Sparkassen I

"Der Sparer, der Arme"

Die baden-württembergischen Sparkassen stehen im Sommer 2021 nicht schlechter da als vor einem Jahr. Das ist zweifellos eine gute Nachricht. Denn wer außer echten Sparkassen-Liebhabern hätte eine solche Stabilität nach so langer Corona-Zeit mit all ihren Verwerfungen erwartet? Und es belegt einmal mehr: "Krisenzeiten sind Sparkassenzeiten", wie der Präsident des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg denn auch zu Recht feststellt.

Das zeigte sich bei den 50 Sparkassen in Baden-Württemberg in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres einmal mehr im Kundengeschäft. Der Umsatz mit Wertpapieren ist in diesem Zeitraum um 1,4 Milliarden Euro oder 11,4 Prozent auf 13,7 Milliarden Euro gestiegen. Das ist gut für den Provisionsüberschuss. Dann hatten die Institute zum 31. Juli 2021 die Rekordsumme von 146,3 Milliarden an Krediten verliehen, was einem Plus von 7,1 Milliarden Euro oder 5,1 Prozent entspricht. Das ist gut für den Zinsüberschuss, denn stetig wachsende Bestände sichern in Zeiten sinkender Zinsen zumindest stabile Erträge. Allerdings ist dafür immer mehr Neugeschäft nötig. In den ersten sechs Monaten sagten die Sparkassen die Rekordsumme von 16,1 Milliarden Euro zu, zum Stichtag 2020 waren es eine Milliarde Euro weniger. Davon schlugen sich im laufenden Jahr mit 7,1 Milliarden Euro immerhin rund 44 Prozent als Bestandswachstum in den Büchern nieder. Im ersten Halbjahr 2020 waren es nur 39,1 Prozent, zum Halbjahr 2017 nur 40,5 Prozent.

Bleibt das Einlagenwachstum, das 2021 mit rund 11,3 Milliarden auf den Bestand von 162 Milliarden Euro angewachsen ist, und damit immerhin etwas langsamer als das Kreditwachstum. Trotzdem warnt Peter Schneider: "So viele Kredite können die Sparkassen gar nicht vergeben, wie neue Einlagen eintreffen", stellt der Präsident etwas resignierend fest. Und fügt hinzu: "Daher müssen auch die Sparkassen wie alle Banken in Deutschland einen Teil ihrer überschüssigen Liquidität bei der EZB zu einem negativen Zinssatz anlegen. Dies bring zwangsläufig Belastungen mit sich." Da eine Zinswende auf Jahre hinaus auch unter der neuen geldpolitischen Strategie der EZB nicht absehbar ist, fordert er, die Kreditinstitute in Deutschland stärker von den schädlichen Auswirkungen der Negativzinsen zu entlasten. So sei hierzulande lediglich das Sechsfache der Mindestreserve von Strafzinsen freigestellt, in der Schweiz sei es das Dreißigfache. So lange sich das nicht ändere, seien Sparkassen gezwungen, Verwahrentgelte auf hohe Einlagensummen zu erheben.

Schneider warnte zudem noch vor den schädlichen Auswirkungen der Negativzinspolitik auf die Altersvorsorge. "Der Sparer, der Arme" sei nur noch auf der Flucht. Das beschert den Sparkassen allerdings den bereits erwähnten Boom im Wertpapiergeschäft und eine anhaltend hohe Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen. Doch Peter Schneider findet trotzdem noch etwas Wasser im Wein: So haben nur rund 6 Prozent (965 000) der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg ein Wertpapierdepot bei einer der Sparkassen. Die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass die Regulierung im Wertpapiergeschäft über das Ziel hinausgeschossen sei. Fazit nach einem halben Jahr 2021 und mehr als einem Jahr Corona: Die Sparkassen tun, was sie können, um erfolgreich zu sein, aber nicht alles liegt in ihrer Hand.

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