Public Private Partnership

ÖPP - Status quo und Maßnahmen für mehr Attraktivität

Die partnerschaftliche Zusammenarbeit von öffentlichen Auftraggebern und privaten Investoren zur Verwirklichung von Investitionsmaßnahmen in öffentlicher Infrastruktur wird in Deutschland zunehmend genutzt. Die Vorteile der Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP beziehungsweise Public Private Partnerships - PPP) liegen im Prinzip klar auf der Hand: Der Ansatz des ganzheitlichen Lebenszyklus verspricht Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung aus einem Guss durch einen privaten Partner.

Im Hochbau wurden seit Beginn dieses Jahrzehnts 82 ÖPP-Verträge abgeschlossen, deren Investitionsvolumen mehr als 2,3 Milliarden Euro beträgt. Das Projektvolumen inklusive der Gebäudemanagement- und Betriebsleistung beläuft sich auf über 4,5 Milliarden Euro. Über 150 Projekte befinden sich derzeit in Planung.

Im Vergleich zu Großbritannien - dem Mutterland von ÖPP - sind dieses noch vergleichsweise bescheidene Zahlen. 2007 betrug dort der Wert der unterzeichneten Verträge nach Angaben von IFSL Research 7,3 Milliarden Britische Pfund, ein Rückgang gegenüber dem Rekordjahr 2006 um 2,3 Milliarden Britische Pfund. Der ÖPP-Anteil an öffentlichen Investitionen bewegte sich in Großbritannien in den vergangenen zehn Jahren zwischen zehn und 15 Prozent.

Dieses ist auch die Messlatte der Erwartungen für Deutschland: Der langfristig zu erreichende Anteil von ÖPP an öffentlichen Investitionen soll nach Vorstellung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) 15 Prozent betragen. Bund, Länder und Kommunen erwarten so, mittels ÖPP-Projekten bestehende Investitionsstaus abbauen zu können (Finanzierungsbedarf geschätzt: 150 Milliarden Euro). Bis zu 16 Prozent der Kosten können im Vergleich zu einer rein öffentlichen Ausführung in einem ÖPP-Projekt eingespart werden.

Bewältigung von Komplexität

Der Erfolg von ÖPP in Deutschland wird indes kontrovers diskutiert. Aktuell lässt sich vermelden:

- Das vergangene Jahr war das bisher erfolgreichste im ÖPP-Bereich. In 35 Projekten wurden 1,5 Milliarden Euro investiert, das entspricht einem Anstieg von einer Milliarde Euro gegenüber dem Vorjahr.

- Neben Investitionen im Bildungsbereich richtet sich das Interesse jetzt auch auf Krankenhäuser und Gefängnisse sowie Sport- und Freizeitanlagen.

- Ausländische Investoren haben ein hohes Interesse an PPP. Relativ kleine Projektbudgets von zumeist unter 50 Millionen Euro Volumen, eine fehlende Deal-Pipeline sowie hohe Anlaufkosten verhindern jedoch einen massiven Einstieg dieser Investoren.

Dagegen stehen aber auch Befürchtungen einer erlahmenden ÖPP-Dynamik. Diese speisen sich aus:

- der anziehenden Konjunktur und steigenden Steuereinnahmen, die die öffentliche Hand dazu verleiten könnte, wie schon beim Thema Privatisierung auch im Bereich ÖPP Zurückhaltung zu üben und wieder auf rein öffentliche Investitionsmechanismen zu setzen.

- komplexen und langwierigen Ausschreibungsverfahren. Nach rund dreijähriger Vorbereitungszeit wurde Mitte März 2008 für das erste ÖPP-Projekt des Bundes der Zuschlag erteilt. Im Durchschnitt vergehen heute rund 13 Monate in der Vorbereitungsphase bis zur Vergabe eines Projektes.

Das Thema Bewältigung von Komplexität und die damit verbunden Kosten ist von herausragender Bedeutung für die zukünftige Attraktivität von ÖPP-Projekten. Neben dem Bau beinhalten die Projekte regelmäßig auch die Planung und das Gebäudemanagement. Die Laufzeiten der Verträge betragen 15 bis 30 Jahre. Vor allem mittelständische Unternehmen lassen sich häufig schon durch die Kosten abschrecken, die das Ausfüllen aufwendiger und zum Teil mit hohen Vorgaben versehener Teilnahmeanträge und eine insgesamt sehr umfangreiche Angebotsbearbeitung im zweiten Schritt mit sich bringen. Ein ausgewogener Bietermarkt ist für die Akzeptanz von ÖPP jedoch unerlässlich.

Auf der Anbieterseite sind ÖPP-Projekte zu über 70 Prozent auf der kommunalen Ebene angesiedelt. Aber noch stehen zu viele Kommunen der für sie neuen Beschaffungsvariante skeptisch gegenüber. Als Hauptgrund gegen private Partnerschaften führen sie nach einer Umfrage des Deutschen Instituts für Urbanistik fehlende Erfahrung an. Nach Angaben des Bundes beträgt der ÖPP-Anteil an öffentlichen Investitionen derzeit knapp vier Prozent. Angesichts der Komplexität der Projekte sollte dem Vergabeprozess eine entsprechend große Bedeutung zukommen.

Das Jahr 2007 hat drei wesentliche Maßnahmen gebracht, die ÖPP-Projekten zu mehr Attraktivität und Akzeptanz verhelfen sollen:

- Mit der Novellierung des Investmentgesetzes ist der Weg für Infrastrukturfonds frei. Sowohl private Anleger wie auch finanzstarke Investoren sollen über Fonds Kapital für den ÖPP-Markt zur Verfügung stellen und so die Finanzierung der Projekte langfristig sichern.

- Der Leitfaden für die Vergabe Öffent-lich-Privater Partnerschaften des BMVBS führt durch die verschiedenen Stadien des Vergabeverfahrens und zielt darauf ab, auf Grundlage einer vereinfachten Vergabe das Volumen der Projekte in Deutschland zu erhöhen.

- Die "Partnerschaften Deutschland" soll nach dem Vorbild der "Partnership United Kingdom" den deutschen ÖPP-Markt weiter stärken. Aufgabe ist die konkrete Beratung für die öffentliche Hand insbesondere in der Frühphase von Projekten sowie die Grundlagenarbeit zur Verbesserung der Rahmenbedingungen.

Wie sind diese Maßnahmen zu bewerten?

Während das neue Investmentgesetz primär bei der Umsetzung von Projekten zum Tragen kommt, ist der neue Leitfaden des Bundes geeignet, die Handlungsfelder Komplexität, Kosten und Information zu unterstützen. Auch eine Beratung im Vorfeld mag hilfreich sein. Insbesondere Kommunen, die mit ÖPP-Projekten Neuland betreten, können von einem erfahrenen Partner unterstützt werden. Dieser Berater übernimmt im Idealfall moderierende Tätigkeiten während des gesamten Projektes. Insbesondere sind hier Zielkonflikte zwischen unterschiedlichen Interessengruppen auf öffentlicher Seite zu erwähnen, die unbedingt schon im Vorfeld gelöst werden sollten.

Bereits vor der Ausschreibung muss die Leistungsverteilung des Projektes geklärt werden, da nicht nur die reinen Bauleistungen, sondern insbesondere auch die Planungs- und Betriebsleitungen vergeben werden. Nur durch die sorgfältige Vorbereitung der Vorhaben und die genaue Verteilung der Aufgaben im Vorfeld können Vergabebekanntmachungen und Ausschreibungsunterlagen für die Projekte eindeutig formuliert und die Attraktivität der Projekte für den Bietermarkt geweckt werden. Zwei wesentliche Prinzipien sind gut strukturierte und vorbereitete Ausschreibungen sowie standardisierte Vergabeverfahren. Diese führen zu zeitlichen und finanziellen Einsparungen.

Der Leitfaden des Bundes zur Vergabe von ÖPP bietet mit standardisierten Leistungsbildern eine Orientierungshilfe, die dazu beitragen könnte, dass Vergaben künftig bundesweit unkomplizierter verlaufen können. Denn bislang fehlte es an einer klaren Struktur, nach der sich die öffentlichen Institutionen bei der Auftragsvergabe an den Bietermarkt richten können. Indem der Leitfaden zu jeder einzelnen Phase des Vergabeprozesses notwendige Handlungsempfehlungen gibt und Vorschläge zur Standardisierung macht, kann das Verfahren gestrafft werden. Eine weitere wichtige Vorgabe des Leitfadens ist, dass die Projektinitiatoren von Beginn an nach einem vorher festgelegten Zeitplan arbeiten sollten. Private Investoren können dadurch alle Verfahrensschritte besser kalkulieren - im Prinzip also ein Schritt in die richtige Richtung.

Mag aufgrund der föderalen Struktur und der Selbstständigkeit kommunaler Gebietskörperschaften in Deutschland das Erfolgsmodell Großbritannien mit seinen stark diversifizierten Projektideen nicht 1:1 zu übertragen sein - die Bedeutung und Notwendigkeit standardisierter Verfahren zeigt die nunmehr vierte Auflage der "Standardisation of PFI Contracts" (SOPC 4) des Schatzamtes, in dem Verfahrensregeln und Abläufe beschrieben werden. Risikoverteilung muss gelöst werden

Für Zündstoff sorgt bei ÖPP-Projekten grundsätzlich die Frage nach der Risikoverteilung zwischen der öffentlichen Hand und privaten Investoren. Zu diesem Punkt äußert sich der Leitfaden jedoch nur vage. Der Leitfaden ist ein erster Schritt, um die Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und der Wirtschaft auf eine solide Basis zu stellen. Bedauerlich ist, dass es sich dabei lediglich um eine Handlungsempfehlung handelt, die keinen bindenden Charakter hat. Strukturierte Ausschreibungen und standardisierte Vergabeverfahren sind ein notwendiger Schritt, um einen Attraktivitätsgewinn von ÖPP-Projekten zu ereichen. Es bleibt abzuwarten, wie diese Empfehlungen gelebt werden.

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