Schwerpunkt Public Private Partnership

ÖPP in Deutschland - Chancen und Herausforderungen aus Sicht einer Bank

Als Beschaffungsvariante haben Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP beziehungsweise Public Private Partnership/ PPP) in Europa eine lange Tradition. In Frankreich sind ÖPP als alternative Realisierungsform der konventionellen Finanzierung öffentlicher Infrastruktur nahezu gleichgestellt. Im Vereinigten Königreich trieb das PFI-Programm (Public Finance Initiative) die Etablierung der ÖPP voran.

Erfolge in diesen Ländern führten Anfang des Jahrtausends auch in Deutschland dazu, sich der Thematik verstärkt zu öffnen. Anders als im europäischen Ausland überwog in Deutschland gleichwohl der Ansatz, ÖPP als reine Finanzierungsform zu betrachten. So geriet das Instrument in Deutschland verstärkt in die Kritik. Als "Bauen ohne Geld" etikettiert, galten die Modelle schnell als reine "Haushaltskosmetik", da Mietverpflichtungen lediglich als jährliche Zahlungsverpflichtung und nicht als Verschuldung Eingang in den Haushalt einer öffentlichen Einheit finden.

Dabei sollte es nicht allein um die Finanzierung der Maßnahme gehen. Wichtig ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung eines Projekts unter dem Gesichtspunkt aller Kosten über seinen gesamten Lebenszyklus. Erst nach Ermittlung der Bau- und Betriebskosten und möglicher Realisierungskonzepte sollte eine adäquate Finanzierung auf Basis der Projektspezifika definiert werden. Diese Betrachtung macht deutlich, dass der öffentliche Partner in der ÖPP über die Finanzierung hinausgehende Bedürfnisse sicherstellen und Risiken des Betreibens einer Einrichtung übertragen kann.

Verständnis für das Finanzierungsmodell

Als reines Finanzierungsmodell betrachtet ist die ÖPP anderen Formen der öffentlichen Finanzierung jedoch immer unterlegen. So führten schlechte Erfahrungen aus einzelnen Projekten verbunden mit einer kritischen öffentlichen Auseinandersetzung dazu, dass ÖPP hierzulande mittlerweile polarisieren. Selbst erfolgreiche Projekte bekommen kaum Aufmerksamkeit. Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass das ursprünglich von der Bundesregierung angestrebte Ziel nicht erreicht wurde, Infrastrukturprojekte mit einer Quote von 15 Prozent über die Beschaffungsvariante zu realisieren.

Auch viele Banken sehen die Partnerschaften mittlerweile kritisch: Die Erwartungen an ein Projekt sind bei den Beteiligten oft unterschiedlich und die Strukturen verhindern effiziente Prozesse, die zu höheren Kosten führen. Wegen der stark gestiegenen Anforderungen durch eine neue Regulierung hat die Finanzierung der Partnerschaften für die Banken an Attraktivität verloren. Allerdings könnten bereits verschiedene Maßnahmen bewirken, dass der deutsche ÖPP-Markt sein volles Potenzial ausschöpfen kann.

Schwierigkeiten zwischen den Parteien einer ÖPP resultieren in erster Linie aus falschen Einschätzungen und Erwartungen an das gewählte Finanzierungsmodell. Im Vergabeprozess vergleicht der öffentliche Auftraggeber häufig die Konditionen der Partnerschaft mit denen der klassischen Kommunalfinanzierung, die den allermeisten Kommunen weiterhin zu sehr günstigen Bedingungen zur Verfügung steht.

Dieser Vergleich ist aber nur dann zulässig, wenn die Struktur des ÖPP mit einem Kommunalkredit tatsächlich vergleichbar ist. Dies gilt in der Regel für eine einredefreien Forfaitierung. Bei dieser Form der ÖPP verkauft der private Auftragnehmer die Forderungen aus der Leistung gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber ganz oder teilweise an die finanzierende Bank.

Gleichzeitig stellt der öffentliche Auftraggeber diese Forderungen einredefrei, was ihn dazu verpflichtet, diesen Bestandteil des Leistungsentgeltes vom Zeitpunkt der Gültigkeit des Einredeverzichtes an unabhängig von Mängeln oder Beanstandungen an die Bank zu zahlen. Gegenüber dem Auftragnehmer bleiben in diesen Fällen selbstverständlich die Ansprüche auf eine ordnungsgemäße Erfüllung bestehen.

Stärkere Berücksichtigung des Marktumfelds

Bei reinen Projektfinanzierungen gelten allerdings gänzlich andere Kriterien. Hier wirken sich insbesondere neue Regulierungsanforderungen aus, die höhere Anforderungen an das Vorhalten von Eigenkapital stellen und die viele Prozesse - von der Refinanzierung bis hin zur Risikoabbildung - prägen.

Im ÖPP-Prozess werden oft die Marktbedingungen und hier insbesondere die Refinanzierungsbedingungen für die Fremdkapitalgeber zu wenig berücksichtigt. Die Bedeutung der Refinanzierung - aber auch die Auswirkungen hoher Komplexität - zeigt ein Vergleich der zwei, insbesondere im öffentlichen Hochbau etablierten Grundformen der ÖPP, die sich im Risikoprofil der Finanzierung deutlich unterscheiden: Der traditionelle Ansatz über die Forfaitierung mit Einredeverzicht stellt bei der Finanzierung auf die Kommune ab. Die Projektfinanzierung stellt dagegen auf einen von der Kommune zu leistenden performanceabhängigen Cashflow ab.

Die Forfaitierung mit Einredeverzicht ermöglicht dem Finanzierer einen unmittelbaren Zugriff auf den öffentlichen Auftraggeber. Durch diesen unmittelbaren Zugriff ist die Deckungsstockfähigkeit gegeben. Somit ist die Refinanzierung über öffentliche Pfandbriefe möglich und die Struktur kann zu den günstigen kommunalkreditähnlichen Konditionen dargestellt werden. Auch im derzeitigen Marktumfeld stehen den Banken langfristige und meist fristenkonforme Refinanzierungsmöglichkeiten über den Pfandbrief zur Verfügung.

Dies kann auch dadurch erreicht werden, dass die Bank beispielsweise nach Abnahme einer Bauleistung die Zahlungsansprüche gegen den Auftraggeber erwirbt. Durch die Abgabe des Einredeverzichtes steht dieser in der Pflicht, den Kapitaldienst unabhängig von Bau oder Bewirtschaftungsqualität zu leisten. Unberührt hiervon bleiben natürlich die Rechte gegen den Auftragnehmer.

Dem steht die Projektfinanzierung gegenüber. Hier ist die Leistungspflicht des Auftraggebers an die Leistungserfüllung des Auftragnehmers gebunden. Wenn der Auftragnehmer die vereinbarte Qualität wie die Instandhaltung oder Verfügbarkeit nicht einhält, kann der Auftraggeber die Leistung mindern. Für die Ermittlung von Finanzierungsumfang und Konditionen bedarf es einer detaillierten Würdigung der angebotenen Bau-/Betreiberleistungen und des Vertragswerkes. Dies erfordert neben einer entsprechenden juristischen Expertise auch projektspezifisches technisches Knowhow. Letzteres könnte durch den Aufbau einer bundesweiten Datenbank mit einheitlichen Leistungsbeschreibungen unterstützt werden. So könnte ein überregionales Benchmarking für entsprechende Leistungen im öffentlichen Bereich etabliert werden.

Die genannten Modelle zeigen, dass die Durchführung der jeweiligen Finanzierungsformen in der Umsetzung deutlich differenzieren. Immer dann, wenn die öffentliche Hand die Langfristigkeit ihrer Investition bedenken muss und Risiken des Betreibens eines Projekts übertragen möchte, verbessert sie ihre Planungssicherheit. Gleichzeitig treibt diese Komplexität die Vertragskosten. Somit qualifiziert sich die einredefreie Forfaitierung insbesondere für Projekte mit kleinerem oder mittlerem Projektumfang. Sie eignet sich aber auch dann, wenn wesentliche Kriterien - ob Betrieb oder eine mögliche Nachnutzung - unverändert durch die öffentliche Hand erfolgen und ein Risikotransfer nicht vorgesehen ist.

Niedrigere Kosten durch Verringerung der Komplexität

Wie dargestellt sind ÖPP-Projekte mit einer langfristig kontrahierten Dienstleistung durch eine natürliche Komplexität gekennzeichnet. Diese beginnt schon frühzeitig im Vergabeverfahren. Schon in diesem Stadium ist daher eine intensive Einbindung des beteiligten Bankinstituts notwendig. Sie setzt sich fort in der großen Vielfalt von gewählten Vertragsarten und aufwendigen Vertragsdokumentationen.

Dies hat seine Ursache unter anderem in der deutschen Verwaltungsstruktur. Im Gegensatz zu anderen Ländern wie Frankreich oder Großbritannien, in denen ÖPP-Modelle sehr erfolgreich umgesetzt werden, zeichnet sich Deutschland durch eine föderale Struktur aus. Diese Struktur begünstigt individuelle Ansätze in den einzelnen Verwaltungseinheiten. Sie behindert so aber die Vereinheitlichung vertraglicher Standards. Zudem hindert die föderale Verwaltungsstruktur eine Bündelung einzelner regionaler Projekte. Im Ergebnis ist daher der deutsche ÖPP-Markt sehr kleinteilig.

In diesem Umfeld wird eine wirtschaftlich sinnvolle Beteiligung von Banken an den Partnerschaften immer schwieriger, denn sie müssen bei hohen Kosten ein großes Maß an Expertise vorhalten. Dies kann aber nur dann rentabel sein, wenn der Markt eine ausreichende Anzahl an Projekten bietet. Zudem sollte bei kleineren Projekten die Vertragsdokumentation standardisiert und im Idealfall bundesweit vereinheitlicht werden. Nur so können letztendlich die Skaleneffekte erreicht werden, die das Geschäft für die beteiligten Institute wieder attraktiver machen. Hiervon würden alle Parteien einer ÖPP profitieren. Eine möglichst weitgehende Standardisierung und damit verbundene Projektfolge wird sich auch für die öffentliche Hand positiv auswirken. Die Kapitalbeschaffung wird einfacher, denn in einem lebendigen und transparenten ÖPP-Markt werden neuen Anbieter einsteigen. Dies wird schlussendlich auch zu verbesserten Konditionen führen.

ÖPP - durchaus mit Zukunft

Ein intensiveres Verständnis aller beteiligten Parteien für die gewählte Finanzierungsform, das Marktumfeld sowie die Vereinfachung von Vergabeverfahren, eine weitgehende Standardisierung der Vertragsdokumentation und die Nutzung des gesamten Spektrums von in der Privatwirtschaft etablierten Finanzierungsmodellen wird es erleichtern, für öffentliche Projekte Finanzierungsmittel zu akquirieren. Geringere Kosten in der Projektvertragserarbeitung werden auch für den Auftraggeber zu günstigeren Finanzierungskonditionen führen. Unter diesen Voraussetzungen können ÖPP für alle Partner wieder attraktiver werden und dann auch in Deutschland wieder ein erfolgreiches Modell werden. Richtig eingesetzt ergeben die Partnerschaften als Beschaffungsvariante Sinn für kleinere und größere Investitionen und können einen Beitrag zum Abbau des Investitionsstaus leisten. ÖPP haben auch in Deutschland eine Zukunft.

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