Zur Umsetzung des Förderziels der Bürgschaftsbanken sind passende Vertragsbedingungen notwendig. Die besonderen Vertragsbedingungen zwischen den Akteuren Kreditnehmer, Hausbank oder Sparkasse und Bürgschaftsbank werden dabei nicht individuell im Kreditvertrag geregelt. Vielmehr werden die besonderen Bürgschaftsbestimmungen der jeweiligen Bürgschaftsbank zum Vertragsbestandteil gemacht, insbesondere um den staatlichen Vorgaben und den beihilferechtlichen EU-Anforderungen gerecht zu werden.
Bürgschaftsbanken als Förderinstitute der Wirtschaft
Die deutschen Bürgschaftsbanken sind in allen Bundesländern vertreten, aber keine klassischen Banken. Ihr auch für den Staat nützlicher privater Förderauftrag ist die Vergabe von Bürgschaften. Sie unterstützen kleine und mittlere Unternehmen sowie Gründer und Nachfolger, sofern den Unternehmen Sicherheiten für eine ausreichende Kreditfinanzierung fehlen.
Durch die Länderstruktur und historisch bedingt haben sich die Allgemeinen Bürgschaftsbedingungen (ABB) als Vertragsbedingungen unterschiedlich entwickelt. Sie mussten dennoch immer im Einklang mit den Rückbürgschaftserklärungen (RBE) des Bundes und der Länder stehen, da sie quasi die "Spielregeln" für die Förderung des Mittelstandes durch die Bürgschaftsbanken darstellen. Durch die anteilige Risikoübernahme von Bund und Ländern können die Bürgschaftsbanken ihren Förderauftrag erst voll erfüllen.
Existenzgründungen und Investitionen mittelständischer Unternehmen bilden die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum. Gründer und kleinere Unternehmen stehen bei der Planung und Verwirklichung ihrer Projekte jedoch häufig vor besonderen Herausforderungen: Gründungen und neue Vorhaben setzen wachsende Investitionen und Betriebsmittel voraus, die finanziert werden müssen, auch wenn häufig keine oder keine ausreichenden Sicherheiten für Kreditgeber vorhanden sind. Ausfallbürgschaften der Bürgschaftsbanken tragen in dieser Situation dazu bei, Hindernisse zu überwinden und Erfolg versprechenden Vorhaben zur Finanzierung durch Kreditgeber wie Kreditinstitute, Versicherungen und Leasingunternehmen zu verhelfen.
Vereinheitlichung und Modernisierung
Die zunehmende Regulierung der Kreditwirtschaft, die voranschreitende Digitalisierung und Automatisierung der Prozesse in der Kreditwirtschaft, aber zunehmend auch im Mittelstand, erforderten eine Vereinheitlichung der ABB und bundesweite Modernisierung. Der VDB hat mit Experten aller seiner Mitglieder ABB (Kredit) entwickelt, die eine effiziente Förderung von Gründern sowie kleinen und mittleren Unternehmen in ganz Deutschland auch künftig sicherstellen. Eine Vereinheitlichung und Modernisierung waren aus folgenden Gründen erforderlich:
Bürokratieabbau - neue Anforderungen für den Mittelstand: Die von den Bürgschaftsbanken geförderten Betriebe sind zunehmend bundesländerübergreifend tätig. Unterschiedliche ABB erschwerten diesen Unternehmen die Kreditaufnahme in verschiedenen Bundesländern durch unnötige juristische Komplexität und entsprechend erhöhten Prüfungsaufwand.
Einheitliche Rahmenbedingungen
Die Rahmenbedingungen sollten für alle kleinen und mittleren Unternehmen bundesweit einheitlich sein, wie durch die Rückbürgschaftserklärungen des Bundes und auch der Länder ursprünglich beabsichtigt war. In den bundesweit angebotenen Programmen in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Investitionsfonds (EIF) wurde das beispielsweise für Leasing-Bürgschaften und Agrar-Bürgschaften bereits einheitlich umgesetzt. Nun werden auch die ABB (Leasing) modernisiert und mit den ABB (Kredit) "abgestimmt", um auch hier eine Standardisierung zu erzielen. Geplant ist, dass sie ebenfalls ab Juli 2017 bundesweit gelten.
Unterstützung für den notwendigen Bürokratieabbau
Die Vereinheitlichung unterstützt den notwendigen Bürokratieabbau und erleichtert damit unmittelbar den Finanzierungszugang für den Mittelstand. Letztlich ist das auch die Voraussetzung dafür, dass die Bürgschaftsbanken künftig in stärkerem Umfang mit anderen bundesweit tätigen Fördermarktakteuren wie EIF, Rentenbank oder der KfW kooperieren können.
Digitalisierung der Bankprozesse: Nicht nur die Filialbanken sind bundesländer übergreifend in der Mittelstandsfinanzierung aktiv, auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind in den Grenzregionen in mehreren Bundesländern tätig. Unterschiedliche ABB erhöhten den Prüfungs- und Verwaltungsaufwand für die beteiligten Bankpartner unnötig und erschwerten die Krediterlangung für kleine und mittlere Unternehmen sowie gerade auch für Gründer und Nachfolger.
Die ab Juli 2017 einheitlichen Bestimmungen können von bundeslandübergreifend tätigen Unternehmen und deren Hausbanken künftig in standardisierten Prozessen verarbeitet werden. Denn sie sind mehr auf die Prozessanforderungen der Kreditwirtschaft abgestimmt als die bisherigen regionalen Bedingungen. Zudem können diese ABB bei Bedarf zentral angepasst werden.
Anpassung an die Abwicklungsprozesse in der digitalisierten Wirtschaft
Zusätzlich wurde in die neuen einheitlichen ABB die Möglichkeit der Formfreiheit nach § 350 HGB zur effektiveren Bürgschaftsabwicklung unter Kaufleuten aufgenommen. Künftig können Bürgschaftserklärungen auch elektronisch als "E-Bürgschaft" gegenüber Hausbanken erklärt und dort weiter verarbeitet werden. Auch das ist für bundes- und zum Teil europaweite Programme künftig eine Notwendigkeit, um Erklärungen und Abwicklungsprozesse in der digitalisierten Wirtschaft zukunftssicher gestalten zu können.
Zunehmende Regulierung der Banken in immer kürzeren Abständen: Die deutschen Bürgschaftsbanken sind vergleichsweise kleinere Kreditinstitute. Trotzdem müssen sie fast alle regulatorischen und bankaufsichtlichen Anforderungen erfüllen. Durch Bündelung der Entwicklung und weitere Fortentwicklung der ABB als Vertragsbedingungen für die gesamte Bürgschaftsbanken-Gruppe konnte eine spürbare Entlastung der einzelnen Institute und damit eine Effektivitätssteigerung erreicht werden.
Die zunehmende Regulierung erschwert zudem den kreditgebenden Instituten die bewährte langfristige Finanzierung des Mittelstands. Der Verwaltungsaufwand für die Banken nimmt zu. Das Kreditgeschäft, insbesondere im kleinteiligen Bereich, ist ohne standardisierte werthaltige Sicherheiten teilweise nicht mehr sinnvoll durchführbar oder für die Kreditnehmer extrem teuer.
Einmalige und zentrale Prüfung der Allgemeinen Bürgschaftsbedingungen
Auch die steigenden Eigenkapitalanforderungen an Kreditinstitute für Unternehmensfinanzierungen bei Basel III und künftig Basel IV machen den Einsatz von CRR-konformen und eigenkapitalentlastenden Sicherheiten wie den Ausfallbürgschaften der Bürgschaftsbanken notwendig (siehe auch: Lothar Broda/Guy Selbherr "Eigenkapitalunterlegung: mehr Kreditvergabespielraum durch Bürgschaften" in diesem Heft, Seite 484ff.) Insbesondere die EU-Verordnung 575/2013 (CRR) schaffte neue Vorgaben zur Gestaltung vom Einsatz von Sicherheiten nach der die bisherige Praxis in den Bundesländern neu justiert werden musste.
Wenn die erforderlichen Prozesse über die Bürgschaftsbanken verschlankt werden, wird die Kreditvergabe im kleinvolumigen Bereich an kleine und mittlere Unternehmen sowie Gründer für die Hausbanken attraktiver. So können ungewollte Hemmnisse bei der Kreditversorgung des Mittelstands durch die Bankenregulierung ausgeglichen werden.
Effizienzsteigerung bei der Förderung für Bund und Bundesländer: Bund und Bundesländer brauchen nicht länger einzelne ABB aller Bürgschaftsbanken individuell zu prüfen, sondern Änderungen können durch den VDB vorbereitet und dort nur noch einmalig zentral geprüft werden. Es wird damit auch sichergestellt, dass die ABB bundesweit den Rückbürgschaftserklärungen von Bund und Ländern gegenüber den Bürgschaftsbanken entsprechen.
Sicherstellung der beihilfekonformen und banküblichen Bürgschaftsvergabe: Einheitliche ABB bieten den Bürgschaftsbanken und ihren Rückbürgen die höchstmögliche Sicherheit, dass die Bürgschaftsvergabe jederzeit an die aktuellen gesetzlichen Vorgaben in den Bereichen EU-Beihilfe oder Bankregulierung angepasst werden können. Diesbezügliche Änderungen in den ABB können künftig einmalig geprüft und dann umgesetzt werden. Umfassende bundeslandspezifische Prüfungen durch die Landesrückbürgen werden überflüssig.
Die Bürgschaftsbanken konnten damit alle Anforderungen der Regulierung an die Bürgschaftsbestimmungen aufgreifen sowie die Digitalisierung und Modernisierung dieses wichtigen Sicherungsinstruments für Unternehmenskredite erreichen.
Bundesweit einheitliche ABB werden die Zusammenarbeit der kreditgebenden Institute mit den fördernden Bürgschaftsbanken erleichtern. Sie werden auch Basis des Digitalisierungsprozesses für Bankbürgschaften sein. Die Vereinheitlichung, die vereinfachte Zusammenarbeit und die Digitalisierung der Abläufe werden die Finanzierungsmöglichkeiten des Mittelstandes verbessern.