Landesbanken im Immobiliengeschäft

"Derzeit liegt unsere Rendite über dem, was nachhaltig erzielbar ist"

Gehört die gewerbliche Immobilienfinanzierung per se zu den Kerngeschäftsfeldern einer Landesbank?

Die gewerbliche Immobilienfinanzierung muss nicht zu den Kerngeschäftsfeldern einer Landesbank gehören, aber sie kann. Bei der Landesbank Berlin wurden vier Segmente als strategisch definiert: das Privatkundengeschäft, das Firmenkundengeschäft, die gewerbliche Immobilienfinanzierung und das Kapitalmarktgeschäft. Entscheidend für diese Aufteilung war, das Risiko breit zu streuen.

Wir wollten nicht nur in Berlin mit Privatkunden Geschäft betreiben, sondern deutschlandweit mit Unternehmen und Investoren zusammenarbeiten. Zudem erlaubt die gewählte Ausrichtung die Nutzung unterschiedlicher Konjunkturzyklen und reduziert die Abhängigkeit vom Kapitalmarktgeschäft. Hier unterscheiden wir uns durchaus von anderen Landesbanken.

Insgesamt vereint das Segment "Gewerbliche Immobilienfinanzierung" der Landesbank Berlin rund 26 Milliarden Euro Immobilienkredite auf sich, davon entfallen etwa 60 Prozent auf die Berlin Hyp und 40 Prozent auf die Landesbank. Durch die enge, auch personelle Verzahnung der Hypothekenbank und der Landesbank sind wir am Markt gut aufgestellt und sehen in diesem Geschäftsfeld ein größeres Wachstumspotenzial als im Privatkunden- oder im Firmenkundengeschäft in Berlin, wo unser Marktanteil bereits relativ hoch ist.

Wo sehen Sie die Stärken Ihres Hauses in der gewerblichen Immobilienfinanzierung gegenüber dem Wettbewerb?

Indem das Segment die Landesbank Berlin und die Berlin Hyp umfasst, haben alle Mitarbeiter - mit Ausnahme der Vorstandsebene - zwei Arbeitsverträge, sodass sie für beide Unternehmen tätig sind. Somit besteht hier weder Konkurrenz noch Doppelarbeit. Für den Kunden bedeutet das, er hat in jedem Fall nur einen Ansprechpartner, der ihn betreut. Da zudem die Hierarchien flach sind, können Anfragen und Anträge schnell entschieden und schlank abgearbeitet werden. Denn ein und derselbe Kredit wird nur einmal geprüft und nach den gleichen Risikoparametern kalkuliert.

In der Regel nimmt die Hypothekenbank den Vorrang auf die eigenen Bücher, während die Landesbank mehr den nachrangigen Teil der Kredite und Bauträgerkredite übernimmt. Es werden also die Vorteile der Hypothekenbank - schlanke Bearbeitung, langfristige Refinanzierung über Pfandbriefe - mit den Vorteilen der Geschäftsbank - höhere Flexibilität bei der Strukturierung und breiterer Zugang zum Kapitalmarkt - kombiniert.

Einst war die Immobilienfinanzierung das Sorgenkind der Bank: Bestehen noch Altlasten aus den neunziger Jahren?

Noch tragen wir einen Kreditbestand mit erhöhten Altrisiken ab. Hierfür ist aber ausreichend Vorsorge getroffen. In den Fällen, in denen diese Kredite abgearbeitet oder veräußert wurden, konnten wir zumeist Wertberichtigungen auflösen.

Was hat die Landesbank aus der Vergangenheit gelernt?

In den vergangenen Jahren hat sich die Struktur unseres Geschäftes grundlegend verändert. Die Landesbank und ihre Hypothekenbanktochter hatten lange Zeit einen zu starken Schwerpunkt in Berlin und Ostdeutschland als Beleihungsregion. Heute finanzieren wir im gesamten Bundesgebiet und entschieden 2006, das Kreditportfolio noch breiter zu diversifizieren und auch im Ausland aktiv zu werden. Inzwischen verfügen wir über Büros in London, Prag und Warschau. Darüber hinaus besteht eine Kooperation in den Niederlanden.

In den ausländischen Märkten suchen wir bilaterale Kundenbeziehungen, wie wir sie auch in Deutschland anstreben.

Aber wir sind auch an Konsortialfinanzierungen interessiert, wenn diese unseren Anforderungen entsprechen. Internationale Investoren, Offene und Geschlossene Immobilienfonds sowie mittelständische Unternehmen definieren wir als Zielkunden. Portfoliotransaktionen im Milliardenbereich, die dann an den Kapitalmarkt weitergereicht werden, finanzieren wir jedoch nicht.

Warum nicht?

Die Bank ist mehr an einer langfristigen Kundenbindung interessiert, welche die Möglichkeiten von Folgegeschäften eröffnet. Bei einer Ausplatzierung der Kredite an den Kapitalmarkt wäre das nur schwer möglich. Auch unsere Kunden wollen dies nicht, denn ihnen ist die persönliche Beziehung zum Kreditinstitut und die deutlich höhere Flexibilität mehr wert als etwas günstigere Konditionen.

Bei verbrieften Forderungen ist es fast unmöglich, im Zeitverlauf notwendige und bei Vertragsunterzeichnung noch nicht vorhersehbare Änderungen am Objekt vorzunehmen. Da die Verträge aber teilweise für viele Jahre abgeschlossen werden, wollen die Kunden auf ein gewisses Maß an Anpassungsfähigkeit nicht verzichten. Entsprechend erreichen uns zunehmend Anfragen von Investoren, die ihre Verbriefungen nach wenigen Jahren durch einen Bankkredit abgelöst haben wollen.

Wie ausgeprägt ist die Kapitalmarktorientierung Ihres Hauses bei Immobilienfinanzierungen?

Wir legen Wert auf langfristige Kundenbeziehungen zu Investoren und Projektentwicklern. Deshalb verstehen wir uns als sogenannter Balancesheet-Lender und sind nicht kapitalmarktorientiert, wie dies bei den großen deutschen Immobilienbanken oder gar den internationalen Investmentbanken der Fall ist.

Wie steuern Sie das Neugeschäft? Welche Parameter sind Ihnen wichtig, welche entscheidend?

Entscheidend für eine Kreditzusage der LBB sind heute das Eigenkapital beziehungsweise der Loan-to-Value, denn über Beleihungsausläufe von 80 Prozent gehen wir nur noch selten hinaus. Daneben muss vor allem die Debt Service Cover Ratio stimmen, um Zins und Tilgung aus den Mieten und Erträgen der Immobilie decken zu können. Dabei muss noch genügend Raum sein, um Zinserhöhungen zu verkraften. Denn diese könnten in den nächsten Monaten kommen.

Wie schätzen Sie das aktuelle Marktumfeld in der gewerblichen Immobilienfinanzierung ein? Wo sehen Sie Chancen? Wo lauern besondere Risiken?

In Deutschland, Frankreich, Benelux und Zentraleuropa schätzen wir die Marktsituation als stabil ein. Die Überhitzung, die es in diesen Kernmärkten im ersten Halbjahr 2007 gegeben hat, ist vorbei. Die Renditen steigen wieder bei anhaltend hohen Mietpreisen. Etwas mehr Vorsicht ist in Großbritannien geboten, wo die Bank seit Herbst 2006 aktiv vor Ort ist. Hier sehen wir vor allem Nebenlagen kritisch. Grundsätzlich erkennen wir in London aber keine nachhaltigen Risiken, obwohl die Mietpreise und die Flächennachfrage nochmals leicht zurückgehen können.

Aufgrund der Preisentwicklung auf den Immobilienmärkten in den vergangenen Jahren halten wir uns in Irland und Spanien derzeit sehr zurück. Dort muss mit deutlichen Korrekturen gerechnet werden. In den USA halten wir die gegenwärtige Konjunktursituation für nicht so ideal, um einen Markteintritt zu wagen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird dieser aber sicherlich erfolgen. In Asien fehlt uns das Know-how.

Bezogen auf unsere Kunden spüren wir bisher nicht, dass die Finanzmarktkrise negativ auf die Immobilienmärkte durchschlägt. Gleichwohl sahen wir einige Transaktionen, die entweder nicht zustande kamen oder die mit einem wesentlich höheren Eigenkapital unterlegt werden mussten als geplant.

Profitiert Ihr Haus von der Finanzkrise?

Derzeit wollen viele Banken Kredite syndizieren. Das schafft natürlich interessante Kaufgelegenheiten von denen wir zurzeit auch Gebrauch machen. Da der langfristige Erfolg unserer Strategie aber vom eigenen Kundenstamm abhängt, setzten wir weiterhin vorrangig auf das direkte Kundengeschäft, das sich derzeit auch sehr gut entwickelt.

Reichen die Margen aus, um die Risiken angemessen zu preisen?

Nachdem der Wettbewerb zwischenzeitlich spürbar eingeschränkt war, entsprechen die Margen derzeit sowohl den Risiken als auch der höheren Refinanzierung. Allerdings hat sich die Konkurrenz in den vergangenen Monaten wieder etwas belebt. Dabei zeigt sich jedoch bisher, dass nicht mehr in so unvernünftiger Weise Risiken genommen werden, wie dies unmittelbar vor der Finanzkrise im Sommer 2007 der Fall war. Sicherlich trägt auch die Tatsache dazu bei, dass Kredite, die im ungedeckten Bereich refinanziert werden müssen, heute aufgrund der Kapitalmarktsituation deutlich teurer sind, sodass riskantere Business-Pläne von Investoren mit hohen Blankoanteilen, in der Regel nicht mehr umsetzbar sind.

Die Bank sieht sich in der gewerblichen Immobilienfinanzierung gemessen am Volumen im oberen Mittelfeld der Branche. Wen sehen Sie als unmittelbare Wettbewerber an?

Die Zurechnung zum oberen Mittelfeld bezieht sich auf Europa. Im Jahr 2007 verzeichnete das Konzernsegment ein Neugeschäftsvolumen von 10,2 Milliarden Euro. Damit gehören wir in Deutschland zur Spitzengruppe, der die beiden großen Spezialisten Eurohypo und Hypo Real Estate, aber auch die HSH Nordbank und die Helaba angehören. Das hohe Neugeschäftsvolumen führte in den vergangenen Jahren allerdings nicht zu einem entsprechenden Aufbau der Bestände. Es muss hierbei berücksichtigt werden, dass die Immobilienfinanzierer in den vergangenen Jahren mit außergewöhnlich hohen Sondertilgungen und Ablösungen konfrontiert waren.

Um diese Abgänge im Bestand mit Neugeschäft zu kompensieren, musste die Akquisition forciert werden. So steigerte der LBB-Konzern sein gewerbliches Immobilienneugeschäft (ohne Prolongationen) von 3,7 Milliarden Euro im Jahr 2005 auf 7,1 Milliarden Euro im Jahr 2006 und setzte dieses Wachstumstempo auch 2007 fort. Dabei gelang es uns, etwa die Hälfte des Neugeschäftes mit neuen Kunden abzuschließen. Dies erklärt, warum die Bank in einem insgesamt schwieriger werdenden Markt wachsen konnte.

Wird die Landesbank Berlin seit der Übernahme durch über 400 Sparkassen heute bei Wettbewerbern, Kunden und in der S-Finanzgruppe anders wahrgenommen?

Für die Anbahnung der Kundenbeziehungen ist die Eigentümerschaft unerheblich, denn die gewerblichen Investoren kennen den Kreis der potenziellen Finanzierer sehr gut. In der Regel sind die dabei anfallenden Finanzierungsvolumina so groß, dass die Sparkasse vor Ort selten gefragt wird, weil sie dies nicht darstellen könnte und wegen des Klumpenrisikos zumeist auch gar nicht will. Wenn die Sparkasse aber eine Transaktion oder ein Projekt hat und Partner sucht, sind wir gerne bereit, das Vorhaben zu prüfen und gegebenenfalls zu unterstützen. Hier mag die Bereitschaft der Sparkassen gewachsen sein, aber der Bedarf ist sehr begrenzt. In anderen Bereichen sieht das anders aus. So werden die Fondsprodukte der LBB Invest seit dem Eigentümerwechsel deutlich stärker abgesetzt.

Welchen Ergebnisbeitrag liefert das Segment Gewerbliche Immobilienfinanzierung im Konzern und wie hoch muss die Rendite sein?

Die Idealvorstellung im Konzern ist, dass jeder der vier Geschäftsbereiche etwa gleichgewichtig zum Konzernergebnis beiträgt. In der Praxis wird es aber immer Jahre geben, in denen sich die eine Sparte besser entwickelt als die andere. Gegenwärtig trägt die gewerbliche Immobilienfinanzierung einen sehr hohen Anteil zum Konzernergebnis bei und schafft damit einen gewissen Ausgleich zum weniger gut laufenden Kapitalmarktgeschäft. In der Regel lassen sich mit gewerblichen Immobilienfinanzierungen nachhaltige Renditen von 15 bis 18 Prozent erwirtschaften. Gegenwärtig liegen wir über diesen Werten.

Obwohl die Berlin Hyp mit dem Pfandbrief ein sehr günstiges und etabliertes Refinanzierungsinstrument hat, entwickelte die LBB einen Structured Covered Bond. Wie weit ist das Produkt und ist es heute noch gefragt?

Die Zielrichtung des Structured Covered Bond ist eine andere als beim klassischen Pfandbrief. Vor allem kleineren und mittleren Sparkassen bleibt die Refinanzierung über Pfandbriefe wegen des fehlenden Deckungsvolumen und der hohen organisatorischen und technischen Anforderungen versperrt. Die LBB bietet für diese Institute mit dem Structured Covered Bond einen alternativen Zugang zum besicherten Kapitalmarkt. Derzeit stellen wir den interessierten Sparkassen das Produkt vor und halten es bereit. Ob und wann davon Gebrauch gemacht wird, entscheiden die Sparkassen.

Welche Bedeutung wird dem Pfandbrief im Konzern beigemessen?

Wir schätzen den Pfandbrief, vor allem weil er auch in der Finanzkrise bewiesen hat, dass er ein liquides und stabiles Refinanzierungsinstrument ist. Dessen Aufweichung fürchtet zwar der Pfandbriefverband, dem auch die Berlin Hyp angehört, wenn mit dem Structured Covered Bond eine Alternative kommt. Doch meinen wir, dass beide Produkte gut nebeneinander existieren können.

Auch andere Landesbanken suchen nach Wegen, um den Sparkassen einen günstigeren Zugang zum Kapitalmarkt zu öffnen. Warum entwickelte die LBB ein hierzulande völlig neues Produkt, obwohl der Gesetzgeber mit dem Refinanzierungsregister gerade eine neue Möglichkeit im Rahmen der Pfandbriefemission geschaffen hatte?

Im Vorfeld und bei der Lösungssuche haben wir uns mehrere Möglichkeiten angesehen und auch mit Sparkassen besprochen. Vieles ist möglich, aber der Structured Covered Bond war und ist für das betreffende Problem die beste, weil kostengünstigste Lösung.

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