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Alternatives light - dauerhafte Veränderungen in der Finanzindustrie ermöglichen neue Chancen

Die Rahmenbedingungen für Investoren sind ebenso schwierig wie hinlänglich bekannt: In einem dauerhaften Niedrigzinsumfeld ist es für große Kapitalsammelstellen wie Versicherer und Pensionskassen eine große Herausforderung, die nötigen Mittel für ihre Verpflichtungen zu erzielen. Konnten bislang noch Erträge aus älteren und damit auch höherverzinslichen Anleihen zur Erfüllung dieser Verpflichtungen mit herangezogen werden, so laufen diese Optionen mit der sukzessiven Rückzahlung dieser Titel nach und nach aus.

Neuanlagen reichen vom Nominalzins her nicht mehr, um die angestrebten und zum Teil auch zugesagten Renditen zu ermöglichen. Ein Ausweichen auf Anlageklassen mit höheren Renditechancen wie Aktien ist für einzelne Investorengruppen wie beispielsweise Versicherungsunternehmen schon aus regulatorischen Gründen unter Solvency II nur mit einer erheblichen Belastung des Solvenzkapitals darstellbar.

Illiquiditätsprämien vereinnahmen

Wenn die herkömmlichen Fixed-Income-Quellen nicht mehr genug Ertrag bringen und andere Renditebringer aus regulatorischen Gründen nur eingeschränkt oder gar nicht verfügbar sind, bleibt nur die Suche nach anderen vorhandenen und zugänglichen Quellen. Diese sollten in die Fixed-Income-Ausrichtung der großen Investoren passen und im Rahmen ihrer langfristig gut kalkulierbaren Zahlungsverpflichtungen entsprechende korrespondierende Zahlungsströme bieten.

Mit anderen Worten: Institutionelle Investoren aus dem Versicherungssektor suchen Anlagemöglichkeiten mit langen Laufzeiten, stabilen Cashflows und möglichst hohen Renditen bei einem niedrigen Risikoprofil. Hier bieten sich Anlageformen an, die es ermöglichen, eine Illiquiditätsprämie zu vereinnahmen.

Gibt es genügend entsprechende Anlagemöglichkeiten? Durch die Veränderungen in der Finanzindustrie bieten sich Investoren immer mehr solcher attraktiven Chancen. Der Grund liegt in der regulatorischen Behandlung der Banken infolge der Finanzkrise 2008. Eine Konsequenz daraus ist der Wunsch der Regulatoren, dass Banken ihr Leverage massiv zurückfahren, also mit weniger Fremdkapital arbeiten, und ihr Eigenkapital stärken. Folgende Fakten verdeutlichen diesen Prozess: Nach Berechnungen von Deutsche Bank Research betrug das Leverage der Banken im Jahr 2008 noch 46,1 und fiel bis zum Jahr 2013 auf 23,6. Damit liegt der Hebel der Banken auf einem Niveau, wie es zuletzt Mitte der neunziger Jahre beobachtet wurde. Dieser Prozess der Disintermediation der Finanzmärkte führt dazu, dass andere Finanzmarktteilnehmer in bestimmte Geschäftsfelder hineinwachsen können, in denen sie früher nicht präsent waren.

Konservatives Risiko-Rendite-Profil

Zu den Anlageopportunitäten, die Illiquiditätsprämien ermöglichen, zählen Kredite für Infrastrukturprojekte, gewerbliche Immobilienfinanzierungen und zum Teil auch bestimmte Darlehen für Unternehmen. All diesen Anlagemöglichkeiten liegen Managementprozesse und -techniken zugrunde, die eher aus der Private-Equity-Industrie stammen als aus dem Anleihenmanagement. Das Risiko-Rendite-Profil ist aber eher klassisch konservativ. Wie die Abbildung auf Seite 836 zeigt, liegen die erzielbaren Renditen gegenüber Private-Equity- oder gar Hedgefonds-Investments mit rund drei bis fünf Prozent erheblich niedriger. Dafür ist aber auch das Risikomaß der erwarteten Volatilität deutlich geringer. Wegen der Kombination von Alternativeorientierten Assets mit einem konservativen Risiko-Rendite-Profil kann von "Alternatives light" gesprochen werden.

Derzeit stößt die Anlageklasse Infrastruktur auf sehr großes Interesse. Projekte aus dem Bereich "Ökonomische Infrastruktur" wie Transport, Energieversorger und Energieerzeuger zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Ertrag sich aus den Transaktionen von Endnutzern ergibt. Im Bereich "Soziale Infrastruktur" wird der Zahlungsstrom durch Vereinbarungen mit einer Gegenpartei festgelegt. Beide Bereiche erfüllen für den Investor die Zielvorgaben der langen Laufzeiten, der stabilen Cashflows und möglichst hoher Renditen bei geringer Volatilität. Vor der Finanzkrise wurde die Finanzierung zu rund 90 Prozent von Banken abgedeckt. Dieser Anteil geht derzeit zurück und eröffnet Anlagechancen.

Finanzierungsstruktur verbessert

Dabei haben sich sogar die Bedingungen für Investoren verbessert. Vor der Finanzkrise betrugen Equity- und Mezzanine-Anteil einer Infrastruktur-Debt-Finanzierung 35 Prozent. 65 Prozent entfielen auf die Debt-Finanzierung, die der Risikokategorie Crossover (BBB/BB+) zuzurechnen war. Heute ist erstens der primär Verluste abfedernde Teil der Equity- und Mezzanine-Tranchen auf 45 Prozent angewachsen. Der verbliebene Teil der Debt-Finanzierung beträgt somit nur noch 55 Prozent und entspricht der Risikokategorie Investment-Grade (BBB/BBB+).

Mit anderen Worten: Die Finanzierungsstruktur ist gegenüber der Zeit vor der Finanzkrise besser geworden. Innerhalb der Senior-Debt-Tranche, der sichersten Tranche der Gesamtfinanzierung, kann der Investor eine Gesamtrendite erwarten, die der Basisverzinsung klassischer Anleihen entspricht und darüber hinaus eine Illiquiditätsprämie beinhaltet sowie eine Alphakomponente. Auch auf der Risikoseite sieht es gut aus: Die Ausfallraten von Infrastruktur-Krediten liegen nach Zahlen von Moody's niedriger als bei Krediten aus dem Nicht-Infrastruktur-Bereich.

Finanzierungslücke von rund 100 Milliarden Euro

Ähnliche Argumente lassen sich bei der Investition in Immobilienfinanzierungen anbringen. Bis 2017 stehen Prolongationen in einer Höhe von rund einer Billion Euro an. Auch diesen Refinanzierungswünschen stehen angesichts der Veränderungen im Bankensektor weniger Angebote gegenüber, sodass mit einer Brutto-Finanzierungslücke von etwas über 100 Milliarden Euro gerechnet wird.

Hier haben sich die Finanzierungsstrukturen ebenfalls in Richtung mehr Sicherheit für Senior-Loan-Halter verschoben. Während vor der Finanzkrise Equity- und Junior-Mezzanine-Tranchen bei rund 15 bis 20 Prozent lagen, ist dieser risikobehaftetere Teil der Struktur auf 30 bis 45 Prozent angewachsen. Die Verzinsung der Senior- Loans hatte vor der Krise bei rund 50 bis 100 Basispunkten über dem Referenzzinssatz Libor gelegen, um zwischen 2008 und 2012 auf 200 bis 300 Basispunkte über Libor anzusteigen. Heute liegen die Senior-Spreads noch bei 100 bis 150 Basispunkten über Libor.

Es ist zu beobachten, dass viele europäische Immobilienstandorte schon wieder begonnen haben, sich zu erholen. Dennoch bietet sich Investoren nach wie vor ein moderates Risiko-Rendite-Profil, das attraktive Renditen liefern kann. Diese Gelegenheit wird sich unseres Erachtens aber nicht unbegrenzt bieten.

Große Summen für Mindestinvestitionen

Interessant für Investoren kann auch eine Beimischung von Corporate Loans als Alternative zu High-Yield-Anleihen ins Depot sein. Hierbei wird der Kapitalbedarf von kleineren bis mittelgroßen Unternehmen gedeckt, die nicht die Größe haben, sich über Anleiheemissionen zu refinanzieren. Üblicherweise begeben diese Unternehmen Floating Rate Loans. Die Verzinsung ist also variabel und liegt oftmals rund 300 bis 400 Basispunkte über dem Referenzzinssatz Euribor. Bei dieser "Alternatives light"-Klasse liegen die Vorteile nicht primär in der Abschöpfung einer Illiquiditätsprämie wie bei Infrastrukturinvestments oder auch Finanzierungen im Immobilienbereich. Hier liegen die Vorteile in einer relativ hohen laufenden Rendite, dem Diversifikationseffekt im Portfolio und der variablen Zinskomponente, die auch einen impliziten Inflationsschutz darstellt.

Zusammenfassend bleibt anzumerken, dass die Investoren die Vorzüge der "Alternatives light" erkannt haben und bereits in alle drei hier vorgestellten Teilbereiche investieren. Insbesondere bei Infrastrukturinvestments und Real-Estate-Finanzierungen sind die Mindestinvestitionssummen relativ groß. Die Anlage sollte hier 200 Millionen Euro nicht unterschreiten, um ein diversifiziertes Portfolio zu konstruieren. Der Aufbau eines solchen Portfolios ist sehr komplex und es braucht Zeit, um die Zielsumme anzulegen. Bei Corporate Loans können die Summen deutlich darunter liegen und die Transaktionen schneller umgesetzt werden.

Anleger sollten sich bewusst sein, dass Investitionen in Loan-Angebote eine entsprechende Struktur benötigen, die während ihrer Laufzeit auch aktiv verwaltet werden muss. Die Betreuung eines Loans, das Knowhow im Umgang mit Zahlungsverzögerungen oder gar Zahlungsausfällen, erfordert Spezialwissen. Anleger sollten sich somit einen Partner suchen, der eine umfassende Erfahrung beim Management der gesamten Kapitalstruktur derartiger Investments mitbringt. Der Partner sollte auch eine umfassendes, in der Praxis getestetes Marktwissen in den gehandelten Assetklassen mitbringen, möglichst über einen kompletten Marktzyklus hinweg. Und er sollte Zugang zu den "Origination"-Banken haben, also jenen Banken, die die Darlehen und Tranchen Overthe-Counter anbieten, als auch zu den eigentlichen Eigentümern der unterliegenden Assets. Verpackt in einen kosteneffizienten und transparenten Spezialfonds können dann die professionell verwalteten "Alternatives light" ihre positive Wirkung optimal im Depot des Investors entfalten.

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