Kapitalmarkt

Standard & Poor's Ratingansatz für deutsche Pfandbriefe

In Standard & Poor's (S&P) Ratinganalyse deutscher Hypotheken- und
Öffentlicher Pfandbriefe wird untersucht, inwieweit die vom Emittenten
zur Verfügung gestellten Risikopuffer ausreichend sind, um das
Zielrating (in den meisten Fällen AAA) zu erreichen. In regelmäßigen
Abständen analysiert S&P hierzu neben der Bonität und Struktur der
jeweiligen Deckungsstöcke auch, ob die unter gestressten Bedingungen
verfügbaren Cash-Flows ausreichend sind, um Zins und Tilgung der
emittierten Pfandbriefe jederzeit und gemäß der ursprünglichen
Anleihebedingungen zu bedienen. Im Pfandbriefe-Rating spiegelt sich
darüber hinaus wider, dass die von den Emittenten gemachten Aussagen
zur jederzeitigen Aufrechterhaltung einer über die gesetzlichen
Anforderungen hinausgehenden Überdeckung nach Ansicht von S&P für das
Zielrating angemessen sind.
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Umfeld-Analyse
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Eine detaillierte Analyse der Rahmenbedingungen, unter denen
Pfandbriefe emittiert werden, stellen den ersten Schritt der Analyse
dar. Die Kenntnis über die Entwicklung des betrachteten Marktes, die
Charakteristika der zugrundeliegenden Hypothekarprodukte, die
typischen Verwertungsprozesse bei Zahlungsstörungen, sowie das
regulatorische Umfeld sind wesentliche Informationen, die S&P
benötigt, um Standardannahmen über Ausfallhäufigkeiten und
Verlustschwere der potenziellen Deckungsstockaktiva zu bilden.
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Im Fokus der rechtlichen Analyse der pfandbriefspezifischen
Gesetzgebung steht dann die Prüfung, ob ein Pfandbriefrating
unabhängig vom Emittentenrating vergeben werden kann (so genanntes
"de-linked" Rating) und ob die Möglichkeit zu zeitgerechter Zahlung
von Zins- und Tilgungsleistungen gemäß den ursprünglichen Bedingungen
und Konditionen eines Pfandbriefs besteht. Dies muss auch im Falle der
Insolvenz der emittierenden Bank sichergestellt sein. Folgende Fragen
stellen dabei wesentliche Aspekte in der rechtlichen Analyse für S&P
dar:
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- Wie ist die Abtrennung der Deckungsstöcke im Fall der Insolvenz des
Emittenten geregelt?
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- Inwieweit bestehen die ursprünglichen Anleihebedingungen im Fall der
Insolvenz weiter und kann insbesondere eine vorzeitige Fälligstellung
von Zahlungen verhindert werden?
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- Kann der Insolvenzverwalter eine Umschuldung erzwingen?
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- Inwieweit kann nach Insolvenz der Bank Liquidität zur Bedienung der
Pfandbriefe generiert werden?
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- Kann die Bankaufsicht ein Moratorium über den Pfandbrief verordnen?
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- Wie hoch ist die Insolvenzfestigkeit einer über die gesetzlichen
Anforderungen hinausgehende Überdeckung?
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Da die Deckungsstöcke und die dagegen emittierten Pfandbriefe auf der
Bilanz der Bank stehen und integraler Bestandteil des Bankmanagements
sind, ist es notwendig, das emittierende Institut in die Analyse mit
einzubeziehen. Hierzu werden quantitative und qualitative Aspekte der
Bank analysiert. Neben der reinen Bilanzanalyse stellen regelmäßige
Treffen mit Vertretern der Bank einen entscheidenden Teil der Analyse
dar. Hierbei werden insbesondere die Geschäftsstrategie in den
einzelnen Bereichen und ihre Geschäftspläne, Rentabilitätsziele, die
Aktiv-Passiv-Steuerung, das Risikomanagement sowie die Kapitalplanung
der Bank analysiert.
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Darüber hinaus gibt es auch noch pfandbriefspezifische Fachgespräche
mit dem Ziel, Informationen zu sammeln, die es den
Pfandbrief-Analysten ermöglichen, die Standard-Modellannahmen für den
jeweiligen Emittenten zu kalibrieren. Hierzu werden in Bezug auf die
Deckungsstöcke unter anderem die Portfoliostrategie, die Kredit- und
Verwertungsprozesse sowie das Risikomanagement diskutiert und
verglichen. Das Verständnis der Emissionspolitik des Emittenten und
der Zielkunden für die Pfandbriefe runden das Bild weiter ab.
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Informationsanforderungen
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Um die Aktivqualität des Deckungsstocks zu beurteilen ist eine
detaillierte Aufgliederung der Charakteristika des Deckungsstocks
notwendig. Üblicherweise stellen die Emittenten diese Informationen in
einem standardisierten Format, dem Covered Bond Monitor Input
Template, zur Verfügung. Bei diversifizierten Deckungsstöcken können
die Emittenten nach Absprache mit S&P die Daten zur Aktivqualität
entweder auf stratifizierter oder auf Einzelkreditnehmerbasis liefern.
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Konzentrierte beziehungsweise Deckungsstöcke mit hohem gewerblichen
Hypothekaranteil verlangen in der Regel eine höhere Transparenz, das
heißt Daten auf Einzelkreditnehmerbasis. Nur mit den hierdurch zur
Verfügung gestellten, weitergehenden Informationen (zum Beispiel
Kapitaldienstfähigkeit - DSCR; Mieterstruktur) lässt sich bei solchen
Deckungsstöcken eine adäquate Kreditanalyse durchführen.
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Da S&P diese Reportingvorlage für europäische Covered Bond Emittenten
erstellt hat, werden die hierin angefragten Informationen in der Regel
noch Länder- und Emittentenspezifisch angepasst. Die Strukturierung
der Informationsanforderungen erlaubt es der Bank, die
Informationsbeschaffung zu standardisieren und den regelmäßig
wiederkehrenden Arbeitsaufwand zu minimieren.
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Ausfall- und Verwertungsannahmen
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In Deutschland kann S&P das Pfandbriefrating weitgehend unabhängig vom
Emittentenrating erteilen (de-linked). Die Analyse der Pfandbriefe
reflektiert daher, inwieweit die im Deckungsstock separierten Aktiva
auch unter Stressszenarien noch ausreichend Zahlungsströme generieren,
um die Pfandbriefe mit einer dem Zielrating angemessenen Sicherheit zu
bedienen. Im ersten Schritt der quantitativen Analyse gilt es daher
die Emittenten- und deckungsstockspezifischen Ausfall- und
Verwertungsannahmen und auch die erwarteten Portfoliomanagementkosten
zu bestimmen.
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Im Fall von Öffentlichen Pfandbriefen werden die ersten beiden
Faktoren im Wesentlichen bestimmt durch die Kreditqualität
(Ausfallwahrscheinlichkeit und Verlustquote) und Laufzeit der
Einzelexposures, die Diversifikation und Konzentration von
individuellen Schuldnern im Deckungsstock sowie die
Korrelationseffekte.
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Für Hypothekendeckungsstöcke werden diese Parameter im Wesentlichen
durch die objektspezifischen Faktoren Ausfallwahrscheinlichkeiten
(auch beeinflusst von der Größe und der Laufzeit der Darlehen),
erwartete Wertminderungen in Stressszenarien, Kosten für die
Verwertung der Sicherheiten und Verwertungsdauer der Sicherheiten
bestimmt.
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Die für das Kreditrisiko notwendige Überdeckung ergibt sich dann je
nach gewünschtem Ratingniveau als Resultat der Multiplikation der
jeweiligen ratingspezifischen Ausfallwahrscheinlichkeit der Aktiva und
dem jeweiligen zu erwartenden Ausfall pro Ratingniveau. Da wesentliche
Aspekte der internen S&P Modellierung in Kriterienpublikationen
beschrieben beziehungsweise die benutzten Tools wie beispielsweise der
CDO Evaluator frei verfügbar sind, können die Emittenten in der Regel
die von S&P ermittelten Parameter nachvollziehen.
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S&P hat als erste Ratingagentur den Covered Bond Monitor (CBM), also
das quantitative Modell, mit dem die Angemessenheit der Überdeckung
der Pfandbriefe analysiert wird, veröffentlicht.
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Hiermit wird ermittelt, inwieweit sowohl Laufzeit-, Liquiditäts- und
Währungsinkongruenzen als auch Zinsänderungsrisiken Auswirkungen auf
die erwarteten Zahlungsströme haben. Für das gewünschte Ratingniveau
muss dabei sichergestellt sein, dass der Deckungsstock die
Zahlungsverpflichtungen jederzeit erfüllen kann.
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Der CBM ist ein Cash-Flow-Modell, das mit Hilfe der
Monte-Carlo-Methode eine hohe Anzahl (über 100 000) an
unterschiedlichen Zins- und Wechselkurssimulationen über die Laufzeit
des Deckungsstocks simuliert. Zusammen mit den Liquiditäts- und
Kreditrisiken ergeben sich so unterschiedliche Cash-Flow-Szenarien.
Das Ergebnis der Simulationen zeigt, ob alle Verpflichtungen durch den
Deckungsstock auch unter gestressten Bedingungen bedient werden
können. Wenn die kumulierte Liquiditätsposition nach der letzten
Fälligkeit negativ ist, heißt dies, dass der Pool nicht ausreichend
Cash-Flows generieren kann, um alle Verpflichtungen zu erbringen
(Ausfall). Der Umkehrschluss wäre, dass bei einer positiven
kumulierten Liquiditätsposition alle Verpflichtungen durch den
Deckungsstock bedient werden können.
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Der Vergleich des Prozentsatzes der simulierten Ausfälle zur Anzahl
der durchgeführten Simulationen mit der unter einem Zielrating
akzeptierten Ausfallquote erlaubt die Beurteilung, ob der Pfandbrief
sein Zielrating erreicht hat. Sollte das Zielrating nicht erreicht
werden, kann der Emittent seine Deckungsstockzusammensetzung oder
Zahlungsströme ändern, seine Hedging-Strategie anpassen oder - was
häufig gemacht wird - eine höhere Überdeckung zur Verfügung stellen,
um die Ausfallwahrscheinlichkeit zu reduzieren.
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Rating Komitee
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In einem Rating Komitee werden die Ergebnisse sowohl der quantitativen
Analyse als auch der vorangegangenen qualitativen Analyseschritte
diskutiert. Hierbei werden insbesondere auch weitere Faktoren
betrachtet, die die Risiken mildern können, wie zum Beispiel die
Angemessenheit der kurzfristigen Liquidität, Aussagen des Emittenten
zur Aufrechterhaltung einer bestimmten Risikostruktur oder einer
bestimmten Höhe der Überdeckung. Wenn die quantitativen und
qualitativen Aspekte den Anforderungen für das Zielrating genügen,
kann das Ratingkomitee das Rating im Regelfall erteilen. Üblicherweise
werden dem Emittenten neben dem Rating die Inputfaktoren für den CBM
und die erwarteten Überwachungszyklen mitgeteilt. Da sowohl die der
Deckungsstöcke als auch die Struktur der Zahlungsströme sich ständig
verändern, ist eine regelmäßige Wiederholung der Analyseschritte
notwendig. Dasselbe gilt für die rechtlichen Rahmenbedingungen, die
häufig angepasst werden, um geänderten Marktgewohnheiten Rechnung zu
tragen.

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