Schwerpunkt: Grüne Immobilien

Nutzung von Nachhaltigkeitspotenzialen bei Sonderimmobilien

Auch bei Sonderimmobilien wie Rechenzentren, Laborgebäuden, Krankenhäusern oder Flughäfen rücken Nachhaltigkeitsaspekte in den Fokus der Betreiber. Dabei müssen die Planung, Modernisierungen und Sanierungen zugeschnitten auf das spezifische Nutzungskonzept umgesetzt werden. Oft bestehen besondere Potenziale beispielsweise bei der Energieeffizienz, den Baustoffen oder dem Klimaschutz.

Um die Potenziale für mehr Nachhaltigkeit im Bestand zu nutzen, bedarf es einer präzisen Analyse des tatsächlichen Zustands des Objekts. Die besondere Architektur und Gebäudetechnik von Sonderimmobilien stellt dabei deutlich komplexere Anforderungen als bei herkömmlichen Immobilien.

Die integrierte Bauweise, bei der mitunter ausdifferenzierte technische Systeme und Architektur miteinander verzahnt werden, um den Nutzungsanforderungen der Sonderimmobilie gerecht zu werden, erfordert einen modularen Ansatz bei der Analyse und Dokumentation der Nachhaltigkeitspotenziale. Gemeint sind ökonomische, ökologische, sozio-kulturelle Faktoren wie Energieeffizienz, der Einsatz von umweltverträglichen Baustoffen oder ein gesundes Raumklima.

Beispiele für Nachhaltigkeit im Bestand

Welche Modernisierungen lohnen, das heißt Kostensenkungen und mehr Qualität bringen, ist frühzeitig und immer wieder zu prüfen. Denn sie bieten die Möglichkeit, die Konkurrenzfähigkeit einer Sonderimmobilie gegenüber den nach höheren Standards konzipierten Neubauten zu sichern. Es gilt dabei nicht nur, die Bewirtschaftungskosten zu senken, sondern auch, das Vertrauen der Mieter, Kunden, Fluggäste oder Patienten zu erhalten und zu stärken. Eine weitere Möglichkeit ist die Erfassung einer Treibhausgasbilanz in Kombinaton mit Klimaneutralität, also der Kompensation von Emissionen. Dies alles muss zugleich praktikabel und wirtschaftlich realisiert werden können. Die folgenden Beispiele zeigen Herangehensweisen und Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit im Bestand.

Rechenzentren setzen mit Energieeffizienz und Strom aus erneuerbaren Quellen vermehrt ein Zeichen im Wettbewerb. Die Potenziale sind laut Bundesumweltministerium enorm. Allein bis 2013 könnten durch energieeffiziente Technologie bis zu 3,6 Milliarden Euro Stromkosten in der Branche gespart werden.

Ziel der Betreiber ist, den Anteil der Stromkosten zu reduzieren, der nicht in das Kerngeschäft, also den Betrieb der Server fließt. Meist bieten die raumlufttechnischen Anlagen Optimierungspotenziale, wenn sie exakt auf die Anforderungen und Möglichkeiten der Server-Klimatisierung abgestimmt werden.

Grünes Rechenzentrum

Ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Energiesparmaßnahmen ist ein deutsches Rechenzentrum im Vogtland, das von Tüv Süd zertifiziert wurde. Durch ausschließliche Nutzung der Abwärme der Server zur Büroheizung sowie die Kühlung der Server durch Außenluft konnten die Nebenkosten deutlich reduziert werden. Entscheidend für den nachhaltigen Betrieb der Anlage waren außerdem die hocheffiziente unterbrechungsfreie Stromversorgung und ein systematisches und permanentes Monitoring der Energiedaten.

Aufgrund dieser Maßnahmen konnten die Experten einen außerordentlich guten Energieeffizienzwert (PUE - Power usage effectiveness) ermitteln. Während ein Wert von 1,0 eine praktisch kaum mögliche hundertprozentige Effizienz bedeutet, liegen viele Rechenzentren bei Werten zwischen 1,5 und 2,5. Im vorliegenden Fall lag das Rechenzentrum noch deutlich unter dem Wert von 1,5. Das bedeutet, dass das Gros des Stroms direkt in die Rechenleistung fließt und nur ein Bruchteil auf gebäude- und anlagenbezogene Prozesse wie Kühlung, Lüftung und Beleuchtung verwandt wird. Das wurde von Tüv Süd mit dem Zertifikat "Energieeffizientes Unternehmen - Rechenzentrum" ausgezeichnet.

Jede Bestandsaufnahme zu einem Gebäude bietet die Chance für Verbesserungen. Selbst bekannte Werkzeuge wie der Energieausweis, der bei Errichtung, Änderung oder Erweiterung von Gebäuden nach Energieeinsparverordnung (EnEV 2009) zu erstellen ist, zählt dazu. Denn dabei müssen Empfehlungen für die Modernisierung gegeben werden, selbst wenn das Gebäude auf einem hohen energetischen Stand ist. Das haben Experten von Tüv Süd im Auftrag eines renommierten Forschungszentrums getan und ein Hochfeld-Magnetlabor analysiert. Darin werden die physikalischen Grundlagen unter anderem für materialwissenschaftliche Fragestellungen überprüft.

Einsparpotenziale trotz hohem Standard

Die besondere Herausforderung bei vielen Laborgebäuden ist, dass sie in der Vergangenheit lediglich mit Nutzungsdauern zwischen fünf bis zwanzig Jahren kalkuliert wurden. Inzwischen ist diese Herangehensweise einem langfristigeren Ansatz gewichen. Bei der Potenzialanalyse gilt es, die planerischen und betrieblichen Besonderheiten zu berücksichtigen. In dem untersuchten Labor ergab sich eine vergleichsweise hohe innere Wärmeentwicklung aus dem Betrieb der Magnetkammern und der Kondensatorbank zur Erzeugung impulsartiger Ströme. Das forderte insbesondere die Klimatisierung des Gebäudes heraus.

Einbezogen wurden neben dem Energiebedarf zur Beheizung und Warmwasseraufbereitung auch die Kühlung und Beleuchtung, die gemäß EnEV 2009 und nach der DIN V 18599 bilanziert wurden. Dazu haben die Experten das Gebäude in verschiedene Zonen unterteilt nach Nutzungsart beziehungsweise ihrer Beheizung, Belüftung oder Klimatisierung. Auf dieser Basis lassen sich Kennwerte zu Flächen, Wärmedurchgangskoeffizienten, der Energiebedarf der Anlagetechnik und die Leuchtmittel analysieren. Hierbei müssen die individuellen Räumlichkeiten in Einklang mit den standardisierten Vorgaben der Norm gebracht werden.

Die Ergebnisse zeigen, dass das Laborgebäude bereits zahlreiche Standards zur Energieeffizienz erfüllt. Die Gesamtenergieeffizienz lag nur geringfügig über dem Anforderungsniveau der EnEV 2009.

Dies ist im Hinblick auf die spezifische Bauweise und Ausstattung als positives Ergebnis einzustufen. Insbesondere moderne Leuchtmittel und der Einsatz von Bauteilen unter energetischen Gesichtspunkten konnten einen großen Beitrag zur Energieeffizienz leisten. Die Ingenieure empfehlen als sinnvolle Energiesparmaßnahme eine Wärmerückgewinnung bei den umfangreichen raumlufttechnischen Anlagen. Dabei sollten vorwiegend die Zonen mit konstantem Volumenstrom berücksichtigt werden, was den Primärenergiebedarf noch um 14 Prozent senken könnte.

Einen ressourcenorientierten Ansatz für mehr Nachhaltigkeit wählte eine Klinik in Sachsen-Anhalt. Durch die Umverlegung der PET-CT-Diagnostik ins Erdgeschoss musste das bestehende Gebäude im Rahmen des Strahlenschutzes baulich angepasst werden. Diese Maßnahmen sollten durch den Einsatz von Bleiplatten, Beton oder Magnetitputz erheblichen Kosten- und Materialeinsatz verursachen.

Deshalb war das Ziel, im Vorfeld zu klären, an welchen Stellen eine nachträgliche Abschirmung überhaupt notwendig ist. Gerade verborgene Installationsschächte oder vermauerte Wanddurchbrüche können sich nachteilig auf den Strahlenschutz auswirken und nicht immer klar in den Bauplänen ausgewiesen sein. Grund ist, dass mit der Zeit Änderungen an bestehenden Gebäuden vorgenommen werden, die unter Umständen nicht durchgängig dokumentiert sind.

Umbau eines Krankenhauses

Der Tüv Süd hat zunächst die Abschirmwirkung der vorhandenen Wände und Betondecken ermittelt. Dabei kamen zerstörungsfreie Prüfverfahren und Transmissionsmessungen mittels spezieller Prüfstrahler zum Einsatz. Um die Beschaffenheit der Bausubstanz aus Sicht des Strahlenschutzes zu bewerten, wurden eigens entwickelte Berechungsverfahren angewandt.

Dadurch ließen sich die zusätzlich eforderlichen Nachrüstmaßnahmen exakter bestimmen und später über kosteneffiziente Baumaßnahmen zielgerichtet umsetzen. Gegenüber vollflächigen Standardlösungen konnte die Bleiabschirmung exakt auf die tatsächlichen Erfordernisse hin abgestimmt werden. Dadurch ließ sich nicht nur einen Großteil des Materials einsparen. Auch wurde ein qualitativ hochwertiger Strahlenschutz ohne die sonst für die Gebäudestatik nötigen unterstützenden Baumaßnahmen realisiert.

Flughafen - Treibhausgasbilanz und CO2-Reduktion

Immer mehr Flughafenbetreiber nutzen die Vorteile freiwilliger CO2-Reduktion: transparente Kosteneinsparungen, aktiv gesteuerte Risiken und angestoßene Innovationsprozesse. Neben einer Kostensenkung besteht meist auch ein Imagegewinn, der gerade für internationale Flughäfen wichtig ist, um sich im Wettbewerb zu differenzieren. Wenn 2012 auch der Luftverkehr in den europäischen Emissionshandel aufgenommen wird, dürfte sich diese Entwicklung verstärken.

Ein internationaler Flughafen in Italien hat seine Anstrengungen im Rahmen der "Airport Carbon Accreditation" von Tüv Süd bestätigen lassen. Der europäische Standard bewertet Flughäfen nach Emissionen und zeigt Maßnahmen zur CO2-Reduzierung mit dem Ziel der Klimaneutralität auf. Bei der Bewertung wurden direkte und indirekte Emissionsarten betrachtet und in einem vierstufigen Modell abgebildet.

Neben den direkten Emissionen wie flughafeneigene Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung werden auch indirekte Emissionen durch die Abfertigung, den Betrieb der Flughafenanlagen und die Infrastruktur in den Blick genommen. Mit der von unabhängiger Stelle bestätigten CO2-Bilanz wurden die mit dem Flughafen-Betrieb verbundenen Emissionen transparent. Hier profitiert ein Flughafen, wenn die technische Expertise des Dienstleisters breit und detailliert ist.

Schon überschaubare Maßnahmen, wie die bedarfsgerechte Regelung der raumlufttechnischen Anlagen oder eine von der Fluggastpräsenz abhängige Ansteuerung von Anzeige- und Werbetafeln, können generell helfen, die Emissionen zu senken. Dabei ist zu beachten, dass die zahlreichen gebäudetechnischen Anlagen in einem Systemverbund betrieben werden. Elektrische Versorgungsanlagen, Lüftungsanlagen, Beleuchtung, Fahrstiege, -treppen sowie Aufzüge gehören zusammen, wenn es um die Kalkulation von Einsparpotenzialen geht sowie um die Basis verlässlicher und transparenter Energieanalysen.

Die Beispiele zeigen: Bei jeder Maßnahme für mehr Nachhaltigkeit sind zunächst die richtigen Ansatzpunkte aufzuspüren. Dabei gilt es zunächst, die individuellen Ziele und den konkreten Nutzen zu klären. Welche Einflussfaktoren wie Bausubstanz, technische Ausstattungen, Baustoffe oder Nutzungsbedingungen stehen im Vordergrund?

Modulare Potenzialanalyse

Ein systematisches Vorgehen bietet zum Beispiel eine modulare Nachhaltigkeitsanalyse. Die Bestandsimmobilie wird schrittweise geprüft und die Analyse notfalls abgebrochen, falls absehbar wird, dass die Kosten den Nutzen überschreiten.

Im Unterschied zu einer Standardanalyse ist die modulare Variante ergebnisoffen und steuert nicht zwangsläufig auf eine Nachhaltigkeits-Zertifizierung zu. Auch können weitergehende Maßnahmen wie ein Carbon Footprint und Klimaneutralität empfohlen werden. Der Vorteil ist die bedarfsgerechte Ausrichtung auf die jeweiligen Ziele des Auftraggebers und die Erfordernisse des Objekts. Durch die Vielzahl der Bautypen im Bestand mit ihren unterschiedlichsten Biografien sind die Ausgangsbedingungen für eine Nachhaltigkeitsanalyse ohnehin kaum standardisiert zu erfassen.

So spielen das Baujahr und damit das jeweils geltende Baurecht eine entscheidende Rolle - beispielsweise ob das Gebäude bereits nach Wärmeschutzverordnung errichtet worden ist und über eine basale Dämmung verfügt. Wenn Objekte wie Sonderimmobilien allerdings kontinuierlich an Nachhaltigkeitsanforderungen angepasst werden, wirkt sich dies positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Nutzungsdauer aus.

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