Bundesgerichtshof

Entgeltklauseln bei Darlehen an Unternehmen unwirksam

Bundesgerichtshof

Die Begründungen der beiden Urteile des BGH vom 4. Juli 2017 (Aktenzeichen XI ZR 233/16 und XI ZR 556/15, Letzteres abgedruckt in ZIP 2017 Seite 1610), in denen formularmäßige, von der Laufzeit unabhängige Entgeltklauseln der Kreditinstitute in Darlehensverträgen auch mit unternehmerischen Kunden für unwirksam erklärt und die beklagten Banken zur Rückzahlung bezogener Entgelte verurteilt wurden, liegen jetzt vor. Für Darlehen an Verbraucher hatte der BGH das schon in 2014 so entschieden. Die Inhaltskontrolle von AGB-Klauseln nach § 307 BGB differenziert nicht nach Unternehmen und Verbrauchern. Bei der allgemein bankenkritischen Rechtspraxis des BGH war daher schon im voraus damit zu rechnen, dass es zu einer "Abrundung" mit dem Ergebnis kommen werde, Unternehmen seien bei "Preisnebenabreden" vor der "Gestaltungsmacht" der Banken ebenso schutzwürdig wie Verbraucher. Dieser "Schutzmantel" ist der rote Faden in den Urteilsgründen. Die Argumentation des BGH ist akribisch und folgt "buchstabengetreu" dem Gesetz.

Dem Juristen werden diese in ihrer Struktur vorbildlichen Darlegungen imponieren, ihn aber dennoch fragen lassen, ob hier nicht "einige Tropfen" mehr an Praxisbezug gut getan hätten. Das hätte das vom BGH nun auch über Unternehmen geortete "Damoklesschwert" der Gestaltungsmacht der Banken entschärfen und die von ihr ausgehende "Gefahr" relativieren können. Anscheinend traute der BGH der "Gegenmacht" des Marktes und Wettbewerbs nicht. An manchen Punkten verzichtete der BGH leider auch auf die Diskussion mit den vielen Gegenmeinungen; er zitiert die Fundstellen, geht aber nicht immer auf sie ein. So stellt er zum Beispiel zur Frage des gleichen Schutzbedürfnisses von Unternehmen und Verbrauchern nur lapidar fest: "Die erstgenannte Ansicht ist zutreffend".

Die am puren Wortlaut des Gesetzes ausgerichtete Argumentation des BGH fällt besonders bei seiner Schlussfolgerung auf, dass es "der Beklagten (Bank) unbenommen bleibt, ihren mit der Darlehensgewährung verbundenen Bearbeitungsaufwand während der Vertragslaufzeit durch entsprechende Kalkulation des Zins zu decken, den sie innerhalb der Grenzen des § 138 BGB frei bestimmen kann". Diese Empfehlung überrascht nach den damit kaum kompatiblen Aussagen des BGH zuvor, dass eine Entgeltklausel als Preisnebenabrede unwirksam sei, weil die Bank "damit Kosten auf den Kläger (abwälze), die für die Erfüllung ihrer Hauptleistungspflicht (der Darlehensgewährung) anfallen", und dass zu den Grundlagen dispositiven Gesetzesrechts gehöre, kein Rechtsunterworfener könne für Tätigkeiten, zu denen er gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet sei oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringe, ein gesondertes Entgelt verlangen.

Der BGH stellt damit also fest, die Bank dürfe ihr obliegende Aufwendungen zwar nicht als unwirksame "Preisnebenabrede" dem Kunden zuweisen, sie habe aber den - rechtlich unbedenklichen - "Ausweg", ihre Aufwendungen durch Einrechnen in den Darlehenszins geltend zu machen. Dem "dispositiven Gesetzesrecht" des § 488 BGB (Zins als Gegenleistung für ein Darlehen) ist damit zwar Genüge getan, aber wie stünde es dann um den dem BGH so wichtigen "Schutz" des Kunden? Unter diesem Aspekt wirken die Urteile des BGH doch sehr formalistisch und zugleich widersprüchlich. Schließlich könnten sie das Motto für die Banken begründen: Ersetze eine als "Preisnebenabrede" unwirksame Entgeltklausel durch ihre Umrechnung zum Zinsbestandteil. Das lässt dispositives Gesetzesrecht unberührt und ist dann kontrollfrei nach § 307 BGB. Die Frage stellt sich, ob der BGH dieses Ersetzen einer - transparenten - Entgeltabrede durch eine - weniger transparente - Zinskalkulation wirklich empfehlen oder ob er damit nur dem "Druck" des § 488 BGB folgen wollte.

Unabhängig davon gilt aber nun: BGH locuta - causa finita! Die Institute werden ihre Entgeltpraxis ändern müssen und dürfen auch Unternehmen keine Gebühren und Entgelte als "Preisnebenabreden" auferlegen, wenn sie nicht im Einzelfall diskursiv ausgehandelt wurden. Dagegen werden sie nach dem faktischen "Legalitätssiegel" des BGH ihre Gebühren durch Einrechnung in den Darlehenszins grundsätzlich rechtssicher machen können. Es wäre auch aus Rechtsgründen kaum angreifbar, künftigen Darlehensverhandlungen einen vom späteren Darlehensvertrag losgelösten "Prüfungsauftrag" des Kunden an die Bank vorzuschalten und darin den "Prüfungspreis" festzulegen. Selbst "formularmäßig" wäre das eine nach § 307 BGB nicht kontrollfähige Abrede über den Preis der (Prüfungs-)Leistung der Bank. Sie könnte auch zusätzliche Klauseln enthalten, zum Beispiel über die Abhängigkeit der Gebühr vom späteren Darlehensvertrag. Die praktisch einfachste Lösung, den Kunden wählen zu lassen, ob er das Entgelt als Gebühr oder als Zinsanteil entrichten möchte, könnte bei der strengen Grundhaltung des BGH zu den §§ 488 und 307 BGB dagegen unsicher sein. Es wäre nur ein "Aushandeln" der Zahlungsweise, aber nicht des Entgelts selbst. Der BGH hat mit den beiden Urteilen jedenfalls den Syndici der Banken neben der Beschäftigung mit zu den zu erwartenden Rückforderungen auch ein konstruktives Arbeitsfeld eröffnet! RA Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

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