Kommentar

Bauvertragsrechtsreform durch Bundesrat gefährdet

Hans-Gerd Schmidt

Das Bundesjustizministerium hat im vergangenen September einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung vorgelegt. Das Bundeskabinett hat einen in einigen Bereichen deutlich modifizierten Regierungsentwurf verabschiedet. Sorge bereitet der Bundesarchitektenkammer aktuell, dass der Bundesrat empfohlen hat, eine Entkoppelung der Regelungsbereiche "Modernisierung des Kaufrechts" und "Reform des Bauvertragsrechts" zu prüfen. Dadurch sei die auch aus Sicht des Verbraucherschutzes dringend nötige Neufassung des Gesetzes, die auch unerlässliche Neuerungen für die Architekten- und Ingenieurverträge enthält, insgesamt gefährdet. Red.

Nach langen Vorbereitungen und Vorüberlegungen des Baugerichtstages und einer speziell hierfür eingerichteten, mit den Vertretern aller relevanten Interessengruppen besetzten Arbeitsgruppe hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) im September 2015 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung (BGB-E) vorgelegt. Am 2. März 2016 hat das Bundeskabinett einen in einigen Bereichen deutlich modifizierten Regierungsentwurf verabschiedet.

Bauvertragsrechtsreform noch in dieser Legislaturperiode

Im Vordergrund des gesamten Gesetzes stehen verbraucherschützende Regelungen. Politisch ist im kaufrechtlichen Teil des Gesetzentwurfs insbesondere einen neue Vorschrift von Bedeutung, wonach der Werkunternehmer beim Verkäufer Regress nehmen kann, wenn durch ein fehlerhaftes Produkt zusätzlich Ein- und Ausbaukosten entstehen (§ 445 a BGB-E). Bislang blieb der Werkunternehmer auf diesen Kosten sitzen.

Zeitgemäßere Ausgestaltung

Mit dem BGB-E wird des Weiteren beabsichtigt, das sehr allgemein gehaltene Werkvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs zeitgemäßer und detaillierter auszugestalten. Die komplexe Rechtsmaterie des Baurechts und Bauvertragsrechts soll anwendungssicherer sowie interessengerechter und ökonomisch sinnvoller ausgestaltet werden. Geplant ist auch - und dies ist aus Sicht der Bundesarchitektenkammer schon per se ein großer Erfolg - ein gesonderter Unterabschnitt mit speziellen Regelungen zum Architekten- und Ingenieurvertrag, der zukünftig als werkvertragsähnlicher Vertrag behandelt würde.

Auch inhaltlich begrüßt die Bundesarchitektenkammer grundsätzlich die Bestrebungen des Gesetzentwurfs. Die Empfehlungen des 4. und 5. Baugerichtstages und der Arbeitsgruppe Bauvertragsrecht beim BMJV sowie die Forderungen der Bundesarchitektenkammer wurden im Wesentlichen jedenfalls vom Ansatz her aufgegriffen und den Spezifika nicht nur des Bauvertragsrechts, sondern auch des für Architekten und Ingenieure maßgeblichen Rechts durch ausdifferenzierte Regelungen Rechnung getragen. Dies schließt die Notwendigkeit von Änderungen im Detail keineswegs aus, für die sich die Bundesarchitektenkammer im weiteren Gesetzgebungsverfahren und darüber hinaus einsetzen wird.

Dies betrifft insbesondere die vorgesehene Regelung zur gesamtschuldnerischen Haftung der Baubeteiligten (§ 650 s BGB-E). Hier hatte sich die Bundesarchitektenkammer eine deutlichere Verschiebung der Haftungsgefahren und -folgen zugunsten des Architekten und Ingenieurs vorgestellt. Stattdessen sieht der Gesetzsentwurf nur die Pflicht des Bauherrn vor, bei auch auf fehlerhafter Bauüberwachung zurückzuführenden Mängeln zunächst den Bauunternehmer zur Mängelbeseitigung aufzufordern.

Kommt der Bauunternehmer dem nicht nach, kann aber wieder der Architekt auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Die Bundesarchitektenkammer sieht daher in Übereinstimmung mit dem BMJV in einer solchen Regelung nur einen ersten Schritt in Richtung einer ausgewogeneren Pflichten- und Haftungslage der Baubeteiligten. Ziel für die nächste Legislaturperiode bleibt die gesetzliche Regelung einer sogenannten Objektversicherung.

Aktuell betrachtet die Bundesarchitektenkammer mit großer Besorgnis, dass der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 22. April 2016 empfohlen hat, eine Entkoppelung der Regelungsbereiche "Modernisierung des Kaufrechts" und "Reform des Bauvertragsrechts" zu prüfen. Grund dafür sind stark divergierende Sichtweisen im Bauvertragsrecht, insbesondere im Hinblick auf § 650 b BGB-E, der dem Besteller ein einseitiges Anordnungsrecht einräumt.

Durch eine solche Entkoppelung beider Regelungsbereiche wäre die auch aus Sicht des Verbraucherschutzes dringend notwendige Neufassung des Gesetzes, die auch unerlässliche Neuerungen für die Architekten- und Ingenieurverträge enthält, insgesamt gefährdet. Die Diskussionen um einzelne inhaltliche Punkte müssen im Gesamtzusammenhang behandelt und zum Ergebnis geführt werden.

Der Koalitionsvertrag sieht nicht nur vor, dafür zu sorgen, dass Handwerker und andere Unternehmer nicht pauschal auf den Folgekosten von Produktmängeln sitzen bleiben, die der Lieferant oder Hersteller zu verantworten hat. Vielmehr heißt es dort auch: "Den Verbraucherschutz bei Bau- und Dienstleistungen für Bauherren und Immobilieneigentümer wollen wir ausbauen, insbesondere im Bauvertragsrecht und bei der Fremdverwaltung von Wohnungen."

Nicht pauschal auf Folgekosten sitzen bleiben

Durch die derzeit noch heftig und kontrovers diskutierte Regelung des § 650b BGB-E würde der Besteller das Recht bekommen, unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Einverständnis des Unternehmers eine Änderung, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolges notwendig ist, oder sogar eine Änderung des vereinbarten Werkerfolgs selbst anzuordnen.

Über Einzelheiten der Vorschrift kann und sollte gesprochen werden. Dem Grunde nach und in Kombination mit angemessenen Vorschriften zur Vergütungsanpassung begrüßt die Bundesarchitektenkammer die Regelung aber ausdrücklich und hat daher darauf hingewirkt, dass sie über einen Verweis in § 650 p BGB-E auch im Bereich des Architekten- und Ingenieurvertragsrechts gilt. Dies wird auch in der Stellungnahme des Deutschen Baugerichtstag vom 19. April 2016 für zutreffend gehalten.

Im Übrigen stellt die Stellungnahme dieser "neutralen" und renommierten Institution aus Sicht der Bundesarchitektenkammer eine gute Grundlage dar, um die fachlichen Diskussionen zum einseitigen Anordnungsrecht zeitnah zu sachgerechten Ergebnissen führen zu können.

Die Bundesarchitektenkammer setzt sich daher weiterhin nachdrücklich für eine vollständige Umsetzung der Reform des Bauvertragsrechts noch in dieser Legislaturperiode ein.

Der Autor

Dr. Hans-Gerd Schmidt Mitglied des Vorstands, Bundesarchitektenkammer und Präsident, Architektenkammer Thüringen, Schleusingen

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