Zielgruppe Studenten

Lohnt sich der Studentenmarkt für Sparkassen?

"Elf Vertriebsstellen haben sich auf die Bedürfnisse von Studenten eingestellt."

Von Michael Thanheiser, Leiter des Geschäftsbereichs Privatkunden, Berliner Sparkasse - Berlin zählt mit drei Universitäten und 22 weiteren Hochschulen zu einem der bedeutendsten Wissenschaftsstandorte Deutschlands. Fast 133000 Studenten sind an den Hochschulen der Stadt eingeschrieben und jeder dritte ist Kunde der Berliner Sparkasse. Gemessen an der Gesamtzahl von 1,9 Millionen Privatkunden sind Studenten eine kleine Kundengruppe. Die Berliner Sparkasse hat sich dennoch auf die Bedürfnisse der angehenden Akademiker eingestellt. Sie bietet über die mehr als 150 Vertriebsstellen, das Call-Center oder die Selbstbedienungsmedien ein maßgeschneidertes Angebot an Bankdienstleistungen. Für die Berliner Sparkasse sind Angebote für Studenten eine Investition in die Zukunft.

Finanzcheck für jeden Studenten

Die persönliche Beratung steht im Vordergrund. Jeder Student wird vor Ort in einem der Privatkunden-Center von einem Berater betreut. Direkt bei der Kontoeröffnung bestimmt der Student mit einem Finanzcheck seine finanzielle Lebenssituation. Der Berater entwickelt auf dieser Grundlage ein Finanzkonzept, das alle Fragen rund um Konten, Karten, Versicherungen, Vorsorge und Vermögensaufbau beantwortet. Mit diesem Angebot sollen junge neue Kunden mit hohem Potenzial gewonnen werden.

Speziell für die Anforderungen von Studenten ist das Kontomodell Start-Konto Plus konzipiert. Dieses Konto beinhaltet unter anderem einen Dispositionskredit mit verringertem Zinssatz sowie eine Kreditkarte. Auch eine Auslandsreisekrankenversicherung sowie eine Freizeit- und Verkehrsmittelunfallversicherung sind in diesem Kontomodell enthalten.

Das Konto wird immer stärker nachgefragt. Die Versicherungen sind für die Studenten auf Reisen sehr interessant und für das Bezahlen im Internet benötigen sie eine Kreditkarte.

Elf Vertriebsstellen auf Studenten spezialisiert

Elf Vertriebsstellen, die sich in der Nähe der Hochschulen befinden, haben sich zudem besonders auf die Bedürfnisse von Studenten eingestellt. Insbesondere Fragen zur Finanzierung des Studiums werden kompetent beantwortet. Denn 68 Prozent aller Studierenden sind auf einen Nebenjob angewiesen. Obwohl die Berliner Universitäten keine Studiengebühren erheben, ist ein Studium teuer.

Besonders interessant sind Kredite für angehende Akademiker, die kein Bafög erhalten, deren Eltern aber das Studium nicht komplett finanzieren können. Die Berliner Sparkasse bietet hier den Studentenkredit an: Sorglos studieren bis zum Abschluss ist die Devise. Mit einer finanziellen Unterstützung von bis zu 300 Euro monatlich über einen Zeitraum von sechs Jahren müssen die Studenten weniger Zeit für Nebenjobs investieren. Nach dem Studium folgt zunächst eine zweijährige Ruhephase ohne Tilgungspflicht.

Selbstbedienungsterminals und Info-Stände auf dem Campus

Die Studenten kommen aber nicht nur zur Berliner Sparkasse, die Sparkasse kommt auch in die Universitäten. Geldautomaten und Kontoauszugsdrucker stehen in den Universitäten zur Verfügung. Zu Immatrikulationsfeiern sind Mitarbeiter der Berliner Sparkasse mit Infoständen vertreten und beraten Studienanfänger. Studentische Berater in den Universitäten und der Charité stehen in Kontakt zu Beratern der Berliner Sparkasse. Zu Semesterbeginn kommt daher schon einmal ein Schwung von zehn Medizinstudenten gemeinsam zur Kontoeröffnung, vermittelt vom Ansprechpartner in der Charité.

Viele Absolventen verlassen die Stadt

Im Internet bietet das junge Online-Kundenmagazin Studenten einen ausführlichen Job- und Karriereteil. In der Praktikumsbörse finden die angehenden Akademiker interessante Angebote für Praktika in allen Branchen.

Ist das Studium beendet, fängt eine neue Lebensphase an. Auch hier steht die Berliner Sparkasse zur Seite. Sie bietet ihren Kunden einen weiteren Finanzcheck an, so dass gemeinsam eine Lösung für die neue Lebenssituation gefunden werden kann. Der Start in das hochwertige Mehrwertkontomodell für Erwachsene wird von der Berliner Sparkasse im ersten Jahr zu 50 Prozent subventioniert, um den Übergang in die neue Lebensphase zu erleichtern. In Berlin ist die Zahl der Absolventen, die die Stadt verlassen, sehr hoch und somit auch die Gefahr einer Abwanderung. Wie hoch letztlich der Anteil der ehemaligen Studenten ist, der sein Konto weiter bei der Berliner Sparkasse führt, ist nicht zu beziffern. Dem Institut gelingt es, bei einem Umzug, die Kunden zu halten, wenn während des Studiums persönlicher Kontakt aufgebaut werden konnte und die jungen Akademiker schon Versicherungen oder andere Verträge abgeschlossen haben.

Bei Umzug: Sparkasse im neuen Wohnort wird informiert

Löst der Kunde sein Konto bei einem Umzug dennoch auf, informiert die Berliner Sparkasse eine Sparkasse am neuen Wohnort. So kann der junge Akademiker innerhalb der Sparkassenfinanzgruppe weiter betreut werden. Die Konten werden zügig und ohne zusätzliche Kosten übertragen.

Studenten sind für die Berliner Sparkasse eine kleine Kunden-, aber eine wichtige Zielgruppe. Sie sieht die Betreuung von Studenten als lohnende Investition in die Zukunft.

"Der Aufbau und die Bindung von potenzialstarken Kunden ist entscheidend"

Von Björn Gilge, Mitarbeiter der Marketingabteilung, Sparkasse Essen - "Allenfalls ein Kopfschütteln ernteten Studenten noch vor kurzem, wenn sie in einer Bank nach einem Kredit fragten. Studenten und Kredite - das passte einfach nicht zusammen. Schließlich hat kaum ein Jungakademiker ein solides Einkommen, Einfamilienhäuser oder sonstige Sicherheiten zu bieten.

Doch der Wind hat sich gedreht: Plötzlich sprechen die Banken von einer interessanten Zielgruppe, den Besserverdienenden von morgen - und zaubern Kreditangebote speziell für Studenten aus den Schubladen."1)

Das Interesse an der Zielgruppe Studenten ist unter anderem durch das 2005 ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Einführung von Studiengebühren ausgelöst worden. Seit der Verkündung werden in der Öffentlichkeit Ansätze zur Finanzierung der Studiengebühren diskutiert. Hier ist für engagierte Kreditinstitute ein neues Geschäftsfeld entstanden. Für die Sparkasse in Essen steht dabei nicht die mögliche Gewinnmarge im Vordergrund, vielmehr ist der Aufbau und die Bindung von potenzialstarken Kunden entscheidend.

Studenten? Attraktiv!

Im Rahmen der Diplomarbeit "Studentenmarketing bei Kreditinstituten - Grundlagen, Marktanalyse und Handlungsempfehlungen", die in Kooperation mit der Sparkasse Essen geschrieben wurde, konnte durch eine Kundenwertanalyse der Nachweis der Attraktivität der Zielgruppe Studenten durch eine Kombination aus der gegenwartsbezogenen Deckungsbeitragsrechnung und dem zukunftsgerichteten Customer-Lifetime-Value-Ansatz (kurz: CLV-Ansatz) erbracht werden.

Anhand einer Datenanalyse auf Basis von über 2500 Kundendaten gelang der Nachweis, dass der zukünftige Kundenwert der Zielgruppe Studenten deutlich höher zu werten ist als das bisher getan wurde. Diese Aussage stützt sich auf einen rund 50 Prozent höheren Kundendeckungsbeitrag I, eine höhere Produktnutzungsquote, aus der ein höheres Cross-Selling-Potenzial resultiert, einem guten Nettoeinkommen sowie einer hohen Vermögensbildung. Der "zukünftige Kundenwert" eines Studenten rechtfertigt es, dass bereits während des Studiums intensiver in die Kundenbeziehung mit Studenten investiert wird.

Die Sparkasse Essen hat die Frage: "Wie können wir die Studenten wirksam unterstützen und die attraktive Zielgruppe langfristig binden?" für sich beantwortet und das sogenannte "Sparkassen-Studentenkonzept" im September 2005 implementiert und fortlaufend weiterentwickelt. Es basiert auf drei Säulen (Vergleiche Abbildung 1): dem Studentenkonto, dem Bildungskredit, und dem Studenten-Center.

Das Sparkassen-Studentenkonto ist ein kostenloses Mehrwertkonto mit vielen Inklusivleistungen. Neben der kostenlosen Kontoführung beinhaltet es auch eine gebührenfreie Mastercard mit einem Kreditlimit in Höhe von 2000 Euro sowie einen Dispositionskredit über 500 Euro, der unabhängig von Gehaltseingängen eingeräumt wird. Der Student erhält eine Guthabenverzinsung in Höhe von 1,5 Prozent und nimmt automatisch an dem Kundenbindungsprogramm "S points" teil. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass die Angebote den "studentischen Nerv" getroffen haben.

Innerhalb des ersten Jahres konnten sehr viele Neukunden begrüßt werden. Nachteile aus der generellen Einräumung des Dispositionskredites und des Kreditlimits auf der Kreditkarte treten im Institut nur vereinzelt auf. Die Zielgruppe muss im Vergleich zu anderen Kundengruppen nicht als risikoreicher bewertet werden.

Bildungskredit als Ankerprodukt

Der Bildungskredit der Sparkasse Essen stellt innerhalb des Studentenkonzeptes das neue strategische Ankerprodukt zur langfristigen Kundenbindung dar. Das Darlehen ermöglicht einem Studenten eine Finanzierung des Studiums über maximal 72 Monate und höchstens 25000 Euro Gesamtbetrag.

Nach der "Auszahlungsphase" schließt sich eine maximal zweijährige "Ruhephase" an. In dieser Zeit wird das Darlehen gestundet und die Studierenden müssen weder Zinsen noch Tilgungsraten zahlen. Die sich anschließende "Rückzahlphase" umfasst höchstens zehn Jahre (Vergleiche Abbildung 2). Während der Auszahlphase sind Raten bis zu 1000 Euro möglich. Zusätzlich kann eine Einmalsumme für ein Auslandspraktikum oder Auslandssemester in Höhe von maximal 5000 Euro ausgezahlt werden.

Eigenen Recherchen zufolge hat sich bisher der überwiegende Anteil der Essener Studenten, die sich für eine Möglichkeit der Bildungsfinanzierung interessieren, für das Angebot der Sparkasse Essen entschieden. Dabei wird die große Flexibilität bei der Kreditvergabe als Vorteil gegenüber Produkten von Wettbewerbern wahrgenommen.

Betreuer der Studenten gehören selbst zur Peergroup

Das Sparkassen-Studenten-Center stellt die zentrale Säule des Studentenkonzeptes dar. Drei Studentenbetreuer dienen als erste Ansprechpartner für die Zielgruppe. Im Internet, auf dem Flyer zum Sparkassen-Studentenkonzept und in Schaukästen in der Universitätsmensa werden die Studentenbetreuer mit Namen, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Foto vorgestellt. Zusätzlich sind sie an Beratungstagen direkt auf dem Campus Essen tätig.

Die Studentenbetreuer studieren berufsbegleitend. Daher kennen sie die Probleme und Bedürfnisse der Studenten. Es besteht eine "Nasenkongruenz zwischen Betreuer und Kunde", die damit die "Richtung für ein erfolgreiches Beziehungsmanagement aufzeigt."2) Hierdurch bündelt die Sparkasse Essen ihre Kompetenz in studentenspezifischen Fragen wie Regelungen zum Bafög oder der Beratung und den Abschluss des Sparkassen-Bildungskredites.

Seminare für Berufsanfänger erleichtern den Kontakt

Das Sparkassen-Studentenkonzept wird durch weitere studentenspezifische Angebote ergänzt. Seit November 2006 werden ganztägige Berufseinsteiger-Seminare angeboten, die sowohl Tipps für die richtige Bewerbung und das Bewerbungsgespräch aufzeigen, als auch konkrete Übungen aus einem Assessment Center (kurz: AC) mit den Teilnehmern simulieren.

Bisher nutzen Finanzdienstleister sogenannte "Nebenleistungsbereiche" wie AC-Trainings und Berufsstarter-Seminare, um ihre Reputation aufzubauen und die Hemmschwelle der Studenten zur Kontaktaufnahme abzubauen.3) Aus den Erkenntnissen des Strategieansatzes der Finanzdienstleister lässt sich für die Kreditinstitute eine Konterstrategie ableiten, die die eigene Neukundenakquisition stärkt und gleichzeitig eine weitere emotionale Wechselbarriere errichtet.

Um die angehenden Akademiker langfristig zu binden, ist eine direkte Überleitung aus der Studentenbetreuung in die Individualkundenbetreuung zu gewährleisten. Der Sparkassen-Bildungskredit baut durch seine lange Laufzeit (bis zu 18 Jahre) sowohl eine emotionale als auch vertragliche Bindung zum Institut auf. Zusätzlich führt der in die Studenten gesetzte Vertrauensvorschuss zu einer engeren Bindung.

Kundenbindung durch Hombanking aufrechterhalten

Auch wenn bei regional agierenden Kreditinstituten wie der Sparkasse Essen die Gefahr besteht, dass sich die Kunden aus beruflichen Gründen für eine andere Region entscheiden, kann die Kundenbindung durch Homebanking aufrechterhalten werden oder der Kunde kann innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe weitervermittelt werden.

Das umfassende, bedürfnisorientierte Stu-dentenmarketing-Konzept der Sparkasse Essen ist eine gute Chance, den Kunden von der Leistungsbereitschaft und -fähigkeit frühzeitig zu überzeugen - auch für die eigene Zukunft!

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