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Immobilienbewertung im Kleindarlehensbereich (§ 24 BelWertV)

Tanja Reiß

Bei der Bewertung von Kleindarlehen im Immobilienbereich sind umfangreiche gesetzliche und regulatorische Auflagen zu beachten. Es gibt aber unter bestimmten Voraussetzungen auch Erleichterungen für die finanzierenden Banken. Dazu gehören beispielsweise die mögliche Anwendung computerunterstützter Bewertungsmodelle sowie Erleichterungen für die Objektbesichtigung. Von zunehmender Bedeutung ist das Gutachterwesen. Ein Grund, die Qualifizierungsmaßnahmen der Personen, die Immobilienbewertungen im Kleindarlehensbereich beziehungsweise für Wohnimmobilien vornehmen, nachweisbar zu dokumentieren, sind europäische Richtlinien wie die CRR oder die Europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die bis 2016 auch in Deutschland umgesetzt werden und in Kraft treten soll. Die Autorin gibt in ihrem Beitrag hilfreiche Empfehlungen für die Bewertungsarbeit und weist auf nötige Qualifizierungsmaßnahmen beispielsweise für Bankmitarbeiter und Gutachter hin. Red.

Im Bereich der Wohnimmobilienfinanzierung gab es in 2014 ein Neugeschäftsvolumen von rund 177 Milliarden Euro (Darlehensauszahlungen aller Kreditinstitute inklusive Lebensversicherer). Etwa 75 Prozent davon entfielen auf Finanzierungen von Eigentumswohnungen und Eigenheimen - Objektarten, die im sogenannten Kleindarlehensbereich angesiedelt sind.

Von einem Kleindarlehen ist gemäß Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) die Rede, wenn der auf dem im Inland gelegenen wohnwirtschaftlich genutzten Objekt abzusichernde Darlehensbetrag unter Einbeziehung aller Vorlasten den Betrag von 400 000 Euro nicht übersteigt. Bei einer teilweise gewerblichen Nutzung des Objekts darf jedoch der darauf entfallende Ertragsanteil ein Drittel des Rohertrags nicht überschreiten.

Bei der Vergabe solcher grundpfandrechtlich gesicherter Darlehen übernimmt das finanzierende Kreditinstitut für einen festgelegten Zeitraum das Risiko der Bonität des Kreditnehmers und der Wertentwicklung der Sicherheit. Die Bemessung dieses Risikos mit dem Ziel, einen nachhaltigen, möglichst für die Dauer der Kreditvergabe sicheren Wert der Immobilie zu ermitteln, steht im Mittelpunkt der Beleihungswertermittlung. Neben dem aktuellen Marktgeschehen führen Erfahrungen aus der Vergangenheit und der Blick in die Zukunft; innerhalb normierter Verfahren; zu Wertansätzen, die einen nachhaltigen, sicheren Wert wider spiegeln.

Erleichterungen in der Wertermittlung

Der Beleihungswert nach BelWertV dient dabei insbesondere der Erfüllung regulatorischer und aufsichtsrechtlicher Vorgaben zum Gläubigerschutz. Seine Ausprägungen finden sich in Form von Bandbreiten, Höchst- und Untergrenzen, methodischen Vorgaben, Sicherheitsabschlägen und der Vorgabe, mögliche Risiken rechnerisch an bestimmter Stelle zu berücksichtigen, wieder.

§ 5 der BelWertV gibt die Form und den Umfang für Gutachten im Finanzierungsbereich vor. Dieser gilt jedoch nicht für Immobilien im Kleindarlehensgeschäft. Hier können vereinfachte Wertermittlungen erstellt werden.

Die einzelnen Bewertungsschritte, wie sie in der BelWertV gefordert werden, müssen selbstverständlich eingehalten, können aber in einem einfachen Schema dargestellt werden.

Die Vereinfachung betrifft hauptsächlich die verbale, detaillierte Objekt- und Lagebeschreibung sowie die ausführliche Begründung der gewählten Bewertungsparameter in Textform - diese sind nicht zwingend erforderlich. Merkmale wie Lage, Ausstattung, Zustand und Verkäuflichkeit des Objekts können auch auf Basis eines Formulars durch Ankreuzen der hierfür vorgesehenen Auswahlmöglichkeiten dargestellt werden. Dabei sollte das Formular standardisiert sein und inhaltlich den Anforderungen der BelWertV genügen.

Alle übrigen Anforderungen der Beleihungswertermittlungsverordnung, wie zum Beispiel Mindestansätze für Kapitalisierungszins, Bewirtschaftungskosten und Nutzungsdauer, müssen auch bei der Bewertung im Kleindarlehensbereich eingehalten werden.

Computerunterstützte Bewertungstools bieten eine Möglichkeit der Bewertung im Kleindarlehensbereich, wobei maßgebliche Vergleichsdaten (wie Verkaufspreise, Mieten, Bodenrichtwerte, Liegenschaftszinssätze und Marktanpassungsfaktoren) vorgeschlagen werden, die im Einzelfall manuell angepasst werden können und die Vorgaben der BelWertV berücksichtigen.

Computergestützte Bewertungsmodelle

Die BaFin hat mit Schreiben an den Verband deutscher Pfandbriefbanken im April 2008 bestätigt, dass computerunterstützte Bewertungsmodelle nicht gegen die Regelungen zur Beleihungswertermittlung, wie sie sich insbesondere aus der BelWertV ergeben, verstoßen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind und diese Modelle vor allem der Unterstützung des Nutzers dienen. Es muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass die sach- und fachkundige Person im Falle der Bewertung von Immobilien im Kleindarlehensbereich eigenverantwortlich mit den gelieferten Daten umgeht, diese plausibilisiert, gegebenenfalls korrigiert und insgesamt für das Ergebnis der Beleihungswertermittlung verantwortlich ist.

Ein solches BelWertV-konformes Programm bietet auch die vdp-Research an. Computerunterstützte Immobilienbewertung, CIB, generiert auf der Grundlage von Objektadresse und weniger zentraler Objektangaben begründete Vorschläge für den Markt- und Beleihungswert von Standardimmobilien, die vom Anwender überschreibbar sind.

Erleichterungen für die Objektbesichtigung

Eine zentrale statistische Grundlage dieser Vorschläge bildet die vdp-Transaktionsdatenbank, in die mehr als 450 Kreditinstitute jedes Quartal objektbezogene Daten zu kreditfinanzierten Verkaufsfällen einliefern.

Gemäß § 4 Absatz 1 Satz 3 BelWertV ist das zu bewertende Objekt im Rahmen der Wertermittlung zu besichtigen. Die BaFin versteht unter einer Besichtigung grundsätzlich eine Innen- und Außenbesichtigung. Im Regelfall muss diese auch vom Gutachter durchgeführt werden. Eine Ausnahme gilt auch hier wieder für den Kleindarlehensbereich, denn im Rahmen der vereinfachten Wertermittlung kann die Besichtigung auch durch unabhängige, sachkundige Dritte erfolgen.

Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) hat sich intensiv mit dem Thema der Besichtigung im Kleindarlehensbereich beschäftigt und veröffentlichte im März 2014 eine entsprechende Empfehlung. Darin heißt es unter anderem: Die die Besichtigung durchführende Person muss aufgrund ihrer Ausbildung, Schulung und/oder beruflichen Erfahrung über die entsprechenden Kenntnisse verfügen, um eine Besichtigung fachgerecht durchführen und dokumentieren zu können.

Als unabhängige, sachkundige Dritte kommen beispielsweise speziell eingewiesene Mitarbeiter der Bank oder externe Dienstleister in Betracht. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass die besichtigende Person, gemäß § 24 Absatz 2 Satz 2 BelWertV, nicht identisch sein darf mit der Person, die die abschließende Kreditentscheidung trifft oder den Beleihungswert festsetzt. Sie darf gemäß § 7 Absatz 1 BelWertV kein eigenes Interesse am Ergebnis der Wertermittlung haben.

Verzicht auf Innenbesichtigung möglich

Eine weitere Erleichterung besteht bei den Anforderungen an die Besichtigung in Fällen, bei denen nämlich die komplette Besichtigung unterbleiben kann (§ 24 Absatz 3 BelWertV) beziehungsweise in Fällen, bei denen lediglich auf die Innenbesichtigung verzichtet werden kann (§ 24 Absatz. 3a BelWertV). Auf die Innenbesichtigung kann nach § 24 Absatz 3 a der BelWertV verzichtet werden, wenn die Immobilie innerhalb der letzten 10 Jahre fertig gestellt worden ist oder ein Abschlag in Höhe von mindestens 10 Prozent des Beleihungswertes vorgenommen wird. Eine Außenbesichtigung ist in diesem Falle aber trotzdem erforderlich.

Die Gründe für das Unterbleiben der Besichtigung beziehungsweise den Verzicht auf die Innenbesichtigung sind in nachvollziehbarer Weise zu begründen. Bei dem Verzicht auf die Innenbesichtigung ist in jedem Fall zu prüfen, ob die wesentlichen Bewertungsparameter hinreichend bekannt sind.

Ist dies nicht der Fall, so ist eine Innenbesichtigung vorzunehmen.Die Möglichkeit eines Verzichtes auf die Innenbesichtigung und Anwendung eines Abschlages in Höhe von 10 Prozent (§ 24 Absatz 3a Nummer 2 BelWertV) darf deshalb nicht als Pauschalregelung verstanden werden.

Anforderungen an Wertermittler

Für die in der Kreditwirtschaft tätigen Immobiliengutachter ist grundsätzlich § 6 BelWertV von Interesse. Dieser regelt die Anforderungen an die Gutachter. Dort sind eine Zertifizierung nach ISO/ IEC 17024 sowie das Vorhandensein besonderer Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Beleihungswertermittlung explizit aufgeführt. Eine Ausnahme gilt gemäß § 24 Bel-WertV für die Wertermittlung der Sicherheiten im Kleindarlehensbereich. Die jeweilige Person muss lediglich ausreichend geschult und qualifiziert sein.

Lerneinheiten sind praxisnah gestaltet

Um diese Anforderung in transparenter Form nachzuweisen, ist für Bankkaufleute beziehungsweise Personen mit einer entsprechenden Ausbildung im Immobilienfinanzierungsbereich empfehlenswert, eine Ausbildung im Aufgabenbereich "Bewertung wohnwirtschaftlich genutzter Objekte bei der Vergabe von Kleindarlehen" zu absolvieren. Zu diesem Zweck hat die Hypzert gemeinsam mit anerkannten Experten ein Weiterbildungsprogramm erstellt, das den hohen Anforderungen an Wertermittlungen gemäß den gesetzlichen Vorgaben gerecht wird.

Das Ausbildungsprogramm umfasst insgesamt zehn Lerneinheiten (Module), die innerhalb von sechs Monaten zu absolvieren sind. Die Lerneinheiten sind praxisnah gestaltet und beinhalten sämtliche für die Wertermittlung benötigten Informationen und Beispiele.

Über gesetzliche Grundlagen und Basiswissen hinaus werden alle relevanten Objektarten systematisch durchgegangen. Anhand von Beispielen werden die verschiedenen Wertermittlungsverfahren erklärt sowie Hinweise für die Unterlagenbeschaffung, Herleitung von Kennzahlen und Objektbesichtigung gegeben.

Weiterhin wird der Immobilienmarkt in Deutschland beschrieben und dabei auf die allgemeinen Rahmenbedingungen, also die Struktur des Wohnungsbestandes, die Versorgungssituation, die Wohnbautätigkeit und die Entwicklung der Segmente Eigenheime und Eigentumswohnungen eingegangen.

Von der Bodenwertermittlung über die Einschätzung von Lasten bis zur Wertfindung wird jeder Schritt erklärt und mit Beispielen veranschaulicht. Auf www.hypzert.de wird umfangreich über das Fortbildungsprogramm "Bewertung bei der Vergabe von Kleindarlehen" informiert.

Nähere Informationen zur Computerunterstützten Immobilienbewertung CIB sind unter www.vdpresearch.de erhältlich. Ein weiterer Grund, die Qualifizierungsmaßnahmen der Personen, die Immobilienbewertungen im Kleindarlehensbereich beziehungsweise für Wohnimmobilien vornehmen, nachweisbar zu dokumentieren, sind europäische Richtlinien wie die CRR oder die Europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die bis 2016 auch in Deutschland umgesetzt werden und in Kraft treten soll.

Qualifikation des Gutachters von zunehmender Bedeutung

Auch nach diesen Richtlinien sind die Qualifikation des Gutachters, seine Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen sowie seine Unabhängigkeit entsprechend nachzuweisen und zu dokumentieren. Eine fundierte Zusatzausbildung sowie ein entsprechendes Bewertungstool in diesem Bereich qualifizieren die jeweiligen Mitarbeiter, beschleunigen und werten die Arbeitsprozesse merklich auf und sichern somit die Qualität des Kreditprozesses.

Die Autorin

Tanja Reiß - Referentin, HypZert GmbH, Berlin

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