"Schrottpapiere - das kann nicht gutgehen"

Dr. Konrad Rüchardt, Vorstandsmitglied i. R., Bayerische Handelsbank AG, Gauting, schreibt der Redaktion zum Leitartikel in Ausgabe 20/2014:

"Auch wir haben natürlich seit langem eine gute Telefonverbindung nach Süditalien, aber unsere Partnerin dort unten ist eine liebe, einfache Frau, die lange hier bei München gelebt und gearbeitet hat, und von Geldpolitik nichts versteht. Die Arbeitslosigkeit scheint in Süditalien tatsächlich die Wirtschaft sehr zu lähmen. Jetzt laufen viele Vorschläge darauf hinaus, dass die gewünschten Konjunkturprogramme über die EU letztlich weitgehend von den Deutschen bezahlt werden sollen - warum eigentlich? Die Privilegien der alten Oberschicht in Mediterranien dürfen natürlich nicht angetastet werden!? Griechenland denkt genauso. Diese Privilegien gehen wohl zum Teil bis auf die Römer zurück, die das Eintreiben von Steuern in ihren Provinzen gegen Pauschalzahlungen verpachtet hatten, wobei sich die Oberschicht selbstverständlich gegenseitig schonte und Korruption gewiss viel Spielraum hatte. Unsozialer und ungerechter geht es eigentlich nicht.

Deshalb gibt es in diesen südlichen Ländern derzeit viel zu gering besteuertes durchaus aber angemessen steuerbares Vermögen und Einkommen in der Hand einer kleinen Oberschicht. In Griechenland sind heute bereits erfolgreiche Ärzte steuerfrei, wie mir ein Bekannter, der in Rhodos operiert werden musste, erzählte. Auch die Unternehmen der Mafia werden kaum normale Steuern zahlen. Hier und in der Korruptionsbekämpfung liegt der Schlüssel zu einer stärkeren Wirtschaft. Aber Herr Draghi ist eben selbst ein Süditaliener, der offensichtlich lieber auf seine Freunde hört, als auf objektive Beurteilung und Ratschläge bewährter Fachleute.

Ich bin bei dem Wunsch nach konjunkturwirksamen Ausgabeprogrammen seit langem sehr skeptisch. Greift man zu tief in diese Kiste, ist es schnell zu viel. Die Konjunktur und die Wirtschaft brechen dann nach oben aus und man wird die "Geister, die man rief" nur unter harten Bremsspuren wieder los. Außerdem kommen diese Subventionen wieder in erster Linie der Oberschicht zu Gute. Die Notenbanken setzen sich offenbar auch die - ungeschriebene - Aufgabe, für einige oder viele Investoren die Geschäftsmöglichkeiten zu erhalten und das Risiko zu begrenzen. In den USA gilt das vornehmlich für verschiedene US-Bürger mit Großvermögen und für Investoren aus einigen eurasischen Mittelmeerländern. Das Denken der alten Deutschen Bundesbank ist heute aber auch überholt. Ihre harte und korrekte Haltung natürlich nicht. Im Augenblick brauchen wir allerdings keine Angst vor einem Ausbrechen der Inflation zu haben. "Die Pferde saufen das viele Geld derzeit gar nicht aus". Bei der heutigen US-Notenbankpolitik der Minizinsen kann die EZB gar keinen völlig anderen Kurs steuern.

Mir geht es im Augenblick eigentlich nur um eine Vermeidung des Ankaufs von "Schrottpapieren" durch die EZB. Das kann nicht gut gehen und kommt am Ende doch alles wieder auf den Tisch. Es soll dann wohl von den wirtschaftlich starken Staaten in Europa bereinigt werden. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden. Im Übrigen: Die sogenannte Eurokrise war keine Krise des Euro, sie war eine Überschuldungskrise. Die Staaten und viele Geschäftsleute hatten das Vertrauen ihrer Gläubiger verloren und standen vor der Pleite. Wenn die Hausbank mangels Vertrauens ihre Kreditbereitschaft einschränkt, dann ist der Kreditnehmer, sofern er nicht schnell einen anderen Gläubiger findet, erfahrungsgemäß rasch am Ende. Das ist nichts Neues, sondern war immer so. Das gilt auch für Italien, Griechenland und Andere."

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