Bankmanagement-Glossar

Was ist Churn-Management?

Obwohl die meisten Unternehmen aufgrund der zunehmenden Stagnation auf vielen Märkten in den letzten Jahren den Aufbau und die Pflege der langfristigen Kundenbeziehungen immer wichtiger nehmen, wandern in vielen Branchen jährlich bis zu 20 Prozent der Kunden ab. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Themenfeld Churn-Management zunehmend an Bedeutung. "Churn" ist ein Kunstwort, das sich aus den Begriffen Change (Wechsel eines Kunden) und Turn (Abkehrung vom Unternehmen) zusammensetzt. Die Churn-Rate (auf deutsch Abwanderungsquote oder Kundenverlustrate) definiert über einen bestimmten Zeitraum die Anzahl der Kunden, welche ein Leistungsangebot nicht weiter nutzen, geteilt durch die Anzahl der Gesamtkunden. Eine Kundenbindungsrate von 90 Prozent ist gleichbedeutend mit einer Churn-Rate von zehn Prozent. Als Kennzahl des Marketing-Controlling wird die Churn-Rate im Bankensektor zunehmend zur gezielten Überwachung von Vertragsauflösungen bei Kunden eingesetzt. Die Gründe für die Abwanderung sind sehr vielfältig und reichen von immer leichterer Informations-Beschaffung, verschärftem Wettbewerb durch Globalisierung, zunehmender Homogenität von Produkten und Dienstleistungen, gestiegenen Kundenansprüchen, immer härter werdenden Preisschlachten bis hin zum Bedürfnis, neue Leistungen auszuprobieren. Aufgabe des Churn-Management ist es, die Abwanderungsgründe aufzuspüren und entsprechende Veränderungen in Richtung Customer-Relationship-Marketing vorzunehmen. Die Notwendigkeit des Churn-Management kann auch wirtschaftlich begründet werden. Untersuchungen zeigen, dass alte Kunden zurückzuholen fünf bis zehn Mal billiger ist als Neukunden zu akquirieren. Frühindikatoren erkennen Das größte Problem im Churn-Management ist die Tatsache, dass viele Unternehmen häufig gar nicht die Abwanderungsquoten ihres Unternehmens kennen beziehungsweise erst dann reagieren, wenn der Umsatz bereits um einen gewissen Prozentsatz gefallen ist. Vielfach gehen aber der Kundenabwanderung erkennbare Zeichen voraus, die als Frühindikatoren berücksichtigt werden sollten, zum Beispiel eine Häufung der Beschwerden, ein häufiger werdendes Herumnörgeln an den Produkten beziehungsweise Leistungsangeboten, ein Nichteinhalten von vertraglich geschlossenen Vereinbarungen und/oder ein schleppendes Bezahlen der Rechnungen. Wenn Unternehmen auf diese Zeichen nicht rechtzeitig reagieren, besteht die große Gefahr, dass die Kunden zum Mitbewerber abwandern. Eine wichtige Information für Unternehmen, die Churn-Management einsetzen wollen, ist die Analyse der Abwanderung und der Wiedergewinnung von Kunden. Eine derartige Situationsanalyse sollte folgende Fragen umfassen: Wie viele Kunden wandern im Unternehmen jährlich ab und welcher finanzielle Schaden entsteht dadurch? Warum wandern diese Kunden ab? (Ursachenforschung) Welche Maßnahmen kann das Unternehmen einsetzen, um abgewanderte Kunden zurück zu gewinnen? Was kostet die Kundenrückgewinnung und was bringt sie? Die Feststellung des Abwanderungsstatus ist notwendig, um das Ausmaß und die Bedeutung der Kundenabwanderung kennenzulernen. Die systematische Ursachenforschung liefert nicht nur die Gründe für die Kundenabwanderung, sondern gibt vor allem Aufschluss, was unbedingt geändert werden muss. Das heißt, bevor ein Unternehmen auch nur einen Kunden zurückholen kann, ist es erforderlich, zunächst alle Fehler im eigenen Bereich zu beseitigen. Es erforderlich, dass sich die Unternehmen detailliert mit den Kundenbedürfnissen auseinandersetzen und stimmige Verkaufsargumente finden, mit denen sich der Konsument wieder mit dem Unternehmen, seinen Mitarbeitern und dem Leistungsangebot identifizieren kann - der abgewanderte Kunde braucht gute Gründe für eine Revision seiner Entscheidung! Da auch für die Finanzdienstleister die Churn-Rate nicht unerheblich ist und der Wechsel eines Kunden aufgrund der Vielfalt der Anbieter meist leicht ist, gilt es die Churn-Rate möglichst niedrig zu halten und die Kundenbeziehung zu erhalten und zu vertiefen. Daher ist es notwendig, durch gezielte Kundenbindungsmaßnahmen die Kunden an das Unternehmen zu binden und - wo diese nicht gegriffen haben - Churn- Management zu betreiben. Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien und Geschäftsführer der Europay Austria Zahlungsverkehrsgesellschaft mbH; ewald.judt[at]europay[dot]at/www.europay. at. Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu-wien.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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