Einschränkungen der Handelsfreiheit - eine Gefahr für die deutschen Familienunternehmer

Lutz Goebel, Präsident des Verbands DIE FAMILIENUNTERNEHMER sowie Geschäftsführender Gesellschafter der Henkelhausen GmbH & Co. KG, Krefeld

Lutz Goebel, Präsident des Verbands DIE FAMILIENUNTERNEHMER sowie Geschäftsführender Gesellschafter der Henkelhausen GmbH & Co. KG, Krefeld - Das Plädoyer der deutschen Wirtschaft für einen freien Welthandel ist unabhängig von Unternehmensgrößenklassen. Auch der hiesige Mittelstand, so verdeutlicht der Autor aus Sicht der oft kleinen und mittleren Familienunternehmen, hält sehr wenig von Einschränkungen der Handelsfreiheit und will sich bewusst den Herausforderungen des internationalen Wettbewerbs stellen. Sehr selbstbewusst verweist er auf die Flexibilität, das Know-how und die hohen Qualitätsmaßstäbe vieler KMUs bei der Optimierung der Prozesse und zeigt sich optimistisch, dass diese sich auch in Zukunft mit der angebotenen Produkt- und Dienstleistungspalette sowie vielen Innovationen an den Weltmärkten behaupten. Eine Verweigerungshaltung einzunehmen und sich von den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen abkoppeln zu wollen, hält er für kontraproduktiv. Dabei will er seinen Einsatz für den Freihandel nicht allein auf den unternehmerischen Erfolg bezogen wissen, sondern es geht ihm um eine Geisteshaltung der Öffnung gegenüber anderen Ländern und Kulturen, der er letztlich eine nachhaltige Förderung des Friedens zuschreibt. (Red.)

Familienunternehmer betreiben seit Generationen über Grenzen hinweg Handel. Die Chancen und Risiken, die sich durch die Erschließung fremder Märkte ergeben, sind ihnen seit Langem vertraut. Eine Erfolgsgarantie für den Weg in die Ferne gab und gibt es zwar nicht. Dennoch ist der Schritt ins Ausland für Familienunternehmen immer mehr zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Die Produktionsketten haben sich aufgrund einer immer spezialisierteren Arbeitsteilung stark internationalisiert.

Fast zwei Drittel der Mitglieder des Verbands unterhalten mittlerweile geschäftliche Beziehungen zum Ausland. Deutsche Familienunternehmer haben mit Einsetzen der Globalisierung offensichtlich die richtigen Entscheidungen getroffen und bieten heute Produkte und Dienstleistungen an, für die es weltweit eine Nachfrage gibt. Deutsche Produkte werden gekauft, weil sie qualitativ in der vordersten Reihe mitspielen.

Familienunternehmer als Stabilisator einer Volkswirtschaft

Die Internationalisierung des Mittelstandes ist eine Entwicklung, die von der angloamerikanischen geprägten Betriebswirtschaftslehre vor 20 Jahren noch belächelt wurde. Internationalisierung, so lautete die Devise, könne nur von großen industriellen Strukturen bewältigt werden. Die noch lange nicht ausgestandene Finanz- und Euro-Krise hat aber gezeigt, dass global vernetze Familienunternehmen eine Volkswirtschaft stabilisieren können.

Viele Länder, die entweder eine Deindustrialisierungsstrategie gefahren oder ihre mittelständischen Strukturen durch eine Industriepolitik abgeschafft haben, sind deutlich anfälliger für exogene Schocks. Nicht ohne Grund beneiden Frankreich und Großbritannien Deutschland für seine Familienunternehmen. Ein Großteil der sogenannten Hidden Champions, also meist wenig bekannte Weltmarktführer, sind deutsche Familienunternehmen.

Die Entscheidung, sich dem internationalen Wettbewerb zu stellen, hat diese Unternehmen nach vorn gebracht. Sie sind innovativ und haben zum Beispiel als Zulieferer gemeinsam mit ihren internationalen Partnern hocheffiziente Prozesse entwickelt, die eine logische Voraussetzung für die Herausforderungen der Digitalisierung sind. Umso verstörender ist es, wenn dieses Erfolgsmodell nun durch politische Strömungen in Gefahr gebracht wird. Im Jahresausblick 2017 gaben 40 Prozent der befragten Familienunternehmer an, dass der wachsende Protektionismus ihnen große Sorgen macht.

Falsche politische Vorstellungen und eine gewisse Saturiertheit

Die Globalisierung im Sinne einer Verkürzung der Distanzen zum Fremden gerät von zwei Seiten unter Beschuss: Auf der einen Seite stehen politische Führer wie Donald Trump, die sich von der Renationalisierung wirtschaftlicher Abläufe Wunder am Arbeitsmarkt und positive Effekte für die Gesellschaft erhoffen. Eine Botschaft, die in Europa in abgewandelter Tonalität auch von radikalisierten Bewegungen verbreitet wird.

Auf der anderen Seite ist insbesondere in Deutschland eine Verschließung vor neuen internationalen Chancen und Partnerschaften zu beobachten, die einer gewissen Saturiertheit entspringt. Deutschland geht es vergleichsweise gut und einige denken, diesen Zustand durch Abschottung einfrieren zu können. Nichts anderes treibt die meisten TTIP-Gegner um.

Zum Wohle junger Menschen und kommender Generationen

Handelsabkommen zwischen der EU und engen Verbündeten wie Kanada und den USA sind Verträge unter gleichen Partnern vor allem zum Wohle junger Menschen und kommender Generationen. Für Familienunternehmer bedeutet eine besser geregelte Marktöffnung weniger unnötige Vorschriften und weniger Bürokratie. Es werden Geld und Energie freigesetzt, die in die Zukunft der Betriebe und Mitarbeiter investiert werden. Würden dabei, wie von den Gegnern behauptet, tatsächlich Standards gesenkt werden, gehörten deutsche Produzenten sicher zu den größten Verlierern, weil ihr Knowhow letztlich vergeudet wäre. Hohe Qualität und eindeutige Standards liegen im eigenen Interesse.

Die Ablehnung der Globalisierung verkennt ferner die Fakten. Freier Handel ist die treibende Kraft für weltweites Wachstum und zunehmenden Wohlstand. Seit 1980 hat sich der weltweite Export dank freieren Handels verzehnfacht und zu einer Verdreifachung des weltweiten BIP pro Kopf geführt. Gleichzeitig leben heute viermal weniger Menschen in absoluter Armut als vor fast vier Jahrzehnten.

Verweigerungshaltung kontraproduktiv

Natürlich kommt es darauf an, die Globalisierung nicht einfach geschehen zu lassen. Gesellschaftlich darf niemand dadurch abgehängt werden, dass andere Vorteile erlangen können. Umso wichtiger ist es, dass die Regeln der Globalisierung nach eigenen, nach deutschen und europäischen Vorstellungen, gestaltet werden.

Ähnlich wie bei der Digitalisierung wird man den Herausforderungen einer vernetzen Welt nicht gerecht, wenn man sich in vermeintlich übersichtliche Zeiten zurücksehnt. Auch eine Verweigerungshaltung wird nicht dazu führen, dass man mögliche Nachteile großer gesellschaftlicher Umwälzungen minimiert. Im Gegenteil, die Prozesse werden ablaufen, ohne dass man Stoppschilder aufstellen und Verbesserungsvorschläge machen kann.

Eine Geisteshaltung zur Förderung des Weltfriedens

Beim Einsatz für den Freihandel geht es aber nicht nur um den unternehmerischen Erfolg im engeren Sinn. Bei der Öffnung gegenüber anderen Ländern und Kulturen geht es auch um eine Geisteshaltung. Der Austausch von Menschen, Ideen und Gütern hat in Europa und großen Teilen der Welt den Frieden nachhaltig gefördert. Die Familienunternehmer werden sich gegen den aufkommenden Protektionismus, der diese Errungenschaft aufs Spiel setzt, mit aller Kraft wehren.

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