Im Blickfeld

Nur schöne Kosmetik

Vier Jahrzehnte lang waren Offene Immobilienfonds derart unspektakulär, dass sie vom Bundesbürger als grundsolides Anlageprodukt geschätzt wurden. Doch seit gut einem Jahrzehnt finden sich die Publikumsfonds mit beachtlicher Häufigkeit in den Schlagzeilen der Wirtschaftspresse wieder - meist mit negativem Tenor. Der Grund für diese bemerkenswerte öffentliche Präsenz ist jedoch leider nicht in einer exzellenten Performance der Fonds oder der intensiven Öffentlichkeitsarbeit des Fondsverbandes zu vermuten, sondern ist vielmehr dem Auf und Ab der Immobilienmärkte, einem fortgesetzten Missmanagement und katastrophaler Informationspolitik geschuldet. Dies alles stürzte die Anleger in ein Wechselbad der Gefühle und ließ die Amplituden der Mittelzu- und -abflüsse größer werden (siehe auch Seite 90).

Jetzt endlich will die Bundesregierung mit dem neuen Anlegerschutzgesetz wieder Ruhe in den knapp 90 Milliarden Euro umfassenden Markt bringen. Dass das gelingt, ist zu bezweifeln, denn es werden die Falschen bestraft. Wird Mitte Februar tatsächlich vom Bundestag das verabschiedet, was laut Reuters dieser Tage in der Koalition als Gesetzesvorlage diskutiert und beschlossen wurde, dann werden nicht etwa die Fondsmanager, die Depotbanken oder die Vertriebe strenger reguliert. Dann werden nicht mehr Transparenz, nicht nachhaltigere Investmentstrategien, nicht besseres Risiko- und Liquiditätsmanagement von den Fonds verlangt, sondern - entgegen der eigentlichen Intention des Gesetzes - die Anleger bestraft.

Statt ihre Fondsanteile börsentäglich zurückgeben zu können, soll ab 2013 - oder vielleicht schon ab 2012 - eine Kündigungsfrist von einem Jahr eingeführt werden. Für Neuanleger ist sogar eine Mindesthaltefrist von zwei Jahren vorgesehen. Da ist das Zugeständnis, dass unabhängig von diesen Fristen pro Halbjahr Anteile bis maximal 30 000 Euro zurückgegeben werden dürfen, zwar ein wichtiges Zugeständnis. Diese Ausnahme dürften aktuell die meisten Anleger nutzen können. Doch einmal gesetzte Limite haben mitunter ein erstaunliches Beharrungsvermögen, auch wenn sich die Verhältnisse längst geändert haben - so zum Beispiel die Bemessungsgrenzen für die Wohnungsbauprämie. Mag der frei verfügbare Rückgabebetrag heute noch als ausreichend angesehen werden, so werden doch die Offenen Immobilienfonds - so es sie denn künftig noch geben wird - hoffentlich alles daran setzen, das anvertraute Anlagekapital prächtig zu vermehren.

Die Neuregelung zielt richtigerweise darauf ab, institutionellen und semiinstitutionellen Investoren die Anlage in Offene Immobilien-Publikumsfonds zu vergällen. Denn diese haben die Fonds in der Vergangenheit gern als kurzzeitigen Parkplatz für überschüssige Liquidität missbraucht und zuletzt nach der Leh-man-Pleite auf einen Schlag hohe Beträge aus den Sondervermögen abgezogen. Die Deka darf hier durchaus als Vorbild dienen, hat sie doch schon Jahre vor der Lehman-Pleite schmerzlich erfahren müssen, wie rasch und zahlreich institutionelle Investoren - selbst wenn sie aus dem Verbund kommen - aus den Fonds aussteigen. Seitdem trennt der Fondsanbieter strikt zwischen Publikumsprodukten für private und Anlagen für institutionelle Kunden - mit Erfolg.

Trotzdem bleibt der Konstruktionsfehler, dass kurzfristig verfügbares Anlagekapital in die schwieriger liquidierbare Assetklasse Immobilien investiert wird. Damit können sich Investoren zwar schon mit kleinen Beträgen an großen internationalen Immobilienportfolios beteiligen, doch brauchen die Fonds zur Bedienung der Anteilsrückgaben eine hohe Schwankungsreserve in Form flüssiger Gelder. Diese schmälert jedoch die Rendite der Fonds, welche wiederum das Hauptabsatzargument im Vertrieb ist. Das Fondsmanagement muss daher den Spagat schaffen, mit möglichst hoher Immobilienquote bessere Renditen zu erzielen und somit attraktiver für die Anleger zu sein, gleichzeitig aber soviel Liquidität wie nötig vorzuhalten, um alle Anteilsscheinrückgaben bedienen zu können.

Doch gerade bei der Rendite wird von den Anlegern künftig noch mehr Leidensfähigkeit verlangt. So soll der Fremdkapitalanteil, mit denen die Fonds investieren dürfen, von 50 auf 30 Prozent gesenkt werden. Diese Quote einzuhalten, dürfte für die Fonds weniger ein Problem darstellen, denn die Kassen der "offenen" Offenen Immobilienfonds sind gut gefüllt. Aber der verkürzte Leverage-Hebel könnte künftig die Rendite der Fonds schmälern. Dass die Fondsobjekte künftig quartalsweise bewertet werden sollen, ist sicherlich ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz und engt die Spielräume für kreative Bewertungen ein. Letztlich wird aber auch diese Kosten der Anleger zu tragen haben.

In der Summe wird die Performance der Fonds zusätzlichen Belastungen ausgesetzt sein. Damit dürften sie sich gegenüber anderen Anlageformen noch schwerer behaupten können. Denn im Vertrieb verkauft sich eine höhere Rendite eben immer noch einfacher, als ein geringeres Risiko zu erklären. Darüber sollten auch die gegenwärtig guten Absatzzahlen der großen Fondsgesellschaften nicht hinwegtäuschen. Im Moment profitieren die Offenen Immobilienfonds von einem niedrigen Zinsumfeld, Aktienscheu und Inflationsangst. Doch sind die privaten Anleger vom Nutzen der Immobilienfonds im individuellen Anlagemix wirklich überzeugt? Wenn dem so wäre, bräuchte es das Anlegerschutzgesetz wohl nicht. L. H.

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