Kapitalanlage

Welcher Asset Manager passt zum Immobilienportfolio eines Family Office?

Ein Family Office1) beschäftigt sich in allen Assetklassen regelmäßig mit der Fragestellung: Welche Dienstleistung beziehungsweise Betreuungstiefe sind selbst zu erbringen und welche Leistungen werden ausgelagert? "Make or buy" bedeutet wörtlich die Wertschöpfungsalternative zwischen "(selber) machen oder (ein)kaufen". Gemeint ist die strategische Überlegung, ob beispielsweise die Dienstleistung "Immobilien-Asset-Management" im Family Office selbst produziert oder von außen bezogen werden sollte. Das mögliche Ausmaß bewegt sich zwischen einer reinen Make-Strategie - der vollständigen Eigenfertigung - bis hin zu einer reinen Buy-Strategie, also dem Zukauf kompletter Dienstleistungen. In der Praxis findet man häufig Mischformen mit unterschiedlichen Betreuungstiefen.

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Das folgende Fallbeispiel soll die Vorgehensweise, das Denkmuster und die Erwartungshaltung eines Family Offices besser veranschaulichen. Ein Multi Family Office gewann im Jahr 2006 das Mandat eines Neukunden, der kurz zuvor ein großes Unternehmen verkauft hat. Die Kernaufgabe der ersten Phase bestand neben der allgemeinen Vermögensaufnahme unter anderem darin, die strategische Allokation zu entwickeln und auf dieser Basis das Asset Management inklusive des Investmentmanagements aufzubauen. In diesem Kontext wurden im ersten Schritt 100 Millionen Euro Eigenkapital für die Neuanlage in Immobilien und die Aufsetzung des Immobilien-Bestandsportfolios, mit einem Wert von etwa 120 Millionen Euro, beschlossen.

Damals verfügte weder das Family Office noch der Mandant über einen tiefen Immobiliensachverstand, sodass die gesamte Leistungspalette des Immobilien-Asset-Managements über einen strukturierten Auswahlprozess (nicht öffentlicher, beschränkter Beauty Contest) ausgeschrieben wurde. Die Anforderungen wurden auf Basis der täglichen Aufgabenstellungen des Family Officers und einer Mandantenbefragung abgeleitet. Es wurden kleine, mittelgroße und große Organisationen mit den in Abbildung 3 dargestellten Eckdaten (Request for Proposal) zur Angebotsabgabe angefragt.

Das Ergebnis der Ausschreibung - auch wenn eine eierlegende Wollmilchsau gesucht wurde - war für das Family Office erschreckend und enttäuschend zugleich. Es gab keinen produktneutralen, interdisziplinären und erfahrenen Asset Manager in der Immobilienindustrie mit der zusätzlichen Sensibilität für Family Offices beziehungsweise UHNW2). Es fanden sich lediglich spezialisierte Dienstleister aus den immobiliären Teildisziplinen: Akquisition, Fonds-/ Produktmanagement, Immobilienrecht, Verwaltung, Gutachter, Architekten, Kreditbanker, Makler, sonstige Berater, die diskretionäre Mandate3) mit hohen einmaligen, transaktionsabhängigen Gebühren forderten. Außerdem war die persönliche Vorstellung entweder "gelackt - wir können alles!" oder "demütig - wir tun alles für Sie!".

Vor allem kapitalmarktlastige Family Offices oder Familien sind häufig über die kleinteilige, intransparente Struktur der Immobilienindustrie erstaunt. Die arbeitsteilige Spezialisierung der Immobilienexperten stellt sie vor ungeahnte Herausforderungen bei der richtigen Personal- oder Dienstleistersuche.

Eigener Kompetenzaufbau

Als Konsequenz der Ausschreibungsergebnisse entschied sich das Multi Family Office das Immobilien-Asset-Management für indirekte und direkte Immobilienanlagen mit eigenem Personal, das aus der Immobilienindustrie rekrutiert wurde, eigenständig intern aufzubauen. Damals eine weitsichtige, aber nicht ganz unumstrittene Entscheidung. In der Retrospektive eine wegweisende Entscheidung für die Beratungsqualität und -intensität des Multi Family Offices. Die Bestandskunden dankten es und Neukunden kamen aufgrund dieses Alleinstellungsmerkmals.

Viele externe Immobiliendienstleister, die vermögende Familien als Zielgruppe für ihre Dienstleistung definieren, haben eine völlig falsche Vorstellung von der Arbeit für und in einem Family Office. Dieses hat nichts mit "Jetset" oder "der großen weiten Welt" zu tun. Auf Wunsch des Prinzipals4) beziehungsweise verschiedener Familienmitglieder werden eine Vielzahl von unternehmerischen Aufgaben und Projekten zeitgleich strukturiert und unter "sanftem" Zeitdruck umgesetzt. Ein "Nein" wird nicht akzeptiert, sondern nur ein "Wann".

Darüber hinaus werden alle Leistungen "sehr kostensensibel" vergeben respektive erledigt. Grundsätzlich ist es nicht einfach, als Externer für Family Offices zu arbeiten, da sie kleinteilige, mal schnelle, mal langsame und für Außenstehende nicht immer nachvollziehbare Entscheidungen treffen. Aufgrund der Tatsache, dass in der Regel keine strukturierten Entscheidungsprozesse und konkreten Vermögensziele für die Assetklasse Immobilien existieren, kann es häufig zu Missverständnissen in der Kommunikation zwischen dem Dienstleister, dem Family Officer und dem Prinzipal kommen.

Vertrauen gründet auf Transparenz sowie offener, frühzeitiger Kommunikation von Zwischenständen, Entscheidungsknoten, Änderungen und sich anbahnenden Problemen. Das Family Office beziehungsweise der Prinzipal beauftragt den Dienstleister in der Hoffnung, dass dieser seine Aufgabe im Sinne des Prinzipals erledigt. Problematisch kann in diesem Zusammenhang jedoch sein, dass zwischen den Parteien in der Regel Informations-Asymmetrien bestehen.

Der externe Asset Manager besitzt gegenüber dem Mandanten einen Wissensvorsprung in Bezug auf sein Immobilienvermögen, den er zu seinen Gunsten ausnutzen könnte ("Moral Hazard"), da der Auftraggeber die Aufgabenausführung des Asset Managers nicht zu beurteilen vermag. Die Wissenschaft beschreibt dieses Verhalten in Wirtschaftsbeziehungen in der Prinzipal-Agent-Theorie.

Family Officer sind meist hochqualifizierte Vermögenscontroller, Volkswirte oder Banker, die sehr viel Wert auf quantitative Entscheidungsgrundlagen legen. Manchmal fehlen ihnen die "Affinität" und das "Verständnis" für die intransparente und managementintensive Assetklasse Immobilien. Genau mit dieser Denkwelt, vor allem Interessenskonflikte zu vermeiden und genau zu wissen, was und warum der (Immobilien) Asset Manager etwas macht, ist man als externer Dienstleister konfrontiert.

Anreize für Interessenkongruenz

Was kann man nun daraus ableiten? Grundsätzlich werden kompetente Dienstleister mit breitem Fachwissen und mit gut organisierten Prozessen sowie transparenten Reportings präferiert, da sie den Family Officer und Prinzipal entlasten und das Monitoring ermöglichen.

Diese Voraussetzungen gelten sowohl für Teil-Dienstleistungen als auch für Komplettlösungen. Es kommt darauf an, die Erfahrungen, Interessen und Ziele der anderen Partei einschätzen zu können, um Konflikten vorzubeugen und die Zusammenarbeit effektiv zu gestalten. Um einer Übervorteilung des Family Offices durch den Immobilien-Asset-Manager entgegenzuwirken, ist es wirkungsvoll, diesem Anreize zum korrekten Verhalten zu geben, beispielsweise:

- Festlegung einer asymmetrischen Gebührenverteilung bei exitorientierten Investments - der Asset Manager erhält sein Entgelt erst, nachdem der Vermögensinhaber bedient wurde;

- Der Asset Manager erhält keine transaktionsabhängigen Gebühren bei bestandsorientierten Investments (Ankauf, Vermietung, Verkauf), sondern Incentivierungen nach Betriebsergebnissen und einen relativ langfristigen Vertrag;

- Durchführung einer vorausschauenden, jährlichen Budgetplanung für das Gesamtportfolio, die im monatlichen Reporting verfolgt werden kann;

- Umfangreiches Reporting über finanz- und immobilienökomische Kennzahlen zur Konsolidierung in den Gesamtvermögensbericht;

- Einräumung von Sonderkündigungsrechten, wenn Schlüsselpersonen des Dienstleisters gehen oder Betriebsergebnisse wiederholt verfehlt wurden;

- Zustimmungspflicht des Family Offices oder Prinzipals zu definierten Geschäften;

- Abgestimmte Regelprozesse zur Informations- und Entscheidungsfindung inklusive Tätigkeitsberichte auf Projektebene (Großvermietungen, Projektentwicklung, Baucontrolling, Akquisition);

- Regelmäßige Jour Fixe zum persönlichen Informationsaustausch.

Die Zielgruppe der Family Offices und UHNW ist sehr fragmentiert und heterogen. Die Aufgaben sind allumfassend und erst mit einiger Zeit und Erfahrung skalierbar. Der Immobilien-Asset-Manager sollte ein interdisziplinärer Zehnkämpfer mit einer stark ausgeprägten Dienstleistungsmentalität, Geduld und hohem Durchsetzungsvermögen sein. Jedem externen Immobilien-Asset-Manager ist vor Mandatsannahme dringend zu empfehlen, die organisatorischen Grundlagen, den operativen Handlungsrahmen, die Reportingstandards und die Entscheidungsprozesse abzustimmen.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt im organisierten regelmäßigen und direkten Informationsaustausch mit dem Family Officer und dem Prinzipal. Nur so lassen sich Entscheidungen schnell ableiten und effizient umsetzen. Sobald man die notwendige Vertrauensbasis erlangt hat, ist das Aufgabenspektrum eines der interessantesten der gesamten Immobilienindustrie.

Fußnoten

1) Family Office bezeichnet Organisationsformen, die sich mit der Verwaltung respektive Eigentümervertretung privater und komplexer Großvermögen befassen. Single Family Offices arbeiten exklusiv für eine Großfamilie, während Multi Family Offices mehrere Familien betreuen und eine breitere Dienstleistungspalette anbieten.

2) Ultra High Net Worth Individuals, gemäß Capgemini sehr vermögende Privatpersonen mit einem frei verfügbaren Nettovermögen von über 30 Millionen US-Dollar.

3) Jede Form der professionellen Vermögensverwaltung, bei der Kundengelder nach genau definierten Richtlinien verwaltet werden, ohne dass der Kunde auf die einzelnen Kauf-, Management- und Verkaufsentscheidungen direkt Einfluss nehmen kann.

4) Vermögensinhaber oder entscheidungsberechtigtes Familienoberhaupt.

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