Im Blickfeld

Tarifpolitik I: Schwäbisch Hall

Erst das Geld einsammeln, um es dann in Form von Darlehen wieder auszureichen. So läuft das Bankgeschäft im Idealfall ab. Und so ähnlich ist es auch der zur genossenschaftlichen Finanzgruppe gehörende Bausparkasse Schwäbisch Hall widerfahren. Als Reaktion auf die anhaltende Niedrigzinsphase wurde zum 1. April dieses Jahres das Tarifprogramm an die aktuellen Rahmenbedingungen und die Kundenwünsche angepasst: Ergebnis sind klassische Finanzierertarife mit einem günstigen Darlehenszins von 1,5 Prozent (dem niedrigsten in der Geschichte von Schwäbisch Hall) und einer schmalen Guthabenverzinsung, die sich je nach Tarifvariante zwischen 0,25 Prozent und 0,75 Prozent bewegt.

Das bescherte den Hallern ein Halbjahresergebnis, das dem Vorstandsvorsitzenden ein zufriedenes und glückliches Lächeln auf das Gesicht zauberte. Sowohl die alten (auslaufenden) Renditetarife mit deutlich höherer Guthabenverzinsung als die neuen Varianten im Schlussverkauf als auch die neuen Finanzierertarife wurden den Vertrieblern buchstäblich aus den Händen ge rissen.

Per Ende Juni standen 800 000 neue Verträge im Vergleich zu 522 000 zum selben Vorjahreszeitraum und ein um mehr als ein Drittel gesteigertes Neugeschäft von 23 Milliarden Euro Bausparsumme zu Buche. Die Baufinanzierungen legten um fünf Prozent auf sechs Milliarden Euro zu. Der Erfolg des Marktführers zog dann auch die gesamte Branche nach oben: Laut Verband der Privaten Bausparkassen stieg das Neugeschäft der Mitglieder im ersten Halbjahr um rund 18 Prozent auf 36,8 Milliarden Euro, die Zahl der abgeschlossenen Verträge legte um 26 Prozent auf 1,3 Millionen zu. Matthias Metz freute sich zwar, wäre aber nicht Matthias Metz, wenn er nicht durchaus um die Sonderfaktoren hinter diesen Zahlen wüsste und deshalb eindringlich vor einer Fortschreibung der Entwicklung in das zweite Halbjahr hinein warnte. Per Jahresende, so die Planungen heute, wird trotzdem wieder ein Rekordergebnis zu Buche stehen, mit einer Bausparsumme von rund 34 Milliarden Euro.

Da Bausparkassen Vertriebserfolge in der Regel aber teuer bezahlen müssen, werden die deutlich höheren Provisionszahlungen im laufenden Jahr zu einem niedrigeren Jahresüberschuss führen als noch 2012. Trotzdem darf man sich heute schon fragen, wie die Haller wohl 2013 nennen werden, nachdem 2012 schon "Der Prädikatsjahrgang" war!

Und das ein solches Ergebnis natürlich höchste Anforderungen an das Konzerncontrolling stellt, ist auch klar. Das hohe Einlagenvolumen kostet Geld, und die heute mit langen Laufzeiten ausgegebenen Darlehen stellen mit Blick auf tendenziell eher steigende denn fallende Zinsen auch ein Risiko dar. Und auch wenn sich der Wertbeitrag der neuen Tarife rechnet, so muss das Gesamtportfolio doch stets ausgewogen sein. Sollte das wieder so gut gelingen wie dieses Mal, muss man sich um Schwäbisch Hall allerdings keine Sorgen machen. P.O.

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