Zinsänderungsrisiken? vdp gibt Entwarnung

Philipp Otto

Foto: Fritz Knapp Verlag

Die BaFin hat Angst vor steigenden Zinsen und fürchtet eine Blasenbildung am Immobilienmarkt: "Das Kreditwachstum im Wohnimmobilienbereich ist gerade extrem schnell trotz der Pandemie", stellte der neue BaFin-Chef Mark Branson jüngst in einem Interview fest. Ähnlich klingt es im Finanzstabilitätsbericht der Deutschen Bundesbank, die ebenfalls ein mehr als wachsames Auge auf die Preisentwicklung an den Immobilienmärkten, vor allem im Wohnimmobilienbereich, hat und schon über den eventuell notwendig werdenden Einsatz der makroprudenziellen Instrumente nachdenkt. Nun liegt es - zum Glück - im Naturell des Aufsehers, tendenziell eher zu pessimistisch und argwöhnisch als zu optimistisch und euphorisch zu sein. Immerhin räumt Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling der Bankenbranche ein, bislang sehr vernünftig mit der Entwicklung umzugehen und die Kreditvergabestandards hochzuhalten.

Und der Branchenverband vdp? Der stellt natürlich auch ein spürbares Wachstum sowohl bei den Preisen als auch bei den Kreditvolumina fest, sieht darin aber gar kein Problem. Und untermauert dies mit Zahlen. So sind die vergebenen Darlehen zur Wohneigentumsfinanzierung im Jahr 2021 um 8 Prozent auf ein Volumen von rund 270 Milliarden Euro gestiegen. Die Preise für Wohneigentum legten zwischen 2014 und 2021 um durchschnittlich 6,6 Prozent pro Jahr zu und damit deutlich stärker als die Einkommen der Privathaushalte. Soweit decken sich die Einschätzungen von Aufsehern und Branchenvertretern noch. Gleichzeitig, auch das hat der vdp herausgearbeitet, sei im vergangenen Jahr aber auch der Eigenmittelanteil an den Finanzierungen gestiegen. Entsprechend sanken der Fremdmittelanteil von 82 Prozent auf 80 Prozent und die Kreditbelastungsquote - sprich der Anteil der Aufwendungen für die Bedienung des Darlehens an den verfügbaren Einkommen der Erwerberhaushalte - von 26 Prozent auf 25 Prozent. vdp-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt will dies als "Beleg für die vorsichtige und risikobegrenzende Darlehensvergabepraxis der Pfandbriefbanken" gewertet wissen. Und auch die Kunden agierten weiterhin sicherheitsorientiert.

Ist das also ein Widerspruch und die Bankenaufseher übertreiben - mal wieder? Nicht wirklich. Denn der kritische Blick der Aufsichtsbehörden ist dieses Mal nicht mit zu laschen Kreditvergabestandards begründet, sondern es sind die drohenden Zinsänderungsrisiken, die BaFin und Bundesbank ein wenig die Stirn runzeln lassen. Und das sicherlich nicht zu Unrecht: Denn laut vdp haben derzeit gerade einmal knapp 1 Prozent der vergebenen Darlehen eine kurz- und mittelfristige Zinsbindungsfrist. Dagegen ist der Anteil der Darlehen mit einer Zinsbindung bis einschließlich zehn Jahre von 27 Prozent im Jahr 2019 auf aktuell 35 Prozent gestiegen und Darlehen, die den Zins für mehr als zehn Jahre festgeschrieben haben, machen aktuell satte 64 Prozent aus. Aber auch das ist für die Verantwortlichen des vdp kein wirklicher Grund zur Sorge: "Aufseher sehen die Dinge eher skeptisch. Diese vorsichtige Sichtweise können wir verstehen. Wir können aber keine stark überhitzten Märkte feststellen. Und ein Zinsanstieg ist zwar zu erwarten, er wird aber moderat ausfallen", fasste Präsident Louis Hagen das Geschehen beim virtuellen Kamingespräch des vdp zusammen.

Es hängt also einmal mehr an der EZB und ihren geldpolitischen Entscheidungen. Das gilt im Übrigen auch für das deutsche Kapitalmarkt-Vorzeigeprodukt, den Pfandbrief. Denn auch im vergangenen Jahr war die Notenbank ein wesentlicher Spieler für die erneut überaus positive Entwicklung des Pfandbriefmarktes. Bereits nach zehn Monaten war mit Neuemissionen von 53,5 Milliarden Euro nahezu das Volumen des Vorjahres mit 59,8 Milliarden Euro erreicht. Fast die Hälfte davon, genau 43,4 Prozent, wurde bei der EZB eingereicht.

Und angesichts der doch mehr als spürbaren Zurückhaltung der europäischen Währungshüter, dem Agieren der Kollegen aus UK oder den USA hin zu einem Anziehen der geldpolitischen Zügel - von Zinserhöhungen wollen wir mit Blick auf 2022 gar nicht sprechen - zu folgen, wird sich daran so schnell nichts ändern. Gut für die Pfandbriefbanken, schlechter für die Banken allgemein, aber auf jeden Fall wenig Grund zur Sorge vor Zinsänderungsrisiken. P.O.

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