Rechtsfragen

Unschuldsvermutung

Bei den Meldemechanismen zur Geldwäschebekämpfung größerer Banken bestehen offenbar Mängel. Zu diesem Schluss kommen zumindest die Enthüllungen der "FinCEN Files", ein Datensatz des Financial Crimes Enforcement Network, welcher von einem Kreis aus Journalisten rund um das Internationale Konsortium für investigativen Journalismus (ICIJ) aufgearbeitet wurde. Im Vordergrund der Analyse steht mitunter die Dauer des Meldeprozesses: 166 Tage bräuchten die Banken im Durchschnitt, um eine Verdachtsmeldung nach Entdeckung einer verdächtigen Überweisung abzugeben. Im Falle einer New Yorker Bank wurde wohl langfristig gepokert: 6 666 Tage, mehr als 18 Jahre wurde für die Verdachtsmeldung benötigt. In Deutschland liegt die Verjährungsfrist für Geldwäschedelikte bei fünf Jahren.

Dem Wirbel um die Aufarbeitung des Datensatzes gegenüber steht die geplante Reform des §261 StGB. Unter anderem soll ein Vorstrafenkatalog, in dem Tatbestände definiert sind, die vorhanden sein müssen, um den Verdacht bei der Financial Intelligence Unit (FIU) des deutschen Zolls melden zu können, gestrichen werden. Somit würden auch Kleindelikte zum Gegenstand der Meldepflicht. Ein weiterer Punkt der Reform wäre die Abschaffung der strafbefreienden Wirkung der Abgabe von Verdachtsmeldungen. Der Bundesverband deutscher Banken sieht Probleme bei diesen Punkten. Auf beiden Seiten der Verdachtsmeldung könnte es zu Kapazitätsengpässen kommen. Einerseits, da die Anzahl der Meldungen, welche derzeit bereits in keinem Verhältnis zu den daraus resultierenden Verurteilungen steht (2018: 77 252 Meldungen, 940 Verurteilungen), wegen der Streichung des Vorstrafenkatalogs ins unermessliche wachsen würde. Andererseits, da die Abschaffung der strafbefreienden Wirkung der Verdachtsmeldung zur Folge hätte, dass qualifiziertes Personal die Position eines Geldwäschebeauftragten meiden würde, wenn droht, wegen kleinster Versäumnisse der vorsätzlichen Beihilfe bezichtigt zu werden.

Dies führt zurück zu den Erkenntnissen der FinCEN Files. Die Zeit zwischen Aufkommen und Meldung eines Verdachts ist bereits zu lang. Es bedeutet eine wesentlich höhere Last, wenn mehr Meldungen bearbeitet werden müssten und zum anderen ein erhöhter Anspruch an die Aufarbeitung von Verdachtsfällen, um die eigene Person vor einem Strafverfahren zu schützen, bestünde. Bei gleichen Kapazitäten muss aber womöglich eine Entscheidung zwischen Sorgfalt und Geschwindigkeit gefällt werden. Entweder Meldungen zögern sich immer weiter hinaus oder die Position des Geldwäschebeauftragten wird geächtet. Beides ist nicht zielführend. Hohe Standards bei der Bekämpfung von Geldwäsche sind sinnvoll. Nur sollten nicht diejenigen unnötig belastet und belangt werden, die die erste Kontrollinstanz bei einem Verdacht auf Geldwäsche darstellen. Misstrauen und schlechtere Zusammenarbeit zwischen Banken und Behörden wären die Folge.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X