Ein Herz für Heuschrecken?

In immer mehr Städten gilt ein Genehmigungsvorbehalt für die Aufteilung von Mehrfamilienhäusern in Eigentumswohnungen, sofern diese Häuser in sogenannten Milieuschutzgebieten liegen. Schon länger gibt es entsprechende Verordnungen in Städten wie Hamburg oder München. Kürzlich hat auch der Berliner Senat eine Verordnung beschlossen, nach der die Begründung von Wohn- oder Teileigentum in Berliner Erhaltungsgebieten unter Genehmigungsvorbehalt gestellt wird. Eine Umwandlung soll nur noch dann erlaubt sein, wenn der Eigentümer sich verpflichtet, innerhalb von sieben Jahren nur an Mieter zu verkaufen, die vorher schon in der betroffenen Wohnung gewohnt haben. Der Berliner Senat rechnet damit, wie es hieß, dass zu den bestehenden Erhaltungsgebieten mit mehr als 100 000 Wohnungen weitere hinzukämen.

Zur Begründung für das Verbot wurde angeführt, Mieter sollten dadurch geschützt werden. Aber wovor? Angeblich, so hieß es von den Befürwortern, sei erwiesen, dass die neuen Eigentümer nach der Aufteilung die Miete stärker erhöhen würden als die vorherigen Besitzer. Zudem bestünde ein hohes Risiko, dass die neuen Eigentümer wegen Eigenbedarfs kündigen. Beide Argumente sind offensichtlich absurd. Vor einer Privatisierung gehören die Bestände häufig professionellen Vermietern. Nicht selten sind die Wohnungsgesellschaften börsennotiert und deren Anteilseigner sind in 95 Prozent der Fälle ausländische Investoren. Von Politikern werden diese gerne als "Heuschrecken" diffamiert. Nun scheint die Politik jedoch ihr Herz genau für diese Heuschrecken entdeckt zu haben. Diese sind als Vermieter offenbar bei der Politik beliebter als der kleine Laienvermieter, der sich eine Wohnung zur Altersvorsorge kauft.

Denn es wird ja unterstellt, dass es für den Mieter besser sei, ein professioneller Immobilieninvestor sei Eigentümer und nicht der Kleinanleger, dem die Wohnung nach erfolgter Aufteilung gehört. Dass Kleinanleger angeblich die Miete stärker erhöhten als die Profis, ist offenkundig abwegig. Bestätigt wurde dies jetzt durch eine von Empirica im Auftrag des Verbandes "Haus & Grund" durchgeführte Befragung von Kleinvermietern. Danach wurde in fast der Hälfte (48 Prozent) der erfassten Mietverhältnisse die Miete seit dem Abschluss des Mietvertrages nicht mehr erhöht! 27 Prozent der befragten Kleinvermieter gaben sogar an, in bestehenden Mietverhältnissen generell die Mieten nicht anzuheben, sondern ausschließlich bei einem Mieterwechsel.

Kein professionell agierendes Wohnimmobilienunternehmen - übrigens auch keine Wohnungsgesellschaft im kommunalen Besitz - könnte es sich leisten, so vorzugehen. Die Folgerung lautet jedoch: Das Umwandlungsverbot "schützt" Mieter genau vor denjenigen Vermietern, die besonders zurückhaltend bei Mieterhöhungen sind.

Auch das Argument, private Vermieter würden wegen Eigenbedarfs kündigen, ist verfehlt. Erstens ist dies nach den gesetzlichen Bestimmungen ohnehin frühestens zehn Jahre nach Wohnungskauf möglich. Zweitens sehen 99 Prozent der Anleger die von ihnen erworbene Eigentumswohnung als Kapitalanlage und kämen gar nicht auf die Idee, dort einzuziehen.

Jacopo Mingazzini, Vorstand, Accentro Real Estate AG, Berlin

Noch keine Bewertungen vorhanden


X