Macht der Marke

Mehrmarkenstrategie: mehr Nutzen als Kosten?

Die Volksbanken und Raiffeisenbanken sind nachweislich eine starke Marke. Der Bekanntheitsgrad erreicht Top-Werte. Die meisten der rund 1200 Volksbanken und Raiffeisenbanken in Deutschland haben die Notwendigkeit eines möglichst einheitlichen Markenauftrittes erkannt und setzen auf das bekannte Logo der genossenschaftlichen Bankengruppe. Die Hannoversche Volksbank in ihrer heutigen Ausprägung ist durch Fusionen von vier Banken in den Jahren 2003 und 2005 entstanden. Seit der ersten Fusionsphase setzen wir im gesamten Geschäftsgebiet, der Wirtschaftsregion Hannover-Celle, auf den einheitlichen Markenauftritt. Diese Entscheidung hat sich bewährt. Schon Ende 2006 wies die Marke Hannoversche Volksbank eine gestützte Bekanntheit von 83 Prozent aus.1) In einer aktuellen Kundenumfrage wird der Bank zudem ein ausgesprochen gutes Zeugnis ausgestellt. Das Gesamturteil, unterlegt mit dem TÜV-Siegel "Service tested" des TÜV Saarland mit der Note "Gut" (1,85), testiert zum einen die Qualität von Beratung und Service.2) Zum anderen spiegelt es die Verbindung von Leistung und Markenversprechen wider. Nur ein hier stimmiges Bild kann unseres Erachtens zu einem so herausragenden Ergebnis führen. In den letzten Jahren haben die Direktbanken immer mehr Marktanteile gewonnen. Geschickt wurden einzelne ausgewählte Angebote klassischer Filialbanken weg von der persönlichen Betreuung auf Internet und Telefon fokussiert. Die damit verbundenen schlankeren Strukturen führten zu einem Kostenvorteil, der Konditionen ermöglichte, die im Filialvertrieb nicht darstellbar sind. Als "Türöffner" dienten häufig kostenlose Girokonten oder Depots, etwas später kam das Tagesgeld hinzu. Ende des Jahres 2005 hat die Hannoversche Volksbank diese Situation detailliert analysiert. Fast vier Prozent der Privatkunden hatten zu diesem Zeitpunkt bereits eine Bankverbindung zu einer Direktbank, mehr als 13 Prozent der Kunden wurden als online-affin und damit wechselbereit eingestuft. Die tatsächlichen Abflüsse an Direktbanken hatten sich in den zurückliegenden Monaten signifikant erhöht. Alle diese Faktoren signalisierten Handlungsbedarf. Die "Macht der Marke", auch entscheidend für die Kundenbindung, kann dem Druck durch Werbung und real existierenden Konditionsunterschied nur begrenzt standhalten. Erheblicher Aufwand für eigenen Internetauftritt und Werbung Ein betriebswirtschaftlich tragbares Wettbewerbsangebot gegenüber den Direktbanken aufzubauen bedingt vergleichbare Kostenstrukturen, im Filialvertrieb undenkbar. In die Multi-Kanal-Struktur der Hannoverschen Volksbank hatte jedoch bereits seit längerem, ergänzend zum stationären und mobilen Vertrieb, ein Kunden-Service-Center Einzug gefunden. Die Verbindung Internet und Kunden-Service-Center stellt für sich allein betrachtet nahezu eine Direktbank dar. Entscheidend ist dabei die konsequente, nachvollziehbare Trennung vom Filialvertrieb. Hier kommt die Zweitmarkenstrategie ins Spiel. Die Einführung einer Zweit marke bedeutet erheblichen Aufwand. Ein eigener Internetauftritt, eigene Anzeigen und Werbemittel und ein eigenes Erscheinungsbild be deuten zunächst einmal hohe Kosten. Bei klarer Zielsetzung kann dieser Mehraufwand jedoch gut investiert sein. Abgrenzung vom Auftritt der Filialbank erreichen Für die Einführung von Hannoversche Volksbank.direkt sprach zum einen die trennende Funktion. Der Zusatz "direkt" sowie der durch das dominierende Orange konträre Auftritt in Werbung und Internet im Vergleich zur Hannoverschen Volksbank zeugen von Eigenständigkeit. Die leichte Abkopplung vom herkömmlichen Erscheinungsbild der Hannoverschen Volksbank erlaubte zu dem eine frechere und offensivere Bewerbung der wenigen und einfachen Produkte. Insbesondere in der Einführungsphase war sofort klar, hier präsentiert die Volksbank etwas Neues. Das "frische Banking aus Hannover" war geboren. Auch für die interne Kommunikation ist diese Trennung von immenser Wichtigkeit. Schließlich können die Produkte der Hannoverschen Volksbank.direkt ausschließlich über Internet oder Telefon abgeschlossen werden. Eine Hilfestellung von den Mitarbeitern in den Geschäftsstellen der Bank ist konsequent ausgeschlossen. Die Zweitmarkenstrategie erleichtert den Mitarbeitern die Argumentation gegenüber Kunden, die gern die gleichen Konditionen wie im Internet oder telefonisch im Kunden-Service-Center auch von ihrem persönlichen Berater haben wollen, sehr. Verbindend wirkt, dass die Hannoversche Volksbank.direkt trotz der Differenzierung zum "Mutterhaus" sofort als Teil der Hannoverschen Volksbank erkannt wird. Der damit verbundene Vertrauensvorschuss ist von elementarer Wichtigkeit für den Erfolg dieser, regional stark begrenzten Zweitmarke. Viele Kunden, die aufgrund der Konditionen speziell bei der Tagesgeldanlage den Rücken zugekehrt hatten, fanden aufgrund des attraktiven Angebotes den Weg zurück zu "ihrer Bank". Seit der Einführung im Mai 2006 wurden über 16 000 neue Tagesgeld-Konten eröffnet. Davon rund 3,5 Prozent von Neukunden. Insgesamt flossen 290 Millionen Euro in die Tagesgeldanlage. Ein bedeutender Teil dieser Gelder sind Rückflüsse von "fremdgegangenen" Kunden oder neues Geld. Der andere Teil dieser Tagesgeldanlagen war vor Einführung der Zweitmarke bereits stark abwanderungsgefährdet und wäre heute eventuell nicht mehr in der Bilanz der Hannoverschen Volksbank. Die bestehenden Tagesgelder stecken voller Chancen, wieder zurück in das "beratende Geschäft" zu fließen. Die Berater der Hannoverschen Volksbank erhalten nach einer angemessenen Frist nach dem Datum der Tagesgeldanlage einen Hinweis in der elektronischen Kundenakte. Hier fließen für den Berater die Informationen aus allen Vertriebswegen zusammen. Nun liegt es am Berater, mit kreativen Angeboten dieses Geld oder Teile davon für andere Geldanlagen zurückzugewinnen. Girokonto des Direktvertriebs als Basis für Cross-Selling Zusätzlich wurden mehr als 900 "Gratiskonto.direkt", also kostenlose Girokonten, eröffnet. Diese wiederum dienen dem Vertrieb der Hannoverschen Volksbank als Eintrittskarte für Cross-Selling-Abschlüsse. Für die Hannoversche Volksbank hat sich die Einführung der Zweitmarke gelohnt. Hieraus ergibt sich jedoch keinesfalls eine generelle Schlussfolgerung, vielmehr ist immer eine individuelle Abwägung hinsichtlich Chancen und Risiken erforderlich. Quellen: Markt Media Analyse 2007 der Verlagsgruppe Madsack Repräsentative Kundenbefragung der Hannoverschen Volksbank

Jürgen Wache , Vorstandssprecher , Hannoversche Volksbank
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