Bulwiengesa und Demire: Ein Hoch auf die Sekundärstandorte

Gebetsmühlenartig betonen Immobilienresearcher seit geraumer Zeit die Vorzüge deutscher Sekundärstandorte beziehungsweise Mittelstädte. Und trotzdem halten viele institutionelle Investoren den sieben A-Städten die Treue: Laut Bulwiengesa sind zwischen 2013 und 2017 rund 80 Prozent des gewerblichen Investitionsvolumens in ebenjene Topstandorte geflossen. Gewiss, hinsichtlich Transparenz und Fungibilität bieten diese Standorte gewichtige Vorteile, gerade auch in Abschwungphasen. Wenn man sich davon abgesehen aber einmal die den über die gesamte Bundesrepublik verteilten "Hidden Champions" des Mittelstands geschuldete, polyzentrische Struktur der deutschen Wirtschaft und somit auch des Immobilienmarktes vergegenwärtigt, ist dieser einseitige Investitionsfokus doch erstaunlich. Ganz offensichtlich können sich insbesondere ausländische Investoren nur schwer an die spezifisch deutschen Rahmenbedingungen gewöhnen. Während beispielsweise Paris und London traditionell jeweils den Löwenanteil der Bruttowertschöpfung in Frankreich und England auf sich vereinnahmen und die Investmententscheidungen somit deutlich vereinfachen, ist die Lage hierzulande um ein Vielfaches unübersichtlicher.

Allerdings müssen einer aktuellen Studie der Bulwiengesa, die im Auftrag der Demire Mittelstand Real Estate AG 31 Büro-Sekundärstandorte untersucht hat, die vermeintlich "Kleinen" den direkten Vergleicht nicht scheuen. So haben sich die Durchschnittsmieten in der Zehn-Jahres-Betrachtung mit der Ausnahme von Bonn (plus/minus 0 Prozent) in allen untersuchten Städten positiv entwickelt. Die Wachstumsspanne reicht hierbei von rund 5 Prozent in Darmstadt bis 42 Prozent in Kempten (Allgäu). Die B-Städte mit den höchsten Mietanstiegen liegen über der durchschnittlichen Wachstumsrate der A-Städte von 28 Prozent. Auch hinsichtlich der Entwicklung der Bürobeschäftigten machen die Mittelstädte eine gute Figur: Im Zeitraum von 2008 bis 2017 war - mit Ausnahme von Stralsund (minus 5 Prozent) - in allen ausgewählten Städten eine Zunahme zu beobachten. Auch hier übertrafen die Spitzenreiter wie Ingolstadt (plus 39 Prozent) oder Leipzig die Performance der A-Städte (plus 19 Prozent) deutlich. Folgerichtig ist die Büroleerstandsquote im Beobachtungszeitraum ganz überwiegend rückläufig gewesen. Hinzu kommt laut Bulwiengesa, dass die Mieter an Sekundärstandorten eine geringere Wechselneigung als in den A-Städten aufweisen. Eine plausible Einschätzung, die zu dem Image des auf Beständigkeit bedachten deutschen Mittelständlers passt.

Mit Blick auf die Neubautätigkeit identifiziert die Studie ein weiteres, nicht zu verachtendes Argument für Sekundärstandorte: Im Gegensatz zu den A-Märkten, wo der Anteil von noch nicht belegten Flächen zu Projektbeginn bei rund 40 Prozent liegt, werden Neubaumaßnahmen an Sekundärstandorten laut Studie "in der Regel bedarfsorientiert mit hoher Vorvermietungsquote ausgerichtet". Dadurch werde das Risiko von Marktverwerfungen in Zeiten nachlassender Nachfrage und steigenden Leerstands verringert. Die Geschichte wäre natürlich nicht vollständig, wenn nicht auch bei den Renditemöglichkeiten ungehobene Potenziale schlummerten. Und siehe da, Bulwiengesa beziffert den Renditespread zwischen A-Märkten und Sekundärstandorten auf durchschnittlich zwei Prozentpunkte. Während in Berlin die Nettoanfangsrendite für Büroimmobilien unlängst auf unter 3,0 Prozent gepurzelt ist, locken beispielsweise Chemnitz und Stralsund aktuell mit stolzen 7,0 Prozent. Vergegenwärtigt man sich zusätzlich das immer knapper werdende Angebot in den präferierten A-Städten, das dem Wunsch vieler institutioneller Investoren nach spürbar höheren Immobilienquoten entgegen steht, so sollte den B-, C- und D-Städten also zeitnah die verdiente Aufmerksamkeit zukommen. Frei nach Andreas Möller hieße es dann: "Münster oder Mannheim - Hauptsache Deutschland!" ph

Noch keine Bewertungen vorhanden


X