Kapitalmarkt

Der Markt für Covered Bonds als Thermometer für die Finanzkrise

Covered Bond ist der neudeutsche Begriff für Pfandbrief. Trotz ihres Alters - sie wurden zur Zeit Friedrichs des Großen erfunden - erfreuen sie sich allergrößter Aktualität. Dies umso mehr, seit die Europäische Zentralbank angekündigt hat, durch ein Aufkaufprogramm von Covered Bonds dem Refinanzierungsstau der Banken und somit der Finanzkrise entgegenzutreten.

Was ist ein Covered Bond?

Covered Bonds gibt es in vielen Ausprägungen, da sie jeweils von nationalen Gesetzen reguliert sind oder auch nur vertraglich strukturiert sein können. Jedoch gibt es Prinzipen, die bei allen Arten gleich sind. Alle Covered Bonds werden von einer Bank emittiert. Für den Fall einer möglichen Insolvenz der Bank sind Covered Bonds zusätzlich besichert durch einen sogenannten Deckungsstock. Dabei kann es sich entweder um ein Immobilienportfolio oder um Kredite der öffentlichen Hand handeln. Somit stehen dem Covered-Bond-Investor traditionell immer zwei Garanten für seine Anlage gut: der Deckungsstock und die emittierende Bank selbst. Dies ist ein Unterschied zu Residential Mortgage Backed Securities (RMBS), bei denen ausschließlich die Performance des Immobilienportfolios ausschlaggebend ist.

Zur Illustration kann man sich Folgendes vorstellen. Ein französischer Covered Bond ist durch den Eiffelturm besichert. Wenn ein Flugzeug auf den Eiffelturm stürzt und ihn zerstört, erleidet der RMBS-Investor einen Verlust. Der Cove-red-Bond-Investor hat dagegen noch die emittierende Bank, welche die nicht performende Immobilie ersetzen muss, etwa durch den Triumphbogen. Der Covered Bond wird erst zu einem RMBSähnlichen Gebilde, wenn die emittierende Bank insolvent wird. Dies ist ein weiteres wesentliches Merkmal: Während der Laufzeit des Covered Bonds ist die emittierende Bank verpflichtet, notleidende Kredite zu ersetzen.

Und genau aus diesem Grund ist der Covered Bond besonders sicher. Er ist im Gegensatz zu RMBS doppelt besichert, eben durch die Bank und den Deckungsstock. Ein zusätzliches Sicherheitsmerkmal ist die staatliche Aufsicht, der einerseits die emittierende Bank unterliegt, andererseits in vielen Fällen auch gemäß spezieller Gesetze der Covered Bond selbst.

Was hat sich durch die Krise verändert?

Die Emissionstätigkeit im Bereich der Covered Bonds riss mit der Lehman-Insolvenz jäh ab. Es wurden nur noch kleinvolumige Anleihen begeben. Der Grund ist einfach: Da Covered Bonds von Banken emittiert werden, bergen sie auch ein Bank-Risiko, und dies wollte Ende 2008 kein Investor eingehen. Die Situation änderte sich erst Anfang 2009, als die Investoren erkannten, dass die europäischen Staaten keine Bank in die Insolvenz gehen lassen würden. Seit dieser Zeit verfügt ein Covered Bond im Grunde genommen sogar über drei Garanten: Den Staat, in dem die emittierende Bank ihren Sitz hat, die emittierende Bank selbst und den Deckungsstock. Dies wird besonders deutlich bei irischen Covered Bonds, die mit einem großen Spreadaufschlag gegenüber anderen Covered Bonds gehandelt werden - ebenso übrigens wie bei irischen Staatsanleihen. In beiden Fällen sind die Investoren sich nicht sicher, ob der irische Staat seinen immensen Verpflichtungen nachkommen kann. Die Unterstützung der europäischen Staaten war von entscheidender Bedeutung. Die Emissionen begannen zaghaft am Anfang des Jahres, bis die EZB ankündigte, Covered Bonds in einem Volumen von 60 Milliarden Euro aufkaufen zu wollen, woraufhin die Emissionsvolumina stark anstiegen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Gesamtvolumen dieses Jahr den 2008 erzielten Wert von 93 Milliarden Euro noch übertreffen wird. Warum hat sich die EZB ausgerechnet für Covered Bonds entschieden? Es gibt zwei Gründe. Erstens ist es infolge der zusätzlichen Garantie durch den Deckungsstock der sicherste Anleihetyp, den eine Bank emittieren kann. Der zweite Grund liegt in der Bedeutung des Covered Bonds als Refinanzierungsinstrument der Banken. Sie können mit ihm vor allem lange Laufzeiten bedienen, was insbesondere Anfang 2009 wichtig war. Staatsgarantierte Bankenpapiere deckten damals nur das kurze Laufzeitensegment bis maximal fünf Jahre ab, was Covered Bonds im Gegenzug besonders attraktiv machte. Emissionen von staatsgarantierten Anleihen werden deshalb nur noch von Instituten erwartet, die sich noch nicht über Covered Bonds refinanzieren können - und das sind gegenwärtig sehr wenige. Damit hat die EZB ihr Ziel erreicht, und Covered Bonds ersetzen staatsgarantierte Anleihen. Das bedeutet, dass die europäischen Staaten keine weiteren Verbindlichkeiten einzugehen brauchen, denn nichts Anderes sind staatsgarantierte Anleihen. Stattdessen wurde mit der Verlagerung der Refinanzierung der Banken vom Staat weg eine Exit-Strategie gefunden.

Eine weitere wichtige Veränderung durch die Krise war der Wegfall des sogenannten Market Making, das den Investoren Preise garantierte. Gegenwärtig herrscht das freie Spiel der Kräfte. Wenige zweifeln jedoch daran, dass die gegenwärtigen Geld-Brief-Spannen weiter zusammenlaufen werden. Die Liquidität hat sich mit der anlaufenden Neuemissionswelle ohnehin stark verbessert.

Wie geht es jetzt weiter?

Covered Bonds gewinnen infolge der günstigen Refinanzierungskosten immer mehr an Bedeutung. Jedes Jahr kommen neue Emittenten aus neuen Ländern hinzu. In den letzten Wochen alleine haben wir Erstemissionen aus der Schweiz und Griechenland gesehen. Die USA wollen in den nächsten Monaten ihre Gesetze anpassen, um ihr Land Co-vered-Bond-tauglich zu machen. Zypern bereitet sich ebenfalls vor. Die Covered-Bond-Emissionen werden 2010 wahrscheinlich ein Volumen von weit über 100 Milliarden Euro erreichen. Die Wichtigkeit des Covered-Bond-Marktes wird steigen und das Vehikel weiter internationalisieren.

Seit Mitte 2007 haben sich die Spreads von Covered Bonds stark ausgeweitet, was eine Underperformance gegenüber Staatsanleihen bedeutet. So bewegten sich die Spreads in der Gegend von 30 Basispunkten über Swaps im Juli 2007 dagegen lagen sie für irische Staatsanleihen im April 2009 bei 400 Basispunkten und immerhin noch bei 270 Basispunkten für britische Covered Bonds sowie bei über 200 Basispunkten für spanische Cédulas. Am wenigsten volatil von allen Covered Bonds war noch der deutsche Pfandbrief. Seine Renditen weiteten sich nur auf 140 Basispunkte aus. Auf dem Höhepunkt der Krise verflachte sich außerdem die sogenannte Kreditzinskurve. Dies bedeutet, dass

Covered Bonds verschiedener Laufzeiten eines Landes auf dem gleichen Spreadniveau handeln. Diese großen Renditedifferenzen haben sich seit Anfang des Jahres stark zurückgebildet. Wer Anfang 2009 sein Covered-Bond-Portfolio aufgebaut hat, kann sich heute über Gewinne freuen.

Außergewöhnliche Gewinne?

Gegenwärtig wird noch in zwei Covered-Bond-Kategorien die Möglichkeit gesehen, außergewöhnliche Gewinne zu realisieren. Erstens gibt es die irischen Covered Bonds. Sie sind gegenwärtig noch am günstigsten von allen Covered-Bond-Segmenten, weil Irlands Kreditwürdigkeit in Frage steht. Irland hat zwar die weitestgehenden Garantien für seine Banken ausgesprochenen, doch nach der Erfahrung Islands, das unter den Garantien für seine Banken zusammengebrochen ist, werden diese Garantien kritisch betrachtet. Dennoch ist eine Insolvenz Irlands unwahrscheinlich.

Irland gehört zur Eurozone, sodass eine Insolvenz Irlands Unruhe in die Renditedifferenzen der europäischen Staatsanleihen brächte. Besonders griechische und italienische Titel würden in diesem Falle stark underperformen, woran niemand in der Eurozone Interesse hätte. Im Bedarfsfall ist von Stützungsmaßnahmen für Irland auszugehen. Davon wären auch irische Covered Bonds betroffen, da die Emittenten, die irischen Banken, auch indirekt von Hilfen für die Republik Irland profitieren würden. Irische Covered Bonds werden gegenwärtig zwischen 130 und 200 Basispunkten über Swaps gehandelt.

Zweitens sind spanische Multi-Issuer-Cédulas attraktiv. Cédulas sind die spanische Version der Covered Bonds.

Multi-Issuer-Cédulas sind eine besondere Konstruktion, bei der mehrere kleinere spanische Sparkassen sich zusammenschließen, um eine große Jumbo-Anleihe zu emittieren und so institutionelle Investoren weltweit zu erreichen. Eine Jumbo-Anleihe hat ein Volumen von mindestens einer Milliarde Euro. Einzeln wären die meisten spanischen Sparkassen nicht in der Lage, eine Jumbo-Emission zu platzieren und sich so die günstigen Refinanzierungskosten zu sichern.

Nun handeln eben diese Anleihen mit einem beträchtlichen Renditeaufschlag von über 100 Basispunkten über Swaps. Hintergrund ist die spanische Immobilienkrise. Die Hausfinanzierung ist das Brot-und-Butter-Geschäft der spanischen Sparkassen. Sie vergaben in der Vergangenheit auch die meisten Kredite an Immobilienentwickler. Die Sorge ist nun, dass spanische Sparkassen unter dem Anstieg der notleidenden Kredite zusammenbrechen könnten und so auch die Cédulas in Mitleidenschaft gezogen würden.

Dieser Analyse ist zuzustimmen, jedoch wird die Rechnung ohne den Staat gemacht. In Spanien haben Interventionen eine lange Tradition - in der Vergangenheit wurden spanische Sparkassen noch nie zahlungsunfähig. Gab es ein Problem, wurde fusioniert. Bezeichnend ist der Fall der spanischen Sparkasse Caja Castilla la Mancha, deren Schwierigkeiten so groß waren, dass eine Fusion nicht mehr in Betracht kam. Erst ein

Zuschuss der öffentlichen Hand in Höhe von neun Milliarden Euro konnte das Problem lösen. Die Verquickung mit der Politik ist sogar noch größer, da Politiker oft in den Verwaltungsräten sitzen und die offizielle Aufgabe einer Caja die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Region ist. Insofern ist sie deutschen Landesbanken durchaus vergleichbar. Und auch hierzulande werden deren Finanzprobleme traditionell von der Politik gelöst: Bislang musste noch keine Landesbank Insolvenz anmelden.

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