Perspektiven der Städte

Mehr urbane Attraktivität - Erfahrungen der Stadt Leverkusen

Leverkusen liegt in der Region Köln/Bonn im Herzen des Europäischen Wachstumskorridors und bildet gemeinsame Grenzen mit der Stadt Köln im Süden und Westen. Dabei erstreckt sich das Stadtgebiet vom Rhein nach Osten über die Rheinterrassen bis auf die Hochfläche des Bergischen Landes. Charakteristische stadträumliche Verbindungselemente sind die Flüsse Wupper und Dhünn, deren Auen überwiegend zu innerstädtischen Grünzügen ausgebaut sind.

Leverkusen präsentiert sich heute als eine Patchwork-Stadt mit vielen innerstädtischen Grenzen: Verkehrswege und andere weniger deutlich sichtbare Grenzen zerschneiden das Stadtgebiet und nehmen ihm die natürliche geografische Mitte. Die historische Entwicklung hat zu einem polyzentrischen Stadtgebilde geführt, das heute Stadtteilidentitäten kennt. Das Wachstum hat im Laufe der Jahrzehnte an vielen innerstädtischen Orten stattgefunden.

Wirtschaft, Sport und Image - von Bayer geprägt

Die Entwicklung Leverkusens ist in allen Lebensbereichen, das heißt Arbeiten, Wohnen, Bildung, Sport, Kultur, bis heute stark von der Bayer AG geprägt. Dies betrifft baulich und flächenhaft sichtbare Nutzungen ebenso wie immaterielle Bewusstseinswerte. Mit dem Wandel des Global Players ist der lokale Strukturwandel verbunden. Dieser spiegelt sich im Rückgang der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wider. Da die Menschen jedoch in einer Region leben, bleibt die Bevölkerungsentwicklung konstant, die Auspendlerzahlen steigen. Leverkusen gewinnt zunehmend als Wohnstandort an Bedeutung.

Der Fachbereich Stadtplanung und Bauaufsicht beschäftigt sich seit Mitte der neunziger Jahre intensiv mit dem "Handlungsfeld Wohnen und Immobilienmarkt". Die vertiefte Auseinandersetzung wurde im Zuge der vorbereitenden Arbeiten zur Neuaufstellung des Flächennutzungsplans notwendig. Schwerpunkte der thematischen Bearbeitung waren damals wie heute die demographischen Veränderungen unserer Gesellschaft und deren Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt zu analysieren, um daraus Ziele, Instrumente und Maßnahmen für die weitere Planung abzuleiten.

Stadtentwicklungsrelevante und planungspolitisch bedeutende Fragestellungen sind hierbei, wie sich die künftige Flächeninanspruchnahme aufgrund sich ändernder demographischer, sozialer und ökonomischer Rahmenbedingungen entwickelt und welche Wohnbedürfnisse erwachsen. Welche sozialen, ökologisch tragbaren und ökonomischen Anforderungen müssen Planung und Städtebau in Zukunft erfüllen, damit sich Leverkusen zu einem über die Stadtgrenzen hinaus bekannten und attraktiven Wohnstandort entwickelt?

Ende der neunziger Jahre wurde deutlich, dass Leverkusen als Grundlage für künftige Planungen im Wohnungsbau ein Wohnraumversorgungskonzept mit längerer Laufzeit entwickeln muss. Die relevanten Fragestellungen sollten dabei in einem interdisziplinären Dialog in der Verwaltung sowie mit externen lokalen Wohnungsmarktakteuren erörtert werden.

Abstimmung zwischen Kommune und Immobilienwirtschaft

Schwerpunkt war im Jahr 2000 die Erarbeitung einer Zielprojektion des quantitativen und qualitativen Wohnungsneubaus mit einem Zeithorizont bis 2015. Nach der Diskussion von vorbereiteten Thesenpapieren in einer Arbeitsgruppe mit verwaltungsinternen und externen Fachleuten wurden diese Ergebnisse im Rahmen einer Tagung mit dem Thema "Zukunft Wohnen in Leverkusen" dem lokalen Fachpublikum vorgestellt. Die so gewonnenen Erkenntnisse wurden in einem Handlungsprogramm Wohnen zusammengefasst und dem Rat im Jahr 2000 zur Entscheidung vorgelegt. Die Hauptziele sind:

- den Wohnstandort Leverkusen stärken und attraktivieren,

- Abwanderungstrends abschwächen,

- Bauland und bezahlbaren Wohnraum schaffen.

Das Handlungsprogramm enthält eine Wohnflächenbedarfsprognose (Drei-Komponenten-Methode) bis 2015, die von einem zusätzlichen Bedarf ausgeht, um die Einwohnerzahl stabil halten zu können. Dies hat sich im neuen Flächennutzungsplan anhand von zusätzlichen Darstellungen von Wohnflächen niedergeschlagen. Zur Umsetzung der Ziele sind neben der Schaffung von Planungsrecht vor allem zwei Instrumente zu nennen, die inzwischen bereits zu den stetigen Aufgaben in der Stadtplanung undentwicklung gehören.

- Die Einrichtung eines kommunalen Bodenmanagements hat der Rat im Jahr 2002 beschlossen. Seither koordiniert und optimiert die Arbeitsgruppe Bodenmanagement die notwendigen städtischen Aktivitäten unter Abstimmung mit allen Beteiligten zur Beschleunigung der Baulanderschließung.

- Leverkusen hat die kommunale Wohnungsmarktbeobachtung eingeführt und

ist Mitglied im Initiativkreis "Kommunale Wohnungsmarktbeobachtung" der Wohnungsbauförderungsanstalt

Nordrhein-Westfalen. Bereits im vierten Jahr wird ein Wohnungsmarktbericht für die lokale Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, Verwaltung und Politik verfasst.

Hierin werden die wohnungsmarktrelevanten statistischen Daten dargestellt und ausgewertet und um die Ergebnisse einer Zeitungsanalyse und einer Expertenbefragung ergänzt. Dieses Instrument stellt ein Frühwarnsystem dar, das durch Beobachtung aller marktrelevanten Informationen frühzeitig auf Veränderungen am Wohnungsmarkt aufmerksam macht.

Leerstandsanalyse alle drei Monate

Weiterhin können konkrete planerische Maßnahmen mögliche Marktengpässe ausgleichen. Im Rahmen der Wohnungsmarktbeobachtung ist auch eine kontinuierliche Leerstandsanalyse in die Datenbank aufgenommen worden, die über alle 77 definierten Quartiere vierteljährlich detaillierte Daten zu Wohnungsleerständen liefert (Stromzählermethode).

Die oben beschriebene Arbeitsweise (verwaltungsinterner Arbeitskreis unter Beteiligung externer Experten, Tagung, Dokumentation der Ergebnisse für alle Interessierten und gegebenenfalls Ergänzung des Handlungsprogramms) hat sich bewährt und ist mit Veranstaltungen zu weiteren Themen fortgeführt worden:

2001: Bestandspolitik Wohnen. 2002: Wohnen im Alter.

2003: Leverkusener Wohnungs- und Bodenmarkt.

2004: Zuwanderung und Wohnen.

2005: Zwischen Großstadt und Umland. Wohnstadt Leverkusen.

2006: Wohnstandortqualitäten.

Die Ergebnisse wurden jeweils in die laufende Planungsarbeit eingebracht. So wurden im Jahr 2002 beispielsweise Qualitäten für altengerechte Wohnformen in Leverkusen formuliert und ein fachübergreifender Prüfungs- und Beratungsservice für Investoren mit Vorhaben in diesem Bereich entwickelt. Dies schlägt sich zum Beispiel bei konkreten Bauvorhaben und städtebaulichen Projekten nieder. Das Thema "Wohnen im Alter" ist vom Immobilienmarkt aufgenommen worden.

Das Handlungsfeld Wohnen ist von jeher ein bedeutender Teil stadtentwicklungsplanerischer undpolitischer Arbeit in Leverkusen. Es hat in den vergangenen Jahren aufgrund realer Prozesse an Bedeutung gewonnen und wird dies auch zukünftig tun. Das heißt, dass neben den lokalen Fragen des Wohnungsmarktes mit Staat, Angebot und Nachfrage die Bedeutung der Stadt als Wohnstandort steigt. Konkret: Die Wohnstandortqualitäten der Gesamtstadt und städtischer Teilräume müssen verstärkt Berücksichtigung finden.

Teilraumbezogene Ansätze sind allgemein bekannt, beispielsweise im Rahmen des Programms "Soziale Stadt". Hier haben sich die Stadt Leverkusen und einige Wohnungsunternehmen aktuell mit einem Stadtteil beworben. Sowohl Verbesserungen im Wohnungsbestand und im Wohnumfeld als auch sozialintegrative Maßnahmen sind vorgesehen.

Und selbstverständlich geht es um die Imageverbesserung. Image, wie auch immer es entstanden ist, ist maßgeblich für die Beurteilung eines Wohnstandortes durch die Menschen, sei es nun ein Quartier, Stadtteil oder eine Stadt.

Mit der Tendenz, Leverkusen verstärkt zu einem Wohnstandort in seiner suburbanen Situation weiterzuentwickeln, muss es auch darum gehen, die Wohnstandortqualitäten zu verbessern.

Aufwertung des Wohnumfeldes durch "grüne Stege"

Im Kontext der Regionale 2010 wurde die Projektidee "Grüner Fächer Leverkusen" entwickelt, die zugleich als Inter-reg-IIIb-Projekt "Cities Regain Identity and Image" parallel weiterbearbeitet wird. Der Grüne Fächer ist die qualitative Ergänzung im Kontext der Flächenentwicklung. Dabei geht es darum, die Hauptgewässerachsen der Stadt als wohnort- und naturnahe Freiräume für die Menschen zu qualifizieren. Leverkusen ist, wenn auch nicht unbedingt dafür bekannt, eine sehr grüne Stadt.

Das räumliche Entwicklungsleitbild des Grünen Fächers zeigt, ausgehend vom citynah am Rhein gelegenen Lan-desgartenschau-Gelände, Grünverbindungen undräume entlang der Flüsse, die als "Stege" die Stadt zusammenhalten und wichtige Verbindungen bewusst machen. Das Projekt profiliert die einzelnen Grünzüge zwischen Rhein und Bergischem Land als Adressen besonderer thematischer Prägung des Laufsports.

Insgesamt zeigt sich der Wohnungsmarkt Leverkusen gegenwärtig entspannt. Nachdem in den neunziger Jahren zuwanderungsbedingt verstärkt Wohnraum im Geschosswohnungsbau realisiert wurde, entstehen seit der Jahrtausendwende - der Nachfrage folgend - vor allem Eigenheime, die sehr gut am Markt angenommen werden. Allerdings wird der seit einiger Zeit ruhende Mietwohnungsneubau am Markt spürbar: Hier zeigen sich im Bereich großer sowie preiswerter Wohnungen erste Anspannungstendenzen.

Entgegen der Prognosen

Das richtige Wohnangebot der Zukunft zu schaffen bedeutet neben einem vielseitigen Neubau auch den Bestand an die Wohnbedürfnisse der Zukunft anzupassen. Dies kann je nach Wohnquartier eine Auflockerung der Siedlung durch teilweisen Abriss nicht mehr marktgängiger Bestände beinhalten. Und es kann eine Aufwertung durch Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung und durch Wohnungsmodernisierungen erfordern.

Entgegen überörtlicher Prognosen, die Leverkusen seit Jahren einen Rückgang der Bevölkerung voraussagen, bleibt die Einwohnerzahl stabil. Von 1990 bis 2005 hat die Stadt sogar rund 1 300 Einwohner hinzugewonnen. Die nachfrageorientierte Wohnungsmarktpolitik wird auch in Zukunft zu einer stabilen Einwohnerentwicklung beitragen.

Die Wohnstandortentscheidungen der Menschen werden sich ändern. Steigende Transportkosten besipielsweise werden urbane und zentrale Wohnlagen mit guter öffentlicher Verkehrsanbindung wieder attraktiver erscheinen lassen. Auch die Heizkosten - Stichwort Energiepass - beeinflussen in Zukunft stärker als in der Vergangenheit die Wohnungswahl. Hier können Altbauten durch Modernisierungen nur gewinnen.

Die künftige Aufgabe von Stadtentwicklung und Wohnungspolitik wird darin bestehen, neben bedürfnisorientierten Wohnungsneubauten den Bestand in der Weise zu modernisieren, dass die Immobilien selbst sowie das Wohnumfeld hinsichtlich ihrer Lagequalität eine deutliche Aufwertung erfahren. Dies ist ein weiterer Schritt zur attraktiven Wohnstadt Leverkusen.

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