Kommunen als Bestandshalter

Partnerschaftsprojekte im kommunalen Fokus

ÖPP-Projekte mit Vertragsabschluss im Hoch- und Straßenbau. Kommunen nach Investitionsvolumen gesamt (Angaben in Millionen Euro) Quelle: PPP-Projektdatenbank; www.ppp-projektdatenbank.de

Kooperationen sind ein Weg, um öffentliche Beschaffungen wirtschaftlich und qualitativ anspruchsvoll zu realisieren. Bei einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP) überträgt die öffentliche Hand Leistungsbestandteile mittel- oder langfristig an einen Partner der Privatwirtschaft. Gerade ÖPP-Projekte im Bau- und Infrastrukturbereich verhelfen der öffentlichen Hand in den letzten Jahren zu Einsparungen gegenüber der konventionellen Vergabe - dabei sind die Kommunen die Körperschaften, die die meisten Projekte und einen Anteil am ÖPP-Investitionsvolumen von rund einem Drittel aufweisen können. Vor allem die hohe Kosten- und Terminsicherheit der ÖPP-Projekte im Vergleich zur Eigenrealisierung wird als positiv eingeschätzt sowie der Zugang zu Expertise, was die ÖPP-Verträge zum Garanten für Planungssicherheit im Haushalt macht. Doch erst ein transparenter Wirtschaftlichkeitsvergleich und ein Konsens über die Projektziele schaffen die Grundlage für nachhaltige Entscheidungen. Red.

Der kommunale Investitionsbedarf steht nach wie vor auf der politischen Tagesordnung. Zuletzt schätzte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in seinem Bericht zum Infrastrukturstau einen Bedarf von 156 Milliarden Euro, um in den Bereichen Verkehrsinfrastruktur, Bildung sowie Freizeit/Kultur und Sport den kommunalen Investitionsrückstand wieder aufzuholen.1) Hinzu kommen demografische Veränderungen, der Wettbewerb um Fachkräfte und ein verstärkter Dienstleistungsanspruch der Bürgerinnen und Bürger an die Verwaltung. Es sind Gestaltungskonzepte gefragt, die diese Herausforderungen lösen helfen.

Ein Weg, öffentliche Beschaffungen wirtschaftlich und qualitativ anspruchsvoll zu realisieren, sind Kooperationen. Die Zusammenarbeit kann sowohl zwischen Verwaltungen auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene (Öffentlich-Öffentliche Partnerschaft) als auch zwischen der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft als Öffentlich-Private Partnerschaft eingegangen werden.

Dabei werden nach einem Wirtschaftlichkeitsvergleich Leistungsbestandteile (Planung, Beschaffung, Betrieb und gegebenenfalls Finanzierung) integriert und mittel- oder langfristig an einen privaten Partner übertragen. Die öffentliche Hand behält zu jeder Zeit die Verantwortung für die Daseinsvorsorge und die vollständige Steuerungsmöglichkeit über den Vertragsgegenstand. Die privaten Unternehmen und finanzierenden Institute gehen in der Angebotsphase deutlich in Vorleistung, bei Erfolg gewähren die Partnerschaftsmodelle ihnen jedoch langjährige Verträge und eine gesicherte Auslastung.

ÖPP im Hoch- und Straßenbau - umfangreiche Erfahrungen

In den letzten 15 Jahren wurden in Deutschland im Bau- und Infrastrukturbereich 200 Projekte mit einem Investitionsvolumen von über 8,5 Milliarden Euro umgesetzt, wobei zirka 5,7 Milliarden Euro auf den Hochbau und etwa 2,8 Milliarden Euro auf den Straßenbau entfallen. Bei diesen ÖPP-Projekten konnte die öffentliche Hand im Durchschnitt mehr als 13 Prozent gegenüber der konventionellen Vergabe einsparen. Von der aufgezeigten, umfangreichen Expertise profitieren die künftigen Vorhaben der öffentlichen Hand für Kindertagesstätten, Schulen, Feuerwachen, Krankenhäuser oder Straßen.

Die Kommunen sind die Gebietskörperschaft mit den meisten Projekten: 146 der unterzeichneten 200 ÖPP-Verträge sind bisher auf kommunaler Ebene abgeschlossen worden. Der Anteil am ÖPP-Investitionsvolumen liegt bei rund einem Drittel. Ein weiteres Drittel entfällt auf den Bund mit 10 Projekten. Der hohe Anteil an den Investitionen erklärt sich aus der Größe der Projekte - vor allem der A-Modelle im Bundesfernstraßenbau. Auf Landesebene findet sich eine relativ inhomogene Investitionsaufteilung: Von rund 10 Millionen Euro bis zu 500 Millionen Euro streut das Investitionsvolumen der Projekte.

Der finanzielle Rahmen der derzeit geplanten und ausgeschriebenen Projekte beträgt hochgerechnet mehr als drei Milliarden Euro. Ein Grund für die derzeit wieder steigende Zahl der Projektplanungen ist sicher auch die gestiegene Akzeptanz Öffentlich-Privater Partnerschaften, die sich vor allem aus der positiven Resonanz bisheriger Projekte nährt.

Kommunen und Nutzer mit Projekten im Betrieb zufrieden

Inzwischen sprechen die ersten kommunalen ÖPP-Erfahrungen für sich: Nach mehrjährigen Betriebsphasen können die Nutzer darüber berichten, und die Kommunen können prüfen, ob sich ihre Entscheidung wirtschaftlich und qualitativ gelohnt hat. Knapp 40 Prozent der vom BMWi befragten 1 000 Finanzverantwortlichen in der öffentlichen Verwaltung bewerteten ÖPP-Projekte als sehr gut beziehungsweise gut.2)

Die kontinuierliche Evaluation von ÖPP-Projekten ist ein Anliegen der Bundesregierung. So sollen dem Deutschen Bundestag regelmäßig Transparenzberichte zu Projekten während der Betriebsphase vorgelegt werden. Dafür seien einheitliche Kennzahlen zu entwickeln und eine Vergleichbarkeit mit der Bewertung konventioneller Projekte sicherzustellen. Die wirtschaftliche und qualitative Analyse des Projektverlaufes wird die auf kommunaler Ebene vorliegenden überwiegend positiven Rückmeldungen zu ÖPP-Bauprojekten unterstützen.

In einer Kurzbefragung des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie im Februar 2014 gaben von 56 öffentlichen Projektverantwortlichen 80 Prozent an, ihre Entscheidung für ÖPP für richtig zu halten.3) Vor allem die hohe Kosten- und Terminsicherheit im Vergleich zur Eigenrealisierung wurde von den befragten öffentlichen Auftraggebern als besonders positiv eingeschätzt. Sie führt bei ÖPP-Verträgen zu hoher Planungssicherheit im Haushalt.

Wirtschaftlichkeit transparent prüfen

Voraussetzung für die Einleitung eines ÖPP-Vergabeverfahren ist eine transparente und ergebnisoffene Prüfung der Wirtschaftlichkeit sowohl der Eigenrealisierung als auch des ÖPP-Modells. Die Methodik dieser Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (WU) ist in weitreichenden Standards4) definiert. Sie dient als Entscheidungsbasis, welches Modell sich im Einzelfall für die öffentliche Hand lohnt oder nicht.

Mithilfe des im April 2015 veröffentlichten, kostenfreien WU-Rechenmodells können Entscheider und Nutzer in der Verwaltung und in Kontrollbehörden die Varianten Miete, Kauf, Leasing, Mietkauf mit der ÖPP-Alternative und der Eigenrealisierung vergleichen. Auf der Basis nachvollziehbarer Rechenwege und offenen Berechnungsformeln kann die effizienteste Beschaffungsvariante ermittelt werden. Die Ergebnisse des Vergleichs können im Anschluss zur Entscheidung über den wirtschaftlichsten Einsatz öffentlicher Finanzmittel herangezogen werden. Damit trägt das Tool zur Vergleichbarkeit und erhöhten Transparenz von Beschaffungsentscheidungen bei.

Perspektive Partnerschaft - Verwaltungen der Zukunft

Partnerschaften mit privaten Partnern stellen eine von vielen denkbaren Möglichkeiten für die Verwaltung zur Umsetzung von Projekten dar. Erst ein transparenter Wirtschaftlichkeitsvergleich und ein Konsens über die Projektziele schaffen die Grundlage für nachhaltige Entscheidungen. Dabei sollte die ÖPP-Variante nicht als Finanzierungsmodell sondern als Steuerungsinstrument der öffentlichen Hand begriffen werden. Abhängig von der Finanzsituation der öffentlichen Institution und vor dem Hintergrund der aktuellen Marktlage (zum Beispiel des Zinsniveaus) sollten immer mehrere Finanzierungsoptionen geprüft werden.

Von dem langfristigen Zuwachs an Know-how und Expertise in Partnerschaftsprojekten können die Verwaltungen neben dem Infrastrukturbereich zunehmend auch im IT- und Dienstleistungssektor und im Gesundheitswesen profitieren. Durch die intelligente Arbeitsteilung mit dem richtigen Partner lassen sich gleichermaßen monetäre und qualitative Wirtschaftlichkeitseffekte erzielen.

Drei mögliche Formen der Kooperation

Dabei können Kooperationen mit dem Ziel der Kostenoptimierung eingegangen werden oder um beispielsweise durch das gemeinsame Nutzen eines Expertenpools schwer verfügbare Fachleute einsetzen zu können. Abhängig von der Intensität und den Zielen der Partner lassen sich drei Formen der Zusammenarbeit unterscheiden: Die einfache, gemeinsame Koordination ermöglicht es, strategische oder wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Gleichartige Aufgaben lassen sich durch Aufgabenbündelung gemeinsam erledigen.

Wird nicht nur eine Bündelung sondern auch eine Transformation der Aufgabenwahrnehmung angestrebt, können private Partner eine entscheidende Rolle einnehmen: Die Verwaltung kann sich der Expertise der Privaten zum Beispiel in den Bereichen Geschäftsprozessoptimierung, Projekt- und Veränderungsmanagement bedienen.

Wichtig ist nun, den Zugang zu den Erfahrungen bisher umgesetzter ÖPP-Projekte zu schaffen und das bestehende Know-how für den hohen Bedarf an Investitionen in die öffentliche Infrastruktur zu erschließen. Systematisch genutzt, würde diese Form der Zusammenarbeit in Deutschland ein enormes Potenzial entfalten, das die Eigenständigkeit der Akteure nicht in Frage stellt und wichtige Mittel für andere Bereiche frei werden lässt. Durch den Einsatz privater Partner in Partnerschaftsmodellen werden strategische Ziele der Verwaltung noch besser gestaltbar.

Fußnoten

1) Quelle: http://bmwi.de/DE/Service/Veranstaltungen/dokumentationen,did=699900.html

2) Quelle: http://www.bmwi.de/Dateien/BMWi/PDF/Monatsbericht/schlaglichter-der-wirtschaftspolitik-05-2015,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true...

3) Quelle: http://www.oepp-plattform.de/media/uploads/Pdfs/hbi_oepp_kurzumfrage_korr8.pdf

4) Beispielsweise im Leitfaden der Finanzministerkonferenz (FMK) oder der ÖPP- Länder-Task-Forces

Die Autoren

Melanie Kunzmann Senior Consultant, ÖPP Deutschland AG, Berlin
Anja Tannhäuser Leiterin Marketing & Kommunikation, ÖPP Deutschland AG, Berlin

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