Der neue Feind

Alle schauen derzeit auf die Mietpreisbremse - diese Maßnahme kann durchaus sinnvoll sein, wenn Mieter wirklich geschützt werden. Doch den Politikern ist die Bremse noch nicht genug. Flächendeckend werden in deutschen Großstädten "Milieuschutzgebiete" erlassen. Zunehmend besteht die Tendenz, dort die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unter Genehmigungsvorbehalt zu stellen.

Worum geht es? Paragraf 172 des Baugesetzbuches ermöglicht es, in bestimmten Bezirken, wo vermeintlich eine Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung droht, sogenannte Erhaltungssatzungen aufzustellen. Wenn die Behörde befürchtet, das "Milieu" könne gefährdet werden, kann sie in diesen Gebieten alle Sanierungsmaßnahmen unter Genehmigungsvorbehalt stellen..

In Berlin wurde das kürzlich beschlossene Umwandlungsverbot damit begründet, dass Mieter vor Mieterhöhungen geschützt werden sollten. Diese Behauptung impliziert ja, dass der kleine Wohnungsvermieter - der nach einer Umwandlung in der Regel die Wohnung kauft - die Miete stärker erhöht als der Profi. Bislang galten der Politik angelsächsische "Heuschrecken" als Feindbild: Denen wurde unterstellt, dass sie die Wohnungen verkommen lassen, Luxusmodernisierungen vornehmen und die Mieten exzessiv erhöhen. Zwar ist auch das nicht richtig, aber man wundert sich schon, dass an Stelle dieses Feindbildes "Heuschrecke" nunmehr ein neuer Feind getreten ist: Dieser neue Feind ist der Amateurvermieter, der sich eine Wohnung zur Altersvorsorge kauft. Von dem geht jetzt angeblich eine so große Gefährdung aus, dass alles getan werden muss, um den Mieter vor ihm zu schützen.

Die Wahrheit ist: Der kleine Eigentümer, der sich eine oder zwei Wohnungen zur Altersvorsorge kauft und diese dann vermietet, ist der beste Vermieter, den sich ein Mieter wünschen kann. Ihm ist es viel zu kompliziert, ständig "Mieterhöhungsbegehren" herauszuschicken. Die Erfahrung zeigt, dass er die Miete sogar tendenziell seltener erhöht als der professionelle Investor, weil er den bürokratischen Aufwand und die Gefahr von Rechtsstreitigkeiten scheut.

Führt man diesen Gedanken weiter, kommt man zu dem Schluss, dass der Mieter womöglich vor sich selbst geschützt werden soll. Denn wenn Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden, erhalten ja nicht nur private Kapitalanleger die Möglichkeit diese zu kaufen. Zuerst wird sie stets den Mietern angeboten, zumal diese ohnehin nach der Umwandlung ein Vorkaufsrecht haben. Wo ein Umwandlungsverbot besteht, hat der Mieter diese Möglichkeit nicht mehr.

Die Vorstellung, dass man den Mieter vor sich selbst schützen will, mutet absurd an. Das gilt jedoch für viele der Regelungen für Milieuschutzgebiete. Nehmen wir an, als Mieter möchten Sie gerne, dass eine Fußbodenheizung installiert oder ein Balkon angebaut wird. Sie einigen sich darauf mit dem Vermieter. Die Behörde wird dabei aber wahrscheinlich nicht mitspielen. Obwohl der Mieter selbst dies wünscht, wird die Genehmigung versagt. Auch hier geht es also wieder darum, den Mieter vor sich selbst zu schützen. Wer ist der ärgste Feind des Mieters? Der private Amateurvermieter, der sich eine oder zwei Wohnungen zur Altersvorsorge kauft? Oder er selbst? Das scheinen zumindest die Politiker so zu sehen, die Milieuschutzsatzungen und Umwandlungsverbote beschließen.

Einar Skjerven, Geschäftsführer, Skjerven Group GmbH, Berlin

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