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Ingolf Deubel - Rheinland-Pfalz ohne eigene Landesbank - was hat sich geändert?

Das Land Rheinland-Pfalz hat im Vergleich zu anderen Bundesländern im Umgang mit der eigenen Landesbank, der LRP, einen außergewöhnlichen Weg beschritten. So übertrug Rheinland-Pfalz seinen Landesanteil an der LRP bereits im Jahre 1993 und trennte sich damit von seiner Landesbank zu einem Zeitpunkt, als andere Bundesländer einen solchen Schritt für unvorstellbar hielten. Im Jahre 2004 unterstützte das Land Rheinland-Pfalz die Umsetzung des Mutter-Tochter-Modells zwischen der Baden-Württembergischen Landesbank (LBBW) und der LRP als Antwort auf den bevorstehenden Wegfall der Gewährträgerhaftung und der Anstaltslast sowie der sich bereits zum damaligen Zeitpunkt abzeichnenden Konsolidierung im Landesbankensektor. Kern der damaligen strategischen Überlegungen war, ein Geschäftsmodell für die LRP zu finden, mit dem Kostensynergien im Betriebs- und Stabsstellenbereich gehoben, größenbedingte Nachteile der LRP ausgeglichen und ihre regionale Verankerung als besondere Stärke herausgestellt werden konnte.

Kooperationsstrategie unterstützt

Die komplementäre Marktbearbeitung zuvor genau definierter Geschäftsfelder, ein besonderes Merkmal des Tochter-Mutter-Modells, ist selbst aus der heutigen Perspektive ein besonders hervorzuhebendes Ergebnis der damaligen Überlegungen. Denn die Aufgabenverteilung zwischen den beiden Landesbanken sah vor, dass die LRP weiterhin für die Förderaktivitäten des Landes, einschließlich der Betreuung kultureller und sozialer Engagements, zuständig sein sollte. Zugleich war vorgesehen, die LRP als vertriebsstarke Regionalbank im LBBW-Konzern zu etablieren. Aufbauend auf den Gedanken des Relationship-Banking wurde deshalb eine Vertriebsstrategie für das Mittelstandskundengeschäft in Rheinland-Pfalz und den angrenzenden Regionen entwickelt. Für das gehobene Firmenkundengeschäft sowie für die Geschäftssparte der strukturierten Finanzierungen wurden branchenbezogene Betreuungsansätze erarbeitet und umgesetzt. Zudem begann die LRP ihr gewerbliches Immobiliengeschäft weiter auszubauen. Für die Landesregierung war wichtig, eine Kooperationsstrategie zweier Landesbanken zu unterstützen, mit der

- erstens allgemein die flächendeckende Versorgung des Landes mit Finanzdienstleistungen und vor allem die Kreditversorgung der Wirtschaft sichergestellt war,

- zweitens die Wirtschaftskraft der LRP dem Standort Mainz zugute kam und infolgedessen vor allem mit Blick in die Zukunft neue qualifizierte Arbeitsplätze im Bankensektor geschaffen werden konnten,

- drittens ein leistungsstarker Finanzverbund zwischen der LBBW, der LRP und den rheinland-pfälzischen Sparkassen entstand und

- viertens das Land weiterhin in Gremien der LRP mit Gastrechtstatus zwecks Erhalt wichtiger Informationen vertreten sein konnte.

Das durchaus erfolgreiche Mutter-Tochter-Modell der beiden Landesbanken wurde durch die aktuelle Finanzmarktkrise, aber auch durch andere neue Herausforderungen in der Bankenlandschaft überschattet. Hinzu kamen "strategieendogene" Grenzen, wie zum Beispiel das Vorhalten einer vollumfänglichen Infrastruktur für Stabs- und Betriebsfunktionen infolge der rechtlichen Selbstständigkeit der LRP. Angesichts dieser Tatsachen kam der Vorstand der LRP gemeinsam mit Landesvertretern und dem rheinland-pfälzischen Sparkassen- und Giroverband Mitte letzten Jahres zu der Erkenntnis, dass eine noch stärkere Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Kreditinstituten zur Sicherung der Wettbewerbsposition des LBBW-Konzerns und mittelbar zum Nutzen der Länder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg unumgänglich sei. Die Verfolgung einer Fusionsstrategie, die auf dem Mutter-Tochter-Modell aufbaut, lag auf der Hand.

Neue Rahmenbedingungen

In den Verhandlungen Anfang des Jahres wurden die neuen Rahmenbedingungen zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der LRP festgelegt. Diese lassen sich wie folgt in Grundzügen skizzieren:

- Es wurde beschlossen, dass am Standort Mainz die LBBW einen weiteren Hauptsitz begründet und dieser zum Immobilienzentrum des LBBW-Konzerns ausgebaut wird.

- Die Rheinland-Pfalz Bank, die im Zuge des Fusionsprozesses als Anstalt in der Anstalt gegründet wurde, übernimmt als regional ausgerichtete Kundenbank speziell die Betreuung des gehobenen Mittelstandsgeschäftes, des Private Banking und die Beratung institutioneller Kunden. Mit der Geschäftsidee der Rheinland-Pfalz Bank soll zum Beispiel der weitere Ausbau des gemeinsamen Konsortialkreditgeschäftes gefördert, eine bessere Risikosteuerung ermöglicht und dadurch der Sparkassen-Finanzverbund gestärkt werden.

- Die regionale Verankerung der Rhein-land-Pfalz Bank kommt außerdem durch die Mitgliedschaft des Landes in ihrem Verwaltungsrat zum Ausdruck. Darüber hinaus besitzt das Land Rheinland-Pfalz einen Gastsitz sowohl im Verwaltungsrat als auch in der Trägerversammlung der LBBW. Die vom Land begründete stille Einlage an der LRP in Höhe von 300 Millionen Euro ist zudem im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge bereits auf die LBBW übergegangen.

- In einem Zeitraum von drei Jahren nach der Fusion wird sich die Anzahl der Beschäftigten in einem festgelegten Personalkorridor bewegen. Dieser sieht vor, dass der Mitarbeiterstamm am Standort Mainz maximal um ein Viertel der ursprünglichen Belegschaft abgebaut werden darf. Danach greift eine Regelung, die eine Entwicklung in Mainz im Gleichklang zu den anderen Konzernstandorten sicherstellt.

- Zur Vermeidung sozialer Härten wird jedem am Standort Mainz beschäftigten Mitarbeiter ein Arbeitsplatz im LBBW-Konzern angeboten.

Das Eckpunktepapier, das Gegenstand und Inhalt des Grundlagenvertrages geworden ist, enthält damit klare Vorgaben für den Standort Mainz. Mittels exklusiver Geschäftsfelder, wie dem Immobilienbanking, besteht die Möglichkeit, attraktive Arbeitsplätze mit Zukunft in Mainz anzusiedeln. Vor allem die Nähe zum Bankenplatz Frankfurt begünstigt die Umsetzungsmöglichkeiten dieses Vorhabens enorm. Trotz notwendiger Konzentrationsmaßnahmen im Back-Office-Bereich mit Zentralisierung in der Konzernzentrale hat Mainz die Chance, einen wichtigen Standort im LBBW-Konzern zu bilden. Auch dem Anliegen der regionalen Verankerung und damit dem besonderen Interesse der regionalen Wirtschaft wurde vor allem durch die Gründung der Rheinland-Pfalz Bank Rechnung getragen.

Darüber hinaus wurden die Fusionsrahmenbedingungen so formuliert, dass die Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit im Sparkassen-Finanzverbund gelegt wurden. Zudem haben sich die Einfluss- und die Informationsmöglichkeiten des Landes in den Gremien grundsätzlich nicht verändert. Resümierend lässt sich damit feststellen, dass sich die Erwartungen des Landes an die Aufgaben einer Landesbank mit der vollzogenen Vollfusion genauso gut erfüllen lassen wie mit dem ursprünglichen Mutter-Tochter-Modell.

Hierbei handelt es sich keineswegs um ein überraschendes Analyseergebnis, da bereits die LRP in der Vergangenheit nur noch in einem sehr bescheidenen Umfang Aufgaben für das Land wahrgenommen hat. Die Länder refinanzieren sich seit langer Zeit unmittelbar an den Finanzmärkten, weshalb es die klassische Staatsbankfunktion von Landesbanken als solche nicht mehr gibt. Dem Argument, Landesbanken seien der verlängerte Arm von Landespolitikern, weshalb sie zur Finanzierung strukturpolitischer Aufgaben herangezogen werden und bisweilen sogar missbraucht würden, stehen strenge KWG-rechtliche Vorschriften und die Verständigung II entgegen.

Letztere definiert die Geschäftsfelder des sogenannten Nicht-Wettbewerbsgeschäftes und legt damit die Aufgabengebiete der Förderbanken fest, die als Kreditinstitute mit Sonderaufgaben weiterhin das Privileg der Staatshaftung genießen dürfen. Maßnahmen der Wirtschaftsförderung, die ebenfalls - zumindest begrenzt - dem Primat ökonomischer Überlegungen unterliegen sollten, wickeln die einzelnen Bundesländer deshalb heute über ihre Förderbanken ab. Diese sind in der Regel Landesbeteiligungen, weshalb die Länder ihre Gesellschafterrechte vor allem unter dem Blickwinkel ordnungspolitischer Überlegungen uneingeschränkt ausüben können.

Strukturüberlegungen für die Ausrichtung der eigenen Förderbank

Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat die Landesbankenfusion zum Anlass genommen, die Ausgliederung der Landestreuhandstelle (LTH) aus dem LBBW-Konzern vorzubereiten, um diese zu einem späteren Zeitpunkt in die landeseigene Förderbank, die Investitions- und Strukturbank ISB GmbH, einzugliedern. Die LTH, bislang unselbstständiges Ressort der LRP beziehungsweise der Rheinland-Pfalz Bank, verwaltet die Wohnungsbaukredite und die Städtebauförderungsdarlehen des Landes. Die Fusion der beiden Landesbanken hat damit Strukturüberlegungen für die zukünftige Ausrichtung der eigenen Förderbank ausgelöst. Ob die anderen Ziele, wie die Versorgung der heimischen Wirtschaft mit Krediten oder die Stärkung des Standortes Mainz, dauerhaft realisiert werden können, wird erst die Zukunft zeigen. Die Landesregierung beobachtet die tatsächliche Entwicklung jedenfalls sehr aufmerksam. Unstrittig ist, dass es sich hierbei angesichts des bestehenden Konsolidierungsdruckes im Landesbankensektor um ein spannendes Thema handelt.

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