Neues Modell für Staatsanleihen-Selektion

Abbildung 1: Entwicklung der 10-jährigen Yields ausgewählter Euroländer Quelle: Datastream, Stand 30.11.2014

Univ.-Prof. Dr. Josef Zechner und Univ.-Prof. Dr. Engelbert J. Dockner, beide Mitglieder der wissenschaftlichen Leitung, Spängler IQAM Invest GmbH, Salzburg Bei der Renditeentwicklung von Euro-Staatsanleihen muss man eindeutig zwischen der Zeit vor und nach der Finanzkrise unterscheiden. Seit dem Jahr 2008, so zeigen die Autoren in ihrer längerfristigen Marktbetrachtung, müssen die Manager von Euro-Staatsanleihen-Portfolios neben dem Zinsrisiko auch systematisch das Kreditrisiko berücksichtigen. Die Attraktivität von Staatsanleihen aus der Eurozone sehen sie damit zwar geändert, aber für Investoren halten sie ein Engagement durchaus für interessant, wenn eine hinreichend hohe Risikoprämie als Kompensation für das Zins- und Kreditrisiko zu erwarten ist. (Red.)

Für Investoren waren Euro-Staatsanleihen zwischen 1997 und 2007 ein sehr interessantes Investment. Im Vergleich zu Aktien stellten sie einen sicheren Hafen dar, haben aber dennoch attraktive Renditen abgeworfen. Man konnte beachtliche Kursgewinne sowohl durch die Konvergenz der nationalen Zinssätze im Rahmen der Einführung des Euro als auch durch ein generelles Sinken des Zinsniveaus erzielen.

Abbildung 1 zeigt die Konvergenz der 10-jährigen Yields (Renditen) für ausgewählte Euroländer zwischen 1997 und 2002. Dabei wird ersichtlich, dass die Zinssätze in Italien, Griechenland, Spanien und Portugal im Vorfeld zur einheitlichen Währung massiv gesunken sind und sich im Zeitraum 2002 bis 2008 de facto auf dem Niveau deutscher Bundesanleihen befanden.

Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Yields 10-jähriger deutscher Bundesanleihen zwischen 1991 und heute. Dabei kommen die enormen Zinssenkungen über eine mehr als 20-jährige Periode zum Ausdruck.

Beide Effekte zusammen haben Staatsanleihen im Euroraum zu einer attraktiven Anlageklasse gemacht, was auch durch deren Rendite- und Risikoverhältnis dokumentiert ist. Im Zeitraum 1999 bis 2013 weist der Total-Return-Index für europäische Staatsanleihen Merrill Lynch EMU Direct Government eine Rendite von 4,78 Prozent per annum bei einer Volatilität von 3,99 Prozent per annum auf. Das entspricht einer Sharpe-Ratio von 0,53.

Ein verändertes Bild seit 2007

Obwohl eine durchschnittliche Rendite für europäische Staatsanleihen in Höhe von 4,78 Prozent den Schluss zulässt, dass diese auch während der Finanzkrise eine beachtliche Performance zeigten, wurde die Anlageklasse Euro-Staatsanleihen seit dem Höhepunkt der Finanzkrise im Oktober 2008 stark erschüttert, was sich in dem Auseinanderklaffen der Yields seit diesem Zeitpunkt deutlich manifestiert. So hätte man seit Anfang 2008 bis November 2013 mit spanischen, portugiesischen oder slowenischen Anleihen eine durchschnittlich negative jährliche Rendite realisiert. Abbildung 1 macht diese Entwicklung seit Beginn des vierten Quartals 2008 deutlich. Nur die Yields weniger Coreländer - allen voran Deutschland - konnten ihren Abwärtstrend unbeirrt fortsetzen.

Diese Entwicklung ist darauf zurückzuführen, dass seit der Krise deutsche Bundesanleihen von Investoren als risikolose Anlage eingestuft werden, wodurch eine "Flucht in Qualität" entstand, welche die Anleihenpreise deutlich erhöhte und Renditen senkte. Ausgelöst wurde das Auseinanderklaffen der Yields durch eine Unsicherheit der Investoren, was die Ausfallrisiken diverser Euro-Staatsanleihen betrifft. Plötzlich hatten Investoren nicht mehr nur das Marktrisiko der Anleihen im Visier, sondern auch das Kredit- beziehungsweise Ausfallrisiko, was am Markt für europäische Anleihen zu heftigen Turbulenzen führte.

Die Entscheidung in Staatsanleihen zu investieren setzt eine Analyse der erwarteten Gesamtrenditen der Anlagen voraus. Bei Anleihen muss strikt zwischen Yields und den Gesamtrenditen (Total Returns) unterschieden werden. Die Yields errechnen sich als die internen Zinssätze von Anleihen bei gegebenen Anleihenpreisen. Yields sind somit nur eine alternative Darstellung der aktuellen Marktpreise und geben keinen Aufschluss darüber, welche Renditen Anleihen über eine bestimmte Laufzeit erzielen.

Damit ein Investor den Anreiz hat, in riskante Staatsanleihen zu investieren, fordert er eine erwartete Rendite, die über die risikolose Verzinsung hinausgehen muss. Setzt sich das Risiko von Staatsanleihen aus den Zins- und den Kreditrisiken zusammen, wird ein Investor nur dann in solche Anleihen investieren, wenn er eine hinreichend hohe Risikoprämie (Differenz zwischen Erwartungswert und der sicheren Auszahlung) als Kompensation für beide Risiken erwarten kann.

Jetzt noch in Euro-Staatsanleihen investieren?

Wenn man in der Kernzone investiert, wird weiterhin die Funktion des sicheren Hafens genutzt, aber bei einem sehr geringen Zinsniveau. Man hat aber zusätzlich die Möglichkeit, auch in riskante Staatsanleihen zu investieren. In diesem Fall wird natürlich eine Rendite erwartet, die über die risikolose Verzinsung hinausgehen muss. Ein Investor wird nur dann in solche Anleihen investieren, wenn er eine hinreichend hohe Risikoprämie als Kompensation für Zins- und Kreditrisiko erwarten kann. In Italien und Spanien beläuft sich beispielsweise die Rendite bei 10-jährigen Staatsanleihen aktuell auf zirka 3,5 Prozent. Das ist durchaus attraktiv, wenn man es mit der Rendite von 10-jährigen deutschen Staatsanleihen vergleicht. Die Überschussrendite zu deutschen Staatsanleihen ist eine Risikoprämie für das Kreditrisiko. Die Frage für Investoren ist nun: Kann man systematisch mit einer Kreditrisikoprämie rechnen?

Kreditrisiko berücksichtigen

Was bedeutet das für das Management von Euro-Staatsanleihen? Die Veranlagungen in Euro-Staatsanleihen werden durch Länderrisiken komplexer. Manager von Euro-Staatsanleihen-Portfolios müssen seit der Finanzkrise neben dem Zinsrisiko auch systematisch das Kreditrisiko berücksichtigen.

Spängler IQAM Invest hat ein eigenes wissenschaftlich fundiertes Modell entwickelt, bei dem neben dem Zinsrisiko eben auch das Kreditrisiko der Euroländer systematisch erfasst wird. Dabei wird die Zinsrisikoprämie über die deutsche Zinskurve ermittelt, die als risikolos unterstellt wird. Prognostiziert wird die Zinsrisikoprämie über eine Kombination einjähriger Forward-Rates.

Die Überschussrenditen zur deutschen Zinskurve sind die Kreditrisikoprämien. Sie werden über die einjährigen Forward Credit Default Swap Spreads (CDS) der einzelnen Länder prognostiziert. Da die Forward-CDS-Kurve die heutige Markterwartung des zukünftigen Ausfallrisikos eines Landes widerspiegelt, kann damit tagesaktuell die Kreditrisikoprämie quantifiziert werden. Das Modell ermöglicht somit für jedes Euroland eine Ertragsprognose, die als Basis für eine Länderallokation herangezogen werden kann.

Nach einer intensiven Beschäftigung mit der Entwicklung und der empirischen Basis ist das Modell seit Mitte 2013 im Echtbetrieb. Die bisherigen Erfahrungen sind vielversprechend. Im Spängler IQAM Bond EUR FlexD (a/t AT0000857719, AT0000817978) werden die Risikoprämien auf Basis des vorgestellten Modells jeweils für das nächste Quartal prognostiziert. Sind die erwarteten Risikoprämien eines Eurolandes unter Berücksichtigung der Liquidität positiv, werden dessen Anleihen bei der Länderallokation berücksichtigt. Sind die Risikoprämien negativ, wird in deutsche Bundesanleihen investiert. Die Gewichtung der Anleihen im Europortfolio richtet sich nach den Gewichten der Benchmark, dem Barclays Euro Government All Maturities

Index. Bei einer Prognose von positiven erwarteten Risikoprämien wird das entsprechende Land um maximal 10 Prozent stärker gewichtet als im Index, bei negativ erwarteter Risikoprämie wird es durch deutsche Anleihen substituiert. Dadurch ergeben sich Über- beziehungsweise Untergewichtungen relativ zur Benchmark.

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X