Im Gespräch

"Der perfekte CFO sollte halb Investmentbanker und halb Steuerberater sein"

Anthony Baumruk

Die verstärkte Kapitalmarktorientierung des deutschen Immobilienmarktes bringt veränderte Anforderungen an das Leistungsprofil eines CFOs mit sich. Ein CFO braucht dabei internationale Erfahrungen, Kenntnisse des lokalen Marktes sowie exzellentes Fachwissen. Darüber hinaus muss er in der Lage sein, die Kontakte zu nationalen und internationalen Investoren auf höchstem Qualitätsniveau zu führen. Für gute CFOs und Leiter Finanzen gibt es starke Nachfrage im Markt, folglich ist die Gesamtvergütung in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die Rollenverteilung zwischen CEO und CFO im Unternehmen hängt stark von den individuellen Persönlichkeiten ab. Der CEO ist in der Regel für das große Bild und die Strategie verantwortlich; gerät das Unternehmen aber in Schieflage, sind die meisten Augen auf den CFO gerichtet, der Themen wie die Erschließung alternativer Finanzierungsquellen oder Kapitalerhöhungen stemmen muss. Red.

I&F Wie sieht der ideale CFO mit Blick auf die künftigen Anforderungen an Führungskräfte in der Immobilienwirtschaft aus?

Ein idealer CFO sollte internationale Managementerfahrung haben und in der Lage sein, Menschen zu begeistern. Gleichzeitig ist eine sehr detaillierte und strukturierte Arbeitsweise wichtig, denn "der Teufel liegt im Detail". Ein guter CFO kann in einem Jahr, das nicht so erfolgreich im Bereich Asset- oder Investment-Management ist, für ein Unternehmen durch gutes LTV-Management die Bilanz aus dem Negativen ins Positive ziehen. Zudem ist ein CFO immer jemand der für detaillierte Zahlenwerte verantwortlich ist. Ein erfolgreicher Finanzmanager wird Aufgaben delegieren und schnell personell eine zweite Ebene installieren müssen um die verschiedenen Abteilungen im Bereich Buchhaltung, Controlling, Steuern und Finanzierung zu koordinieren und zu führen.

I&F Viele Marktteilnehmer richten sich immer mehr auf den Kapitalmarkt aus - wie hat sich dadurch das Anforderungsprofil für CFOs verändert?

Das stimmt. Immobilieninvestoren zieht es mehr und mehr an den Kapitalmarkt. Viele Investoren nehmen beispielsweise Fremdkapital in Form von Anleihen auf. Dies ermöglicht eine schnellere und zum Teil weniger reportinglastige Refinanzierung von Immobilien als durch das klassische Mortgage Based Financing. Der "zeitgemäße" Immobilien-CFO muss sich entweder Know-how im Bereich Rating Advisory und Unsecured Financing selber aneignen oder externe Mitarbeiter beschäftigen, die ihn bei diesen Themen unterstützen. Am Ende ist ein Immobilien-CFO wirklich nur so erfolgreich wie seine Hausbank, die ihn bei diesen Vorhaben berät. Dazu gehört eine Bank mit einem exzellenten Netzwerk um, eine Immobilienanleihe erfolgreich zu platzieren.

I&F Welche Ausbildung und fachlichen Fähigkeiten sollte ein guter Finanzvorstand mitbringen?

Der ideale Immobilien-CFO sollte über ein erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium mit wirtschaftswissenschaftlicher Ausrichtung und am besten noch ein weiterführendes Studium im Bereich Immobilienfinanzen verfügen. Kandidaten, die ein Auge auf den Finanzposten haben, sollten sicherlich einige Jahre Berufserfahrung im Bereich der Finanzierung von Immobilien oder Real-Estate-M & A-Transaktionen bei einer Bank, einem (alternativen) Fonds- oder Immobilienunternehmen gesammelt haben.

Ein CFO wird auch bei Investorengesprächen und dem Thema "Equity Raising" eng eingebunden. Daher sollte er über Erfahrung im Umgang mit internationale Investoren und Banken verfügen. Zwar ist der CFO hauptverantwortlich für alle Zahlen im Unternehmen, gleichwohl ist er neben dem CEO und dem Head of Equity Raising einer der Wichtigsten, wenn es darum geht, die eigene Unternehmensstory zu "verkaufen" und Investoren für die Plattform zu begeistern.

I&F Wie wird die Qualifikation von CFO-Kandidaten geprüft, gibt es hier bestimmte Vorgehensweisen?

Die Qualifikation eines Kandidaten macht nur zum Teil sein wirkliches Gesamtbild aus. Ob ein Kandidat mit einem MBA oder einem CFA nun mehr oder weniger erfolgreich ist, ist schwer zu sagen. Ein erfolgreicher CFO hat Erfahrung gesammelt in vielen verschiedenen Themenbereichen - angefangen vom Accounting bis hin zum Kapitalmarkt, sodass er sich zu vielen Fragen direkt einbringen kann. Kandidaten, die durch ihr Wissen im Bereich Finanzierung und Rechnungswesen der Firma externe Beraterkosten sparen können und klar und schnell eine finanztechnische Linie verfolgen, werden sicherlich mehr Erfolg haben als Kandidaten, die diese Erfahrung noch nicht mitbringen.

I&F Gibt es Ihrer Wahrnehmung nach ausreichend qualifizierte Kandidaten?

Das sehe ich im Moment leider nicht so. Mit rund vier Millionen Erwerbstätigen ist die Immobilienwirtschaft sicherlich eine der großen Wirtschaftsbranchen in Deutschland. Bei einer Arbeitslosenquote von sechs Prozent in Deutschland wird es aber immer schwieriger qualifizierte Finanz-Kandidaten zu finden. Es gibt mehr und mehr Wettbewerb bei den Investoren durch neue Spieler am Markt und alle teilen sich denselben Kandidatenpool.

I&F Ist die Immobilienbranche bei kaufmännischen Führungskräften beliebt, wie steht es um die Reputation des Sektors?

Die Immobilienbranche, vor allem in Deutschland, ist seit einigen Jahren im Aufwind. Der Sektor wird immer interessanter. Im wohnwirtschaftlichen Bereich oder auch bei Projektentwicklern gibt es noch wirkliche Wachstumsgeschichten, die sicherlich viele Finanzführungskräfte interessieren. Ich denke, dass vor zehn Jahren ein Bertelsmann-Manager nicht als CEO zu einem wohnwirtschaftlichen Investor nach Bochum gewechselt wäre. Da hat sich die Branche schon sehr verändert.

I&F Der Immobiliensektor wird immer internationaler, deutsche Immobilienaktiengesellschaften beispielsweise werden aber zumeist von deutschen Führungskräften geleitet - ist das ein Mangel? Ist Deutschland nicht attraktiv genug?

Ich finde es klasse, dass mehr und mehr internationale Investoren nach Deutschland kommen! In jeder Hinsicht ist der deutsche Markt höchst attraktiv und wirtschaftlich hochgradig erfolgreich. Die Besonderheit liegt nun mal darin, dass viele Immobilienunternehmen zwar in internationaler Hand sind, doch die internen Strukturen nach wie vor historisch geprägt sind (wie zum Beispiel eine DIC oder Patrizia Gruppe). Hiervon ist die Führungsriege keine Ausnahme. Sie dürfen nicht vergessen, dass jedes Land seine Eigenheiten hat, so auch Deutschland. Um diese zu verstehen, aber auch umzusetzen, benötigt man einfach mehr als nur eine internationale Führungskraft.

Die eigentliche Frage ist die, ohne dies despektierlich zu meinen: "Was bietet eine internationale Führungskraft an Mehrwert?" Was wir nicht vergessen dürfen ist, dass Deutschland noch immer ein lokaler Markt ist, auch mit seinen knapp 81 Millionen Bürgern. Hier punktet eine deutsche Führungskraft besonders mit dem kulturellen Verständnis und dem traditionsbewussten Denken, was man nicht außer Acht lassen darf, denn dies ist nicht erlernbar und wird meistens unterschätzt. Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg bilden auch die Branchenkenntnisse und ein aufrufbares Netzwerk zu Kontakten, insbesondere wenn es sich um den inländischen Raum handelt. Zu guter Letzt spielt auch die Art und Weise, wie man Verhandlungen führt, eine wichtige Rolle. Dies ist sehr länderspezifisch und differiert von Land zu Land immens, sodass der Erfolg eines Unternehmens auch vom Verhandlungsgeschick mit ansässigen Unternehmen nachhaltig beeinflusst wird.

Idealerweise ergänzt sich dieses Profil mit dem internationalen "Touch". Damit meine ich, dass man andere Herangehensweisen, neue Ideen und Konzepte sowie das interkulturelle Knowhow miteinfließen lässt und das bestehende Führungsprofil somit komplettiert. Generell gibt es kein allgemein gültiges Rezept oder die Sicherheit, dass jemand aus dem Inland die bessere Wahl ist.

Unserer Beobachtung nach und wie von unseren Kunden in den meisten Fällen kommuniziert, möchte man sogar aus den geschilderten Gründen einen "Na tive".

I&F Wie wichtig ist internationale Erfahrung, oder reichen lokale Kenntnisse und Kontakte aus, um erfolgreich zu sein?

Internationale Erfahrung wird immer wichtiger. Spätestens auf Vorstandsebene braucht ein erfahrener Immobilienmanager solide internationale Bank- und Investorenkontakte. Internationale Erfahrung ist aber nicht alles. Zu oft sieht man ein internationales Finanzmanagement, das Immobilien betreut und scheitert, weil kein Markt Know-how vorhanden ist.

I&F Wie haben sich die Gehälter für Führungskräfte entwickelt; gibt es in Bezug auf Vergütung vergleichbare Branchen in Deutschland?

Unser Unternehmen hat in den letzten fünf Jahren einen starken Anstieg an dem "Gesamtgehaltspaket" eines CFOs oder eines Leiters Finanzen gesehen. Zum einen "streitet" sich die Immobilienbranche um Talente, die sonst vielleicht zu einer Bank einem Start-Up oder einer anderen Branche gewechselt wären. Daher müssen die Unternehmen kompetitive Gehälter zahlen. Zum anderen brauchen Immobilienunternehmen oft lange Zeit, um sich erfolgreich zu entwickeln.

Mehr und mehr gehört es zum Standard, dass ein Senior Manager "5-Jahres-LTIPs" (LTIP Long Term Incentive Plan - Auszahlung nach fünf Jahren) bekommt und dadurch langfristig an den Erfolg einer Firma gebunden wird.

Die Immobilienbranche orientiert sich in den letzten Jahren immer mehr an den Standards, die gang und gäbe bei vielen der großen Dax-30-Unternehmen sind.

I&F Haben Immobiliengesellschaften genügend Kapazitäten aufgebaut um Investoren und anderen Interessengruppen ein qualitativ hochwertiges Finanzreporting zu bieten?

Das ist sicherlich die zentrale Frage. Vor etwa 15 Jahren hätte ich gesagt, dass Immobilien-CEOs nicht wirklich wussten, was genau der FFO (Funds from Operations), der NAV (Net Asset Value) oder das ROCE (return on capital employed) ihrer Firma ist.

Das hat sich geändert - natürlich zum Teil durch internationale Investoren. Heute muss jeder ambitionierte Investor in der Lage sein, einen HGB-Bilanzabschluss zusammen mit einem IFRS-Reporting zu produzieren. Alles andere lockt keinen interessierten Investor an.

Da die Immobilienbranche in Sachen Finanzreporting aber noch viel Entwicklungspotenzial hat, bieten viele Investoren mehr und mehr andere Key Performance Indicators (KPIs) an, um sich von der Konkurrenz abzusetzen.

Beispielsweise ist der Erfolg der Vonovia auch auf ein erfolgreiches Finanzreporting zurückzuführen. Das Unternehmen hat mit der KPI "Time to Market" eine interessante Kennzahl eingeführt, die misst, wie lange das Unternehmen braucht, um kosteneffektiv Finanzierungen zu akquirieren.

I&F Wie wird ein CFO tauglich für Investorengespräche oder muss er dazu "geboren" sein?

Wie bereits angesprochen: Ein idealer CFO sollte in der Lage sein, Leute zu begeistern und es gewohnt sein, in einem internationalen Umfeld mit Investoren zu sprechen. Ich denke, dass man solche Themen sicherlich in einem MBA Studium erlernen kann, aber am Ende muss man als CFO auch ein Verkäufer sein, der die Firma präsentieren kann. Bei vielen analytisch geprägten Kandidaten ist das aber nur bedingt der Fall.

I&F Bringt die zunehmende Kapitalmarktorientierung nicht zu viel Kurzfrist-Denken und -Handeln in eine grundsätzlich langfristig orientierte Branche?

Nur bedingt. Duch die Finanzkrise ist der Kapitalmarkt mehr reguliert worden. Selbst wenn ein Unternehmen einen Bond auflegt, gibt es viele Berater und Banken, die die Bonität und den Businessplan auf den Kopf stellen und analysieren. Ich stimme Ihnen aber zu, dass im Moment mehr und mehr Unternehmen "Wachstumsfinanzierung" bekommen und Banken so erfolgreich schnelle quartalsweise Erträge vorzeigen können. Zum anderen kann nun einmal der Kapitalmarkt das Wachstum von Unternehmen rasant beschleunigen. Einige Unternehmen, die jetzt über 100 Millionen Euro Eigenkapital bei Investoren eingesammelt haben, existierten vielleicht vor 24 Monaten gerade mal auf dem Papier! Dabei sollte dort konservatives Management herrschen! Bei so einem rasanten Wachstum muss der CFO seine Hausaufgaben machen und genau kontrollieren, wie es um das Wachstum, Investments und die Liquidität steht. Anlegern sollte man bei solchen Firmen eigentlich abraten, da es sich dabei oft um einen recht schmalen Immobilienbestand, undurchsichtige Finanzierungen sowie meist "Black Box" Businesspläne handelt.

I&F Wie sollten sich CEO und CFO Führungsaufgaben aufteilen?

Das kommt auf die individuellen Persönlichkeiten an. Ein CEO ist immer der "Man" fürs "Big Picture". Er muss sich die Firma anschauen und analysieren - wo soll das Unternehmen in fünf Jahren stehen und was braucht man dafür? Der CFO sollte dann der Partner sein, der diese Strategie umsetzt, die Finanzierung beschafft sowie Investoren und den LTV im Auge behält. Schwierig wird es, wenn ein Unternehmen in Schieflage gerät, da dann meistens alle Augen auf den CFO gerichtet sind.

Alternative Finanzquellen oder Kapitalerhöhungen mit einem negativen NAV sind einfach Dinge, die in das Ressort des CFOs gehören - da verschieben sich dann teilweise die Machtverhältnisse.

I&F Taugen ehemalige Investmentbanker zum CFO?

Das ist eine interessante Frage. Also die kurze Antwort ist sicherlich: Nur bedingt. Das Wort Investmentbanker beinhaltet ja sehr viele Begriffe wie Händler oder M & A-Berater. Wenn wir jetzt von dem Berater ausgehen, der seit Jahren Immobilienunternehmen berät, dann haben diese Kandidaten sicherlich exzellente analytische Fähigkeiten und ein solides Netzwerk in Europa. Per Definition ist ein Investmentbanker auch ein guter Verkäufer. Daher kann er Teile einer CFO-Position sicherlich gut ausfüllen, wie zum Beispiel Equity Raising, Investorengespräche, Wachstumspläne, M & A-Projekte und ähnliches. Man darf aber nie vergessen, dass im Investmentbanking immer noch Gehälter gezahlt werden, die sicherlich 40 bis 50 Prozent über dem liegen, was ein mittelständischer Immobilieninvestor zahlen kann. Die Frage ist dann eher, warum Investoren Kandidaten für teures Geld einstellen sollten, die dann nur ein

Teil des gesuchten Profils abdecken. Schaut man sich die CFOs bei den großen Immobilieninvestoren an, findet man einige Investmentbanker, aber auch pragmatische Finanzmanager, die exzellente Kenntnisse im Bereich Finanzierung, Rechnungswesen und Steuern haben. Der perfekte CFO sollte halb Investmentbanker und halb Steuerberater sein.

Zur Person Anthony Baumruk Principal Consultant "Banking & Financial Services", Cobalt Deutschland GmbH, Berlin
Noch keine Bewertungen vorhanden


X