Immobilien und Kapitalmarkt

Risikomanagement im Immobiliengeschäft der LRP

Für den einen oder anderen mag es noch erklärungsbedürftig sein, dass die LRP Landesbank Rheinland-Pfalz seit etwa drei Jahren wieder stärker im Immobiliengeschäft tätig ist. Hatte die Bank doch mit der 25-Prozent-Beteiligung an der Westdeutschen Immobilienbank (WIB), die zusammen mit der damaligen Südwest-LB und der West-LB 1992 in Mainz gegründet wurde, einen Großteil ihres Know-hows und des Geschäfts ausgegliedert. Mit dieser Beteiligung gingen auch Kundenbetreuer, Kunden und das Neugeschäft zur WIB über.

Kerngeschäft Immobilienfinanzierungen

Mit dem Verkauf ihres WIB-Anteils und der 2005 erfolgten Veränderung der Eigentümerstruktur, demzufolge die LRP 100-prozentige Tochtergesellschaft der LBBW in Stuttgart wurde, haben sich die Rahmenbedingungen für das Immobiliengeschäft grundlegend verändert. Immobilien werden wieder als eines der Kerngeschäftsfelder betrachtet, in das auch personell kräftig investiert wird. Ablesbar ist dies bereits jetzt an der Steigerung von Erträgen und Geschäftsvolumen, vornehmlich im gewerblichen Immobilienbereich. Zwei Zahlen belegen den Geschäftserfolg im vergangenen Jahr: Mit einem deutlich auf 1,7 Milliarden Euro gesteigerten Neugeschäftsvolumen erreichte das bilanzwirksame Immobilienfinanzierungsportfolio zum Jahresende 2006 einschließlich der verbrieften Forderungen zirka sieben Milliarden Euro.

Noch reflektiert die Struktur die langjährige Fokussierung auf das Inlandsgeschäft. Seitdem 2003 ein neues Ressort speziell für das internationale Geschäft eingerichtet und personell ausgebaut wurde, hat sich der Auslandsanteil durch überproportional gewachsenes Neugeschäft deutlich erhöht. Diese Wachstumsdynamik soll in den kommenden Jahren nicht nur aufrechterhalten, sondern weiter gesteigert werden. Ziel ist es dabei, die Risikostruktur durch regionale Diversifizierung zu verbessern, von länderspezifischen Konjunkturzyklen unabhängiger zu werden und die Ertragschancen ausländischer Märkte zu nutzen.

Dabei fungiert die LRP für die Zielmärkte Frankreich und Benelux-Staaten als Kompetenzzentrum und zentraler Ansprechpartner bei Immobilienfinanzierungen für die gesamte LBBW-Gruppe. Für diese Länder gibt es über die Tochtergesellschaft LRI eine eigene Repräsentanz in Luxemburg und eine weitere Repräsentanz in Paris. Neben diesen Fokusmärkten werden Kundenbeziehungen in Großbritannien, den skandinavischen Ländern und Zentraleuropa gepflegt. Die Finanzierungsaktivitäten in Nordamerika konzentrieren sich auf ausgewählte Standorte und Nutzungsarten mit günstigen Wachstumsperspektiven.

Institutionelle und private Immobilieninvestoren, Immobilien-Aktiengesellschaften, Offene und Geschlossene Immobilienfonds, Projektentwickler und Bauträger, Leasing- und Wohnungsgesellschaften sowie Geschäftspartner der rheinland-pfälzischen Sparkassen zählen zu den Kunden, die mit individuell strukturierten Immobilienfinanzierungen von der Projektierungsphase über die Zwischen- bis zur Endfinanzierung der Objekte im In- und Ausland begleitet werden.

Die traditionell engen Kontakte zu Bankpartnern kommen im Bereich der Auslands- und Konsortialfinanzierungen bei der Syndizierung größerer Projekte zugute. Im Inlandsgeschäft strukturiert die LRP als Konsortialführer die Finanzierungen für gewerblich genutzte Großimmobilien und stellt die Konsortien zusammen.

Grundsätze des Risikomanagements

Diese Ausrichtung des Immobiliengeschäfts leitet sich aus einer Strategie ab, die durch konservatives Risikomanagement ebenso geprägt ist wie vom Bemühen um Ertrag, die eine angemessene Eigenkapitalrendite unter Beibehaltung von vertretbaren Kostenrelationen und einem Mindesteigenkapitalquotienten von sieben Prozent nach der Baseler Definition nachhaltig sichert.

Es bleibt für die Vervollständigung des magischen Vielecks eines modernen Bankbetriebes noch das obligatorische Einhaltungsgebot der wuchernden aufsichtsrechtlichen und bilanztechnischen Regularien. Dieses Vieleck unterschiedlicher Anforderungen bezeichnet nicht nur die speziellen Anforderungen an das Bankmanagement im Immobilienfinanzierungsbereich, sondern ist weitgehend kennzeichnend für das Bankgeschäft generell.

Grundlage des Risikocontrollings und des -managements ist die Risikotragfähigkeit, also die Festlegung, dass die Bank nur solche Risiken eingeht, deren erwartete und unerwartete Verluste sie in einem Normalszenario bewältigen kann, ohne ihre nachhaltige Ertrags- und Substanzkraft zu vermindern oder ihre Zielbonität zu gefährden. Ausgehend von einem Gesamtbank-Risikolimit werden den einzelnen Risikokategorien Limite zugeordnet. Die wesentlichen Kategorien sind Adres-senausfall-Risiko, Marktrisiken, Preisrisiken, Liquiditätsrisiken sowie operationelle Risiken. Diese werden auf Basis eines Value-at-Risk-Ansatzes quantifiziert und an dem Risikotragfähigkeitspotenzial gemessen. Das Risikomanagement setzt an jeder einzelnen Kreditentscheidung und - dieser vorgelagert - an der Geschäftsstrategie als Teil der Risikostrategie an. In dem gesamten System kommt dem internen Rating eine zentrale Bedeutung zu.

Für jede Kreditentscheidung bildet die Geschäftsstrategie die Grundlage, aus der konkrete Handlungsvorgaben für das Kreditgeschäft aufgestellt werden. In der Kreditrisikostrategie werden die geplanten Aktivitäten im Kreditgeschäft für einen angemessenen Planungszeitraum definiert und Folgendes festgelegt:

- geografische Diversifikation, beabsichtigte Prozentsätze des Neugeschäftes und der Bestände pro Zielland; auch in Regionen unterteilt,

- Anforderungen an die Objektstandorte hinsichtlich der Makro- und der Mikrolage,

- Service Cover Ratios,

- geplante Anteile verschiedener Kreditarten,

- geplante Rating-Struktur, unter Umständen Angabe eines Mindest-Ratings, Laufzeitbegrenzungen sowie

- Risk-return-Vorgaben für das Neugeschäft und die Prolongationen.

Die Neugeschäftsstrategie wird dabei an der aktuellen Risikostruktur des Portfolios ausgerichtet, auch um damit Klumpenrisiken zu vermeiden. Die Kreditrisikostrategie wird jährlich überprüft und gegebenenfalls angepasst, sodass sie auch Ziele hinsichtlich der geplanten Portfolio-Struktur, wie zum Beispiel den weiteren Aufbau des Immobiliengeschäfts mit Schwerpunkt im Ausland oder auch die Aufnahme neuer Produkte, enthält. Im Rahmen eines solchen Neue-Produkte-Prozesses werden der Risikogehalt der neuen Geschäfte und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Steuerung und Überwachung dieser Risiken analysiert.

Bedeutung der Risikofrüherkennung

Das beste Risiko ist das, das man nicht in die eigenen Bücher genommen hat. Deswegen werden bereits bei der Erstbearbeitung eines Immobilienkredites die entscheidungsrelevanten Faktoren kritisch analysiert. Dabei gilt die Aufmerksamkeit sämtlicher am Kreditprozess beteiligter Personen folgenden Themenkomplexen: Partnerqualität und Hintergründe des zu finanzierenden Geschäftes, Lage- und Objektqualität, Mittelverwendung und -herkunft, Eigenmitteleinsatz und Finanzierungsstruktur, Besicherung, aktuelle Verfassung der je nach Nutzungsart relevanten Märkte und Sub-Märkte sowie deren absehbare Weiterentwicklung, aktuelle und nachhaltige Rentabilität der Immobilie, und zwar sowohl aus Kunden- als auch aus der restriktiveren Bankperspektive, als auch das Zinsänderungsrisiko und andere Kostenrisiken (Cash-Flow-Analyse) sowie die Risikoeinschätzung zum Laufzeitende. Bei Objekt- beziehungsweise Projektfinanzierungen geht es - über die wirtschaftliche Betrachtung hinaus - auch um die technische Machbarkeit und Entwicklung. Rechtliche Risiken können in diesem Zusammenhang eine größere Rolle spielen. Ziel ist es also, schon beim Erstgeschäft eine größtmögliche Transparenz über die risikotragenden Elemente eines Geschäftes zu erlangen.

Der Risikofrüherkennung dienen auch und gerade strukturelle Elemente einer Finanzierung. Insbesondere sind hier die sogenannten Covenants angesprochen, die sich als Vertragsbestandteile mehr und mehr vom internationalen auf das nationale Kreditgeschäft übertragen werden. Inhaltlich sind diese Absprachen generell darauf gerichtet, aus Sicht der finanzierenden Banken Vorgaben für künftige Eckwerte in der Kreditbeziehung zu regeln. Während im Firmenkundengeschäft mit Blick auf betriebswirtschaftliche Kennzahlen die Eigenkapitalausstattung, die Verschuldung, Ertragskennzahlen und Liquiditätskennzahlen verankert werden, ist der Inhalt bei Immobilienfinanzierungen auf die Kennzahlen von Immobilienwert und Darlehen beziehungsweise der Baukosten im Verhältnis zum Darlehen sowie auf die Kennzahlen zur Kapitaldienstfähigkeit und damit zur objektbezogenen Liquidität ausgerichtet.

Können diese ertragsbezogenen Covenants "forward looking" - also zukunftsbezogen - ausgestaltet werden, können sie noch besser ihren Zweck erfüllen. Die Nichteinhaltung dieser Absprachen löst einzelvertraglich aufgenommene Rechtsfolgen aus, die sich von umfangreicheren Informations- und Berichtspflichten über Anpassungen der Kredithöhe, gegebenenfalls erhöhte Zinssätze, Ansprüche auf Zusatzsicherheiten bis hin zur Kündigung des Engagements mit anschließender Objektverwertung erstrecken können. Durch die periodische Überwachung der vereinbarten Covenants wird deren Zweck deutlich, der unter anderem ebenfalls in der Früherkennung von Risiken liegt. Insoweit ist das Risikomanagement des Finanzierers und das des Kunden hinsichtlich der Interessenlage deckungsgleich.

Das interne Rating

Das Ratingverfahren dient dazu, das Risiko eines Geschäftes durch Quantifizierung der Ausfallwahrscheinlichkeit zu erfassen und mit alternativen Geschäftsvorfällen vergleichbar zu machen. Die Einstufung von Immobilienfinanzierungen wird auf Basis einer Vielzahl von aktuellen und zukunftsgerichteten Faktoren vorgenommen. Jedoch ist berücksichtigt, dass - bei Non-Recourse-Strukturen - der Kapitaldienst für die Finanzierung im Wesentlichen aus dem laufenden Ertrag und/oder dem Verkaufserlös der Immobilie erbracht werden muss. Demzufolge hat - auch im Rating - die Bonität des Kreditnehmers oder der Gesellschafter der Zweckgesellschaft insoweit nachrangige Bedeutung. Die differenzierte Konditionengestaltung auf Basis des Ratings verfolgt zwei Ansatzpunkte: Zum einen eine angemessene (Vor-)Kalkulation eines risikoadjustierten Preisbestandteiles für den zu erwartenden Verlust (Expected Loss) innerhalb der Kreditmarge, zum anderen die Unterlegung eines unerwarteten Verlustes durch regulatorisches Eigenkapital. Die Ratingverfahren sind nicht nur für den Kreditgenehmigungsprozess integraler Bestandteil, sondern auch für die Kreditüberwachung, und hier insbesondere im Rahmen der Früherkennung, der Risikosteuerung und des Reportings.

Kreditüberwachung als Teil des Frühwarnsystems

Jedes Engagement wird mindestens einmal jährlich überprüft, wobei wiederum den seinerzeitigen Entscheidungskriterien die verstärkte Aufmerksamkeit gilt. Der Vorteil ist, dass die Cash-Flow-Projektionen des Kunden (und der Bank) mit den aktuellen Einkünften und Kosten der Immobilie anhand des laufenden Reportings des Kunden verglichen werden können. Folgenden Frühwarnindikatoren kommt dabei eine wesentliche Bedeutung zu:

- Nichteinhaltung von Covenants oder Überschreiten von "Warnschwellen",

- negative Informationen, die aus Objektbesichtigungen resultieren,

- Veränderungen der Mietvertragsaus-lauf-Struktur oder der Mieterbonitäten,

- negative Veränderungen bei der Neuvermietung freier Flächen,

- Kosten- und Bauzeitüberschreitungen bei Baufinanzierungen.

Auch die Entwicklung der Märkte wird für den Überprüfungszeitraum nachvollzogen. Eine zentrale Bedeutung kommt bei der Kreditüberwachung auch der Bewertung der Sicherheiten zu. Die Überprüfung der Verkehrs- und der Beleihungswerte erfolgt regelmäßig mindestens alle drei Jahre, auf jeden Fall aber anlassbezogen.

Letztlich wird die Risikoklasseneinstufung für den Einzelfall überprüft und das Rating gegebenenfalls angepasst. Dieser Prozess kann nicht nur zu Verschlechterungen des Ratings, sondern auch zu Verbesserungen führen, zum Beispiel bei Baufinanzierungen, in denen im Vergleich zur Kreditbereitstellung verbesserte Vorverkaufs- oder Vorvermietungsstände eingetreten sind.

Engagements, bei denen Leistungsstörungen eingetreten sind oder drohen, werden in einer "Watchlist" geführt.

Diese dient der Maßnahmenplanung und -durchführung. Sie unterstützt die Risikoberichterstattung und ist Grundlage für die Ermittlung der Risikovorsorge der Bank. Festgelegte Kriterien bilden die Basis für die Entscheidung, ob ein Kreditengagement in der Normal- oder Intensivbetreuung, Sanierung oder Abwicklung geführt wird. Dabei zählen die definierte Ratingstufe respektive eine Verschlechterung des Ratings um eine bestimmte Anzahl von Ratingklassen ebenso zu den "harten" Kriterien wie die Einstufung durch den externen Prüfer oder durch die Innenrevision. Weiterhin ist die Zuordnung an ungeregelte Überziehungen über bestimmte Fristen oder an Verzugstatbestände geknüpft.

Reporting zum Portfolio

Ein unerlässliches Element der Identifizierung, Beurteilung, Steuerung und Überwachung von Risiken ist die regelmäßige Analyse des Immobilienbestandes und des Neugeschäfts. Ausführlich informiert der detaillierte Immobilienreport dabei über die für die Beurteilung eines Geschäftes wichtigen Analysekriterien. Dabei ist ein wichtiger Teil die Entwicklung der Risikovorsorge, wobei je nach den Schwerpunkten des Portfolios und bei identifizierten Risikokonzentrationen die wesentlichen Länder, Nutzungs- oder Kreditarten ausführlich analysiert werden. Dazu gehören auch Handlungsvorschläge zur Risikoreduzierung. Außerdem werden Abweichungen von der Planung angedacht und ein Abgleich der Bran-chen-, Markt- und Geschäftsentwicklung vorgenommen.

Der entscheidende Informationsgehalt liegt darin, zu erkennen, ob sich ein (Gesamt- oder Teil-)Portfolio verbessert oder verschlechtert hat. Die Veränderungen des durchschnittlichen Ratings und der damit verbundenen durchschnittlichen Ausfallwahrscheinlichkeit sowie die daran anknüpfende Analyse bilden die Kernaussagen. Die Engagements, die mit dem höchsten Value-at-Risk behaftet sind, werden individuell kommentiert. Auch gehört die Entwicklung der Risikovorsorge- und der Default-Quoten zum Risikobericht. Im Bedarfsfall schließen Handlungsvorschläge bei aufgezeigten Risikokonzentrationen die Berichterstattung ab. Diese können die Geschäftstrategie betreffen, Maßnahmen zu Einzelengagements, aber auch Maßnahmen, welche direkt die Zusammensetzung des Portfolios beeinflussen.

Syndizierung erleichtert die Diversifizierung

Die Maßnahmen zur Portfoliosteuerung sind vielfältig. Sie beginnen bereits in der strategischen Ausrichtung mit kreditnehmerbezogenen Limiten, welche den einzelnen Kreditnehmer, aber auch die Kreditnehmereinheit im Sinne des § 19 KWG umfassen. Ein anderer Ansatz liegt in Begrenzungen bestimmter Produkte (zum Beispiel der Baufinanzierung), in Volumenslimiten für spezielle Nutzungsarten oder Länder. Wesentlich sind jedoch Sekundärmarktprodukte, die die Risikostruktur des Portfolios nachträglich verändern.

So können Kreditengagements unter Syndizierungsauflagen beziehungsweise empfehlungen eingegangen werden. Hier haben sich bereits weit reichende Änderungen ergeben. War früher die vertikale Syndizierung verbreitet - das heißt Konsortialführer und Konsortialpartner tragen die gleichen Risiken und erhalten die gleichen Chancen - führt der Value-at-Risk-Ansatz vermehrt zur horizontalen Syndizierung, bei welcher ein einheitlicher Kredit in verschiedene Risikostufen "tranchiert" wird. Dabei wird der Grundgedanke verfolgt, kapitalmarktähnliche Produkte für Investoren zu gestalten, welche unterschiedliche Renditeanforderungen stellen und/oder ihr eigenes Portfolio diversifizieren möchten. Denn die gebildeten verschiedenen Stufen unterscheiden sich in ihrem Risikogehalt und damit in der Preisgestaltung.

Die größeren Risiken liegen im höheren Auslauf der Tranche im Verhältnis zum Objektwert, in möglichen Verlusten bei der laufenden Bedienung von Zins und Tilgung, wenn der Cash-Flow nicht mehr zur Bedienung aller Zins- und Tilgungsforderungen ausreicht, sowie in der Einschränkung von Verwertungsrechten, die ein Nachranggläubiger mit der Übernahme einer nachrangigen Tranche akzeptiert.

Beispielsweise wird die Bank auf eine Finanzierung angesprochen, die bei 95 Prozent des Objektwertes auslaufen würde. Unter anderem aus diesem Grund müsste eine Risiko- und eine Kapitalspanne kalkuliert werden, die in dieser Höhe beim Kunden nicht durchgesetzt werden kann. Die Bank findet aber einen Finanzpartner, der bereit ist, an dem Gesamtkredit einen nachrangigen Teil zu übernehmen. Dieser benötigt eine gegenüber der Marktkondition höhere Marge, die jedoch aus individuellen Gründen niedriger kalkuliert werden kann als diejenige, welche die Bank benötigen würde.

Aufgrund des Finanzierungsauslaufs von 70 Prozent der bei der Bank verbleibenden erstrangigen Tranche verbessert sich die Vorkalkulation auf der entsprechenden Ratingstufe. Die Aufteilung des Gesamtkredites auf die Vor- und die Nachrangstufe entscheidet dann über die betriebswirtschaftliche Darstellbarkeit des Geschäftes.

Verbriefungs- und Derivatestrukturen

Eine weitere Möglichkeit der Portfoliosteuerung bilden die Verbriefungen. Für das Immobilienfinanzierungsgeschäft sind hier zunächst die Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS) zu nennen. Ihnen liegen Kreditforderungen zugrunde, die durch Grundpfandrechte auf gewerblichen Immobilien gesichert sind. Dadurch werden die Zahlungsansprüche der letztendlichen Investoren gegen eine spezielle Gesellschaft wirtschaftlich gedeckt: Der Zweckgesellschaft werden diese Vermögensgegenstände übertragen (meist: True Sale), auf denen die begebenen Wertpapiere basieren.

Infolge der Tranchierung kann die Bank entscheiden, welche Risikoklasse sie in den eigenen Büchern behalten möchte: Denn wenn das Portfolio auf den Arranger der Transaktion übergeht, erfährt das verkaufende Institut für die davon umfassten Geschäfte eine Entlastung beim regulatorischen Eigenkapital, das somit für andere besser rentierliche Geschäftsvorfälle zur Verfügung steht. Letztlich werden bislang eingegangene Kreditrisiken gehandelt. Umgekehrt kann die Bank zur Diversifizierung des eigenen Portfolios Kreditrisiken von Dritten übernehmen. Auf vergleichbarer Grundlage beruhen Veräußerungen von sogenannten Non-Performing-Loan-Portfolios.

Schließlich sind als weitere Maßnahme des Portfolio-Managements die Kreditderivate zu nennen, mittels derer die mit Darlehen, Anleihen oder anderen Risikoaktiva respektive Marktrisikopositionen verbundenen Risiken auf Sicherungsgeber übertragen werden, wobei die ursprünglichen Kreditbeziehungen zu der Partei, welche die Kreditrisiken veräußert hat, weder verändert noch neu begründet werden. Hier sind insbesondere die synthetischen Transaktionen über Credit-Default- und Credit-Spread-Produkte angesprochen.

Damit wird das strategische Risikomanagement im Rahmen der Gesamtbanksteuerung deutlich: Gerade für die Risikostrategie der Adressenausfallrisiken ist es Aufgabe des Credit-Treasury, diese Risiken unter dem Aspekt des Kapitalmarktes und des modernen Portfoliomanagements zu betrachten. Zentrale Bedeutung kommt dabei dem Management des Unexpected Loss zu. Da dieser mit Eigenkapital zu unterlegen ist, steht die Minimierung dieser Position im Vordergrund. Die strategische Eigenkapital-Allokation ist die Folge, die sich an einem Sollportfolio orientiert. Um dieses Sollportfolio möglichst zu erreichen, wird zum einen das Neugeschäft darauf ausgerichtet, zum anderen werden Verbriefungsprodukte und Kreditderivate eingesetzt.

Modernes Risikomanagement im Immobilienfinanzierungsgeschäft beruht auf einem durchgängigen System. Es ist integrierter Bestandteil der Gesamtbanksteuerung, in der die Anforderungen der Betriebswirtschaft und des Aufsichtsrechts berücksichtigt sind. Das Risikomanagement setzt bereits mit der Formulierung der Marktstrategie ein. Die Akquisition im Neugeschäft wird mit Blick auf die Optimierung des Portfolios auf Eigenschaften wie Verbriefungsfähigkeit strukturell geplant. Aus der internationalen Finanzierung abgeleitete Strukturierungselemente, wie insbesondere die Covenants, werden immer stärker berücksichtigt. Die zunehmende Handelbarkeit von Kreditrisiken im Immobiliengeschäft erleichtert die Diversifizierung und Ertragsoptimierung im Rahmen des Risikomanagements.

Modernes Risikomanagement im Immobiliengeschäft vollzieht sich in einem dynamischen Prozess, in dem Rendite- und Risikosteuerung laufend neu verknüpft werden. Das bedeutet auch: Es gibt dafür weder einen Schlusspunkt noch ein Patentrezept, sondern die Aufforderung, die Märkte genau zu beobachten und im Sinne des Prudent Banking nur solche Risiken einzugehen, die man vertretbar kalkulieren kann.

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