Unternehmen und Märkte

Pfandbriefbanken: Herausforderungen bleiben

Wehmut und wohl auch ein bisschen Verbitterung waren Henning Rasche, dem scheidenden Präsidenten bei seiner letzten Jahrespressekonferenz des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (vdp) anzumerken. Aber ein hauptberuflicher Präsident sei nun einmal für so einen - gemessen an der Mitgliederzahl - kleinen Verband unangemessen, begründet er, der die ehrenamtliche Funktion in einer für den Pfandbrief und seine Emittenten extrem schwierigen Marktphase übernommen hatte, obwohl er nach seinem Ausscheiden aus der Eurohypo kein aktives Vorstandsmitglied mehr war. Die Verdienste, die sich der "Vater des Jum-bo-Pfandbriefs" in seiner beruflichen Laufbahn und während seiner vdp-Präsidentschaft erworben hat, verdienen höchste Wertschätzung. Noch dieses Jahr wird er den Staffelstab an einen neuen Präsidenten weiterreichen. Als aussichtsreicher Nachfolger wird häufig der Vorstandsvorsitzende der Berlin Hyp, Jan Bettink, genannt. Er führte den zur Landesbank Berlin gehörenden Immobilienfinanzierer zunächst erfolgreich aus der Krise um die einstige Bankgesellschaft Berlin und machte die Tochtergesellschaft der Landesbank Berlin zu einer der Pfandbriefbanken, die die Finanzmarktkrise am besten meisterten. Gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Jens Tolckmitt, werden dem neuen Präsidenten jedoch die Herausforderungen nicht ausgehen. Vor allem die fast schon turnusmäßig verschärften Anforderungen der Ratingagenturen machen den Pfandbriefemittenten zu schaffen. Da im Zuge der Finanzmarktkrise die Liquiditätsanforderungen der Kapitalmarktinvestoren zugenommen haben, beeilen sich die Ratingagenturen, diese auch in ihrer Methodologie für Covered Bonds zu berücksichtigen. Während dies von den Pfandbriefbanken als durchaus sinnvoll erachtet wird, kritisiert Tolckmitt, dass die Agenturen den Pfandbrief noch immer als ein strukturiertes Produkt ansehen, was er in seinen Augen nicht ist. Obwohl der Verband noch intensiven Gesprächsbedarf mit den Ratingagenturen sieht, erwartet er keine Ratingherabstufungen auf breiter Front. Vorsichtshalber wird aber schon vorab festgestellt, dass eine (technisch bedingte) Herabstufung kein Ausdruck verminderter Pfandbriefqualität sei. Allerdings werden sich die Emittenten mehr Gedanken machen, ob der Refinanzierungsvorteil für ein AAA-Rating mit dem damit verbundenen Mehraufwand in einem adäquaten Verhältnis steht. Aus Sicht des Verbandes sollte schon aus Imagegründen das bestmögliche Pfandbrief-Rating angestrebt werden. Darüber hinaus wird die Dauerbaustelle Market Making für Jumbo-Pfandbriefe den Verband auch in diesem Jahr gut beschäftigen. Bereits seit einigen Jahren wird nach einem für Emittenten und Syndikatsbanken akzeptablen System gesucht. Um die Akzeptanz der Jumbo-Pfandbriefe sicherzustellen oder sogar zu erhöhen, möchte der Verband die mit dem Market Making betrauten Banken gerne dazu verpflichten, auf Anfrage jederzeit Kurse gegenüber Investoren zu stellen. Sollte diese Vereinbarung tatsächlich in der Praxis umsetzbar sein, dürfte dies die Liquidität das Pfandbriefs und die Transparenz des Marktes erhöhen. Im Rahmen seiner Transparenzinitiative wird der Verband dem seit längerem geäußerten Wunsch von Investoren und Marktteilnehmern nachkommen und ab Herbst dieses Jahres die in § 28 Pfandbriefgesetz (PfandBG) vorgeschriebenen Angaben zur Struktur der Deckungsstöcke auf seiner Website veröffentlichen. Dabei sollen die Daten nicht nur gegenübergestellt, sondern auch weiterverarbeitet werden können. Erhebliches Gefahrenpotenzial für ihre Geschäftsmodelle sehen die Pfandbriefbanken jedoch auch durch die geplante Einführung einer Schuldenobergrenze, nach der die Bilanzsumme und die außerbilanziellen Geschäfte ein bestimmtes Verhältnis zum Eigenkapital nicht überschreiten dürfen. Aus Sicht des Verbandes würde dies Kreditinstitute mit risikoärmerem Geschäft, wie es sich für Pfandbriefbanken allein schon aus den gesetzlichen Vorschriften ergibt, mit Banken gleichgestellt, die ein deutlich risikoreicheres Geschäft betreiben. Aber auch bei den parallel in der Europäischen Kommission und im Baseler Ausschuss diskutierten Anforderungen an die Bildung von Liquiditätsreserven strebt der Verband an, auch Pfandbriefe als qualitativ hochwertige und liquide Vermögenswerte anzuerkennen. Bislang sind nur Barbestände, Zentralbankguthaben und hochwertige Anleihen öffentlicher Schuldner als hoch liquide klassifiziert. Auf heftigen Widerstand des Verbandes stößt zudem die Absicht der Europäischen Union, die Risikogewichtung für gewerbliche Hypothekarkredite zu verdoppeln. Würde dies umgesetzt, müssten die Pfandbriefbanken ihre gewerblichen Immobilienfinanzierungen mit zusätzlichem Eigenkapital unterlegen. Dies würde zwangsläufig die Kreditvergabe weiter einschränken. Dem Verband wird die Arbeit also so schnell nicht ausgehen. Dass er mit Herausforderungen umzugehen weiß, hat er bereits im zurückliegenden Jahr bewiesen. 2009 war für den Pfandbrief und seine Emittenten ein Jahr der Bewährungsprobe. Sie wurde bestanden. Denn der Pfandbrief wurde als einer der letzten intakten Märkte für private Schuldverschreibungen von der Krise erfasst und er normalisierte sich als erster wieder. Ganz vermochte sich aber auch der Pfandbrief nicht den Erschütterungen an den Kapitalmärkten zu entziehen. So resümiert zwar Rasche: "Die Sicherheit des Pfandbriefs wurde zu keiner Zeit in Zweifel gezogen", doch ganz ohne Hilfe von außen wäre das Vertrauen in den Markt wohl nicht so vergleichsweise schnell zurückgekehrt. Zunächst half den Emittenten, dass sich bereits im Herbst 2008 die Bundesregierung klar zu den wesentlichen Institutionen des Finanzplatzes Deutschland - namentlich auch zum Pfandbrief - bekannte. Zudem dürfte die Novelle des Pfandbriefgesetzes das Vertrauen der Investoren in das Produkt bestätigt, wenn nicht sogar gestärkt haben. Schließlich sorgte das zur Jahresmitte 2009 gestartete Cove-red-Bond-Ankaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) für eine Belebung des Primär- und Sekundärmarktes. Entgegen den anfänglichen Befürchtungen stellten die vom Sonderfonds Finanzmarktstabilität (SoFFin) garantierten Bonds - vor allem aufgrund der hohen Kosten für die Garantien und der Beschränkung auf kurze Laufzeitenbänder - keine ernsthafte Gefahr für den Pfandbriefmarkt dar. Insgesamt sagten die Mitgliedsinstitute im zurückliegenden Jahr Hypothekendarlehen in Höhe von 65,8 Milliarden Euro neu zu, das sind 39,2 Prozent weniger zu als im Jahr 2008. Die höchsten Einbußen verzeichneten dabei die Finanzierungen von Gewerbeimmobilien, deren Volumen sich von 68,8 Milliarden Euro auf 37,5 Milliarden Euro fast halbierte. Zurückhaltend agierten die Pfandbriefbanken vor allem im internationalen Geschäft. Während die Neuzusagen bei der Finanzierung inländischer Gewerbeimmobilien um 31 Prozent auf 19,2 Milliarden Euro zurückgingen, nahm das Auslandsgeschäft um 55 Prozent auf 18,2 Milliarden Euro ab. Vornehmlich mussten sich die Banken auf den Teil des eigenen Kundenbestands konzentrieren, dessen Finanzierungen ausliefen oder bei denen Konditionen anzupassen waren. Folglich rangierte für viele Institute die Kreditprolongation vor der Neuakquisition. Dies erklärt auch, weshalb der Darlehensbestand trotz rückläufigen Neugeschäfts um 2,4 Prozent auf 316,2 Milliarden Euro gestiegen ist. Dass die Wohnungsbaufinanzierungen von 39,4 Milliarden Euro um 28,2 Prozent auf 28,3 Milliarden Euro zurückgingen, ist zum einen dem weiter rückläufigen Wohnungsneubau geschuldet. Zum anderen waren im Jahr 2009 kaum noch Transaktionen von großen Wohnimmobilienportfolios zu sehen. Erwartungsgemäß sanken die Neuzusagen in der Staatsfinanzierung. Nach 75 Milliarden Euro im Jahr 2008 wurden 2009 nur noch 57,2 Milliarden Euro zugesagt. Dieser Rückgang um 23,7 Prozent spiegelt einerseits die Rückbesinnung der Institute auf das kleinvolumigere Geschäft der Kommunalkredite wider, während die reinen Kapitalmarktaktivitäten stärker eingeschränkt wurden. Korrespondierend mit dem Rückgang im Neugeschäft emittierten die Institute im Jahr 2009 Pfandbriefe mit einem Gesamtvolumen von 110 (153) Milliarden Euro - minus 28 Prozent. Dieser Rückgang ist jedoch fast ausschließlich Ergebnis des auf 52 (90) Milliarden Euro gesunkenen Erstabsatzes von öffentlichen Pfandbriefen. Damit wurden die öffentlichen Pfandbriefe im Neuabsatz erstmals seit vier Jahrzehnten von den Hypothekenpfandbriefen übertroffen, deren Emissionsvolumen mit 57 Milliarden Euro konstant blieb. Neben der Deutschen Bank haben die Deutsche Kreditbank und die Degussa Bank erstmals Hypothekenpfandbriefe emittiert. L. H.

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