MÄRKTE

Sparkassen-Verband Baden-Württemberg: Corona-Krise zeigt Negativfolgen der Regulierung

Peter Schneider, Präsident, Sparkassenverband Baden-Württemberg
Quelle: Sparkassenverband Baden-Württemberg

"Was uns zunehmend mit Sorge erfüllt, ist die Länge des Lockdowns. Mit jedem weiteren Tag kommen mehr Kunden in Schwierigkeiten". Das sagt Peter Schneider, Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg, und spricht damit vermutlich vielen Kollegen aus der Seele. Der Lockdown führt aus Sicht der Kreditwirtschaft zu einer paradoxen Situation: Während viele gewerbliche Kunden ums Überleben ihres Unternehmens kämpfen und alle Rücklagen aufbrauchen, können zahlreiche Privatkunden ihr Geld nicht ausgeben - oder sie sparen angesichts der Corona-bedingten Unsicherheit mehr als in früheren Jahren.

Letzteres gilt auch für diejenigen Unternehmenskunden, die nicht oder weniger vom Lockdown betroffen sind. Auch sie sichern sich - sofern möglich - Liquidität und verschieben Investitionen auf die Zeit nach der Pandemie, so Schneider. So sind bei den Sparkassen in Baden-Württemberg die Einlagen privater Kunden um 7,2 Prozent auf 118,5 Milliarden Euro gestiegen, die von Unternehmen und Selbstständigen um 14,7 Prozent auf 27,1 Milliarden Euro und sogar die der öffentlichen Haushalte um 1,5 Prozent auf 7,9 Milliarden Euro.

Das belastet das Ergebnis der Institute. Denn der hohe Einlagenüberschuss muss zu Negativzinsen angelegt oder bei der EZB geparkt werden - die Folge sind Verwahrentgelte auf hohe Einlagen, obwohl die der Grundüberzeugung der Institute widersprechen. Denn "wir sind Sparkassen und keine Entreicherungskassen", so Schneider. Als möglichen Ausweg sieht er eine stärkere Entlastung der Kreditwirtschaft von den Auswirkungen des Negativzinses. Schließlich liege der Stellenwert, bis zu der Überschussreserven vom Negativzins der EZB freigestellt sind, beim Sechsfachen der Mindestreserve und damit deutlich niedriger als in anderen Währungsräumen.

Gute Nachrichten hat der Sparkassenverband Baden-Württemberg beim Wertpapiergeschäft. Der Wertpapierumsatz erhöhte sich 2020 gegenüber dem Vorjahr sprunghaft um 7,3 Milliarden Euro auf 23,9 Milliarden Euro. Dabei übertrafen die Käufe die Verkäufe um fast drei Milliarden Euro. Die Zahl der Wertpapierdepots erhöhte sich um 4,2 Prozent auf 945 000, die Anzahl der neu abgeschlossenen Deka-Sparpläne stieg um fast 30 000 auf 216 000.

Und doch hat die Corona-Krise einmal mehr gezeigt, dass die Regulierung über das Ziel hinausgeschossen ist, sagt Schneider. Während des Lockdowns nämlich waren viele Kunden auf den telefonischen Kontakt zu ihrer Sparkasse angewiesen - darunter auch etliche, die nicht über elektronische Kommunikationsmedien verfügten. In diesen Fällen mussten die gesetzlich geforderten Unterlagen vor Auftragserteilung per Post zugestellt werden. Das wiederum habe bei den Börsenschwankungen für manche Kunden Vermögenseinbußen mit sich gebracht. Die mit MiFID Quick Fix beschlossenen ersten Erleichterungen sieht Schneider hier nur als ersten Schritt. Die zusätzlich geplanten Lockerungen für Privatkunden müssten nun "zügig" kommen. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X