Unternehmen und Märkte

vdp: Stolz und Vorurteil

Der Verband deutscher Pfandbriefbanken konnte stolz sein. Denn es gab wieder (fast) nur Gutes über den deutschen Pfandbrief zu berichten. "Den Pfandbriefbanken ist es im laufenden Jahr unter schwierigen Vorzeichen gelungen, ihre Funding-Ziele am Pfandbriefmarkt umzusetzen." Oder: "Die Spreadausweitung von Pfandbriefen blieb jedoch sehr gering." Oder: "Der Pfandbrief jedenfalls stellte seine Standfestigkeit, Sicherheit und Zuverlässigkeit für Emittenten und Investoren [...] in beeindruckender Weise unter Beweis."

Das alles rief vdp-Präsident Henning Rasche den Gästen anlässlich des Jahresempfangs zu. Bei so viel spürbarer Freude sah man sogar schmunzelnd darüber hinweg, dass Rasche den Pfandbrief als einen vom Kapitalismus hervorgebrachten sehr beständigen Wert bezeichnet hat, wohl übersehend, dass es in den von purem Kapitalismus geprägten angelsächsischen Ländern kein ähnliches Produkt gibt. Denn wer hätte vor noch einem Jahr von einer solch schnellen Erholung träumen wollen? BaFin-Präsident Jochen Sanio stellte vor Jahresfrist jedenfalls noch fest: "Nie war er (der Pfandbrief) so schwer verkäuflich wie heute." Hinzu kamen und kommen die Streitereien mit den Ratingagenturen um die richtige Einschätzung des Pfandbriefs und die unliebsame Konkurrenz durch garantierte Staatsanleihen in den kurzen Laufzeiten, die den Pfandbrief in die Zehn-Jahres-Laufzeit drängt.

Allerdings ist das Bild, das der Pfandbrief derzeit abliefert, zweigeteilt. Der Absatz von Hypothekenpfandbriefen lag per Ende September mit 49 Milliarden Euro um rund zehn Prozent im Plus. Dagegen verloren die Öffentlichen Pfandbriefe erheblich in der Gunst von Emittenten und Investoren, ihr Absatz ging um fast 50 Prozent auf 45 Milliarden Euro zurück und fiel seit langer Zeit erstmals wieder hinter die Hypothekenpapiere. Nicht nur das zeigt: "Die Arbeit geht weiter", wie Präsident Rasche feststellte. Denn es ist bei weiter zunehmender Normalisierung an den Finanzmärkten durchaus fraglich, wie lange sich der deutsche Pfandbrief auf Grund seiner höheren Sicherheitsstandards der höheren Investorenwertschätzung im Vergleich zu den europäischen Wettbewerbern erfreuen kann. Zwar gilt er als sicher, aber vielen auch als etwas sperrig, unflexibel und vor allem renditearm. Ebenfalls noch bewähren muss sich die gerade gemeinsam mit Investmentbanken in der Entwicklung befindliche elektronische Plattform für den Sekundärmarkthandel, die das alte aber nicht mehr praktikable Market Making ersetzen soll. Und dann ist da noch die Suche nach einem neuen Präsidenten, mit der maßgeblich Rolf Friedhofen von der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank und Erich Rödel von der Münchener Hypothekenbank beauftragt sind. Denn "Mr. Pfandbrief" Henning Rasche wird seine Amtszeit nach Ablauf des Vertrages nicht verlängern, da sich der Vorstand des vdp fast einstimmig gegen einen hauptamtlichen Präsidenten ausgesprochen hat. In diesen bewegten Zeiten hierfür einen fähigen Mann zu finden, ist wahrlich nicht leicht. P. O.

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