Schwerpunkt: Risiko und Rendite

Risikomanagement bei Immobilienfonds - mehr als eine Pflichtübung

Die AIFM-Richtlinie und der jüngst vom Finanzministerium veröffentlichte Diskussionsentwurf zum Kapitalanlagegesetzbuch sorgen gegenwärtig für reichlich Gesprächsstoff. Ein Bestandteil der gesetzlichen Forderungen ist das Risikomanagement. In diesem Zusammenhang wird vor allem der erwartete Mehraufwand für dessen Implementierung diskutiert. Doch die Erfahrung zeigt: Ein adäquates Risikomanagement ist mehr als eine organisatorische und finanzielle Last. Es kann Emissionshäusern in vielerlei Hinsicht einen echten Mehrwert bieten.

Unabhängigkeit unumgänglich

Bekanntermaßen handelt es sich bei Geschlossenen Fonds um unternehmerische Beteiligungen - und unternehmerisches Handeln ist ohne das bewusste Eingehen von Risiken nicht möglich. Folglich sollte die Frage - auch ungeachtet der Forderungen des Gesetzgebers - nicht etwa lauten, ob Risikomanagement betrieben wird, sondern in welcher Art und Weise.

Die Praxis zeigt, dass das Risikomanagement nicht erst nach erfolgtem Ankauf auf der Objektebene einsetzen darf. Es muss vielmehr schon weit vor dem Ankauf einer Immobilie und deren Bewirtschaftung ansetzen. Dazu wiederum muss es in die Unternehmensstruktur integriert und dabei unabhängig vom Neu- und operativen Bestandsgeschäft organisiert werden. Damit wird die Voraussetzung geschaffen, dass sich alle Beteiligten eine neutrale Meinung bilden können. Und dies ist nur möglich, wenn das Risikomanagement losgelöst von der direkten Markt-, Produkt- und Umsatzverantwortung ist. Diese Aufbauorganisation sollte sich dann konsequenterweise durch alle Hierarchieebenen fortsetzen.

Eine Integration ins Asset Management verbietet sich vor diesem Hintergrund. Denn dieses ist operativ am Asset tätig und im Tagesgeschäft der Immobilie stark eingebunden. Damit besteht tendenziell die Gefahr, dass Strategien zu spät eingeleitet und bestehende Risiken nicht in ausreichendem Maße überwacht werden.

So bedeutend eine geeignete Einbindung in die Organisationsstruktur ist - die Qualität des Risikomanagements zeigt sich schlussendlich darin, inwieweit es dazu beiträgt, die Performance der einzelnen Objekte beziehungsweise Fonds zu steigern. Fest steht, dass es den ihm zugedachten Sinn nur erfüllt, wenn es als fortwährender Prozess verstanden wird. Neben den unentbehrlichen Schritten Risikoerkennung, -messung, -steuerung und -kontrolle beziehungsweise -verfolgung hat es sich in der Praxis als sinnvoll erwiesen, den Prozess um eine fünfte Phase zu erweitern - das Monitoring. Hintergrund: Durch die konsequente Pflege des Risikomanagementprozesses können Emissionshäuser von Lerneffekten profitieren. Das betrifft zum einen (Fehl-)Einschätzungen in früheren Risikobetrachtungen, zum anderen die Beobachtung der historischen Entwicklung von Märkten. Aus den daraus gewonnenen Zeitreihen wiederum lassen sich, kombiniert mit einem professionellen Research, Strategien für weitere Investitionen ableiten. Das Emissionshaus gewinnt also nicht nur, indem immobilienspezifische Risiken wie Mietausfälle, Instandhaltungsstaus oder drohender Leerstand bei den einzelnen Objekten frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. Das Risikomanagement liefert auch Daten, die dem Initiator sowohl bei späteren Ankaufentscheidungen und bei der Wahl eines Exitzeitpunkts als auch bei der Liquiditäts- und Budgetplanung zugute kommen.

Zunächst gilt es jedoch, Risiken auf Objektebene als solche zu identifizieren und sie idealerweise in einem Risikokatalog zu dokumentieren. Anhand dessen sollten die festgestellten Risiken kontinuierlich überprüft sowie neue Entwicklungen ergänzt werden. Wesentliche Risikokriterien sind unter anderem regelmäßig auslaufende Mietverhältnisse oder Instandhaltungsthemen. Welche Größenklassen oder Fristen hierbei zugrunde gelegt werden, sollte sich an der Struktur des Portfolios oder zum Beispiel auch an der Beschaffenheit bestimmter Märkte orientieren. Die darauf aufbauende Bewertung der einzelnen Risiken erfolgt dann anhand der Parameter Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe. Eine anschließende grafische Darstellung der Bewertung ermöglicht es, die Risiken qualitativ voneinander abzugrenzen.

Katalogisierung und Bericht

Das Ergebnis dieses an dieser Stelle nur verknappt dargestellten Prozesses sollte ein aussagekräftiger Risikobericht sein. Er dient dazu, einen vollständigen Überblick über wesentliche Risikopositionen sämtlicher Bestandsimmobilien in naher Zukunft zu geben. Idealerweise beinhaltet eine systematische Betrachtung aller Risikoaspekte wie Risikoarten, deren Ursachen, regionale Besonderheiten und Einflussfaktoren, Schadenshöhen, Eintrittswahrscheinlichkeiten und deren Relevanz. In dem Bericht sollten auch entsprechende Gegenmaßnahmen festgehalten werden, die dazu beitragen, bestehende Risiken zu reduzieren oder Folgeschäden zu vermeiden. Dazu sollte der Blick vom einzelnen Asset zur Auswirkung auf der Fondsebene gehen. Bewährt hat sich eine vierteljährliche Aktualisierung des Risikoreports.

Lange vorbei sind die Zeiten, in denen Immobilieninvestments per se als risikolos galten. Die Finanzmarktkrise hat allzu deutlich gezeigt, dass Turbulenzen in anderen Segmenten auch die Immobilienbranche in Mitleidenschaft ziehen können. Risikomanagement ist allein vor diesem Hintergrund unentbehrlich. Wird es sinnvoll in der Unternehmensstruktur und in der Unternehmenskultur verankert, können Initiatoren an Professionalität gewinnen: Die Nachhaltigkeit der Investments wird zum Wohle des Kunden und damit aber auch zum Wohle des Initiators gesteigert. Wer die Zeichen der Zeit frühzeitig erkannt hat, hat heute sogar einen Wettbewerbsvorteil. Denn erfahrungsgemäß ist ein erwiesenermaßen funktionierendes Risikomanagement auch ein wirksames Argument im Vertrieb.

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