Leitartikel

Sorgenkinder Bausparkassen?

"Aus dem niedrigen Zinsniveau entstehen auch für die Bausparkassen Risiken", stellte anlässlich des Neujahrsempfangs der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), deren Präsidentin Elke König heraus. Und sie mahnte: "Bleiben die Marktzinsen dauerhaft so niedrig wie derzeit, wird die Branche weiter gegensteuern und das Zinsniveau in neuen Tarifen noch weiter senken müssen." Dass die Chefaufseherin so klare Worte findet, lässt aufhorchen. Waren doch gerade erst Ende vergangenen Jahres die Institute einem Stresstest mit einem bis zu 20-jährigen Prognosehorizont unterzogen worden, den alle - soweit bekannt - bestanden. Trauen die Aufseher dem Frieden nicht? Bausparen ist beileibe nicht das von den Entwicklungen an den Geld- und Kapitalmärkten abgeschottete System, als das es die Bausparkassen gerne anpreisen. Tatsächlich müssen sich sowohl die Zinsen für Bausparguthaben mit denen von Tages- und Festgeldern als auch die Konditionen der Bauspardarlehen mit denen für Hypotheken messen lassen. Und seit nunmehr fast einem Jahrzehnt beklagen die Bausparkassen fallende Zinsen. Um auch noch den günstigsten Baukredit der Banken zu unterbieten, wurden die Tarife in der zurückliegenden Dekade immer wieder heruntergeschraubt. Allein Schwäbisch Hall hat seit der Jahrtausendwende fünf Tarifanpassungen vorgenommen.

Und die jüngsten Zahlen zeigen: Bausparen wird nach wie vor als attraktiv angesehen. So ist bei Schwäbisch Hall im vergangenen Jahr eine Bausparsumme von 32,8 Milliarden Euro (plus 3,6 Prozent) abgeschlossen worden. Wüstenrot meldet 3,4 Prozent mehr eingelöstes Geschäft in Höhe von 12,2 Milliarden Euro. Die LBS West blieb mit 8,8 Milliarden Euro nur geringfügig unter dem Vorjahresniveau, auch die LBS Nord reichte mit 3,8 Milliarden Euro Bausparsumme bei den Neuverträgen fast an den Vorjahresstand heran. Die guten Ergebnisse resultieren teils aus der Einführung sogenannter Jugendtarife, die zwecks Neukundengewinnung incentiviert sind, teils aus dem regen Vertrieb von Wohn-Riester-Policen, deren durchschnittliche Bausparsumme höher ist als bei "klassischen" Abschlüssen. Zudem zieht aufgrund der hohen Nachfrage nach Wohneigentum der Absatz von Vor- und Zwischenfinanzierungen an, die wiederum mit Bausparverträgen unterlegt sind.

Eine Herausforderung bleibt aber die Anlage der Spargelder. Angesichts niedriger Hypothekenzinsen und zugleich noch gut verzinster Altverträge verzichten viele Bausparer trotz Erreichen der Zuteilungsreife auf das Bauspardarlehen. Zwar verstärken die Bausparkassen den Absatz außerkollektiver Finanzierungen, doch sorgt auch hier das Zinsumfeld für enge Margen. Dass Bausparkassen ansonsten nur in sichere Papiere wie Pfandbriefe und Anleihen investieren dürfen, bewahrte die Institute speziell im zurückliegenden Jahrzehnt davor, manchen Verlockungen nachzugeben, die sich rückblickend als kritisch erwiesen haben. Heute aber lässt der hohe Nachfrageüberhang am Rentenmarkt die Preise der Papiere steigen und die Renditen purzeln. Entsprechend hoch ist der Druck auf das Zinsergebnis - den wichtigsten Ertragsbringer. Bei der LBS Nord blieb diese GuV-Position mit 131,3 Millionen Euro um 12,2 Prozent unter dem Vorjahreswert. Wie der Erosion des Zinsüberschusses entgegengewirkt werden kann, macht Schwäbisch Hall vor. 981 Millionen Euro bedeuten ein Plus von immerhin 3,8 Prozent.

Entsprechend selbstbewusst erklärt Hall-Chef Matthias Metz jüngst in Stuttgart: "Vor einer längeren Durststrecke mit anhaltenden Niedrigzinsen ist uns (...) nicht bange." So soll noch dieses Frühjahr das Tarifprogramm angepasst werden. Allerdings weiß er auch, dass der Spielraum nach unten inzwischen weitgehend ausgereizt ist. Denn wenn von der BaFin weiterhin keine Signale kommen, dass Guthabenzinsen auch auf null Prozent gesenkt werden dürfen, dann bleibt nur mehr, intern zu sparen. Hier haben die Haller bereits den Vorteil, bundesweit mit einem einheitlichen IT-System antreten zu können. Davon sind die Landesbausparkassen bislang noch ein gutes Stück entfernt. Zwar nutzen auch die öffentlich-rechtlichen Institute mit der Finanzinformatik nur ein Rechenzentrum, doch gibt es derzeit immer noch drei Systeme. Wachsender Kostendruck sorgt aber auch hier dafür, 20 Jahre alte Ideen einer Vereinheitlichung wieder aufleben zu lassen. Die von den Landesbausparkassen - mit Ausnahme der Bayern - momentan durchgeführte Machbarkeitsstudie ist jedoch noch nicht mehr als ein erstes Herantasten, ob eine Zusammenführung von LBS-Neu und LBS-Online möglich ist. Dass bereits bis 2016 neun Kassen das gemeinsame Bausparsystem nutzen - dieser Optimismus des Chefs der LBS West, Gerhard Schlangen, wird in der Gruppe so nicht geteilt, doch locken mögliche Einsparungen in Höhe eines zweistelligen Millionen-Euro-Betrags per annum. Sicher ist, dass der Rationalisierungsdruck eine weitere Konsolidierung in der Branche begünstigt, so wie bei der jetzt anstehenden Fusion von LBS West und LBS Bremen.

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