Im Blickfeld

Erfolgsstory des Pfandbriefs lockt auch Trittbrettfahrer

Der Jahresrückblick 2006 hat es erneut gezeigt: Der Pfandbrief schreibt seine Erfolgsgeschichte in Serie fort. Dies darf sich auch der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) als Verdienst anrechnen, der Ende April in Frankfurt nicht ohne Stolz seine Zahlen präsentierte. Demnach verdiente der Jahrgang 2006 für die Verbandsmitglieder durchaus das Prädikat "besonders erfolgreich". Zwar gab das Neugeschäft insgesamt gegenüber dem Jahr 2005 um 8,9 Milliarden Euro beziehungsweise vier Prozent auf 215 Milliarden Euro nach, doch machte sich dabei ein qualitativer Wandel bemerkbar.

Mehr Immobilien, weniger Staat

Denn Hypotheken- und Staatsfinanzierungen halten sich bei den Neuzusagen mit 102 beziehungsweise 113 Milliarden Euro in etwa die Waage. Damit verzeichneten die in den letzten Jahren von hohem Niveau kommenden Staatskredite immerhin einen Rückgang um 19 Prozent. Im Gegensatz dazu legten die Immobilienfinanzierungen um beachtliche 22 Prozent zu, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich in den vergangenen Jahren einige Kreditinstitute im Immobilienneugeschäft zurückhielten, was teils der als ungenügend empfundenen Margensituation teils der hausinternen Restrukturierung und Neupositionierung geschuldet war. In diesem Sinne spricht die deutliche Ausweitung des Immobilienneugeschäfts für eine Rückkehr zur Normalität und den weitgehenden Abschluss der dringenden Konsolidierungen im Markt.

Folglich dominiert zwar das Staatskreditgeschäft dem Volumen nach, doch haben die Institute wieder deutlich mehr Freude an Hypotheken. Diese wiederum betrifft sowohl die Wohn- als auch die Gewerbeimmobilienfinanzierung. Bei den Wohnungen sorgte vor allem das hohe Interesse ausländischer Investoren - sowohl institutioneller als auch privater - an Mietwohnungsobjekten für um sieben Prozent gestiegene Darlehensvergaben in Höhe von 31 (2005: 28) Milliarden Euro. Dagegen resultierte die 30prozentige Zunahme im Gewerbekredit von 55 auf 71 Milliarden Euro aus kräftigen Zuwächsen in den in- wie ausländischen Teilmärkten. Dass sich damit das Verhältnis weiter zu Gunsten gewerblicher Finanzierungen auf derzeit 70 zu 30 verschob, ist aber nur zum Teil in der seit Jahren rückläufigen Konjunktur im Eigenheim-, aber auch im Mietwohnungsbau begründet. In der privaten Baufinanzierung spüren die klassischen Erstrangfinanzierer auch den massiven Gegenwind eines preisaggressiven Wettbewerbs. Dabei nehmen sich nicht nur die Direktbanken einen größeren Teil des kleiner werdenden "Kuchens", sondern auch die Groß- und Regionalbanken wollen verstärkt Baukredite in die Bücher nehmen - weil dies von Basel II honoriert und sich von dem Produkt weiteres Cross-Selling erhofft wird. Beides trug dazu bei, dass manche vdp-Mitgliedsbank das Retailgeschäft zurückfuhr oder gänzlich aufgab. Demzufolge machen Mietwohnungen mit 53 Prozent den Großteil der Wohnungsfinanzierungen aus.

Deutlich positiver war dagegen die Entwicklung im Gewerbekreditgeschäft, das 2006 zwei Drittel der Hypothekenneuzusagen erreichte und insgesamt um 30 Prozent auf 71, 2 (54, 7) Milliarden Euro stieg. Bemerkenswert ist, dass nicht mehr nur im Ausland, sondern inzwischen auch im Inland wieder Zuwächse verzeichnet werden. Dennoch bedingt der erst seit Kurzem spürbare Abbau des Angebotsüberhangs bei Gewerbeflächen, dass zwei Drittel der Finanzierungen ins Ausland gehen. Dabei war Großbritannien mit 10, 9 Milliarden Euro der wichtigste Zielmarkt, gefolgt von Frankreich mit etwa sieben Milliarden Euro und der USA mit rund 5, 5 Milliarden Euro. Aufgeschlüsselt nach Objekten dominierten Büros mit 35 Milliarden Euro beziehungsweise 49 Prozent. Handels- und Lagerimmobilien waren mit 22 Milliarden Euro respektive 31 Prozent der zweitwichtigste Teilmarkt.

Im Staatskreditgeschäft machte sich wie erwartet die Abnahme der Darlehenszusagen an öffentlich-rechtliche Kreditinstitute um 60 Prozent auf 19,4 Milliarden Euro bemerkbar. Gleichwohl kam diese Entwicklung nicht überraschend, denn mit dem Wegfall der Gewährträgerhaftung und der Modifizierung der Anstaltslast für Landesbanken und Sparkassen im Juli 2005 sind Darlehen an diese Institute im Grunde nicht mehr deckungsstockfähig. Auch aus diesem Grunde hatten sich die öffentlich-rechtlichen Banken in der ersten Jahreshälfte 2005 noch mit Liquidität auf Vorrat eingedeckt, sodass ein Vergleich mit 2006 nur eingeschränkt möglich ist.

Wichtigster Adressat der Zusagen im Staatskreditgeschäft waren die inländischen öffentlichen Haushalte mit 47,4 Milliarden Euro - ein Plus von acht Prozent. Ausländische öffentliche Kreditnehmer folgen mit 41,4 Milliarden Euro (minus zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr). Insgesamt reduzierte sich der Darlehensbestand um drei Prozent auf 638 Milliarden Euro, von denen immerhin 80 Prozent oder 492 Milliarden Euro in die Deckung für öffentliche Pfandbriefe genommen wurden.

Anders sieht dagegen das Bild bei den Immobilienfinanzierungen aus. Aus deren Bestand in Höhe von 453 Milliarden Euro speiste sich im Dezember 2006 lediglich ein Pool an Immobiliendeckungswerten von 209 Milliarden Euro also nicht einmal jeder zweite zugesagte Euro konnte über den Pfandbrief refinanziert werden. Dabei zeigt sich, dass das Pfandbrief-Glück nicht ungetrübt ist. Denn das qualitativ anspruchsvolle Produkt passt offensichtlich nicht überall und jederzeit, sodass die Emittenten aber zunehmend auch andere - nach Ersatzvehikeln suchen. Dies wiederum geschieht nicht unbedingt zur Freude des Verbandes.

Ungedeckte Refinanzierung dominiert

So übersteigen auch im vergangenen Jahr die neu emittierten ungedeckten Schuldverschreibungen mit einem Gesamtvolumen von 142 Milliarden Euro den Pfandbriefabsatz von 132 Milliarden Euro wiederholt deutlich. Bereits im Vorjahr waren die Pfandbriefemissionen mit 153,1 Milliarden Euro hinter den Sonstigen mit einem Volumen von 162 Milliarden Euro zurückgeblieben.

Drei Gründe lassen sich für diese Entwicklung anführen: Erstens beleihen die Pfandbriefbanken, die unter dem seit 19. Juli 2005 geltenden Gesetz auch universelles Geschäft betreiben dürfen, immer öfter deutlich über den pfandbrieffähigen 60-Prozent-Rahmen hinaus. Zweitens bringt die Forcierung des Auslandsgeschäftes Finanzierungsstrukturen mit sich, die nur schwerlich oder gar nicht in die Deckungsstöcke passen. Und schließlich kommen seit dem 18. Juli 2005 die Kredite an Sparkassen und Landesbanken nicht mehr in die Dec-kung der öffentlichen Pfandbriefe.

Doch dem Verbandspräsidenten Henning Rasche ist zuzustimmen, wenn er diese Entwicklung als Normalisierung bezeichnet. Nicht vergessen werden darf, dass der Pfandbrief von einem Niveau extrem hoher Emissionsvolumina Mitte der neunziger Jahre kommt, als vor allem die öffentliche Hand im Zuge der deutschen Einheit ihre Verschuldung spürbar ausweitete. Dass der Absatz mittlerweile im sechsten Jahr in Folge stagniert, darf demzufolge als Gesundung des Marktes angesehen werden. Dies wird schon allein darin deutlich, dass von der enormen Volumenaufblähung im Wesentlichen nur die öffentlichen Pfandbriefe betroffen waren, während der Bruttoerstabsatz von Hypothekenpfandbriefen über die Jahre weitgehend stabil blieb.

So lag auch im zurückliegenden Jahr das Emissionsvolumen der Verbandsmitglieder bei Hypothekenpfandbriefen mit 34,4 Milliarden Euro geringfügig über dem Vorjahr mit 32,3 Milliarden Euro. Gleichzeitig verminderte sich allerdings der Nettoabsatz durch die sehr hohen Tilgungen von minus 5,9 Milliarden Euro auf minus 11,6 Milliarden Euro. Mit 98 Milliarden Euro wurden 2006 von den Verbandsmitgliedern 23 Milliarden Euro beziehungsweise 18 Prozent weniger öffentliche Pfandbriefe abgesetzt.

Im Ergebnis sank nicht nur das Volumen der umlaufenden Pfandbriefe seit etwa dem Jahr 2000 kontinuierlich von 1,1 Billiarden Euro auf mittlerweile 949 Milliarden Euro, sondern auch der Marktanteil des Pfandbriefs unter den festverzinslichen Wertpapieren ging im gleichen Zeitraum von 45 Prozent auf 29 Prozent zurück. Die Emittenten braucht das freilich nicht sonderlich stören, profitieren sie doch von der relativen Knappheit. Diese führt dazu, dass die Prämien oder der Aufschlag auf den Swapsatz, den Pfandbriefemittenten am Kapitalmarkt entrichten müssen, seit Jahren abnehmen. Inzwischen ist aus dem Aufschlag bei kurzlaufenden Emissionen sogar ein Abschlag geworden.

Doch dem Pfandbrief droht neues Ungemach. Nicht nur dass die Cedulas, die spanischen Covered Bonds, gemessen am Neuemissionsvolumen im Jahr 2006 dem Jumbo-Pfandbrief den obersten Rang in Europas Covered-Bond-Markt abgelaufen haben, nicht nur dass aus den USA Covered Bonds nach Europa kommen, deren Strukturen den Pfandbrief nachempfinden - jetzt wird der Pfandbrief sogar in seinem Ursprungsland kopiert. Die Ankündigung der Landesbank Berlin (LBB), einen strukturierten Covered Bond zu kreieren, muss den Verband in höchste Wachsamkeit versetzen. Schließlich macht sich dieses Produkt den über Jahrzehnte mit strengen Standards gepflegten Ruf des Pfandbriefs zu nutze.

Homogenität in Gefahr

So überrascht es nicht, dass Rasche als Verbandspräsident in dem LBB-Vorstoß eine Gefahr für die Homogenität des Pfandbriefmarktes sieht. Mangelt es dem Deckungspool des LBB-Covered-Bonds doch an der Insolvenzfestigkeit des Pfandbriefs und dem Vertragswerk an Transparenz und Aufsicht. Als Vorstand der Eurohypo kann Rasche dagegen gewisse Sympathien für das Produkt nicht verhehlen. Vor allem für kleine Institute, die mangels Masse keine regelmäßige Pfandbriefemission stemmen können, wäre das Vehikel eine Möglichkeit günstiger Refinanzierung.

Angesichts der hohen Liquidität am Kapitalmarkt dürften es sich allerdings Banken, die bereits eine Pfandbrieflizenz besitzen, zweimal überlegen, ob sie die nicht unerheblichen (Berater-) Kosten in Kauf nehmen, um einen strukturierten Covered Bond nach LBB-Muster zu entwerfen, wenn sie sich mit dem vorhandenen Pfandbrief-Knowhow besser mit Geld versorgen können. Für den Pfandbrief ist der LBB-Covered-Bond demnach keine Gefahr - eine Herausforderung aber sehr wohl. Denn angesichts des großen Anlagehungers der Investoren wird wohl auch dieser Covered Bond aus Emittentensicht zu einem attraktiven Preis absetzbar sein, zumal die hohe Qualität und die relative Knappheit des Pfandbriefs entsprechend teuer bezahlt werden muss, wie die Pfandbriefkurve des vdp belegt.

Aber mit der Beleihungswertermittlungsverordnung zum 1. August 2006, der Deckungsregisterverordnung zum 1. September 2006 und der Refinanzierungsregisterverordnung Ende Dezember 2006 steht jetzt auch die ergänzende Sekundärgesetzgebung, die es den Emittenten des feinen deutschen Pfandbriefs ermöglichen sollte, auf dessen Basis Konzepte zu entwickeln, bei denen ebenfalls Forderungen verschiedener Banken zu einem Deckungsstock gebündelt werden. Dass der Verband inzwischen auf 30 ordentliche Mitglieder (und ein außerordentliches ) gewachsen ist, beweist, dass der Pfandbrief nach wie vor attraktiv und innovativ ist. (Red.)

Noch keine Bewertungen vorhanden


X