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Crossover - ein attraktives Segment des Unternehmensanleihenmarktes

Angesichts nach wie vor sehr niedriger Renditen von Anleihen mit sehr guten Ratings sind Investoren bereit, auch etwas schlechtere Qualitäten in Kauf zu nehmen. Vor einem vollen Engagement im Bereich der hochverzinslichen Unternehmensanleihen scheuen viele Anleger aber zurück. Die höheren Kreditrisiken und die höhere Volatilität eines Standard High-Yield-Portfolios sind nicht jedermanns Sache. Ein Schritt zu einer höheren Rendite kann aber sein, sich im Investment-Grade-Segment auf den unteren Bereich zu konzentrieren und zumindest den oberen Bereich des High-Yield-Segments zu berücksichtigen.

Das Übergangsgebiet: Crossover

Bei den Crossover-Produkten konzentriert sich Meriten Investment Management von vornherein auf die Anleihen, im "Grenzgebiet" des Investment-Grade- und des High-Yield-Universums. Um eine hinreichend breite Diversifikation zu erreichen wird das Crossover-Segment als Kombination aus dem "BBB"- und dem "BB"-Bereich definiert. Es erfolgt eine Beschränkung auf Anleihen von Nichtfinanzunternehmen.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das Management besteht darin, Anleihen, die zum Upgrade auf ein Investment-Grade-Rating anstehen (Rising Stars) zu entdecken und potenzielle Fallen Angels, also Titel, die ihr Investment-Grade-Rating zu verlieren drohen, zu meiden. Denn wechselt eine Anleihe aufgrund eines Down- oder Upgrades zwischen den großen Ratingsegmenten "Investment Grade" und "High Yield", hat dies oft gravierende Konsequenzen: Aufgrund regulatorischer Bedingungen gehört sie jetzt möglicherweise nicht mehr zum Investmentuniversum einer Investorengruppe oder ist nun auf einmal zulässig. Ähnliches gilt auf der Portfolio- und der Indexebene hinsichtlich der Anlagerichtlinien beziehungsweise ihrer Entsprechungen bei Indizes. So kommt es meist schon im Vorfeld eines Segmentwechsels zu signifikanten Spreadveränderungen.

Bietet das definierte Crossover-Segment hinreichend breite Investitions- und Diversifikationmöglicheiten? Die Antwort lautet: Ja! Denn in den vergangenen Jahren ist dieser Bereich stark gewachsen und dominiert inzwischen den Unternehmensanleihemarkt. Etwa die Hälfte der Anleihen von Nichtfinanzunternehmen des Investment-Grade-Bereichs sind derzeit BBB geratet. Die Herabstufungen der vormals besser bewerteten Sektoren Telekommunikation und Versorger haben maßgeblich dazu beigetragen. Wachsender Konkurrenz- und Deregulierungsdruck hat sich negativ auf ihre Kreditkennziffern ausgewirkt. Für Zufluss hat auch die negative Ratingentwicklung der Peripherieländer gesorgt: Anleihen italienischer und spanischer Emittenten finden sich heute häufig im "BBB"- Segment wieder.

Das Pendant auf der High-Yield-Seite sind Fallen Angels aus Peripherieländern, die zum Wachstum des BB-Bereichs beigetragen haben, neben zyklischen Emittenten wie etwa Stahlunternehmen. Es ist aber auch ein struktureller Wandel der Unternehmensfinanzierung zu beobachten, der die Emission von "BB"-Anleihen begünstigt. Mehr und mehr Unternehmen, insbesondere mittelständische Adressen, ersetzen die Finanzierung über Bankkredite durch eine Unternehmensanleihe. Hier spielt sicher auch eine Rolle, dass Banken ihre risikogewichteten Aktiva reduzieren, um ihre Basel-III-Eigenkapitalquoten zu stärken. Viele dieser Emissionen weisen ähnlich wie Bankkredite eine Besicherung auf. Dies begünstigt die Ratingvergabe. Die genannten Faktoren haben dazu geführt, dass der BB-Bereich mit einem Anteil von aktuell zirka 60 Prozent den Markt der Non-Financial High Yields dominiert.

Fast 500 Milliarden Euro

Insgesamt beträgt das ausstehende Volumen von Crossover-Anleihen von Nicht-Finanzunternehmen derzeit fast 500 Milliarden Euro: 382 Milliarden Euro sind BBB gerated, und 107 Milliarden Euro sind BB gerated. Dazu gehören viele der prominentesten und liquidesten Unternehmensadressen des Corporate-Credit-Marktes wie beispielsweise Arcelor Mittal, Fresenius, KPN, Lafarge, Metro, Renault, RWE und Thyssen Krupp.1) Sektoral ist der Crossover-Bereich sehr ausgewogen strukturiert. Die beiden größten Sektoren sind die Telekommunikation und der Versorgerbereich. Hier finden sich jeweils die Kernanbieter der jeweiligen Länder wieder. Auch der Sektor Industriegüter & Services, etwa Autobahnbetreiber sowie der Autosektor selbst sind gut vertreten. Daneben finden sich Öl-Unternehmen, Einzelhandel, Medien und viele andere Sektoren. Größtes Emissionsland ist Frankreich, gefolgt von Italien, Spanien und Deutschland. Bei den italienischen und spanischen Adressen handelt es sich in vielen Fällen um Unternehmen aus den Sektoren Telekommunikation (Telefonica, Telecom Italia) und Versorgung (Enel, Iberdrola), die oftmals eine internationale Ausrichtung haben und daher nicht ausschließlich an der konjunkturellen Situation ihrer Länder hängen.2)

Crossover: Das Ertrags-Risiko-Profil

Das konkrete Ertrags-Risiko-Profil eines Crossover-Produkts hängt nicht zuletzt von der strategischen Allokation zwischen den beiden Ratingsegmenten ab. Eine 50BBB/ 50BB-Aufteilung ist ja keineswegs zwingend. Schon eine Allokation von 70 Prozent "BBB"-Anleihen und 30 Prozent "BB"-Anleihen verbessert die Verzinsung der Anlage deutlich, und dies ohne die Kreditausfallrisiken spürbar zu erhöhen. Eine solche Anlagestrategie ist eine Möglichkeit für den eher Investment Grade orientierten Investor, die höhere Sicherheit von Investment-Grade-Anleihen kontrolliert mit dem höheren Renditepotenzial von High Yield zu verbinden und so in eine maßgeschneiderte "Investment Grade Plus"-Variante zu investieren.

Eine wichtige Ertragskomponente sind die gebotenen Renditeaufschläge über Bundesanleihen. Abbildung 1 zeigt den Spreadverlauf seit Anfang des Jahrtausends. "BB"-Anleihen wiesen einen attraktiven Renditevorsprung gegenüber "BBB"-Anleihen auf. So liegt der historische Durchschnittsspread bei etwa 425 Basispunkten gegenüber einer Vergleichszahl von 173 Basispunkten für die "BBB"-Anleihen. "BB"-Spreads waren im Schnitt also etwa 2,5-mal höher als "BBB"-Spreads. Der deutliche Sprung zwischen den beiden Ratingklassen erklärt sich auch mit der immer noch vorhandenen Trennung von High Yield und Investment Grade. Der Übergang nach High Yield wird so mit einem deutlichen Renditeaufschlag bezahlt. Auch am aktuellen Rand bleiben die Spreads attraktiv. BBBs bieten per Ende Juli 2013 eine Risikoprämie von 167 bps, "BB"-Anleihen einen Renditeaufschlag von 330 bps. Dies sind Niveaus, die spürbar über den Niveaus vor der Finanzmarktkrise liegen. Investoren fordern augenscheinlich eine Kompensation für die Unsicherheiten der Eurokrise und die schwache konjunkturelle Entwicklung.

Risikoprämien und Kreditrisiken

Abbildung 2a zeigt per Ende Juli 2013 die Spreads von Nichtfinanzunternehmen in Abhängigkeit vom Rating beziehungsweise der Ratinggruppe. Wie verhalten sich diese Risikoprämien zu den eingegangenen Kreditrisiken? In Abbildung 2b werden dazu die über eine lange Historie beobachteten Defaultraten auf 1-Jahressicht präsentiert. Man erkennt, dass "BB"-Anleihen zwar eine höhere Defaultwahrscheinlichkeit als die weitgehend vernachlässigbaren Zahlungsausfälle im Investment-Grade-Bereich haben. Die Risiken steigen aber nur moderat. Richtig spannend wird es erst bei Single-B-Titeln. Zudem bietet der höhere Spread eine Kompensation für die eingegangenen Risiken: Unterstellt man eine Recovery Rate von 40 Prozent, so würden rund 70 Basispunkte des Renditeaufschlags durch Verluste aufgrund eines Zahlungsausfalls aufgezehrt. Zirka 260 Basispunkte würden als Risikoprämie verdient. Dies ist im Vergleich zu den im Investment-Grade-Bereich und im BBB-Segment zu erzielenden Sätzen sicher nicht unattraktiv.

Eine Ursache für die relativ günstige Situation bei den Ausfallrisiken ist der relativ hohe Anteil von Fallen Angels bei "BB"-Anleihen. Historisch weisen diese eine niedrigere Ausfallquote als originäre High-Yield-Adressen auf (3,8 Prozent gegenüber 4,7 Prozent). Dies erklärt sich durch die höhere finanzielle Flexibilität dieser Emittenten, bei denen es sich in vielen Fällen um Kapitalmarktschwergewichte handelt mit hoher Marktkapitalisierung ihrer Aktien.

Viele dieser Adressen weisen eine entsprechende Marktstellung in ihrer Branche auf. Geraten solche Unternehmen in eine Schieflage, so sind refinanzierende Banken eher bemüht, auch in einer schwierigen Situation eine Lösung zu finden

Renditespread und Kreditausfallrisiko

Bei Engagements in Unternehmensanleihen sind Renditespread und Kreditausfallrisiko wichtige Aspekte; wie bei anderen Assetklassen wird der Investor Ertrag und Risiko seiner Anlage aber auch unter den Gesichtspunkten "Gesamtertrag" und "Volatilität" beurteilen und gegebenenfalls das Sharpe Ratio als Maß für den risikoadjustierten Return hinzuziehen. Auch in dieser Perspektive sind Crossover-Strategien sehr konkurrenzfähig. Abbildung 4 und 5 informieren auf Indexbasis über Ertrag, Risiko und Sharpe Ratio über verschiedene Perioden.

Worauf sollte ein Investor oder Asset Manager achten, der sich in diesem Segment engagiert? Von großer Bedeutung ist sicher die frühzeitige Identifikation und Vermeidung eines Fallen Angels wie auch das Erkennen von sogenannten Rising Stars, also Adressen mit dem Potenzial für ein Upgrade in den Investment-Grade-Bereich. In Abbildung 3 ist dies - stellvertretend für viele andere Adressen illustriert - am Beispiel Ford (Rising Star) und Arcelor Mittal (Fallen Angel). Der Übergang in die jeweils andere Ratingklasse hat zu einer Outperformance der Anleihe gegenüber dem Vergleichsindex von 150 bps (Ford) beziehungsweise zu einer Underperformance von etwa 200 bps (Arcelor) geführt. Ford ist übrigens auch ein Beispiel für einen Wert, der als ehemaliger Fallen Angel den Weg zurück ins Investment-Grade-Segment gefunden hat.3)

Zentrales Instrument bei der Prognose von Rising Stars und Fallen Angels ist die Kreditanalyse. Hierbei kommt insbesondere der Finanzmodell-gestützten Analyse eine große Bedeutung zu. Finanzmodelle erlauben zum Beispiel Szenarioanalysen, mit denen das Kreditrisiko besser abgeschätzt werden kann. Eine geschickte Anpassung der Allokation zwischen "BB"- und "BBB"- Anlagen bietet zusätzliches Performancepotenzial. So wird in der konjunkturellen Abkühlung der "BB"-Bereich eher gering gewichtet sein, während in Phasen mit einer positiven Gesamtmarktentwicklung eine Übergewichtung nahe liegt.

Investoren mit begrenztem Risikobudget oder - angesichts eher verhaltener konjunktureller Perspektiven - aktuell eher defensive Ausrichtung müssen nicht ganz auf Rendite verzichten. Crossover-Produkte bieten eine interessante Alternative zu einem reinen Investment-Grade-Engagement.

Fußnoten:

1) 2) 3) Diese Informationen dienen nur der Illustration und stellen keine Anlageempfehlungen dar.

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