Im Blickfeld

Modellsuche für Pfandbriefbanken

Vorweihnachtliche Stimmung wollte beim Jahresempfang des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken e. V. (vdp) in Berlin nicht aufkommen. Dafür bot das vergangene Jahr im Rückblick wahrlich keinen Anlass. Und so zögert Verbandspräsident Henning Rasche auch nicht, es als ein Annus horribilis zu bezeichnen. Dabei hatte die Pfandbriefwelt bis zum 15. September 2008 noch "verhältnismäßig gut" ausgesehen. Bis zum Ende des dritten Quartals setzten die Verbandsmitglieder trotz der Finanzkrise Pfandbriefe im Gesamtvolumen von 122 Milliarden Euro ab. Das ist sogar über ein Fünftel mehr als im Vorjahreszeitraum, in dem das Platzierungsvolumen insgesamt 100 Milliarden Euro betrug. Doch nach der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers wurde auch der Pfandbrief in Sippenhaft genommen, konstatiert Rasche. So haben die Emittenten im November mit rund sechs Milliarden Euro voraussichtlich nur ein Drittel des sonst üblichen Volumens begeben können.

Doch nicht nur das Misstrauen der Investoren gegenüber jeder Form privatwirtschaftlicher Schuldverschreibungen macht dem Pfandbrief zu schaffen, sondern inzwischen ziehen staatlich garantierte ungedeckte Bankschuldverschreibungen das ohnehin rare Anlagekapital auf sich. Zu den staatsgarantierten Papieren zählen mittlerweile unter anderem irische Covered Bonds. Auch in Großbritannien birgt der Staat für die Covered Bonds einiger Emittenten. Und Schweden räumt die Möglichkeit ein, Covered Bonds garantieren zu lassen. Angesichts dieser Konkurrenzlage mag die Versuchung groß sein, auch für den Pfandbrief Staatsgarantien zu fordern. Doch Rasche bekräftigt sogleich, dass der Pfandbrief in seiner fast 240-jährigen Geschichte ohne staatliche Garantien ausgekommen ist und dies auch künftig tun werde. Denn, so begründet er, staatliche Garantien könnten den Pfandbriefmarkt dauerhaft schädigen, weil dann der Verdacht nahe läge, ein Qualitätsmakel der Pfandbriefe hätte staatliche Unterstützung erfordert.

Um den Pfandbrief zu stärken, haben sich die Verbandsmitglieder sogar auf die lange Zeit umstrittene Ausweitung der Liquiditätsvorhaltung von 90 auf 180 Tage geeinigt. Diese wurde nach entsprechendem Verbandsbeschluss gerade noch rechtzeitig in das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Pfandbriefnovelle eingebracht. Gleichwohl wies der vdp-Präsident darauf hin, dass es mit der Verbesserung des Produktes allein nicht mehr getan sei. Denn die Investoren hinterfragten derzeit vor allem die Geschäftsmodelle der Emittenten kritisch. Insbesondere ihr Außerdeckungsgeschäft stehe auf dem Prüfstand. Pfandbriefbanken müssten Wege finden, ihre individuellen Geschäftsmodelle nachhaltig überzeugend und krisenfest zu machen. Dies betreffe die Kreditpolitik, die Produktstrategie und die Refinanzierung - auch die über den Pfandbrief hinausgehende.

Das Überdenken, Überprüfen und Überarbeiten von Geschäftsmodellen fordert auch Gastredner Jochen Sanio, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), von allen Banken, auch den Pfandbriefbanken. Ertragschancen und Risiken müssten neu ausbalanciert werden. Hierzu gehöre, dass bereits das Grundgeschäft eine auskömmliche Marge liefern müsse. "Das Spielen auf der Zinskurve und Wetten auf Zinsveränderungen können nicht Bestandteil eines tragfähigen Geschäftsmodells sein", mahnt er. In diesem Zusammenhang zweifelt er vor allem die Zukunftsfähigkeit von fokussierten Geschäftsmodellen an. Dabei bezieht er sich nicht nur auf die Staatsfinanzierer, sondern auch auf Banken, die sich einseitig als reiner Hypothekenfinanzierer positionieren. Für den BaFin-Präsidenten lehrt die Finanzkrise, "dass Pfandbriefbanken nicht die natürliche Gabe besitzen, die Risiken auf beiden Seiten der Bilanz mit traumwandlerischer Sicherheit in der Balance zu halten."

Gleichzeitig formuliert Sanio aber auch die Hausaufgaben, die die Aufsichtsbehörden erfüllen müssen, um zur Normalisierung der Finanzmarktkrise beizutragen: Hier nennt er vor allem die schnelle Einigung bei den künftigen, überarbeiteten Eigenkapitalanforderungen, die allerdings behutsam anzuheben seien. Denn, so begründet er, das enorme Deleveraging, das sich derzeit abspiele, sei das Gefährlichste, was das internationale Finanzsystem bisher erlebt habe. (Red.)

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