilieninvestoren in Frankreich und Großbritannien nahezu ausschließlich auf die jeweilige Hauptstadt. Schweden profitiert davon, dass es nicht zur Eurozone gehört. Dies ist vor allem für Anleger wichtig, die innerhalb Europas nicht nur in Euro und Pfund diversifizieren wollen. Deutschland ist dagegen interessant, weil es nicht nur eine Metropole hat, sondern sieben Top-Städte.

So wurde 2012 auf dem deutschen Immobilienmarkt das drittbeste Transaktionsvolumen in der Geschichte erzielt. Der Umsatz lag bei rund 25 Milliarden Euro, weitere knapp 10,5 Milliarden Euro wurden im Wohnimmobilienmarkt realisiert. Das investierte Eigenkapital bewegt sich auf ähnlichem Niveau wie in den Boomjahren 2006 und 2007. Die Differenz zwischen dem Transaktionsniveau heute und vor sechs Jahren ist insbesondere auf den Mangel an Fremdfinanzierungen und nicht an Eigenkapital zurückzuführen.

I& F Wer waren die aktivsten Käufer?

Besonders aktive Investoren für gewerbliche Immobilien sind neben Offenen und Geschlossenen Fonds insbesondere zurzeit Private-Equity-Fonds, die unter anderem notleidende Assets und Kredite aufkaufen. Diese Investoren - darunter Lone Star, Apollo, Blackstone und Cerberus - bieten auf Kreditportfolios in Europa, vor allem in den Niederlanden, Irland, Deutschland und Großbritannien.

I& F Sind die Investoren risikobewusster geworden?

Die Investoren würden auch Non-Core-Objekte erwerben, allerdings wird hier eine zweistellige Eigenkapitalrendite erwartet, die nur erreicht werden kann, wenn fremdfinanziert wird. Allerdings sind die Banken dazu nicht bereit oder willens.

I& F Wie lange bleibt dieser Finanzierungsengpass noch bestehen?

Das ist von einigen Faktoren abhängig, dazu gehört auch, eventuell einzelne Kredite abzuschreiben, jedoch muss hierbei der Gesamtzustand der Bank berücksichtigt werden. Schon im vergangenen Jahr wurden Kreditportfolios wieder gehandelt. Auch in Deutschland hat man schon einige Transaktionen gesehen. Gegenwärtig sind neue Kreditportfolios am Markt. So läuft derzeit der Verkaufsprozess des Chamonix-Portfolios der Lloyds Bank.

I& F Könnten Versicherungen und Kreditfonds die Finanzierungslücke füllen?

Assekuranz und Kreditfonds sind in diesem Zusammenhang nicht in einem Atemzug zu nennen, weil sie unterschiedliche Anforderungen haben. Die Versicherungen positionieren sich sehr stark als Wettbewerber der Banken, weil

auch sie ausschließlich Core-Immobilien finanzieren. Einen Teil der Finanzierungslücke könnten Kreditfonds füllen, wenn sie sich auf das Non-Core-Segment ausrichten. Bei der Finanzierung erstklassiger Objekte hätten die Banken aufgrund ihrer Erfahrung, der Akquisitionsstärke und der Skaleneffekte eindeutige Wettbewerbsvorteile.

Zweitklassige Gewerbeimmobilien sind dagegen für die Kreditfonds attraktiver, weil hier wegen des höheren Risikos und des wesentlich geringeren Kreditangebots bessere Renditen zu erzielen sind. Diese wiederum brauchen die Fonds, damit sich der Aufwand für das Fondsmanagement rechnet. Trotzdem können sie auch Partner der Banken sein, wenn sie zum Beispiel bei der Finanzierung von Core-Objekten die Junior-Tranchen übernehmen.

Denkbar ist aber auch, dass die Kreditinstitute ihr Know-how als Arrangeur von Finanzierungen zur Verfügung stellen.

I& F Wird die Kapitalbeschaffung über die Börse attraktiver?

Die Kapitalbeschaffung über die Börse wird attraktiver werden. Angesichts der Entwicklung des Dax innerhalb der vergangenen zwölf Monate ist auch für Immobiliengesellschaften der Gang an die Börse sehr interessant. Doch weder Kapitalerhöhungen noch Anleihen werden die Hypothekenfinanzierung durch die Banken vollständig oder auch nur größtenteils kompensieren können. Ohne die Banken wird es nicht gehen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X