Bankmanagement-Glossar

European Payment Schemes

Die Frage nach der Existenz eines European Payment Schemes hat sich auch in letzter Zeit immer wieder gestellt. Unter einem derartigen europäischen Zahlungssystem wird oft unterschiedliches verstanden. Eine allgemein anerkannte Definition davon gibt es noch nicht. Die wesentlichsten Elemente für ein europäisches Zahlungssystem dürften eine europäische Governance durch europäische Anteilseigner (unter anderem Kontrolle des Zahlungssystems, Rechte an der/den Marke/n und Setzen der Regeln inklusive der Preispolitik) und das Processing (Authorization & Clearing) der Transaktionen von Europäern mit Europäern sowie deren Settlement in Europa sein.

Über andere Elemente wie die Kartentypen (nur Debitkarten, Debit- und Kreditkarten, nur Kreditkarten), Kooperation(en) für die Akzeptanz außerhalb Europas, die Art der operationalen Infrastruktur, ein stabiles Interchange-Fee-System, das die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt, oder ein Business Model, das angesichts der anstehenden Investitionen längerfristig hält, gibt es keine einhellige Meinung.

EU-Kommission beklagt das Fehlen eines European Payment Schemes

Seit der Initiierung der Single Euro Payments Area (Sepa) wird insbesondere von der EZB, aber auch von der Europäischen Kommission das Fehlen eines European Payment Schemes beklagt - dies mit dem Hinweis, dass es mehrere US-Kartensysteme (Visa, Mastercard, American Express, Discover/Diners Club), ein japanisches Kartensystem (JCB) und ein chinesisches Zahlungssystem (CUP) mit jeweils weltweitem Anspruch gibt und in Russland und Indien entsprechende Kar tensysteme in Planung beziehungsweise schon im Realisierungsstadium sind. In Europa gibt es mittlerweile Ansätze für mehrere europäische Kartensysteme: EAPS, Payfair und Monnet.

EAPS (The Euro Alliance of Payment Schemes) wurde von seinen Proponenten gebildet, um im Zuge des von Sepa dekretierten Wegfalls der nationalen Debit-Kartensysteme eine europäische Alternative, die Sepa-compliant ist, zu haben. Die Grundidee von EAPS ist dabei, dass durch gegenseitige Akzeptanz von ausgegebenen Karten in einem Netzwerk von Zahlungssystemen die Effizienz der bis dahin nationalen Systeme bewahrt/ verbessert wird und damit die Sepa-Ziele erreicht werden. EAPS ist mittlerweise über das Planungsstadium hinaus. 2010 wurden von EAPS bereits rund zwei Millionen Geldautomaten-Transaktionen abgewickelt.

Payfair sieht sich als europäisches System für den bi-polaren Kartenmarkt: orientiert sowohl auf die Banken als Issuer als auch auf die Handels- und Dienstleistungsunternehmen als Akzeptanten. Das sieht Payfair als Schlüssel für den Erfolg an, da ein Fortschritt beim bargeldlosen Zahlen nur unter positiver Einbindung beider Seiten möglich und somit eine neutrale Option notwendig ist. Payfair wird von privaten Investoren finanziert, ist operational "up and running" und will 2011 den Sprung von einer "power point company" zu einer "real operational or ganization" schaffen.

Monnet ist eine Initiative, die im Gegensatz zu EAPS keine Kooperation nationaler Debit-Kartensysteme, sondern ein neues Debit(?)-Kartensystem auf der Grundlage der Infrastruktur der teilnehmenden Banken sowie deren Kartenkunden, deren Akzeptanzkunden im Handels- und Dienstleistungsbereich und deren Geldautomaten werden soll. Dieses Projekt soll final in die Gründung eines Payment Schemes münden. Als Gesellschafter sind hier die teilnehmenden Banken - insbesondere aus Frankreich und Deutschland - vorgesehen. Die Evaluierungsphase dürfte bald abgeschlossen sein. Eine Entscheidung über die Umsetzung soll noch 2011 fallen.

Single-Brand-Produkte oder Co-Brands?

Wesentlich für das Issuing des Produkts/der Produkte eines European Payment Schemes ist die Entscheidung, ob sie als Single-Brand-Products auf den Markt kommen oder als Co-Brand-Products zusätzlich mit einem den weltweiten Einsatz dokumentierenden Logo zum Beispiel von Mastercard oder Visa ausgegeben werden.

Die Ausgabe als Co-Brand-Product hätte nicht nur außerhalb Europas, sondern auch in Europa sofort die erforderliche Akzeptanz; das Ziel eines eigenständigen Akzeptanznetzes würde jedoch nur mit Zeitverzögerung erreicht werden. Denn um die Produkte eines neuen Payment Schemes zu etablieren, müsste in jedem Fall die Akzeptanz sichergestellt sein - bei einer Single-Brand-Solution vorweg.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien und Geschäftsführer der PayLife Bank GmbH; ewald.judt[at]paylife[dot]at/www.paylife.at. Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu-wien.ac[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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