Zentralbanken

Nur mit vereinten Kräften

Da klimabedingte Risiken auch Risiken für Finanzinstitute und damit die Finanzstabilität bedingen können, hat das Thema Klimawandel bei den Notenbanken in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. "Green Finance darf kein Nischenthema bleiben, wenn wir unsere Wirtschaft langfristig wieder auf einen stabilen Wachstumskurs zurückbringen wollen", forderte Mark Carney, Gouverneur der Bank of England, bereits 2016. Der 51-jährige Kanadier hat maßgeblich dazu beigetragen, das Thema Green Finance auf die finanzpolitische Agenda zu bringen. Ein Jahr nach diesem Weckruf Carneys gründeten acht Zentralbanken und Aufsichtsbehörden das Network for Greening the Financial System (NGFS). Das internationale (freiwillige) Netzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, geeignete Werkzeuge und Methoden zu entwickeln, mit denen sich Klimarisiken im Finanzsystem ermitteln, quantifizieren und mindern lassen.

Drei Jahre danach stellt Bundesbank-Vorstand Sabine Mauderer, die im Lenkungsausschuss des NGFS-Netzwerks sitzt, fest: "Der Klimawandel rückt auf der Agenda der Zentralbanken sichtbar nach oben." Das zeigt sich nicht zuletzt an der inzwischen auf 83 angewachsenen Zahl der Mitglieder des NGFS, darunter seit Kurzem auch die Federal Reserve. Spürbar über einen Erfahrungsaustausch hinaus ist das Netzwerk aber noch nicht gekommen. Aus einer Umfrage des NGFS, die zum dritten Geburtstag veröffentlich wurde ("Survey on monetary policy operations and climate change: key lessons for further analyses"), geht hervor, dass die meisten der 26 Teilnehmer zwar klimabezogene Maßnahmen in Erwägung ziehen, diese aber noch nicht in die Praxis umsetzen. "Zentralbanken sind sich der Klimarisiken klar bewusst, bei der Umsetzung spezifischer Maßnahmen stehen sie jedoch noch am Anfang", stellt auch Mauderer fest. Das größte Hindernis ist nach wie vor das Fehlen von konsistenten und vergleichbaren ESG-Daten sowie einer rechtlichen Klarstellung in Bezug auf den Zusammenhang zwischen Klimazielen und den jeweiligen Primärmandaten. "Zentralbanken diskutieren zurzeit, ob sie einen protektiven oder eher einen proaktiven Ansatz hinsichtlich des Klimawandels verfolgen sollten", ergänzt Mauderer.

Und auch was die Vorbildfunktion angeht, ist noch Luft nach oben. Zwar haben sich viele Zentralbanken einen grüneren Anstrich gegeben, verzichten beispielsweise auf Plastikbecher und -flaschen oder achten auf die CO 2 -Bilanz. Doch schon beim Thema der Eigenanlage zeigt sich die Diskrepanz von Anspruch und Wirklichkeit. So planen laut der ebenfalls gerade veröffentlichten NGFS-Umfrage "Progress report on the implementation of sustainable and responsible investment practices in central banks' portfolio management" zwar rund 88 Prozent der 40 befragten Zentralbanken sogenannte SRI-Praktiken, wobei SRI für Sustainable and Responsive Investment steht, im eigenen Portfoliomanagement anzuwenden. Lediglich 15 Prozent der Befragten veröffentlichen aber eine Klimabilanz der Investments.

Deutlich weiter sind die Notenbanken und Aufseher beim Thema Bankenaufsicht. Hier hat die EZB vor Kurzem in einem Newsletter angekündigt, dass Banken in der Eurozone ab 2021 Risiken aus dem Klimawandel für ihre Geschäfte stärker berücksichtigen müssen. Entsprechende Rohfassungen von Richtlinien seien bereits formuliert worden, heißt es. Und auch wenn das noch nicht allgemein in die Kapitalanforderungen münden wird, so können "in bestimmten Einzelfällen nachfolgende aufsichtliche Schritte nicht ausgeschlossen werden". Ab 2022 will die Europäische Zentralbank dann eingehend die Vorgehensweise der Banken mit Blick auf Klimarisiken prüfen.

Es geht also in kleinen, wahrscheinlich zu kleinen Schritten voran. Alles in allem können aber weder Zentralbanken noch die Finanzwirtschaft die Untätigkeit von Regierungen oder privaten Akteuren kompensieren. Der Klimawandel ist ein globales Problem, wobei sich Staaten und Regierungen bislang schwertun, sich auf eine Strategie zu einigen und gemeinsam zu handeln. Das muss sich schnell ändern.

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