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Gewerblicher Immobilienmarkt Deutschland: Nachfrage anhaltend hoch - Mieten steigen langsamer

Axel Jordan

Das Transaktionsvolumen gewerblicher Immobilien konnte im ersten Halbjahr 2015 gegenüber dem Vorjahreszeitraum nochmals deutlich steigen, wobei trotz bereits gefallener Mietrenditen vor allem Core-Objekte an den deutschen Top-Standorten gefragt sind, und auch die Wohnungsmieten in den Metropolen waren von Mietanstiegen gekennzeichnet. Insbesondere die guten Perspektiven der deutschen Top-Standorte sowie die Urbanisierung, der damit verbundene Anstieg von Einwohner- und Beschäftigtenzahl und die wirtschaftliche Stärke und Stabilität zeichnen für die Höhenflüge verantwortlich. Und die Spitzenmieten werden vor diesem Hintergrund auch 2015 und 2016 weitersteigen - nur wird der angezogene Gewerbe- und Wohnungsneubau das Tempo verlangsamen. Red.

Der deutsche Gewerbeimmobilienmarkt ist in guter Verfassung. Das Investitionsvolumen steigt seit Jahren kontinuierlich an. Auch im ersten Halbjahr 2015 war die Marktentwicklung von hoher Dynamik geprägt. Angesichts der anhaltenden Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, stabiler politischer und wirtschaftlicher Verhältnisse in Deutschland sowie der positiven Arbeitsmarktentwicklung war die Nachfrage unverändert hoch. Mit einem Transaktionsvolumen gewerblicher Immobilien von 24 Milliarden Euro (ohne Wohnimmobilien) wurde eine signifikante Steigerung von 42 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum erzielt.

Das Interesse internationaler Kapitalgeber an deutschen Immobilien hat sich im Berichtszeitraum weiter verstärkt. So entfielen im ersten Halbjahr 2015 fast 60 Prozent des Transaktionsvolumens auf ausländische Investoren. Im Vorjahreszeitraum betrug der Anteil dieser Käufergruppe noch knapp 50 Prozent. Damit stellen internationale Anleger derzeit die größte Investorengruppe am deutschen Gewerbeimmobilienmarkt dar.

Vor allem Core-Objekte sind trotz schon spürbar gefallener Mietrenditen nach wie vor gefragt. An den 7 deutschen Top-Standorten - das sind Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart - wurden im ersten Halbjahr 2015 rund 13 Milliarden Euro investiert. Das ist mehr als die Hälfte des gesamten Transaktionsvolumens, das bundesweit in deutsche Gewerbeimmobilien geflossen ist. Die Entscheidung für ein Engagement in den Metropolen basiert vor allem auf deren guten Perspektiven, die in besonderem Maße von der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands und der Urbanisierung profitieren.

Der damit verbundene Anstieg von Einwohner- und Beschäftigtenzahlen sorgt für eine hohe Nachfrage nach Einzelhandels- und Büroflächen sowie Wohnimmobilien. Damit setzt sich der seit Jahren anhaltende Aufwärtstrend der Spitzenmieten in den deutschen Wirtschaftsmetropolen weiter fort. Allerdings verlangsamt sich das Tempo. Sowohl die schon spürbar gestiegenen Mietniveaus als auch der angezogene Gewerbe- und Wohnungsbau bremsen die Dynamik.

Weiterer Anstieg der Einzelhandelsmieten erwartet

Der Einzelhandelsumsatz hat sich an den Top-Standorten aufgrund des guten Konsumklimas weiter positiv entwickelt. Hauptursächlich dafür ist die erfreuliche Einkommensentwicklung. Der innerstädtische Einzelhandel profitiert zudem von steigenden Einwohner- und Besucherzahlen. Insofern werden erstklassige Verkaufsflächen in den Einkaufsmeilen und Shoppingcenter in Citylagen weiter nachgefragt. Hinzu kommt, dass Deutschland durch die im europäischen Umfeld überdurchschnittlich gute wirtschaftliche Lage ein für internationale Filialisten gefragter Markt ist, der fast immer über die Top-Standorte erschlossen wird. Gleichzeitig werden neue Konzepte überwiegend in den Metropolen getestet.

Die hohe Flächennachfrage hat dafür gesorgt, dass sich der Aufwärtstrend der Spitzenmiete für einen Quadratmeter Verkaufsfläche auf durchschnittlich 285 Euro an den Top-Standorten weiter fortgesetzt hat. Spitzenreiter mit einen Quadratmeterpreis von aktuell 335 Euro pro Quadratmeter ist die bayerische Landeshauptstadt München, gefolgt von Berlin sowie Frankfurt am Main, die beide mit rund 290 Euro pro Quadratmeter nur noch knapp unter der 300-Euro-Marke liegen.

Büroimmobilien: zunehmend weniger Leerstand

Schlusslichter mit einem Quadratmeterpreis von 240 beziehungsweise 250 Euro sind Stuttgart und Köln. Hamburg liegt mit einer Spitzenmiete von fast 280 Euro noch leicht unter dem Durchschnitt der Top-Standorte. Demgegenüber ist die Miete in den Seitenlagen der Metropolen in den vergangenen Jahren stabil geblieben. Angesichts des erreichten, sehr hohen Mietniveaus in Top-Lagen ist die Bereitschaft der Retailer, noch höhere Mieten zu zahlen, gesunken. Zudem ist das Angebot an attraktiven Shoppingflächen infolge einer wieder zunehmenden Bautätigkeit gestiegen. Vor diesem Hintergrund dürfte die Spitzenmiete 2015 und 2016 zwar langsamer als in den Vorjahren, aber immer noch um jeweils rund 2 Prozent steigen.

Die gute Entwicklung der Beschäftigtenzahlen hat in den vergangenen Jahren für eine hohe Nachfrage nach erstklassigen Büroflächen in den Metropolen gesorgt. Dadurch ist die Leerstandsquote zwischen 2010 und 2014 um durchschnittlich mehr als 2 Prozentpunkte gesunken. Ursächlich dafür waren der noch zu geringe Büroflächenneubau sowie die Umwandlung ungenutzter Flächen in Wohnungen. Das Leerstandsniveau dürfte auch 2015 sowie 2016 weiter sinken. Angesichts steigender Neubauvorhaben, darunter in zunehmendem Umfang auch wieder spekulative Bauprojekte, wird das Tempo aber abnehmen.

An den 7 Top-Standorten sind die Büromieten in sehr guten Lagen in den vergangenen Jahren kontinuierlichen gestiegen. Gleichwohl ist der Abstand zwischen dem günstigsten Standort Stuttgart und dem Spitzenreiter Frankfurt am Main mit einer Spitzenmiete von 19 Euro beziehungsweise 35 Euro je Quadratmeter im Gesamtjahr 2014 unverändert groß. Dicht an Frankfurt herangerückt ist München. 2010 lag die Spitzenmiete noch 5 Euro je Quadratmeter unter der von Frankfurt, 2014 waren es weniger als 2 Euro. Die Spitzenmiete der vier Standorte im Mittelfeld liegt ebenfalls dicht beieinander. Sie reichte 2014 von 21 Euro je Quadratmeter in Köln über rund 24 Euro in Berlin und Düsseldorf bis zu 25 Euro in Hamburg.

Der Anstieg der Spitzenmiete dürfte sich 2015 und 2016 abschwächen. Ein Aspekt ist das schon recht hohe Mietniveau, das mit 26,50 Euro je Quadratmeter im Durchschnitt der Top-Standorte 2014 etwa 20 Prozent höher ausfiel als vor 10 Jahren. Zudem kommen angesichts der wieder beschleunigten Bauaktivitäten wieder mehr Büroflächen an den Markt. Außerdem dürfte der Beschäftigungsaufbau weniger dynamisch als in den Vorjahren erfolgen. Vor diesem Hintergrund ist für das laufende Jahr ein durchschnittlicher Anstieg der Spitzenmiete um 1 Prozent nach 2 Prozent im Vorjahr realistisch. 2016 dürften die Mieten in sehr guten Lagen um durchschnittlich etwas mehr als 1 Prozent zulegen.

Nachlassende Dynamik bei Wohnungsmieten

Die Wohnungsmärkte in den Metropolen waren in den vergangenen Jahren von erheblichen Mietanstiegen gekennzeichnet. Die dominierende treibende Kraft ist der starke Einwohnerzuwachs. An den 7 Top-Standorten ist die Einwohnerzahl seit der Jahrtausendwende um durchschnittlich fast 10 Prozent gestiegen. Darauf hat der Wohnungsneubau aber erst seit 2012 in verstärktem Maße reagiert. Insofern hat die zunehmende Wohnraumknappheit die Mieten stark steigen lassen. Seit 2000 zog die durchschnittliche Erstbezugsmiete der 7 Top-Standorte um über 40 Prozent auf heute rund 12,50 je Quadratmeter an. Die Bandbreite reicht von etwas mehr als 11 Euro in Stuttgart bis zu über 15 Euro in München. Im Spitzensegment fiel der Anstieg vergleichbar kräftig aus. Im Durchschnitt stieg die Miete auf weit über 17 Euro je Quadratmeter. Die Spanne liegt zwischen rund 15 Euro in Berlin und Köln bis zu 22 Euro in der bayerischen Landeshauptstadt.

Trotz der in den vergangenen Jahren deutlich angezogenen Neubauaktivitäten reicht das derzeitige Fertigstellungsvolumen an den meisten Top-Standorten nicht aus, um den Wohnraumbedarf zu decken. Gleichwohl hat sich die hohe Anstiegsdynamik der Erstbezugsmieten wieder verlangsamt. Das ist zum einen auf das erreichte Mietniveau zurückzuführen, wodurch neu gebaute Wohnungen für immer weniger Großstädter erschwinglich sind. Zum anderen haben die gestiegenen Wohnungsbauaktivitäten zu einem breiteren Angebot geführt. Außerdem sorgen die anhaltend niedrigen Zinsen dafür, dass der Wohnungskauf als Alternative zur Mietwohnung trotz der kräftig gestiegenen Preise immer noch vergleichsweise attraktiv ist. Vor diesem Hintergrund dürfte sich der Mietanstieg für die durchschnittliche Erstbezugsmiete nach rund 3,5 Prozent in 2014 verlangsamen, in diesem und im kommenden Jahr voraussichtlich aber immer noch bei knapp über zwei Prozent liegen. Im Spitzensegment wird der Anstieg etwas niedriger ausfallen.

Günstige Rahmenbedingungen

Die Rahmenbedingungen für Investitionen in gewerbliche Immobilien in Deutschland sind unverändert günstig. Angesichts des stabilen wirtschaftlichen Umfelds, niedriger Zinsen und mangelnder rentierlicher Anlagealternativen wird die Nachfrage nach Immobilien im laufenden Jahr hoch bleiben. Vor diesem Hintergrund ist auch für das zweite Halbjahr mit einem dynamischen Marktgeschehen zu rechnen. Für das Gesamtjahr 2015 ist von einem Transaktionsvolumen oberhalb des starken Vorjahresniveaus auszugehen.

Die DG Hyp analysiert in Zusammenarbeit mit dem DZ Bank Research regelmäßig die Immobilienmärkte in ihren Geschäftsgebieten. Die aktuelle Studie "Immobilienmarkt Deutschland 2015/ 2016" stellt die Entwicklung an den 7 deutschen Top-Standorten Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart und München dar. Untersucht wurden die Immobiliensegmente Einzelhandel, Büro und Wohnen. Die Studie steht unter www.dghyp.de zum Download bereit oder kann bei der DG Hyp angefordert werden.

Der Autor

Axel Jordan - Leiter Immobilienfinanzierung, FinanzGruppe und Mittelstand, Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank AG (DG HYP), Hamburg

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