Betreibermodelle im Wandel

Wie kann die ÖPP in Deutschland weiter vorangebracht werden?

Der bisherige ÖPP-Anteil von knapp vier Prozent an den öffentlichen Investitionen zeigt, dass viele Chancen in diesem Bereich (noch) nicht ausgenutzt werden. Insbesondere der sich infolge der Finanzkrise und der künftig verschärften nationalen Verschuldensregelungen ergebende Druck auf die Ausgabenstruktur der öffentlichen Haushalte eröffnet Chancen für alternative Beschaffungsformen.

Eine echte Beschaffungsalternative

ÖPP-Projekte in Deutschland konzentrieren sich derzeit vorwiegend auf den kommunalen Hochbau, weil dort Schulen, Kindergärten sowie zahlreiche Sporteinrichtungen zu bauen und zu unterhalten sind. Aber auch in anderen Sektoren wie zum Beispiel beim Ausbau oder der Unterhaltung von Straßen steigt die Zahl der Projekte. Zwar stehen hier die A-Modelle im Vordergrund, aber auch auf kommunaler oder Landesebene kommen zunehmend partnerschaftliche Lösungen zur Anwendung.

Auch im Gesundheitsbereich, insbesondere bei Krankenhäusern und Universitätskliniken, oder in den Sektoren Dienstleistungen und Informationstechnologie sind erste Ansätze zu beobachten. Gerade bei diesen für ÖPP noch neueren Sektoren gilt es anzusetzen und sie stärker zu öffnen beziehungsweise zu erschließen.

Die Erfahrungen zeigen, dass ÖPP in allen geeigneten Fällen große Chancen für die öffentliche Hand bieten, Projekte wirtschaftlicher und zum Teil auch schneller zu realisieren. Effizienzvorteile durch die ganzheitliche Betrachtung des Lebenszyklus, eine optimale Risikoallokation, größere Termintreue und höhere Kostensicherheit sind nur einige der Gründe hierfür.

Wissensdefizite abbauen

Dennoch herrschen in Teilen der Verwaltung weiterhin Skepsis, Vorbehalte und Vorurteile gegen diese Form der Beschaffung. Ein Hauptgrund sind sicherlich Informations- und Wissensdefizite, die es auszuräumen gilt. Aber auch die tatsächlich höhere Komplexität im Rahmen einer Partnerschaft gerade in der Vorbereitungs- und Ausschreibungsphase kann zunächst abschreckend wirken. Die derzeitigen Turbulenzen an den Finanzmärkten tragen ebenfalls dazu bei, dass eine gewisse Unsicherheit auf Auftraggeberseite herrscht.

Öffentlich-Private Partnerschaften bieten vielfältige Chancen, sind aber auch kein Allheilmittel, bei eingeschränktem finanziellen Spielraum dringend notwendige Investitionen tätigen und vorhandenen Sanierungsstau reduzieren zu können. Zum einen müssen auch ÖPP-Projekte vollständig aus dem Haushalt finanziert werden. Zum anderen zeigt die Erfahrung, dass es Projekte gibt, die eher ungeeignet sind. Dennoch besteht die Gefahr, dass eine Vielzahl von potenziell wirtschaftlichen Projekten nicht umgesetzt wird, weil sie nicht auf ihre grundsätzliche Eignung geprüft worden sind.

Gründung der ÖPP-Deutschland AG

Am 1. Januar 2009 hat die ÖPP Deutschland AG ihre Arbeit aufgenommen. Das Beratungsunternehmen wird helfen, die Chancen und Potenziale von wirtschaftlichen ÖPP-Projekten zu nutzen und zu einer Erweiterung und Belebung des Marktes in Deutschland beizutragen. Das Geschäftskonzept ruht auf zwei Säulen: Zum einen bietet die ÖPP Deutschland AG konkrete Projektberatung an, zum anderen beschäftigt sich die Gesellschaft mit Grundlagenarbeit (Abbildung 1).

Das Unternehmen berät als unabhängige und neutrale Instanz ausschließlich die öffentliche Hand, das heißt Bund, Länder, Gemeinden und sonstige öffentliche Auftraggeber bei Projekten, die im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften realisiert werden sollen.

Der Schwerpunkt der Projektberatung liegt in der Frühphase der Vorhaben, da eine neutrale und objektive Prüfung der Eignung eines Projektes immer am Anfang stehen muss und unabdingbar ist. Nur bei geeigneten Vorhaben lassen sich die Effizienzvorteile erzielen. Sollte die Beratung in der Frühphase eines Projektes eine mangelnde ÖPP-Eignung erkennen lassen, so wird das Beratungsunternehmen, seinem öffentlichen Auftrag folgend, von dem Projekt auch dezidiert abraten.

Generell schlechtere Rahmenbedingungen

Gerade der zweiten Säule, der Grundlagenarbeit, kommt derzeit eine große Bedeutung bei. Die Finanzkrise ist nicht spurlos am ÖPP-Markt vorüber gegangen. Der Vertrauensverlust in den Finanzsektor ist groß und die momentan herrschenden schlechten Kreditkonditionen erhöhen die Unsicherheit bei öffentlichen Auftraggebern, ob sich "ihre Projekte auch wirklich rechnen".

Gründe sind etwa die verkürzten Kreditlaufzeiten oder die gestiegenen Margen, weil insbesondere Liquiditätszuschläge gefordert werden. Grundsätzlich ist festzustellen, dass sich die Rahmenbedingungen zwar - temporär - verschlechtert haben, Projektfinanzierungen aber im Einzelfall weiterhin realisierbar sind.

ÖPP-Projekte mit kleineren Projektvolumina, die über eine Forfaitierung mit Einredeverzicht finanziert werden, scheinen von der Krise nicht in erheblichem Umfang betroffen zu sein, da sich die Konditionen nach wie vor am Kommunalkredit orientieren.

Grundlagenarbeit und Projektberatung

Ein weiteres wichtiges Instrument, um den Markt für ÖPP in Deutschland signifikant zu erweitern, ist der Wissenstransfer. Noch zu häufig wird den Projekten mit unberechtigten Vorurteilen und nicht sachgemäßer Kritik begegnet.

So wird - gerade mit Bezug auf die Finanzkrise - fälschlicherweise oft nur von einer reinen Finanzierungsvariante gesprochen. Im Lebenszyklus ist die Finanzierung aber nur ein Baustein neben Planen, Bauen und Betreiben und gegebenenfalls Verwerten. Die Effizienzpotenziale einer ÖPP erwachsen jedoch gerade aus ihrem die Wertschöpfungsstufen übergreifenden Charakter zusammen mit einer Output-orientierten Leistungsbeschreibung.

Die konkrete Projektberatung und mit ihr die schnelle und zügige Umsetzung insbesondere von Bundes-Hochbauprojekten ist tägliches Geschäft der ÖPP Deutschland AG. Beim Neubau des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Berlin werden sowohl die Projektsteuerung als auch die wirtschaftliche Beratung übernommen. Für diverse weitere Bundesprojekte werden derzeit der Eignungstest und die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt.

Transaktionskosten senken

Die in den Projekten gewonnenen Erfahrungen dienen als Basis für die Umsetzung in der Grundlagenarbeit. Die Verbesserung der Grundlagen und Rahmenbedingungen helfen nicht nur, die Vorbereitung und Durchführung von partnerschaftlichen Projekten zu erleichtern. Sie führen auch dazu, durch Standardisierungen die Transaktionskosten nachhaltig zu senken. Das wiederum kann zu einer dauerhaften Steigerung der Anzahl von wirtschaftlichen Projekten beitragen.

Die ÖPP Deutschland AG ist selbst eine Öffentlich-Private Partnerschaft mit Gesellschaftern der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft. Rund 40 Unternehmen und Bietergemeinschaften aus allen wichtigen ÖPP-Branchen sind an der Gesellschaft mittelbar beteiligt und tragen gemeinsam mit den Gesellschaftern der öffentlichen Hand die ÖPP-Deutschland AG. Das Verhältnis zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft verteilt sich damit auf etwa 60 zu 40 Prozent. Zehn Bundesländer, über 80 Kommunen und über 30 weitere öffentliche Auftraggeber haben zudem eine Rahmenvereinbarung mit der ÖPP Deutschland AG unterzeichnet.

Dass das gewählte Konzept der ÖPP Deutschland AG in die richtige Richtung geht, zeigt nicht nur die fruchtbare Zusammenarbeit mit den Gesellschaftern im Rahmen der Grundlagenarbeit zur Finanzkrise. Auch die konkrete Projekt- und die Frühphasenberatung sowie die Vielzahl der Anfragen beim kostenfreien Help-Desk bestätigen dies.

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